OLG Koblenz – Az.: 5 U 198/16 – Urteil vom 12.04.2017
Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil der 10. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 20. Januar 2016 wird zurückgewiesen.
Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.
Dieses und das angefochtene Urteil sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung abwenden durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des aufgrund des jeweiligen Urteils vollstreckbaren Betrages, soweit nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
Gründe
I.
Die Klägerin verlangt Schadensersatz mit dem Vorwurf fehlerhafter Behandlung sowie unzureichender Aufklärung im Zusammenhang mit einer Revisionsoperation einer Oberarmfraktur.
Die 1950 geborene Klägerin erlitt bei einem Sturz am 31. Juli 2007 eine Oberarmschaftmehrfragment-Fraktur. Die Versorgung erfolgte am 2. August 2007 im …[A]-Klinikum …[Z] durch eine offene Reposition und Implantation einer winkelstabilen 12-Loch-Platte sowie die Einbringung von drei Cerclagen. Die Entfernung des eingebrachten Metalls erfolgte am 18. Juni 2008 im …[A]-Klinikum …[Z].
Am 18. Juli 2008 stellte sich die Klägerin dort erneut mit Beschwerden vor und es wurde der Verdacht auf eine Refraktur gestellt. Ein am 29. Juli 2008 angefertigtes CT stützte diesen Befund. Daraufhin suchte die Klägerin am 1. August 2008 das Medizinische Versorgungszentrum …[Y] auf. Dort wurde die Diagnose einer atrophen Oberarm-Pseudarthrose links bei Zustand nach Oberarmspiralfraktur mit Ausbruch eines Keiles und Osteosynthese sowie nachfolgender Implantat-Entfernung gestellt. Der Klägerin wurde eine intramedulläre Schienung mittels Nagel und Spongiosaplastik vorgeschlagen und eine stationäre Aufnahme zum 11. August 2008 im Klinikum der Beklagten zu 1) vorbereitet.
Ab 11. August 2008 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung im Klinikum der Beklagten zu 1). An diesem Tag führte der Beklagte zu 4) auch ein Aufklärungsgespräch mit der Klägerin. Am Folgetag nahmen die Beklagten zu 2) und 3) einen operativen Revisionseingriff vor, wobei eine Reosteosynthese durch Einsatz einer 9-Loch-Platte unternommen wurde. Von einer Spongiosaplastik wurde abgesehen. Am 20. August 2008 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen.
In der Folge begab sich die Klägerin in der Zeit vom 3. bis 19. November 2008 zur stationären Behandlung in das Universitätsklinikum …[X], wo die Metallentfernung sowie eine offene Reposition und Osteosynthese mittels Humerusmarknagel und Spongiosaplastik erfolgten. Weitere Behandlungen schlossen sich an.
Die Klägerin hat erstinstanzlich zur Begründung ihres auf ein Schmerzensgeld nach gerichtlichem Ermessen in einer Mindesthöhe von 40.000 €, materiellen Schadensersatz in Höhe von 2.301,20 €, die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für sämtliche künftigen immateriellen und weiteren materiellen Schäden sowie Zahlung der vorgerichtlich entstandenen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 3.892,88 € gerichteten Begehrens angeführt, der operative Eingriff am 12. August 2008 sei aufgrund der Osteosynthese durch Einbringung einer Winkellochplatte nicht zur sachgerechten Behandlung der Oberarmfraktur geeignet gewesen. Vielmehr habe die Osteosynthese durch Einbringung eines Marknagels und Vornahme einer Spongiosaplastik erfolgen müssen. Aufgrund der fehlerhaften Behandlung sei kein Heilerfolg eingetreten und weiterer erheblicher Behandlungsaufwand mit mehreren operativen Eingriffen notwendig geworden. Dies habe zu einer Funktionsuntüchtigkeit des linken Oberarms und einer starken Beeinträchtigung des Unterarms und der Hand geführt. Schließlich fehle es an einer Einwilligung zu der letztlich durchgeführten Operation. Die Beklagten haben dem entgegengehalten, vor dem operativen Eingriff sei über die Risiken einer erneuten platten-osteosynthetischen Versorgung aufgeklärt worden. In das Aufklärungsgespräch sei die Spongiosaentnahme als Eventualität einbezogen worden.
Hinsichtlich des weiteren erstinstanzlichen Sach- und Streitstandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge der Parteien wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils vom 20. Januar 2016 (262 ff. GA) verwiesen.
Das sachverständig beratene Landgericht hat die Klage nach Anhörung der Klägerin und des Beklagten zu 4) abgewiesen. Ein Behandlungsfehler liege nicht vor, da die erneute Wahl einer Plattenosteosynthese als Operationstechnik medizinisch ohne weiteres vertretbar gewesen sei. Es gebe keine einheitliche Meinung darüber, ob der Einsatz einer Platte oder eines Marknagels zur Osteosynthese zu bevorzugen sei. Zudem habe von einer Spongiosaplastik abgesehen werden dürfen. Die erforderliche Stimulierung des Knochens zur Überbrückung der Fraktur habe durch die maximale Kompression, die im Operationsbericht niedergelegt sei, erfolgen können. Eine unzureichende Aufklärung liege nicht vor. Der Beklagte zu 4) habe im Einklang mit dem von der Klägerin unterzeichneten Aufklärungsformular über die letztlich durchgeführte Operationsmethode und deren Risiken aufgeklärt. Soweit die Klägerin dem entgegengehalten habe, es sei lediglich eine Aufklärung über eine Osteosynthese durch einen Marknagel nebst Spongiosaplastik erfolgt, stehe dies der Überzeugungskraft der mit dem Einwilligungsbogen im Einklang stehenden Angaben des Beklagten zu 4) nicht entgegen. Im Übrigen wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 267 ff. GA) Bezug genommen.
Hiergegen wendet sich die Klägerin mit ihrer Berufung. Unter Vorlage eines (weiteren) Privatgutachtens gehe sie davon aus, dass die operationstechnische Durchführung des Eingriffs am 12. August 2008 fehlerhaft gewesen sei. Sowohl die Wahl des Plattenmodells als auch die konkrete Befestigung der Platte seien zu beanstanden. Zudem sei der instabile Zustand der Osteosynthese bereits bei der Kontrolluntersuchung am 6. Oktober 2008 feststellbar gewesen. Schließlich sei die Beweiswürdigung des Landgerichts zur Aufklärung über den Eingriff fehlerhaft. Während der Beklagte zu 4) sich nicht an das Aufklärungsgespräch habe erinnern können, seien ihre Angaben von der konkreten Erinnerung an den Gesprächsinhalt geprägt. Eine Aufklärung nach Maßgabe der Schilderung des Beklagten zu 4) hätte sie angesichts der vorangegangenen Empfehlung im Zuge der Behandlung im Medizinischen Versorgungszentrum zur Durchführung einer Osteosynthese unter Verwendung eines Marknagels sowie einer Spongiosa-Entnahme nicht hingenommen. Im Übrigen wird auf die Berufungsbegründung vom 18. April 2016 (Bl. 292 ff. GA) verwiesen.
Die Klägerin beantragt, das Urteil des Landgerichts Koblenz vom 20. Januar 2016 abzuändern und die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld aus der fehlerhaften rechtswidrigen Behandlung zwischen dem 11. und 20. August 2008 zu zahlen, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichts gestellt wird, mindestens jedoch 40.000,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, aus 15.000,00 € seit dem 26. Mai 2011, aus den verbleibenden 25.000,00 € seit dem 11. Januar 2012;
die Beklagten weiterhin als Gesamtschuldner zu verurteilen, aus der o.g. fehlerhaften rechtswidrigen Behandlung an sie weitere 1.829,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11. Januar 2012, aus 316,00 € seit dem 11. April 2012 sowie die aus 156,20 € seit Rechtshängigkeit zu zahlen; festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche künftigen immateriellen sowie alle weiteren vergangenen und künftigen materiellen Schäden, die ihr aus der o.g. fehlerhaften und rechtswidrigen Behandlung entstanden sind bzw. noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind bzw. übergehen werden; die Beklagten zu verurteilen, an ihr die entstandenen außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von insgesamt 3.892,88 € zu ersetzen;
hilfsweise, den Rechtsstreit unter Aufhebung des landgerichtlichen Urteils zur weiteren Verhandlung und Entscheidung an das Landgericht Koblenz zurückzuverweisen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen das angefochtene Urteil unter Wiederholung und Vertiefung ihres erstinstanzlichen Vorbringens. Soweit die Klägerin mit der Berufung weiterhin einen Behandlungsfehler rüge, unterfalle ihr Vorbringen § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO, da ein neuer Aspekt der Behandlung beanstandet werde. Insoweit wird auf die Berufungserwiderung vom 1. Juli 2016 (Bl. 324 ff. GA) Bezug genommen.
Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung ergänzender Stellungnahmen und nochmalige Anhörung des Sachverständigen PD …[B]. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Ergänzungsgutachten vom 31. Oktober 2016 (Bl. 347 ff. GA) und 14. Dezember 2016 (Eingangsdatum; Bl. 380 ff. GA) sowie das Protokoll zur mündlichen Verhandlung vom 29. März 2017 (Bl. 419 ff. GA) verwiesen.
II.
Die zulässige Berufung hat in der Sache keinen Erfolg. Eine Einstandspflicht der Beklagten kommt weder auf der Grundlage eines Behandlungsfehlers noch einer unzureichenden Aufklärung in Betracht.
1. Ein Behandlungsfehler der Beklagten ist nicht feststellbar.
Voraussetzung für eine vertragliche bzw. deliktische Einstandspflicht der Beklagten ist das Vorliegen eines Behandlungsfehlers. Diesen hat ebenso wie den Ursachenzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem geltend gemachten Gesundheitsschaden die Klägerin als Patientin zu beweisen (vgl. nur BGH, NJW 2011, 1672; BGH, VersR 2003, 1256). Allein der Misserfolg der ärztlichen Behandlungsmaßnahme bzw. der Eintritt eines Schadens genügt folglich nicht zur Haftungsbegründung.
Hiervon ausgehend ist auch unter Berücksichtigung des Vorbringens in der Berufungsbegründung ein Behandlungsfehler der den Eingriff am 12. August 2008 durchführenden Beklagten zu 2) und 3), für den die Beklagte zu 1) einstandspflichtig wäre, nicht mit der für eine Überzeugungsbildung nach § 286 Abs. 1 ZPO erforderlichen Gewissheit feststellbar.
a) Die Klägerin greift mit der Berufung die Wahl der verwendeten Platte sowie deren technischen Einsatz an. Im Übrigen hat sie ihre erstinstanzlichen Behandlungsfehlervorwürfe – insbesondere zur Erforderlichkeit einer Spongiosatransplantation – nicht wiederholt und die einen entsprechenden Behandlungsfehler ablehnenden Ausführungen des Landgerichts in der angefochtenen Entscheidung nicht beanstandet. Insoweit hat sie ihren Berufungsangriff (folgerichtig) eingegrenzt. Der Senat hält die Ausführungen des Landgerichts zu den erstinstanzlichen Behandlungsfehlervorwürfen auch für zutreffend und überzeugend und schließt sich diesen in vollem Umfang an.
b) Soweit die Klägerin mit der Berufung die operationstechnische Durchführung des Eingriffs am 12. August 2008 angreift, hat der Senat den Sachverständigen PD …[B] ergänzend hinzugezogen. Ein standardwidriges Vorgehen kann jedoch nicht festgestellt werden.
Die Klägerin beanstandet die Wahl der eingesetzten Platte sowie deren technische Einbringung. Das Vorbringen ist zu berücksichtigen, da die Voraussetzungen des § 531 Abs. 2 Nr. 3 ZPO nicht vorliegen. Die Klägerin hat erstinstanzlich den Eingriff als solchen hinsichtlich seiner Konformität mit dem anzulegenden Behandlungsstandard in Streit gestellt. Hierzu nunmehr erstmals unter Vorlage eines Privatgutachtens eines weiteren hinzugezogenen Sachverständigen ergänzend vorzutragen, stellt sich nicht als nachlässig dar.
aa) Die Verwendung einer LCDC-Platte zur Osteosynthese ist nicht als Behandlungsfehler anzusehen.
Generell ist die Wahl der Behandlungsmethode primär Sache des Arztes, dem bei seiner Entscheidung ein weites Ermessen zusteht (vgl. etwa BGH, NJW 2007, 2774; BGH, NJW 2006, 2477), soweit nicht eine Behandlungsmethode zwingend indiziert ist (BGH, VersR 1956, 224). Daher beantwortet sich die Frage, ob dem Arzt bei der Wahl der Therapiemethode ein Behandlungsfehler unterlaufen ist, danach, ob er im konkreten Fall eine vertretbare Entscheidung über die therapeutischen Maßnahmen getroffen hat. Für die Frage eines Behandlungsfehlers ist also lediglich entscheidend, ob die konkret durchgeführte Operation aufgrund der Befundlage medizinisch indiziert war (vgl. OLG Köln, Urteil vom 19. November 2014 – 5 U 87/13, juris). Insoweit ist die Pluralität der Behandlungs- und Operationsmethoden zu beachten, solange für eine Einhaltung des anzulegenden Behandlungsstandards Sorge getragen wird.
Hiervon ist vorliegend auszugehen. Der Sachverständige PD …[B] hat – insbesondere in seiner Anhörung durch den Senat – klargestellt, dass die Verwendung der nicht winkelstabilen Platte aus Sicht des fachmedizinischen Standards keinen Bedenken unterliegt. Soweit er in seinem Ergänzungsgutachten vom 31. Oktober 2016 angeführt hat, die nicht winkelstabile Osteosynthese habe „durchaus noch ihre Berechtigung und ihren Stellenwert“, sollte dies die Beurteilung der Heranziehung bei der Behandlung der Klägerin als medizinisch sachgerecht nicht einschränken. Vielmehr ist dies als Reaktion auf den vom Privatgutachter Prof. …[C] angeführten Vorteil der winkelstabilen Platte zu sehen. Der Sachverständige hat aber verdeutlicht, dass vorliegend durchaus eine nicht winkelstabile Platte gewählt werden konnte. Er hat klargestellt, dass der vorangegangene Versuch einer Versorgung der Fraktur durch eine winkelstabile Platte nicht befriedigend gelungen sei. Insofern war es durchaus sachgerecht, eine andere Vorgehensweise zu wählen, die – aufgrund der Verwendung der nicht winkelstabilen Platte – den Vorteil einer Kompressionsmöglichkeit geboten hat. Diese Ausführungen überzeugen den Senat und entkräften zugleich die Einschätzung des von der Klägerin hinzugezogenen Privatgutachters, der eine winkelstabile Platte als klar vorteilhaft umschreibt. Diese abstrakte Betrachtungsweise berücksichtigt nicht die konkrete Behandlungssituation, in der sich eine winkelstabile Platte bereits als nicht erfolgreich erwiesen hatte und daher die Kompressionsmöglichkeit durch eine nicht winkelstabile Platte als Vorteil in die Therapieentscheidung einzubeziehen war.
bb) Auch die Lage der Schrauben stellt sich als standardkonform dar. Der Sachverständige PD …[B] hat unter Auswertung der von der Klägerin vorgelegten Röntgen- und CT-Aufnahmen klargestellt, dass sowohl im proximalen Segment als auch im distalen Fragment sechs Kortikalis gefasst sind. Insbesondere liege die dritte Schraube, deren sachgerechte Lage der Privatgutachter Prof. …[C] anzweifelt, „eindeutig im proximalen Segment“. Letztlich sei ausweislich der Bildgebung von einer ausreichenden Stabilität auszugehen. In der mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Sachverständige die als Ausdruck vorliegenden Bildaufnahmen im Einzelnen erläutert und hierdurch die Richtigkeit seiner Bewertung der Bildaufnahmen verdeutlicht. Er hat klargestellt, dass die Übersichtsröntgenaufnahme (Bl. 384 GA) aufgrund des Betrachtungswinkels keine Beurteilung zu einer fehlerhaften Lage eröffne. Eine sachgerechte Fixierung mehrerer Schrauben könne der Aufnahme entnommen werden; ein auf dieser Aufnahme unzulänglich erscheinender Sitz einer Schraube sei allerdings kein Beleg, da bei einem anderen Betrachtungswinkel ohne weiteres die richtige Lage bestätigt werden könnte. Daher bedarf es zur Feststellung einer Fehllage einer Einzelbetrachtung. Die Einzelaufnahmen der vom Privatgutachter beanstandeten Schrauben belegen hingegen zweifelsfrei und für den Senat angesichts der die Einsichtnahme der Bildaufnahme begleitenden Erläuterungen des Sachverständigen überzeugend die hinreichende Fixierung der Schrauben im oberen und unteren Knochenrand.
cc) Von einer Instabilität zum Zeitpunkt der Nachkontrolle am 6. Oktober 2008 kann – wie der Sachverständige PD …[B] in seiner Anhörung nochmals klargestellt hat – nicht ausgegangen werden. Der Privatgutachter Prof. …[C] hat eine solche zwar angenommen. Der Senat folgt dieser Einschätzung indes nicht. Abgesehen von dem Umstand, dass der Privatgutachter seine Einschätzung auch auf die aus seiner Sicht gegebene Schraubenfehllage stützt, die sich auf der CT-Aufnahme nach den Ausführungen des Sachverständigen PD …[B] nicht bestätigt hat, überzeugt dessen Ansatz, die fehlende Vergleichbarkeit der Röntgenaufnahme lasse keine Feststellung einer Achsveränderung zu. Beide Sachverständige stimmen darin überein, dass die nicht vergleichbare Projektion der Röntgenaufnahme die retrospektive Feststellung einer Achsfehlstellung bzw. Verschlechterung des Befundes nicht eröffne.
Der Sachverständige PD …[B] hat auch verdeutlicht, dass eine frühere Überprüfung des Heilverlaufs durch bildgebende Maßnahmen nicht erforderlich war, da sich erst nach einer gewissen Zeit eine Kontrollmöglichkeit eröffnet. Die Überprüfung im Oktober 2008 sei daher bereits vergleichsweise rasch erfolgt.
2. Zutreffend ist das Landgericht von einer hinreichenden Aufklärung der Klägerin über die Risiken des Eingriffs ausgegangen.
Nach gefestigter Rechtsprechung haftet ein Arzt für alle den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden Nachteile und Folgen, wenn der ärztliche Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt und damit rechtswidrig ist. Eine wirksame Einwilligung des Patienten setzt dessen ordnungsgemäße Aufklärung voraus (vgl. nur BGH, NJW-RR 2007, 310). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen an den dem Arzt obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Situation des Arztes während der Behandlung des Patienten ist ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zur haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, soll dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (vgl. BGH, NJW 2015, 74). Der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung erfordert es nicht, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert (BGH, NJW 2014, 1527 1528).
Unter Heranziehung dieser Grundsätze ist die Beweiswürdigung des Landgerichts nicht zu beanstanden. Allein die fehlende Erinnerung des Beklagten zu 4) an das mit der Klägerin geführte Aufklärungsgespräch steht einer Überzeugungsbildung nach Maßgabe seiner Angaben nicht entgegen. Dies hat der Bundesgerichtshof wiederholt klargestellt. Die in der Praxis häufig anzutreffende Ausgangslage, bei der sich der Patient auf eine konkrete Erinnerung an das Aufklärungsgespräch beruft, wohingegen der Arzt nur seine Übung schildern kann, geht daher entgegen dem Vorbringen der Klägerin in der Berufungsbegründung nicht von vornherein zu Lasten der Beklagten. Die Klägerin führt im Kern an, dass zwar ein Aufklärungsgespräch geführt worden sei, dieses jedoch auf die Behandlungsempfehlung des Medizinischen Versorgungszentrums zur Osteosynthese durch Verwendung eines Marknagels und einer Spongiosaplastik bezogen habe. Anderenfalls hätte sie die Aufklärung nicht widerspruchslos hingenommen. Auch unter Berücksichtigung des Vorbringens der Klägerin in der Berufungsbegründung sieht der Senat jedoch keinen Anlass für Zweifel an der überzeugenden gegenläufigen Beweiswürdigung des Landgerichts im angefochtenen Urteil, auf die zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen wird. Zwischen dem Beklagten zu 4) und der Klägerin wurde unstreitig ein Aufklärungsgespräch geführt. Dieses nahm einen Zeitraum von mindestens 20 Minuten in Anspruch. Zu dem Aufklärungsgespräch liegt ein von der Klägerin unterzeichneter Einwilligungsbogen vor, in dem die letztlich durchgeführte Operation mit der Eventualität einer Spongiosaplastik sowie die zugehörigen Behandlungsrisiken angeführt werden. Der zeitliche Umfang des Aufklärungsgesprächs und der Aufklärungsbogen passen zueinander. Anhaltspunkte für Manipulationen an dem Aufklärungsbogen bestehen für den Senat nicht. Würde bei dieser Sachlage die Schilderung der Klägerin zu dem weit zurückliegenden Gespräch zutreffen, müsste der Beklagte zu 4) die während des Gesprächs getätigten Aufzeichnungen in widersprüchlicher Weise zu dem tatsächlichen Gesprächsinhalt vorgenommen haben. Für ein derartiges manipulatives und verfälschendes Vorgehen des Beklagten zu 4) fehlt es an jedweden Anhaltspunkten, zumal dieser eine ersichtlich sachorientierte und auf seine Erinnerungen an die damaligen Vorgänge konzentrierte Einlassung abgegeben hat. Der Beklagte zu 4) hat von jedweden tendenziösen bzw. ein eigenes sachgerechtes Vorgehen betonenden Äußerungen zum Aufklärungsgespräch abgesehen und seine mangelnde Erinnerung an dieses ohne Umschweife eingeräumt. Er hat zudem erläutert, weshalb eine von der Empfehlung des Medizinischen Versorgungszentrums abweichende Operationstechnik gewählt und die Aufklärung entsprechend angepasst wurde. Der Senat sieht daher keinen Anhaltspunkt für Zweifel an der Richtigkeit der Feststellungen des Landgerichts und geht von einer unbewusst verfälschten Erinnerung der Klägerin an das Aufklärungsgespräch aus.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO nicht gegeben sind. Die Sache hat weder grundsätzliche Bedeutung noch ist eine Entscheidung des Revisionsgerichts zur Fortbildung des Rechts oder zur Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erforderlich.
Der Senat hat beschlossen, den Streitwert für das Berufungsverfahren im Einklang mit der unbeanstandet gebliebenen erstinstanzlichen Wertfestsetzung auf 52.301,20 € festzusetzen.