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Anforderungen an medizinische Verlaufsaufklärung und rechtzeitige Einwilligung vor Operation

Ein Operationssaal voller Fragen: Hat der Patient wirklich alles gewusst, bevor das Skalpell angesetzt wurde? In Dresden kämpft ein Patient um sein Recht auf Aufklärung – ein Kampf, der die Grenzen ärztlicher Pflichten neu auslotet und die Frage aufwirft, wie viel Wahrheit ein Patient vor einer riskanten Entscheidung wirklich verträgt.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: OLG Dresden
  • Datum: 10.11.2023
  • Aktenzeichen: 4 U 906/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren im zivilrechtlichen Medizinrecht
  • Rechtsbereiche: Medizinrecht, Schadensersatzrecht, Behandlungsrecht
  • Beteiligte Parteien:
  • Klägerin: Appellantin, die Ansprüche auf Feststellung der Einstandspflicht hinsichtlich materieller und immaterieller Schäden, Schmerzensgeld und Schadenersatz aufgrund mutmaßlicher Aufklärungsversäumnisse sowie Behandlungsfehlervorwürfe im Zusammenhang mit der Implantation einer Knietotalendoprothese und einer nachfolgenden Revisionsoperation geltend gemacht hat
  • Um was ging es?
  • Sachverhalt: Die Klägerin legte Berufung ein, um Ansprüche aus angeblichen Aufklärungsversäumnissen und Behandlungsfehlervorwürfen im Zusammenhang mit einer Knieimplantation am 27.10.2016 und einer Revisionsoperation am 08.02.2017 durchzusetzen
  • Kern des Rechtsstreits: Es wurde darüber entschieden, ob die im Berufungsverfahren vorgetragenen Vorwürfe gegen den Behandlungsvorgang Aussicht auf Erfolg bieten und somit zur Durchsetzung der geltend gemachten Ansprüche führen können
  • Was wurde entschieden?
  • Entscheidung: Die zulässige Berufung der Klägerin wurde ohne mündliche Verhandlung zurückgewiesen, der Termin zur mündlichen Verhandlung am 14.11.2023 wurde aufgehoben und der Streitwert im Berufungsverfahren auf bis zu 60.000 € festgesetzt; zudem wird der Klägerin innerhalb von zwei Wochen Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt, wobei auch eine Rücknahme der Berufung in Betracht gezogen werden sollte
  • Begründung: Die Berufung wurde zurückgewiesen, da die vorgetragenen Aufklärungsversäumnisse und Behandlungsfehlervorwürfe in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg bieten – es fehlt an grundsätzlicher Bedeutung, an Fortbildungsbedarf des Rechts oder an sonstigen Gründen, die eine mündliche Verhandlung rechtfertigen würden
  • Folgen: Die Berufung bleibt zurückgewiesen, der anberaumte mündliche Verhandlungstermin entfällt und der Streitwert wird festgesetzt; die Klägerin hat die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen auf den Beschluss zu reagieren und eine Rücknahme der Berufung zu erwägen

Der Fall vor Gericht


Der Fall vor dem OLG Dresden: Medizinische Verlaufsaufklärung und rechtzeitige Einwilligung vor Operation

Arzt und Patient in Klinikbesprechung, Unsicherheit über Einverständniserklärung vor Operation.
Medizinische Aufklärungspflicht vor Operation | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Dresden hatte in einem Beschluss vom 10. November 2023 (Az.: 4 U 906/23) einen Fall zu beurteilen, der die Anforderungen an die medizinische Verlaufsaufklärung und die rechtzeitige Einwilligung des Patienten vor einer Operation betraf. Im Kern ging es um die Frage, ob ein Arzt seinen Patienten ausreichend über die notwendigen Informationen und Risiken aufgeklärt hat, bevor er eine medizinische Behandlung durchführt. Dieser Artikel beleuchtet die Hintergründe des Falles, die wesentlichen Streitpunkte und die vorläufige Einschätzung des Gerichts, ohne jedoch das abschließende Urteil selbst zu präsentieren, da es sich um einen Beschluss zur beabsichtigten Zurückweisung der Berufung handelt.

Hintergrund des Falls: Aufklärungsversäumnisse und Behandlungsfehlervorwürfe

Die Klägerin, mutmaßlich eine Patientin, hatte Berufung gegen ein Urteil der Vorinstanz eingelegt. Sie argumentierte, dass im Rahmen ihrer medizinischen Behandlung sowohl Aufklärungsversäumnisse als auch Behandlungsfehler vorgelegen hätten. Solche Vorwürfe sind im Bereich des Arzthaftungsrechts nicht ungewöhnlich, da Patienten häufig argumentieren, dass sie nicht ausreichend über die Risiken einer Behandlung informiert wurden oder dass die Behandlung nicht dem medizinischen Standard entsprach. Der konkrete Fall vor dem OLG Dresden scheint sich um eine Situation zu drehen, in der die Patientin der Ansicht war, dass sie nicht ordnungsgemäß über die bevorstehende Operation und deren Risiken aufgeklärt wurde, was möglicherweise zu einem unerwünschten Ergebnis geführt hat.

Kern des Streits: Umfang der Aufklärungspflicht des Arztes

Im Zentrum des Streits steht die Aufklärungspflicht des Arztes. Diese Pflicht ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) verankert und verpflichtet Ärzte, ihre Patienten vor einer medizinischen Behandlung umfassend über die Art der Behandlung, die damit verbundenen Risiken, mögliche Alternativen und die Erfolgsaussichten aufzuklären. Die Aufklärung muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient eine eigenverantwortliche Entscheidung treffen kann.

Die Patientin argumentierte vermutlich, dass diese Aufklärungspflicht verletzt wurde, indem sie entweder gar nicht, unzureichend oder zu spät über die Risiken der Operation informiert wurde. Die Beweislast für die Verletzung der Aufklärungspflicht liegt grundsätzlich beim Patienten. Dieser muss darlegen und beweisen, dass er nicht ausreichend aufgeklärt wurde und dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Behandlung nicht hätte durchführen lassen. Dies wird oft durch ein Sachverständigengutachten untermauert.

Die Argumentation der Klägerin: Fehlerhafte Einwilligung vor Operation

Die Klägerin stützte ihre Berufung auf zwei Säulen: Erstens, fehlerhafte Aufklärung und zweitens fehlerhafte Behandlung. Bezüglich der Aufklärung rügte sie, dass sie nicht ausreichend über die Risiken der Operation informiert wurde und somit keine informierte Einwilligung in die Behandlung geben konnte. Eine informierte Einwilligung ist jedoch eine wesentliche Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit einer medizinischen Behandlung. Fehlt diese, kann der Arzt für die Folgen der Behandlung haftbar gemacht werden, auch wenn die Behandlung selbst medizinisch korrekt durchgeführt wurde.

Die vorläufige Einschätzung des OLG Dresden: Keine Aussicht auf Erfolg

Das OLG Dresden kam in seinem Beschluss zu dem Schluss, dass die Berufung der Klägerin offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat. Das Gericht sah keine Anhaltspunkte dafür, dass die Vorinstanz das Recht falsch angewendet oder die Tatsachen fehlerhaft festgestellt hat. Es stellte fest, dass die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordert.

Rechtliche Aspekte: § 522 Abs. 2 ZPO und die Bedeutung der Patientenaufklärung

Das Gericht stützte seine Entscheidung auf § 522 Abs. 2 der Zivilprozessordnung (ZPO). Diese Vorschrift ermöglicht es dem Berufungsgericht, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn es einstimmig der Auffassung ist, dass die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und keine mündliche Verhandlung erforderlich ist.

Die Entscheidung des OLG Dresden zeigt, dass die Patientenaufklärung ein zentrales Thema im Arzthaftungsrecht ist. Ärzte sind verpflichtet, ihre Patienten umfassend über die Risiken und Chancen einer Behandlung aufzuklären, damit diese eine informierte Entscheidung treffen können. Eine sorgfältige Dokumentation des Aufklärungsgesprächs und der Zustimmungserklärung des Patienten ist daher von entscheidender Bedeutung, um sich im Falle eines Rechtsstreits verteidigen zu können.

Die Konsequenzen für Patienten und Ärzte

Für Patienten bedeutet diese Entscheidung, dass sie sich der hohen Hürden bewusst sein müssen, wenn sie einen Arzt wegen Aufklärungsversäumnissen oder Behandlungsfehlern belangen wollen. Es ist wichtig, sich frühzeitig rechtlichen Rat einzuholen und alle relevanten Unterlagen, insbesondere die Patientendokumentation, sorgfältig zu prüfen.

Für Ärzte unterstreicht das Urteil die Bedeutung einer umfassenden und rechtzeitigen Aufklärung ihrer Patienten. Eine sorgfältige Dokumentation des Aufklärungsgesprächs und die Einholung einer schriftlichen Einwilligung des Patienten sind unerlässlich, um sich im Falle eines Rechtsstreits zu schützen.

Hinweis

Es ist wichtig zu beachten, dass es sich bei dem Beschluss des OLG Dresden lediglich um eine vorläufige Einschätzung handelte. Die Klägerin hatte die Möglichkeit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen und die Rücknahme der Berufung in Erwägung zu ziehen. Ob das Gericht letztendlich die Berufung tatsächlich zurückgewiesen hat, ist aus dem vorliegenden Beschluss nicht ersichtlich.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil bekräftigt die etablierten Standards zur ärztlichen Aufklärungspflicht bei Operationen. Es stellt klar, dass Ärzte keine übermäßig detaillierten technischen Einzelheiten (wie spezifische Implantatgrößen) erläutern müssen, sondern dem Patienten lediglich ein grundsätzliches Verständnis vom Eingriff, dessen Risiken und möglichen Alternativen vermitteln müssen. Das Gericht bestätigt zudem, dass bei nachgewiesener gewissenhafter Aufklärungspraxis im Zweifel zugunsten des Arztes entschieden werden kann.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Patient haben Sie das Recht auf eine verständliche Aufklärung über Ihre Operation, müssen aber nicht jedes technische Detail erklärt bekommen. Ihr Arzt muss Ihnen die grundlegenden Aspekte des Eingriffs, die wichtigsten Risiken und mögliche Behandlungsalternativen erklären. Achten Sie darauf, dass das Aufklärungsgespräch dokumentiert wird – zum Beispiel durch einen unterschriebenen Aufklärungsbogen. Wenn Sie etwas nicht verstehen, fragen Sie nach – Sie müssen aber nicht die exakten medizintechnischen Details kennen, um wirksam in die Behandlung einwilligen zu können.

Benötigen Sie Hilfe?

Ihre Rechte bei unzureichender Aufklärung vor medizinischen Eingriffen

In Situationen, in denen eine umfassende und rechtzeitige Informationsweitergabe vor medizinischen Eingriffen ausbleibt, können sich Unsicherheiten bezüglich der eigenen Rechte ergeben. Ein präziser Überblick über den Ablauf der Aufklärung hilft dabei, mögliche Unstimmigkeiten frühzeitig zu erkennen und sich vor etwaigen Risiken zu wappnen. Das Thema berührt zentrale Fragen der Zustimmung und Informationspflicht, die für eine eigenverantwortliche Entscheidung unabdingbar sind.

Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, die Struktur und den Nachweis der Informationsweitergabe zu überprüfen. Mit sachlicher Präzision analysieren wir Ihre Unterlagen und klären, inwieweit Ihre Berechtigung auf eine umfassende Aufklärung gewahrt wurde. Sprechen Sie uns an, um in einem persönlichen Gespräch Ihre Situation eingehend zu erörtern und eventuelle Optionen zu prüfen.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was muss der Arzt mir vor einer Operation alles erklären?

Der Arzt muss Sie vor einer Operation im Rahmen eines persönlichen Gesprächs umfassend aufklären. Ein reiner Aufklärungsbogen ist nicht ausreichend, wie der Bundesgerichtshof in seinem aktuellen Urteil vom Januar 2025 klargestellt hat.

Inhalt der Aufklärung

Im Aufklärungsgespräch muss der Arzt Ihnen folgende Aspekte erläutern:

  • Die genaue Diagnose und den aktuellen Gesundheitszustand
  • Den geplanten Ablauf der Operation
  • Die zu erwartenden Folgen und möglichen Risiken
  • Die Erfolgsaussichten der Behandlung
  • Mögliche alternative Behandlungsmethoden

Zeitpunkt der Aufklärung

Bei größeren Operationen muss die Aufklärung mindestens 24 Stunden vor dem Eingriff erfolgen. Bei kleineren ambulanten Eingriffen kann sie auch am Tag der Operation stattfinden, jedoch nicht erst unmittelbar vor der Operation oder gar im Operationssaal.

Besondere Anforderungen

Der aufklärende Arzt muss über die notwendige Qualifikation für den geplanten Eingriff verfügen. Er muss das Gespräch so führen, dass Sie als Patient eine allgemeine Vorstellung von der Schwere des Eingriffs bekommen. Auch seltene, aber schwerwiegende Risiken müssen erwähnt werden, besonders wenn diese Ihr weiteres Leben erheblich beeinträchtigen könnten.

Form der Aufklärung

Die Aufklärung muss in einem verständlichen persönlichen Gespräch erfolgen, bei dem Sie die Möglichkeit haben, Rückfragen zu stellen. Aufklärungsbögen können das Gespräch unterstützen, aber nicht ersetzen. Sie haben das Recht, eine Kopie aller Unterlagen zu erhalten, die Sie im Zusammenhang mit der Aufklärung unterschreiben.


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Wie lange vor der Operation muss die Aufklärung erfolgen?

Die erforderliche Aufklärungsfrist richtet sich nach der Art und Schwere des Eingriffs. Bei medizinisch notwendigen Eingriffen gilt grundsätzlich eine Mindestfrist von 24 Stunden.

Zeitliche Vorgaben nach Eingriffsart

Bei größeren operativen Eingriffen muss die Aufklärung mindestens 24 Stunden vor dem Eingriff erfolgen. Eine Aufklärung am Vorabend der Operation ist in diesen Fällen rechtlich nicht ausreichend.

Bei kleineren ambulanten Eingriffen kann die Aufklärung auch noch am Tag des Eingriffs erfolgt werden, sofern Sie als Patient die Art und den Umfang des Eingriffs erfassen können. Dies gilt beispielsweise für eine Kataraktoperation.

Bei kosmetischen Operationen gelten besonders strenge Maßstäbe. Hier sollte die Aufklärung bereits bei der Terminvereinbarung für die stationäre Aufnahme erfolgen. Es wird eine Zeitspanne von deutlich mehr als 48 Stunden empfohlen.

Besondere Situationen

Wenn Sie als Patient bereits durch Ihren Hausarzt beraten wurden und seit längerer Zeit zum Eingriff entschlossen sind, kann auch eine Aufklärung kurz vor dem Eingriff ausreichend sein.

Die Aufklärung ist rechtlich unwirksam, wenn sie erfolgt:

  • Unmittelbar vor dem Eingriff im Operationssaal
  • Auf dem Weg in den Operationssaal
  • Nach Verabreichung von Beruhigungs- oder operationsvorbereitenden Medikamenten

Gültigkeitsdauer der Aufklärung

Eine einmal erfolgte Aufklärung behält nicht unbegrenzt ihre Gültigkeit. Bei chirurgischen Eingriffen sollte die Aufklärung maximal 3 Monate zurückliegen. Bei wiederholten kleineren Eingriffen, wie Injektionsbehandlungen, ist ein Zeitraum von 6 Monaten ausreichend.

Wenn zwischen der Aufklärung und dem Eingriff ein längerer Zeitraum liegt, ist es erforderlich, das Aufklärungsgespräch in groben Zügen zu wiederholen. Dies gilt besonders, wenn sich Änderungen an der Operationsplanung oder am Gesundheitszustand ergeben haben.


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Welche Rechte habe ich, wenn die Aufklärung nicht ordnungsgemäß erfolgt ist?

Bei einer nicht ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung können Sie Schadensersatz- und Schmerzensgeldforderungen geltend machen, selbst wenn kein nachweisbarer Behandlungsfehler vorliegt.

Beweislast zu Ihren Gunsten

Ein wichtiger Vorteil für Sie als Patient ist die Beweislastverteilung. Der Arzt muss nachweisen, dass er Sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Kann er diesen Nachweis nicht erbringen, wird die Aufklärung als nicht durchgeführt angesehen. Ein unterschriebener Aufklärungsbogen allein reicht dabei nicht aus, sondern dient lediglich als Indiz für das stattgefundene Aufklärungsgespräch.

Ihre Ansprüche

Wenn Sie nicht ausreichend aufgeklärt wurden und sich ein Behandlungsrisiko verwirklicht hat, über das Sie hätten informiert werden müssen, steht Ihnen Folgendes zu:

  • Schadensersatz für alle gesundheitlichen und finanziellen Folgen
  • Schmerzensgeld für erlittene Beeinträchtigungen

Dies gilt auch dann, wenn die Behandlung selbst fehlerfrei durchgeführt wurde.

Verjährungsfristen beachten

Die Verjährungsfrist für Ihre Ansprüche beträgt grundsätzlich drei Jahre. Die Frist beginnt jedoch erst, wenn Sie Kenntnis von der mangelhaften Aufklärung erlangt haben. Wenn Sie beispielsweise erst später erfahren, dass ein eingetretenes Risiko aufklärungspflichtig gewesen wäre, beginnt die Verjährungsfrist erst ab diesem Zeitpunkt.

Die Verjährung beginnt immer zum Jahresende des Jahres, in dem Sie von der mangelhaften Aufklärung erfahren haben. Spätestens nach 30 Jahren ab der Behandlung sind Ihre Ansprüche jedoch endgültig verjährt.


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Muss die Aufklärung schriftlich dokumentiert werden?

Die Aufklärung muss grundsätzlich in der Patientenakte dokumentiert werden. Die Dokumentation hat in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung zu erfolgen.

Form der Aufklärung und Dokumentation

Die Aufklärung selbst muss grundsätzlich mündlich erfolgen. Eine rein schriftliche Aufklärung ist nicht ausreichend. Die mündliche Aufklärung kann jedoch durch schriftliche Unterlagen ergänzt werden.

Dokumentationspflichten

In der Patientenakte müssen folgende Aspekte dokumentiert werden:

  • Durchgeführte Aufklärungsgespräche
  • Inhalt der Aufklärung
  • Einwilligungen des Patienten

Wenn Sie bei der Aufklärung Aufklärungsbögen oder andere schriftliche Unterlagen verwenden, müssen diese dem Patienten in Textform ausgehändigt werden. Die Aushändigung sollte in der Patientenakte vermerkt werden.

Rechtliche Bedeutung der Dokumentation

Die Dokumentation dient als wichtiges Beweismittel. Als Arzt müssen Sie im Streitfall beweisen können, dass die Aufklärung ordnungsgemäß durchgeführt wurde. Eine fehlende Dokumentation der Aufklärung führt jedoch nicht automatisch zur Vermutung, dass keine Aufklärung stattgefunden hat.

Digitale Dokumentation

Die Dokumentation kann auch in elektronischer Form erfolgen. Digitale Aufklärungsbögen haben dabei den gleichen oder sogar einen höheren Beweiswert als handschriftliche Dokumentationen. Die elektronische Form wird durch aktuelle Gesetzesinitiativen wie das vierte Bürokratieentlastungsgesetz ausdrücklich gefördert.


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Wer muss beweisen, dass die Aufklärung ordnungsgemäß durchgeführt wurde?

Die Beweislast für die ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim behandelnden Arzt. Dies ist gesetzlich in § 630h Abs. 2 BGB festgeschrieben.

Was der Arzt konkret beweisen muss

Der Arzt muss nachweisen, dass er:

  • Die Einwilligung des Patienten eingeholt hat
  • Ein persönliches Aufklärungsgespräch durchgeführt hat
  • Den Patienten rechtzeitig und verständlich informiert hat

Bedeutung der Dokumentation

Ein unterschriebener Aufklärungsbogen allein reicht als Beweis nicht aus. Der Arzt muss zusätzlich ein mündliches Gespräch in körperlicher Anwesenheit nachweisen können. Wenn Sie als Patient die mangelnde Aufklärung rügen, muss der Arzt das Gespräch durch:

  • Zeugenaussagen
  • Eigene Aussage als Zeuge
  • Dokumentation in der Patientenakte belegen können.

Rechtliche Konsequenzen

Kann der Arzt die ordnungsgemäße Aufklärung nicht beweisen, gilt diese juristisch als nicht durchgeführt. In diesem Fall liegt keine wirksame Einwilligung in die Behandlung vor. Der Arzt kann sich dann nur noch darauf berufen, dass Sie als Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätten.

Diese Beweislastverteilung gilt unabhängig von der Art der Behandlung und auch unabhängig davon, ob ein Behandlungsfehler vorliegt. Sie als Patient müssen also nicht beweisen, dass keine Aufklärung stattgefunden hat – der Arzt muss im Streitfall beweisen, dass er Sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Verlaufsaufklärung

Die Verlaufsaufklärung ist ein wesentlicher Teil der ärztlichen Aufklärungspflicht. Sie umfasst die Information des Patienten über den zu erwartenden Behandlungsverlauf, mögliche Komplikationen und notwendige Verhaltensregeln. Der Arzt muss dabei auch über Heilungschancen, Behandlungsdauer und eventuell erforderliche Nachbehandlungen informieren. Dies ist in § 630c BGB gesetzlich verankert.

Beispiel: Bei einer Knieoperation muss der Arzt über die Dauer der Operation, die anschließende Rehabilitation, mögliche Einschränkungen und erforderliche Physiotherapie aufklären.


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Einwilligungsfähigkeit

Die Fähigkeit eines Patienten, die Bedeutung und Tragweite eines medizinischen Eingriffs zu verstehen und seinen Willen danach zu bestimmen. Sie ist Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung in die Behandlung gemäß § 630d BGB. Die Einwilligungsfähigkeit muss zum Zeitpunkt der Einwilligung vorliegen und wird vom behandelnden Arzt beurteilt.

Beispiel: Ein Patient unter starken Schmerzmitteln oder mit erheblicher kognitiver Einschränkung kann möglicherweise keine wirksame Einwilligung erteilen.


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Behandlungsfehler

Ein Verstoß gegen den medizinischen Standard, der zu einer Gesundheitsschädigung führt. Dies kann durch aktives Handeln oder Unterlassen entstehen. Maßgeblich ist die Abweichung von den anerkannten fachlichen Standards zum Zeitpunkt der Behandlung gemäß § 630a BGB.

Beispiel: Ein Operateur verletzt versehentlich einen Nerv, weil er von der standardmäßigen Operationstechnik abweicht.


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Aufklärungsversäumnis

Ein Fehler in der ärztlichen Aufklärungspflicht, der die Wirksamkeit der Patienteneinwilligung beeinträchtigt. Dies liegt vor, wenn wesentliche Informationen über Risiken, Alternativen oder den Behandlungsverlauf nicht oder nicht rechtzeitig mitgeteilt wurden (§ 630e BGB).

Beispiel: Der Arzt klärt erst am Morgen der Operation über wesentliche Risiken auf, sodass keine ausreichende Bedenkzeit besteht.


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Revisionsoperation

Ein erneuter operativer Eingriff zur Korrektur oder Verbesserung des Ergebnisses einer vorangegangenen Operation. Diese kann aufgrund von Komplikationen, mangelndem Heilungserfolg oder technischen Problemen erforderlich werden.

Beispiel: Nach einer Knieprothesen-Operation muss das Implantat wegen einer Lockerung durch ein neues ersetzt werden.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 522 Abs. 2 ZPO (Zurückweisung der Berufung durch Beschluss): Diese Norm erlaubt es dem Berufungsgericht, eine Berufung ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, wenn sie offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat und keine grundsätzliche Bedeutung besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das OLG Dresden beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts, das ihre Klage wegen Behandlungsfehlern abgewiesen hat, ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen, da es keine Erfolgsaussichten sieht.
  • §§ 630a ff. BGB (Behandlungsvertrag): Diese Vorschriften regeln die Rechte und Pflichten von Arzt und Patient im Rahmen eines Behandlungsvertrags, einschließlich Aufklärungspflichten des Arztes und Haftung für Behandlungsfehler. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin stützt ihre Ansprüche auf eine fehlerhafte Behandlung im Zusammenhang mit der Knie-TEP auf diesen Vertrag und macht daraus resultierende Schadensersatzansprüche geltend.
  • § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht): Diese Norm begründet eine Schadensersatzpflicht bei Verletzung von Rechtsgütern wie Körper oder Gesundheit durch unerlaubte Handlung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin macht neben vertraglichen Ansprüchen auch deliktische Ansprüche wegen Körperverletzung durch die vermeintlich fehlerhafte Behandlung geltend.
  • §§ 280, 249, 253 BGB (Schadensersatz und Schmerzensgeld): Diese Paragraphen regeln den Schadensersatzanspruch bei Pflichtverletzungen (z.B. Behandlungsfehler) und den Anspruch auf Schmerzensgeld bei Verletzung von Körper, Gesundheit, Freiheit oder Ehre. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin fordert aufgrund der behaupteten Behandlungsfehler sowohl materiellen Schadensersatz als auch Schmerzensgeld für die erlittenen Beeinträchtigungen.
  • Beweislast für Aufklärung: Grundsätzlich trägt der Arzt die Beweislast dafür, dass er den Patienten ordnungsgemäß über die Risiken und Alternativen einer Behandlung aufgeklärt hat. Dies bedeutet, dass er im Streitfall beweisen muss, dass die Aufklärung ausreichend und verständlich war. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht bewertet, ob die Beklagte ihrer Aufklärungspflicht vor der Knie-TEP nachgekommen ist, wobei die Dokumentation und Zeugenaussagen eine Rolle spielen.

Das vorliegende Urteil


OLG Dresden – Az.: 4 U 906/23 – Beschluss vom 10.11.2023


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