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Arzt- und Krankenhaushaftung – Infusion im Handgelenksbereich

OLG München – Az.: 24 U 3088/12 – Beschluss vom 20.09.2012

Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers gegen das Endurteil des Landgerichts Kempten (Allgäu) vom 22.06.2012, Az.: 63 O 2421/10, durch einstimmigen Beschluss zurückzuweisen.

Hierzu besteht Gelegenheit zur Stellungnahme binnen drei Wochen nach Zustellung dieses Hinweises.

Gründe

Die Berufung hat keine Aussicht auf Erfolg. Die weiteren Voraussetzungen des § 522 Abs. 2 Ziffern 1 bis 4 ZPO liegen vor.

Das angefochtene Urteil des Landgerichts Kempten weist weder Rechtsfehler auf, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 ZPO).

Das Erstgericht hat entgegen der Auffassung des Klägers die Feststellung, dass er den ihm obliegenden vollen Beweis eines Behandlungsfehlers eines Arztes der Beklagten nicht geführt hat, rechtsfehlerfrei getroffen, insbesondere ohne Verstoß gegen § 286 ZPO und ohne Verletzung des Anspruchs des Klägers auf rechtliches Gehör.

Arzt- und Krankenhaushaftung - Infusion im Handgelenksbereich
Symbolfoto: Von Jannarong/Shutterstock.com

1. Den schriftlichen und mündlichen Ausführungen des gerichtlichen Sachverständigen Prof. Dr. D. ist bei verständiger Würdigung klar zu entnehmen, dass dieser die Wahl des Punktionsorts im Bereich des rechten Handgelenks nicht als behandlungsfehlerhaft ansieht. Soweit mit der Berufungsbegründung isoliert die auf Seite 7, Mitte, des Sitzungsprotokolls vom 23.05.2012 protokollierten beiden Sätze hervorgehoben werden, ist diesen Angaben des Sachverständigen in der Zusammenschau mit seinen weiteren schriftlichen und mündlichen Ausführungen zur Frage der Wahl des Punktionsorts keineswegs zu entnehmen, dass selbst unter der – im vorliegenden Fall keineswegs feststehenden – Voraussetzung, dass sich am Handrücken eine geeignete Vene findet, die Wahl des Punktionsorts im Bereich des Handgelenks- oder im Ellenbogenbereich als behandlungsfehlerhaft zu werten wäre.

Soweit der Kläger in diesem Zusammenhang weiter rügt, das Landgericht habe es unter Verstoß gegen § 139 ZPO, Art. 103 GG unterlassen, den gerichtlichen Sachverständigen dazu zu befragen, ob zumindest nach mehrmaligen frustranen Punktionsversuchen und insbesondere bei Wiederaustreten der Nadel bei einem der Punktionsversuche auf eine Punktionsstelle am Handrücken hätte ausgewichen werden müssen, ist darauf hinzuweisen, dass das Landgericht die Feststellung mehrmaliger frustraner Punktionsversuche und des Wiederaustretens der Nadel bei einem der Punktionsversuche gar nicht getroffen hat. Dementsprechend war das Landgericht auch nicht gehalten, eine entsprechende Frage zu stellen.

2. Im Übrigen greift der Kläger mit der Berufung in erster Linie die Beweiswürdigung des Erstgerichts an, vermag aber Verstöße des Erstgerichts gegen § 286 ZPO, insbesondere etwaige Verstöße gegen Denkgesetze oder Erfahrungssätze (vgl. insoweit Zöller, ZPO, 29. Aufl., § 286 ZPO Rn. 13) nicht aufzuzeigen.

Zu berücksichtigen ist bei der Beurteilung der Beweiswürdigung des Erstgerichts, dass nach dem Gesetz im Urteil die für die richterliche Überzeugung bzw. fehlende Überzeugung leitenden Gründe lediglich kurz zusammengefasst anzugeben sind (vgl. § 286 Abs. 1 Satz 2 ZPO, § 313 Abs. 3 ZPO).

Den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils (dort Seite 5) ist zu entnehmen, dass das Erstgericht seine Zweifel an der Richtigkeit des Sachvortrags des Klägers in erster Linie aus erheblichen Widersprüchen in dessen Angaben und denen der Zeugin G. herleitet und damit begründet. Erhebliche Widersprüchlichkeiten sind den protokollierten Angaben des Klägers und der Zeugin in der Tat zu entnehmen. Während etwa der Kläger angab, die angebliche Wiederaustrittstelle der Nadel sei sicher mehr als einen Zentimeter von der Einstichstelle entfernt gewesen, er meine“so drei Finger breit entfernt“, bekundete die Zeugin, die Spitze der Nadel sei circa 1 cm weiter vorn wieder herausgekommen, die Nadel habe so eine Form wie ein „U“ gehabt. Letzteres erscheint nicht nachvollziehbar; diese Angabe der Zeugin rechtfertigt allein bereits den Verdacht einer Aussage zugunsten des Klägers. Auch sind, wie das Erstgericht zutreffend festgestellt hat, der Ablaufschilderung der Zeugin G. mehrere frustrane Einstichversuche seitens des Arztes im Bereich des Handgelenks des Klägers entgegen dem Sachvortrag und den Angaben des Klägers gerade nicht zu entnehmen (vgl. Seite 5 des Sitzungsprotokolls vom 23.05.2012, 2. Absatz). Die Zeugin hat vielmehr angegeben, dass sie sich nicht ganz sicher sei, ob es der Arzt dann nochmals am Handgelenk probiert hat, bzw. etwas später, dass sie nicht mehr wisse, ob der Arzt, nachdem er die Nadel rausgezogen hatte, „es nochmal versucht hat unten am Handgelenk“.

Soweit der Kläger mit der Berufung vorträgt, dass seinen Angaben und denen der Zeugin übereinstimmend mehrere frustrane Einstichversuche zu entnehmen seien, ist dies für den Senat angesichts der protokollierten Aussage der Zeugin G. nicht nachvollziehbar. Angesichts der Widersprüchlichkeiten in den Angaben des Klägers einerseits und der Zeugin G. andererseits, ist es für den Senat allerdings durchaus nachvollziehbar, dass das Erstgericht die Überzeugung von der Richtigkeit mehrerer frustraner Einstichversuche, eines irgendwie gearteten „Herumstocherns“ und vom behaupteten Wiederaustreten der Nadel durch die Haut nicht gewonnen hat.

Im Übrigen ist festzustellen, dass der völlig unscharfe Begriff des „Herumstocherns“ den Vorwurf eines Behandlungsfehlers ohnehin nicht zu rechtfertigen vermag.

Der gerichtliche Sachverständige hat bei Beurteilung des vorliegenden Sachverhalts einen Behandlungsfehler letztlich nur insoweit bejaht, als im Fall des Wiederaustretens der Nadel diese anschließend nicht ganz herausgezogen worden wäre.

Da das Erstgericht rechtsfehlerfrei bereits nicht die Überzeugung von einem Wiederaustreten der Nadel gewonnen hat, war es folgerichtig auch nicht gehalten, ausgehend von der wiedergegebenen Beurteilung des Sachverständigen weitere Fragen an den Kläger bzw. die Zeugin G. zu stellen oder gar den beklagtenseits gegenbeweislich benannten Zeugen Dr. B. ergänzend zu vernehmen.

Da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg hat, sollte auch aus Kostengründen – Ersparung zweier Gerichtsgebühren gemäß KV 1222 – eine Rücknahme der Berufung erwogen werden.

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