Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Ärztliche Aufklärung im Fokus: Anforderungen und rechtliche Konsequenzen analysiert
- Der Fall vor Gericht
- Berufung erfolgreich: Thüringer Oberlandesgericht verweist Arzthaftungsprozess zur weiteren Beweisaufnahme zurück
- Vorwurf unzureichender Aufklärung
- Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahme
- Fragen zu Behandlungsalternativen offen
- Kausalität des Aufklärungsmangels zu prüfen
- Zurückverweisung zur Wahrung des Instanzenzugs
- Die Schlüsselerkenntnisse
- FAQ – Häufige Fragen
- Was umfasst eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung vor einer Operation?
- Wie kann ich als Patient nachweisen, dass die ärztliche Aufklärung mangelhaft war?
- Welche Bedeutung haben unterschriebene Aufklärungsbögen im Arzthaftungsprozess?
- Wann muss ein Arzt über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufklären?
- Wie wirkt sich ein festgestellter Aufklärungsmangel auf meine Schadensersatzansprüche aus?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Der Kläger verlangt Schadensersatz aufgrund von Komplikationen nach einer Operation, die 2012 durchgeführt wurde.
- Der erste Eingriff wurde wegen anhaltender Beschwerden im rechten Fuß und einer Deformität vorgenommen, die Nachbehandlung verlief vorerst ohne Probleme.
- Später trat ein Rückfall auf, der zu weiteren Beschwerden führte, jedoch ließ der Kläger die empfohlene Revisionsoperation nicht durchführen.
- Der Kläger wirft der Beklagten Behandlungs- und Aufklärungsfehler vor, insbesondere eine fehlerhafte Operationsmethode und eine Nervenläsion während des Eingriffs.
- Das Landgericht wies die Klage ab, da die durchgeführte Operation als fehlerfrei und indiziert angesehen wurde.
- Der Sachverständige urteilt, dass die Operation den medizinischen Standards entsprach und keine Hinweise auf eine Nervenverletzung gefunden wurden.
- Das Gericht stellte fest, dass die vorliegende Deformität im Verhältnis zur angewandten Methode korrekt war und kein Fehler bei der Durchführung vorlag.
- Die Entscheidung des Landgerichts wurde nun vom Thüringer Oberlandesgericht aufgehoben, und der Fall muss erneut verhandelt werden.
- Die Kosten für das Berufungsverfahren liegen in der Verantwortung des Landgerichts, mit Ausnahme von bestimmten Gerichtsgebühren.
- Das Urteil des Oberlandesgerichts ist vorläufig vollstreckbar, eine Revision gegen diese Entscheidung ist nicht möglich.
Ärztliche Aufklärung im Fokus: Anforderungen und rechtliche Konsequenzen analysiert
Die ärztliche Aufklärung ist ein zentraler Bestandteil des Gesundheitswesens und spielt eine entscheidende Rolle bei den Patientenrechten. Sie bezeichnet den Prozess, durch den Patienten über Diagnosen, Therapien und mögliche Risiken informiert werden, bevor sie in eine medizinische Behandlung einwilligen. Eine ordnungsgemäße Aufklärung setzt bestimmte Anforderungen voraus, die sicherstellen sollen, dass Patienten informierte Entscheidungen treffen können. Zu diesen Anforderungen zählen unter anderem die Bereitstellung von umfassenden Informationen, die Durchführung eines persönlichen Aufklärungsgesprächs sowie die Dokumentation der Aufklärung durch ein Aufklärungsblatt oder eine Einwilligungserklärung.
Im Rahmen der Aufklärungspflicht müssen Ärzte darauf achten, dass die Informationen verständlich und nachvollziehbar vermittelt werden. Dies erfordert nicht nur Fachkenntnisse, sondern auch Empathie und Kommunikationsgeschick. Bei einer Fehlaufklärung kann es zu rechtlichen Konsequenzen kommen, da die Haftung des Arztes im Falle einer Unterlassung oder Unzureichendheit der Aufklärung gegeben sein kann. In der Folge wird ein konkreter Fall analysiert, der einen interessanten Blick auf die Anforderungen an den Nachweis einer ordnungsgemäßen ärztlichen Aufklärung bietet.
Der Fall vor Gericht
Berufung erfolgreich: Thüringer Oberlandesgericht verweist Arzthaftungsprozess zur weiteren Beweisaufnahme zurück
Ein Arzthaftungsprozess vor dem Thüringer Oberlandesgericht wurde zur erneuten Verhandlung an das Landgericht Erfurt zurückverwiesen. Der Kläger, ein ehemaliger Bundeswehrsoldat, hatte sich 2012 einer Operation an der rechten Großzehe (Hallux valgus) bei der beklagten Ärztin unterzogen. Er wirft ihr Behandlungs- und Aufklärungsfehler vor.
Vorwurf unzureichender Aufklärung
Das Landgericht hatte die Klage zunächst abgewiesen. Der Kläger legte dagegen Berufung ein und rügte insbesondere eine unzureichende Aufklärung über Behandlungsalternativen und Risiken. Das Oberlandesgericht sah einen wesentlichen Verfahrensmangel darin, dass das Landgericht keine Beweisaufnahme zur Aufklärung durchgeführt hatte.
Notwendigkeit weiterer Beweisaufnahme
Nach Ansicht des Oberlandesgerichts sind weitere Beweiserhebungen erforderlich. So müsse der aufklärende Arzt als Zeuge zum Inhalt des Aufklärungsgesprächs vernommen werden. Auch sei der medizinische Sachverständige ergänzend zu Behandlungsalternativen und einem möglicherweise erhöhten Rezidivrisiko des Klägers zu befragen.
Fragen zu Behandlungsalternativen offen
Das Gericht betonte, dass über konservative Behandlungsmöglichkeiten hätte aufgeklärt werden müssen, sofern diese eine echte Alternative darstellten. Dies sei insbesondere vor dem Hintergrund zu prüfen, dass der Kläger kurz vor dem Ende seiner aktiven Dienstzeit bei der Bundeswehr stand. Zudem sei zu klären, ob für die Operation eine relative oder absolute Indikation vorlag.
Kausalität des Aufklärungsmangels zu prüfen
Das Oberlandesgericht wies darauf hin, dass bei einem festgestellten Aufklärungsmangel auch dessen Kausalität für den vom Kläger behaupteten Schaden zu prüfen sei. Der Kläger müsse darlegen und beweisen, dass er bei ordnungsgemäßer Aufklärung die Einwilligung zur Operation nicht erteilt hätte.
Zurückverweisung zur Wahrung des Instanzenzugs
Die Zurückverweisung erfolgte, um dem Kläger den vollen Instanzenzug zu erhalten. Das Oberlandesgericht sah eine umfangreiche Beweisaufnahme als notwendig an, die am besten vom Landgericht durchgeführt werden könne.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil unterstreicht die zentrale Bedeutung einer umfassenden ärztlichen Aufklärung, insbesondere über Behandlungsalternativen und spezifische Risiken. Es verdeutlicht, dass Gerichte bei Aufklärungsrügen eine sorgfältige Beweisaufnahme durchführen müssen, um die Wirksamkeit der Patienteneinwilligung zu beurteilen. Die Entscheidung betont zudem die Notwendigkeit, die Kausalität eines Aufklärungsmangels für den behaupteten Schaden zu prüfen und individuelle Patientenumstände zu berücksichtigen.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit einer umfassenden ärztlichen Aufklärung vor Operationen. Wenn Sie sich einer Operation unterziehen mussten und nun Zweifel an der Vollständigkeit der Aufklärung haben, könnte dies relevant für Sie sein. Das Gericht betont, dass Ärzte nicht nur über Risiken, sondern auch über mögliche Behandlungsalternativen aufklären müssen. Ein unterzeichneter Aufklärungsbogen allein reicht als Beweis für eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht aus. Sollten Sie den Verdacht haben, dass Sie nicht ausreichend über Alternativen oder spezifische Risiken informiert wurden, könnte es sinnvoll sein, Ihre medizinischen Unterlagen genau zu prüfen und gegebenenfalls rechtlichen Rat einzuholen.
FAQ – Häufige Fragen
Ärztliche Aufklärung im Arzthaftungsprozess ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. Diese FAQ-Rubrik soll Ihnen dabei helfen, die wichtigsten Aspekte dieses sensiblen Rechtsgebiets zu verstehen. Wir haben die häufigsten Fragen zum Thema zusammengestellt und mit klaren und verständlichen Antworten versehen.
Wichtige Fragen, kurz erläutert:
- Was umfasst eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung vor einer Operation?
- Wie kann ich als Patient nachweisen, dass die ärztliche Aufklärung mangelhaft war?
- Welche Bedeutung haben unterschriebene Aufklärungsbögen im Arzthaftungsprozess?
- Wann muss ein Arzt über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufklären?
- Wie wirkt sich ein festgestellter Aufklärungsmangel auf meine Schadensersatzansprüche aus?
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie spezielle Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Was umfasst eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung vor einer Operation?
Eine ordnungsgemäße ärztliche Aufklärung vor einer Operation umfasst mehrere wesentliche Aspekte, die gesetzlich vorgeschrieben sind und dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten dienen.
Inhalt der Aufklärung
Der Arzt muss Sie umfassend über Art, Umfang und Durchführung des geplanten Eingriffs informieren. Dazu gehören:
- Die Diagnose und der voraussichtliche Gesundheitsverlauf
- Der Ablauf der Operation und mögliche Behandlungsalternativen
- Die zu erwartenden Folgen und Risiken des Eingriffs
- Die Erfolgsaussichten der Operation
- Notwendige Verhaltensmaßnahmen vor und nach dem Eingriff
Wenn Sie eine bestimmte Operation erwägen, sollten Sie vom Arzt auch über mögliche Komplikationen aufgeklärt werden, selbst wenn diese selten auftreten. Die Aufklärung muss so erfolgen, dass Sie als Patient eine informierte Entscheidung treffen können.
Form und Zeitpunkt der Aufklärung
Die Aufklärung muss grundsätzlich in einem persönlichen Gespräch erfolgen. Schriftliche Informationen oder Aufklärungsbögen können das Gespräch ergänzen, aber nicht ersetzen. Der Zeitpunkt der Aufklärung ist ebenfalls wichtig:
- Bei stationären Eingriffen sollte die Aufklärung in der Regel spätestens am Vortag der Operation stattfinden.
- Bei ambulanten Eingriffen kann eine Aufklärung am Tag des Eingriffs ausreichend sein, sofern Sie als Patient genügend Zeit zur Entscheidung haben.
Dokumentation der Aufklärung
Der Arzt ist verpflichtet, die wesentlichen Inhalte des Aufklärungsgesprächs in der Patientenakte zu dokumentieren. Dies dient nicht nur als Nachweis, sondern auch Ihrer Sicherheit als Patient.
Wirtschaftliche Aufklärung
Wenn die Kosten der Operation nicht von Ihrer Krankenkasse übernommen werden, muss der Arzt Sie darüber vorab informieren. Dies gilt besonders bei sogenannten Individuellen Gesundheitsleistungen (IGeL).
Wenn Sie vor einer Operation stehen, haben Sie das Recht, all diese Informationen zu erhalten. Zögern Sie nicht, Ihrem Arzt Fragen zu stellen, wenn Ihnen etwas unklar ist. Eine gründliche Aufklärung ist die Basis für Ihre informierte Einwilligung und damit für den gesamten Behandlungsprozess.
Wie kann ich als Patient nachweisen, dass die ärztliche Aufklärung mangelhaft war?
Als Patient müssen Sie in der Regel nicht beweisen, dass die ärztliche Aufklärung mangelhaft war. Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Arzt. Dies ist im § 630h Abs. 2 BGB gesetzlich festgelegt. Der Arzt muss also nachweisen, dass er Sie ausreichend aufgeklärt hat.
Dokumentation Ihrer Erinnerungen
Dennoch ist es für Sie als Patient wichtig, Ihre Erinnerungen an das Aufklärungsgespräch möglichst zeitnah zu dokumentieren. Notieren Sie sich:
- Datum und Uhrzeit des Gesprächs
- Anwesende Personen
- Inhalt des Gesprächs
- Fragen, die Sie gestellt haben
- Antworten des Arztes
Diese Aufzeichnungen können Ihnen später helfen, Ihre Aussagen zu untermauern.
Rolle des Aufklärungsbogens
Häufig lässt der Arzt Sie einen Aufklärungsbogen unterschreiben. Dieser Bogen allein beweist jedoch nicht, dass eine ausreichende Aufklärung stattgefunden hat. Wenn Sie der Meinung sind, dass die Aufklärung trotz unterschriebenem Bogen mangelhaft war, können Sie dies im Prozess vorbringen.
Zeugenaussagen
Wenn bei dem Aufklärungsgespräch weitere Personen anwesend waren, können deren Aussagen als Beweismittel dienen. Bitten Sie Angehörige oder Freunde, die dabei waren, ihre Erinnerungen ebenfalls zu notieren.
Einsicht in die Patientenakte
Sie haben das Recht, Einsicht in Ihre Patientenakte zu nehmen. Dort sollte die Aufklärung dokumentiert sein. Fehlt diese Dokumentation oder ist sie unvollständig, kann dies ein Indiz für eine mangelhafte Aufklärung sein.
Eidesstattliche Versicherung
In bestimmten Fällen kann eine eidesstattliche Versicherung über den Inhalt des Aufklärungsgesprächs hilfreich sein. Beachten Sie jedoch, dass eine falsche eidesstattliche Versicherung strafbar ist.
Wenn Sie den Eindruck haben, dass die ärztliche Aufklärung mangelhaft war, ist es wichtig, alle Ihre Erinnerungen und Beobachtungen sorgfältig zu dokumentieren. Diese Informationen können im Falle eines Rechtsstreits von großer Bedeutung sein.
Welche Bedeutung haben unterschriebene Aufklärungsbögen im Arzthaftungsprozess?
Unterschriebene Aufklärungsbögen haben im Arzthaftungsprozess eine wichtige, aber nicht allein entscheidende Bedeutung. Sie dienen als starkes Indiz dafür, dass eine Aufklärung stattgefunden hat, sind jedoch kein unwiderlegbarer Beweis für eine ordnungsgemäße Aufklärung.
Beweiskraft der Aufklärungsbögen
Die Vorlage eines vom Patienten und Arzt unterzeichneten Aufklärungsbogens ist oft von prozessentscheidender Bedeutung. Gerichte sehen darin einen starken Hinweis darauf, dass zumindest die im Bogen enthaltenen Informationen dem Patienten mitgeteilt wurden. Allerdings reicht die bloße Unterschrift nicht aus, um eine vollständige und angemessene Aufklärung zu beweisen.
Ergänzung zum persönlichen Gespräch
Aufklärungsbögen können das persönliche Arzt-Patienten-Gespräch vorbereiten und ergänzen, aber nicht ersetzen. Die Rechtsprechung verlangt, dass die Aufklärung in einem individuellen Gespräch erfolgt, bei dem der Arzt sicherstellt, dass der Patient alle wesentlichen Informationen verstanden hat.
Beweislast im Arzthaftungsprozess
Im Arzthaftungsprozess liegt die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung beim Arzt. Kann der Arzt nicht nachweisen, dass er den Patienten ausreichend aufgeklärt hat, gilt die Behandlung als rechtswidrig, selbst wenn sie medizinisch korrekt durchgeführt wurde.
Dokumentation des Aufklärungsgesprächs
Neben dem unterschriebenen Aufklärungsbogen ist es für Ärzte ratsam, das Aufklärungsgespräch in der Patientenakte zu dokumentieren. Dies kann im Falle eines Rechtsstreits als zusätzlicher Beweis dienen, insbesondere wenn das Gespräch länger zurückliegt und der Arzt sich nicht mehr an alle Details erinnern kann.
Wenn Sie als Patient einen Aufklärungsbogen unterschreiben, sollten Sie sich bewusst sein, dass dies im Falle eines Rechtsstreits als Indiz für Ihre Einwilligung gewertet wird. Es ist daher wichtig, dass Sie alle Informationen sorgfältig lesen und verstehen, bevor Sie unterschreiben. Zögern Sie nicht, Fragen zu stellen oder um weitere Erklärungen zu bitten, wenn Ihnen etwas unklar ist.
Wann muss ein Arzt über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufklären?
Ein Arzt muss über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufklären, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können. Dies ist gesetzlich in § 630e Abs. 1 Satz 3 BGB geregelt.
Kriterien für die Aufklärungspflicht über Alternativen
Die Aufklärungspflicht über Behandlungsalternativen besteht, wenn folgende Voraussetzungen erfüllt sind:
- Es gibt mehrere gleichwertige Behandlungsmöglichkeiten.
- Die Alternativen sind medizinisch anerkannt und üblich.
- Sie führen zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen für den Patienten.
Stellen Sie sich vor, Sie haben eine Kniegelenkarthrose. In diesem Fall müsste Ihr Arzt Sie sowohl über die Möglichkeit einer konservativen Behandlung mit Physiotherapie und Schmerzmitteln als auch über die Option einer Operation aufklären, da beide Methoden anerkannt sind, aber unterschiedliche Risiken und Heilungschancen mit sich bringen.
Absolute und relative Indikation
Bei der Aufklärungspflicht spielt auch die Unterscheidung zwischen absoluter und relativer Indikation eine Rolle:
- Bei einer absoluten Indikation gibt es in der Regel nur eine zwingend notwendige Behandlungsmethode. Hier besteht meist keine Pflicht zur Aufklärung über Alternativen.
- Bei einer relativen Indikation kommen mehrere Behandlungsmöglichkeiten in Betracht. In diesem Fall muss der Arzt über die verschiedenen Optionen aufklären.
Wenn Sie beispielsweise eine akute Blinddarmentzündung haben (absolute Indikation), muss der Arzt Sie nicht über Alternativen zur Operation aufklären. Bei einer chronischen Erkrankung wie Bluthochdruck (relative Indikation) muss er Sie hingegen über verschiedene Medikamente und deren Vor- und Nachteile informieren.
Umfang der Aufklärung
Der Arzt muss Sie über die wesentlichen Vor- und Nachteile der verschiedenen Behandlungsmöglichkeiten informieren. Dies umfasst:
- Erfolgsaussichten
- Risiken und mögliche Komplikationen
- Dauer und Intensität der Behandlung
- Mögliche Folgen für Ihre Lebensqualität
Beachten Sie: Der Arzt muss Sie nicht über jede theoretisch denkbare Alternative aufklären, sondern nur über solche, die für Ihre individuelle Situation relevant und medizinisch sinnvoll sind.
Wie wirkt sich ein festgestellter Aufklärungsmangel auf meine Schadensersatzansprüche aus?
Ein festgestellter Aufklärungsmangel kann Ihre Schadensersatzansprüche erheblich begünstigen. Wenn ein Gericht einen Aufklärungsmangel feststellt, gilt der ärztliche Eingriff als rechtswidrig, selbst wenn er medizinisch korrekt durchgeführt wurde. Dies eröffnet Ihnen grundsätzlich die Möglichkeit, Schadensersatz und Schmerzensgeld zu fordern.
Kausalität zwischen Aufklärungsmangel und Schaden
Um Schadensersatzansprüche geltend zu machen, müssen Sie nachweisen, dass der Aufklärungsmangel ursächlich für den eingetretenen Schaden war. Dies bedeutet, Sie müssen darlegen, dass Sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Eingriff abgelehnt hätten und der Schaden dadurch nicht eingetreten wäre. Hierbei kommt es auf Ihre persönliche Entscheidungssituation an. Stellen Sie sich vor, Sie hätten alle relevanten Informationen erhalten – hätten Sie dann tatsächlich anders entschieden?
Hypothetische Einwilligung
Der Arzt oder das Krankenhaus können sich auf eine sogenannte hypothetische Einwilligung berufen. Dies bedeutet, sie argumentieren, dass Sie auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in den Eingriff eingewilligt hätten. Um diesen Einwand zu entkräften, müssen Sie plausible Gründe darlegen, warum Sie bei korrekter Aufklärung den Eingriff abgelehnt hätten. Wenn Sie beispielsweise nachweisen können, dass Sie generell risikoavers sind oder alternative Behandlungsmethoden bevorzugt hätten, stärkt dies Ihre Position.
Beweislastumkehr zugunsten des Patienten
Bei einem festgestellten Aufklärungsmangel tritt eine für Sie vorteilhafte Beweislastumkehr ein. Der Arzt oder das Krankenhaus müssen nun beweisen, dass der Schaden auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung eingetreten wäre. Dies erleichtert Ihre Situation im Prozess erheblich, da Sie nicht den vollständigen Nachweis für die Kausalität zwischen Aufklärungsmangel und Schaden erbringen müssen.
Umfang des Schadensersatzes
Wenn ein Aufklärungsmangel festgestellt wird und die Kausalität zum Schaden nachgewiesen ist, können Sie grundsätzlich den vollen Schadensersatz verlangen. Dies umfasst sowohl materielle Schäden (z.B. Verdienstausfall, zusätzliche Behandlungskosten) als auch immaterielle Schäden in Form von Schmerzensgeld. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere und Dauer der erlittenen Beeinträchtigungen.
Beachten Sie, dass jeder Fall individuell bewertet wird. Die konkreten Auswirkungen eines Aufklärungsmangels auf Ihre Schadensersatzansprüche hängen von den spezifischen Umständen Ihres Falls ab, einschließlich der Art des Eingriffs, der Schwere des Aufklärungsmangels und der eingetretenen Folgen.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Ärztliche Aufklärung: Dies ist der Prozess, bei dem Ärzte ihre Patienten über geplante medizinische Maßnahmen, deren Risiken, Alternativen und Erfolgsaussichten informieren, bevor diese ihre Einwilligung zur Behandlung geben. Eine ordnungsgemäße Aufklärung muss umfassend, verständlich und nachvollziehbar sein, was oft durch ein persönliches Gespräch und zusätzlich schriftliche Dokumentation wie Aufklärungsbögen sichergestellt wird.
- Aufklärungspflicht: Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, ihre Patienten vor einer medizinischen Behandlung über die Diagnose, die geplante Therapie, mögliche Risiken und Behandlungsalternativen zu informieren. Diese Pflicht dient dem Schutz der Patientenrechte und soll sicherstellen, dass Patienten eine informierte Entscheidung über ihre Behandlung treffen können. Bei Verletzung dieser Pflicht können rechtliche Konsequenzen für den Arzt entstehen, wie z.B. Haftungsansprüche.
- Beweiserhebung: Dies ist der Prozess, in dem das Gericht Beweise sammelt und prüft, um den Sachverhalt eines Falls zu klären. In einem Arzthaftungsprozess kann dies die Vernehmung von Zeugen, die Einholung von Sachverständigengutachten oder die Prüfung schriftlicher Beweise wie Aufklärungsbögen umfassen. Die Beweiserhebung ist entscheidend dafür, ob der Kläger (Patient) seine Behauptungen beweisen kann.
- Indikation: Dieser Begriff beschreibt den Grund oder die Notwendigkeit für eine bestimmte medizinische Behandlung. Eine absolute Indikation bedeutet, dass eine Behandlung zwingend erforderlich ist, während eine relative Indikation bedeutet, dass es alternative Behandlungsmöglichkeiten gibt. Die Indikation beeinflusst, ob und wie detailliert ein Arzt über Behandlungsalternativen aufklären muss.
- Kausalität: In rechtlichen Zusammenhängen bezieht sich Kausalität auf den Ursache-Wirkungs-Zusammenhang zwischen zwei Ereignissen, z.B. zwischen einem Aufklärungsmangel und dem eingetretenen Schaden. Im Arzthaftungsrecht muss der Kläger (Patient) nachweisen, dass der Schaden unmittelbar auf eine unzureichende Aufklärung zurückzuführen ist, um Schadensersatzansprüche geltend machen zu können.
- Aufklärungsbogen: Dies ist ein schriftliches Dokument, das zur Dokumentation der ärztlichen Aufklärung verwendet wird. Der Bogen enthält Informationen über die Diagnose, die geplante Behandlung, mögliche Risiken und Behandlungsalternativen. Obwohl ein unterschriebener Aufklärungsbogen ein wichtiges Beweismittel ist, reicht er allein nicht aus, um eine vollständige und ordnungsgemäße Aufklärung zu beweisen; es muss auch ein persönliches Gespräch stattgefunden haben.
Wichtige Rechtsgrundlagen
Thüringer Oberlandesgericht – Az.: 7 U 741/23 – Urteil vom 07.05.2024
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