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Arzthaftung nach Implantation einer Hüftgelenksendprothese

OLG Koblenz, Az.: 5 U 848/14, Urteil vom 27.04.2016

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 18. Juni 2014 wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 18. Juni 2014 ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

Die Klägerin verlangt die Zahlung eines Schmerzensgeldes sowie die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für künftige materielle und immaterielle Schäden im Zusammenhang mit der operativen Implantation einer Hüfttotalendoprothese.

Arzthaftung nach Implantation einer Hüftgelenksendprothese
Foto: Jadoo/Bigstock

Die 1953 geborene Klägerin befand sich in der Zeit vom 9. März bis 22. März 2010 im Klinikum der Beklagten zu 1). Nachdem der Beklagte zu 2) bereits vor dem stationären Aufenthalt ein Gespräch mit der Klägerin hinsichtlich der geplanten endoprothetischen Hüftgelenksoperation aufgrund der festgestellten Coxarthrose geführt hatte, erfolgte am 9. März 2010 ein weiteres Aufklärungsgespräch. Am 10. März 2010 führte der Beklagte zu 2) die Operation aus.

Im weiteren Verlauf zeigte sich bei der Klägerin eine erhebliche Schmerzsymptomatik. Zudem besteht eine Beinlängendifferenz von 1,5 cm.

Die Klägerin hat erstinstanzlich behauptet, die anästhesiologische Behandlung im Zusammenhang mit der Hüftoperation sei standardwidrig erfolgt. Zudem sei der Einsatz der Hüftgelenksprothese nicht an der richtigen Stelle, nicht im richtigen Winkel und zudem durch teilweisen Einsatz eines zementierten Implantats erfolgt. Das Einzementieren sei offenkundig aufgrund des falschen Ausfräsens des Beckenknochens erforderlich geworden. Die Hüften stünden nach der Operation ungleich. Auch die Längendifferenz der Beine sei auf Fehler beim Einsatz des Implantats zurückzuführen. Über das Risiko einer – unstreitig erfolgten – Zuführung von Blutkonserven aufgrund des Verlusts von Blut sei sie voroperativ nicht aufgeklärt worden. Zudem sei ihr nicht die Möglichkeit einer Eigenblutspende aufgezeigt worden. Aufklärungsmängel seien zudem hinsichtlich der Verwendung einer zementfreien Operationsmethode sowie der Beinlängenveränderung gegeben. Die Operation habe zu ständigen erheblichen und belastungsabhängigen Schmerzen geführt.

Die Klägerin hat erstinstanzlich ein in das gerichtliche Ermessen gestelltes Schmerzensgeld in einer Mindesthöhe von 15.000,00 € sowie die Einstandspflicht für künftige materielle und immaterielle Schäden begehrt.

Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes sowie der erstinstanzlich Anträge der Parteien wird auf die angefochtene Entscheidung vom 18. Juni 2014 (Bl. 298 ff. GA) verwiesen.

Das sachverständig beratene Landgericht hat die Klage abgewiesen, da weder ein Behandlungsfehler noch eine unzureichende Aufklärung festzustellen seien. Zwar sei die Positionierung des Implantats durch die zugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. Dr. …[A] und Dr. …[B] als „suboptimal“ bezeichnet worden, doch sei dies nicht als Behandlungsfehler anzusehen. Der Sachverständige Dr. …[B] habe in seiner mündlichen Anhörung verdeutlicht, dass die Positionierung des Implantats nicht optimal erfolgt sei, dies aber allen Chirurgen passieren könne. Die Abweichung des Drehzentrums von dem durch ein Dreieck markierten Zielkorridor sei geringfügig und nicht als behandlungsfehlerhaft anzusehen. Die Beinlängenveränderung beruhe ebenfalls nicht auf einem Behandlungsfehler, da es sich hierbei um eine häufige Komplikation handele, die auf die Zielsetzung der Herbeiführung einer stabilen Gelenkführung zurückzuführen sei. Die Konzentration auf Letzteres könne zu Beinlängenveränderungen führen. Muskuläre Insuffizienzen, die auf die Hüftoperation zurückzuführen seien, könnten nicht festgestellt werden. Aus der postoperativen Schmerzsymptomatik könne nicht auf ein fehlerhaftes Vorgehen geschlossen werden, da entsprechende Schmerzzustände auch ohne einen Behandlungsfehler entstehen könnten. Der Einsatz einer teilweise zementierten Prothese sei ebenfalls kein Behandlungsfehler, da dies eine standardgerechte Behandlungsmethode darstelle und zudem erst intraoperativ entschieden werden könne, ob das Implantat zementfrei eingesetzt werden kann. Die Darlegungen des Beklagten zu 2), nach denen bei zementfreiem Einsatz intraoperativ kein fester Sitz habe erreicht werden können, schließe die Feststellung eines Behandlungsfehlers aus. Auch die anästhesiologische Behandlung sei nicht zu beanstanden. Unter Zugrundelegung des Ergebnisses der Anhörung des Beklagten zu 2) sowie der Zeugin …[C] sei von einer ordnungsgemäßen Aufklärung auszugehen. Die Komplikationen seien dem Aufklärungsformular zu entnehmen.

Dass die Klägerin dieses gelesen habe, ergebe sich aus ihren Anmerkungen am Ende des Formulars, die anschließend mit ihr erörtert worden seien. Sowohl die intraoperative Entscheidung über die Möglichkeit zur Verwendung eines zementfreien Implantats sowie das Risiko einer Beinlängendifferenz seien erörtert worden. Im Übrigen wird zur Begründung der erstinstanzlichen Entscheidung auf das Urteil vom 18. Juni 2014 (Bl. 298 ff. GA) Bezug genommen.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung unter Weiterverfolgung ihrer erstinstanzlichen Anträge. Sie führt an, eine „suboptimale“ Positionierung müsse angesichts der bestehenden Schmerzsymptomatik, des Bewegungsablaufs sowie der Positionierung der Komponenten der Prothese als Behandlungsfehler angesehen werden. Da sich das Drehzentrum nicht in dem Sachverständigen umschriebenen Zielkorridor befinde, müsse ein Behandlungsfehler vorliegen. Die Feststellungen des Sachverständigen zu fehlenden Deformierungen sowie zur fehlenden Muskelinsuffizienz bei der Klägerin seien falsch. Soweit der Sachverständige die aus seiner Sicht eingesetzte zu große Femurschaftkomponente damit rechtfertige, dass diese der Operateur intraoperativ nach der bestmöglichen Passform auswähle, laufe dies auf eine reine Mutmaßung hinsichtlich der Erforderlichkeit der konkret eingesetzten Femurschaftkomponente hinaus. Allein die eingetretene Beinverlängerung um 1,5 cm belege einen Behandlungsfehler. Die Frage der Kausalität hinsichtlich der bei der Klägerin bestehenden Symptomatik habe der Gutachter nicht ungeklärt lassen dürfen. Zudem fehle es sowohl hinsichtlich der Beinlängenveränderung als auch der Einzementierung eines Teils der Prothese an einer hinreichenden Aufklärung. Hinsichtlich des weiteren Vorbringens wird auf die Berufungsbegründung vom 14. August 2014 (Bl. 337 ff. GA) verwiesen.

Die Klägerin beantragt, die Entscheidung des Landgerichts Koblenz vom 18. Juni 2014 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld, mindestens jedoch einen Betrag in Höhe von 15.000,00 €, zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, ihr sämtlichen zukünftigen materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit er nicht auf die Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergeht.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigen das erstinstanzliche Urteil unter Vertiefung ihres Vorbringens. Insoweit wird auf die Ausführungen in der Berufungserwiderung vom 6. November 2014 (B. 356 ff. GA) verwiesen.

Der Senat hat ergänzend Beweis erhoben durch Einholung eines weiteren Gutachtens nebst Ergänzungsgutachten der auch mündlich angehörten Sachverständigen Prof. Dr. von …[D]. Hinsichtlich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das fachorthopädische Gutachten der Sachverständigen vom 30. Juni 2015 (Bl. 401 ff. GA), das Ergänzungsgutachten vom 12. Januar 2016 (Bl. 451 ff. GA) sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 13. April 2016 (Bl. 484 GA) Bezug genommen.

II.

Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Vertragliche bzw. deliktische Ansprüche der Klägerin auf Schadensersatz kommen nicht in Betracht, da eine fehlerhafte Behandlung sowie eine unzureichende Aufklärung durch die Beklagten nicht festgestellt werden kann.

1. Mit der Berufung grenzt die Klägerin ihre Angriffe gegen die von den Beklagten zu verantwortende Behandlung sowie die Aufklärung über die Risiken des Eingriffs gegenüber dem erstinstanzlichen Vorbringen ein. Insoweit unterscheidet sich der Gegenstand des Berufungsverfahrens von demjenigen der ersten Instanz.

Die in erster Instanz erhobenen Vorwürfe gegen die anästhesiologische Versorgung der Beklagten sowie die Verursachung einer Schürfwunde am Gesäß werden mit der Berufung nicht mehr verfolgt. Mit den Beanstandungen hat sich der Senat daher nicht mehr auseinanderzusetzen.

Auch der Vorwurf gegen die von den Beklagten zu verantwortende Aufklärung wird eingegrenzt. In der Berufungsbegründung setzt sich der Kläger nur noch mit der vorgenommenen Aufklärung über die Risiken der Beinlängenveränderung sowie der Verwendung eines teilzementierten Implantats auseinander. Die noch in erster Instanz thematisierte Aufklärung über das Risiko eines Blutverlustes und die bestehende Möglichkeit einer Eigenblutspende wird nicht mehr aufgegriffen.

2. Eine behandlungsfehlerhafte Vorgehensweise des Beklagten zu 2) bei der Implantation der Hüftgelenksendoprothese kann nicht festgestellt werden.

Die Positionierung der Prothese kann nach den Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. von …[D] – die insoweit im Einklang mit den Bewertungen der erstinstanzlichen hinzugezogenen Sachverständigen Prof. Dr. …[A] und Dr. …[B] stehen – nicht als standardwidrig angesehen werden. Abgesehen von dem Risiko einer Messfehlertoleranz haben die Sachverständigen zwar übereinstimmend eine Abweichung vom Idealbild festgestellt, die bestehende Abweichung aber insgesamt als regelkonform bezeichnet. Gerade die erstinstanzlichen zugezogenen Sachverständigen haben nachvollziehbar verdeutlicht, dass es jedem Chirurgen bei einer solchen Operation passieren könne, nicht den Idealzustand der Prothese zu erreichen. Auch die Sachverständige Prof. Dr. von …[D] hat den insgesamt regelgerechten Zustand festgestellt. Die auch nach dem Ergänzungsgutachten wiederholte Kritik der Klägerin vernachlässigt, dass die unwesentlichen Abweichungen vom Idealzustand nicht mit einem Behandlungsfehler gleichgesetzt werden können, zumal eine Messfehlertoleranz zu berücksichtigen ist. Die Sachverständige Prof. Dr. von …[D] hat hierzu in ihrer Anhörung durch den Senat ergänzend ausgeführt, dass das sog. Offset, dass über die Spannungsverteilung im Knochen und die auf eine Hüftendoprothese wirkenden Kräfte entscheidet, sachgerecht ausgestaltet war.

Die eingetretene Beinlängendifferenz von 1,5 cm haben die Sachverständigen einheitlich auf den Schaft zurückgeführt. Konkretisierend zu den erstinstanzlich hinzugezogenen Sachverständigen, die die Komplikation auf die Länge des Schafts zurückgeführt haben, verdeutlicht die Sachverständige Prof. Dr. von …[D] unter Verweis auf die postoperativen Röntgenbilder, dass der Schaft nicht streng kortikal anliege. Daher sei davon auszugehen, dass sich der Originalschaft beim Einbringen vorzeitig verklemmt habe und nicht tiefer eingebracht werden konnte. Auch hierin kann indes kein Behandlungsfehler erblickt werden. Die Sachverständige hat klargestellt, dass eine frühzeitige Verklemmung des Schafts infolge eines Kraftschlusses selbst bei sorgfältigem operativen Vorgehen aufgrund der Oberflächenbeschaffenheit und der Einbringung mit einem Stößel eintreten kann und als Komplikation zu werten ist. In diesem Zusammenhang hat sie ferner verdeutlicht, dass die Verursachung einer Beinlängenveränderung in dem bei der Klägerin anzutreffenden Ausmaß eine häufige Komplikation in der Hüftendoprothetik darstelle. Dabei ist anzumerken, dass ein standardgerechtes Vorgehen nicht das Einbringen einer individuell gefertigten und zu 100% auf die körperlichen Verhältnisse des Patienten abgestimmten Prothese erfordert (vgl. zur Knie-TEP-OP auch OLG Köln, Beschluss vom 3. Juli 2014 – 5 U 7/14, BeckRS 2014, 18408).

Soweit die Klägerin beanstandet, es sei nicht nachvollziehbar, weshalb nicht ein Lösen des Kraftschlusses versucht worden sei, entbehrt dies einer Grundlage. Die Sachverständige hat auf das – für den Senat auf der Hand liegende – erhebliche Risiko einer knöchernen Verletzung im Falle eines Korrekturversuchs hingewiesen. Sie hat verdeutlicht, dass es entscheidend auf die – vorliegend nicht in Zweifel gezogene – Stabilität ankommt; diese sei das eigentliche Ziel des Eingriffs. Der Versuch einer Korrektur durch Entfernung des bereits verklemmten Schaftes sei mit erheblichen Risiken verbunden. Bei einer Beschädigung von Knochen oder Muskulatur müsse mit Schäden gerechnet werden, die weitaus schwieriger zu beherrschen seien als eine Beinlängendifferenz. In die Gesamtabwägung zur Entscheidung über den Versuch einer Entfernung des Schaftes sei auch einzustellen, dass bei einer häufig erforderlichen Folgeoperation der anderen Hüfte ein (späterer) Ausgleich möglich sei. Vor diesem Hintergrund begegnet es keinen Bedenken, dass bei der Klägerin von einem risikobehafteten Korrekturversuch während der Operation abgesehen wurde.

Im Ergebnis fehlt es daher an Feststellungen der medizinischen Sachverständigen, die Anhaltspunkte für ein standardwidriges Vorgehen der Beklagten bieten. Soweit die Klägerin bereits erstinstanzlich aus den eingetretenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen geschlossen hat, ist anzumerken, dass der Misserfolg einer Behandlung keine Rückschlüsse auf einen Behandlungsfehler eröffnet. Vielmehr obliegt es dem Patienten, ein standardwidriges Vorgehen des Arztes zu beweisen. Aufgrund der Unwägbarkeiten des menschlichen Organismus können auch die Grundsätze des Anscheinsbeweises in aller Regel nicht herangezogen werden, um aus gesundheitlichen Beeinträchtigungen auf einen Behandlungsfehler zu schließen. Auch vorliegend kann daher nicht aus den Beschwerden der Klägerin auf einen Behandlungsfehler geschlossen werden, zumal die Sachverständige Prof. Dr. von …[D] das behauptete muskuläre Defizit im linken Oberschenkel – ebenso wie die erstinstanzlich zugezogenen Sachverständigen – nicht feststellen konnte und alternative Ursachen für die Beschwerdebilder in den Raum stellt.

Eine weitere Sachaufklärung ist nicht geboten. Der Umstand, dass die Sachverständigen die Ursache der von der Klägerin angeführten gesundheitlichen Beeinträchtigungen nicht mit Gewissheit klären konnten, begründet angesichts der vollständigen Auseinandersetzung mit dem Vorbringen der Parteien keine Veranlassung für eine weitergehende gutachterliche Aufarbeitung, zumal gerade in Arzthaftungssachen häufig eine Unaufklärbarkeit des Grundes für bestimmte körperliche bzw. gesundheitliche Beschwerden gegeben ist (vgl. auch OLG Köln, VersR 2015, 583, 584). Hinzu tritt, dass die Sachverständige Prof. Dr. von …[D] in der mündlichen Anhörung unter Hinweis auf die körperliche Situation der Klägerin durchaus mögliche Erklärungen für die geklagten Schwierigkeiten mit der Hüftprothese in den Raum gestellt hat.

3. Im Ergebnis ohne Erfolg wendet sich die Berufung auch gegen die Beurteilung des Landgerichts, die Beklagten hätten den ihnen obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung nicht erbracht. Vielmehr ist das Landgericht zutreffend von einer ordnungsgemäßen Eingriffs- und Risikoaufklärung ausgegangen.

a) Nach gefestigter Rechtsprechung haftet ein Arzt für alle den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen, wenn der ärztliche Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt und damit rechtswidrig ist. Eine wirksame Einwilligung des Patienten setzt dessen ordnungsgemäße Aufklärung voraus (vgl. nur BGH, NJW-RR 2007, 310). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen an den dem Arzt obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Situation des Arztes während der Behandlung der Patienten ist ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, soll dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (vgl. BGH, NJW 2015, 74). Der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung erfordert es nicht, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert (BGH, NJW 2014, 1527, 1528).

b) In Übereinstimmung mit dessen Grundsätzen ist das Landgericht von einer ordnungsgemäßen Aufklärung ausgegangen.

aa) Soweit die Klägerin eine unzureichende Aufklärung hinsichtlich der Verwendung einer teilzementierten Hüft-TEP beanstandet, fehlt es bereits nach ihrem eigenen Vorbringen an einem Aufklärungsmangel. Die Klägerin hat auf den Vortrag der Beklagten in der Klageerwiderung mit ihrer Replik vom 28. Februar 2012 (Bl. 34 ff. GA) ausgeführt, es sei richtig, dass man der Klägerin zwar zu einer zementfreien Hüft-TEP geraten habe, aber nicht vollständig ausschließen konnte, von dieser Vorstellung gegebenenfalls im Rahmen der Operation abweichen zu müssen. Insoweit ist ein Aufklärungsdefizit nicht ersichtlich. Soweit die Klägerin in ihren weiteren Ausführungen die mangelhafte Begründung der Verwendung einer teilzementierten Prothese rügt, betrifft dies den Behandlungsfehlervorwurf und nicht die Aufklärungsebene.

bb) Auch hinsichtlich der Beinlängendifferenz ist das Landgericht von einer sachgerechten Aufklärung ausgegangen. Unstreitig fand ein Aufklärungsgespräch statt. Zudem hat die Klägerin den Aufklärungsbogen, in dem das Risiko der Beinlängenveränderung erläutert wird, zur Kenntnis genommen und sogar in dem Teil des Aufklärungsbogens zu den „Fragen zum Aufklärungsgespräch“ die unterschiedliche Beinlänge festgehalten. Insofern hat auch der Senat keinen Zweifel daran, dass in dem Aufklärungsgespräch über die Beinlängendifferenz gesprochen wurde, zumal sowohl der Beklagte zu 2) als auch die Zeugin …[C] dies bestätigt haben. Danach haben beide im Aufklärungsgespräch verdeutlicht, dass eine Beinlängendifferenz auftreten kann. Der Beklagte zu 2) hat angemerkt, dass er versucht, die vorhandene Beinlängendifferenz zu optimieren, könne dies aber nicht versprechen. Im Zusammenhang mit den Ausführungen im Aufklärungsformular, das von der Klägerin zweifelsfrei zur Kenntnis genommen wurde, lag daher eine hinreichende Aufklärung über dieses Risiko vor.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

Der Senat hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 20.000,00 € festzusetzen.

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