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Aufklärungspflicht des Arztes bei theoretischer Möglichkeit einer Nachoperation

Prostatakrebs-Patient verklagt Klinik nach unvollständiger Entfernung der Samenblasen und fordert Schmerzensgeld. Obwohl ein Rezidiv befürchtet wurde, konnte kein Tumor nachgewiesen werden, sodass das Gericht keinen Behandlungsfehler feststellte. Zentraler Streitpunkt war die Aufklärung des Patienten über mögliche Risiken und Behandlungsalternativen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Kläger verlangte Schmerzensgeld und Schadensersatz wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers nach einer Prostataoperation.
  • Er behauptete, die Operation sei fehlerhaft durchgeführt worden, weil nicht alle Samenbläschen entfernt wurden, was zu einem Rezidiv führte.
  • Das Landgericht wies die Klage ab und stützte sich auf ein urologisches Gutachten, das keinen Behandlungsfehler feststellte.
  • Die Operation wurde als standardgerecht eingestuft, obwohl nicht alle Samenbläschen entfernt wurden, da dies aufgrund anatomischer Gegebenheiten nicht immer möglich ist.
  • Der Kläger war der Ansicht, bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte er sich für eine vollständige Entfernung entschieden, auch wenn diese risikoreicher gewesen wäre.
  • Das Gericht sah keine Aufklärungspflichtverletzung, da die Nachresektion zu unkalkulierbaren Risiken geführt hätte und keine medizinisch indizierte Maßnahme darstellte.
  • Ein Schadensersatzanspruch wegen behaupteter Aufklärungsfehler wurde ebenfalls verneint, da keine nachweisbaren Tumorreste im operierten Bereich gefunden wurden.
  • Das Berufungsgericht hielt die Berufung für offensichtlich erfolglos und empfahl dem Kläger die Rücknahme der Berufung, um Kosten zu sparen.
  • Der Kläger konnte keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit des Sachverständigengutachtens aufzeigen, das die Entscheidung des Landgerichts stützte.
  • Die Wahrscheinlichkeit, dass eine postoperative Bestrahlung einen anderen Verlauf gehabt hätte, wurde als nicht nachweisbar und spekulativ angesehen.

Ärztliche Aufklärungspflicht: Entscheidende Rechtsfragen geklärt

Die Aufklärungspflicht des Arztes ist ein zentraler Bestandteil des Arzt-Patienten-Verhältnisses. Der Arzt ist verpflichtet, seinen Patienten umfassend über die Risiken und Nebenwirkungen einer Behandlung zu informieren, damit dieser eine freie und informierte Entscheidung treffen kann. Diese Pflicht gilt auch, wenn die Risiken zwar theoretisch möglich, aber nicht zwingend zu erwarten sind. So kann es beispielsweise sein, dass eine bestimmte Operation mit einem geringen Risiko einer Nachoperation verbunden ist.

Die Frage, welche Risiken der Arzt im Detail aufklären muss, ist jedoch komplex und von verschiedenen Faktoren abhängig. Hierzu gehören die Art der Behandlung, die individuelle Situation des Patienten und die Wahrscheinlichkeit des Risikos. Die Gerichte müssen in jedem Einzelfall abwägen, welche Informationen für den Patienten relevant sind und welche Risiken so unwahrscheinlich sind, dass eine Aufklärung darüber nicht erforderlich ist.

Im Folgenden werden wir ein aktuelles Gerichtsurteil zu dieser Thematik näher beleuchten und die relevanten Rechtsfragen erörtern.

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Der Fall vor Gericht


Unvollständige Entfernung der Samenblasen bei Prostatektomie führt zu Rechtsstreit

Bei einem aktuellen Fall am Oberlandesgericht Dresden ging es um einen Patienten, der nach einer Prostatektomie gegen die behandelnde Klinik klagte. Der Mann warf den Ärzten vor, bei der Operation im Oktober 2013 seine linken Samenblasen nicht vollständig entfernt zu haben. Dies habe zu einem Krebsrezidiv, einer verschlechterten Lebensprognose sowie anhaltender Angst vor einem erneuten Tumorwachstum geführt. Zudem seien belastende Nachbehandlungen mit Nebenwirkungen wie Haarausfall und Potenzstörungen nötig geworden.

Der Kläger forderte Schmerzensgeld, die Feststellung der Einstandspflicht der Klinik für künftige Schäden sowie Ersatz vorgerichtlicher Anwaltskosten. Das Landgericht wies die Klage nach Einholung eines urologischen Gutachtens zunächst ab. Dagegen legte der Patient Berufung ein und verfolgte sein ursprüngliches Klageziel in vollem Umfang weiter.

Abwägung zwischen maximaler Sicherheit und Funktionserhalt bei der Operation

Das Gericht sah in der unvollständigen Entfernung der Samenblasen keinen Behandlungsfehler. Der Sachverständige hatte ausgeführt, dass es aufgrund der anatomischen Gegebenheiten und Sichtverhältnisse nicht immer möglich sei, sämtliches Samenblasengewebe zu entfernen. Zudem bestehe ein Zielkonflikt zwischen maximaler onkologischer Sicherheit und dem Erhalt wichtiger Funktionen wie Kontinenz und Potenz.

Die Richter folgten dieser Einschätzung und betonten, dass die Operation insgesamt standardgerecht durchgeführt worden sei. Auch eine Nachoperation zur Entfernung verbliebenen Gewebes sei nicht zwingend geboten gewesen, da dies zu unkalkulierbaren Risiken und Funktionseinschränkungen geführt hätte.

Aufklärung des Patienten über Behandlungsoptionen und Risiken

Ein zentraler Punkt in dem Verfahren war die Frage der ärztlichen Aufklärung. Der Kläger bemängelte, nicht ausreichend über die Möglichkeit einer radikalen Nachoperation informiert worden zu sein. Das Gericht sah darin jedoch keinen Aufklärungsfehler. Da eine solche Nachoperation medizinisch nicht indiziert und mit unkalkulierbaren Risiken verbunden gewesen wäre, habe keine Pflicht zur Aufklärung darüber bestanden.

Zudem widersprach das Gericht der Darstellung des Klägers, er hätte sich bei umfassenderer Aufklärung für eine großflächigere Tumorentfernung entschieden. Dies stehe im Widerspruch zu seinen früheren Aussagen, wonach er die Risiken und Nebenwirkungen einer Nachoperation vermeiden wollte.

Beurteilung des Schadenseintritts und der Kausalität

Ein wichtiger Aspekt in der rechtlichen Bewertung war die Frage, ob dem Kläger tatsächlich ein Schaden entstanden ist. Zwar war es bei ihm zu einem biochemischen Rezidiv in Form eines PSA-Wertanstiegs gekommen. Das Gericht betonte jedoch, dass bis zum Verhandlungszeitpunkt trotz zahlreicher Untersuchungen kein Tumornachweis im Bereich der verbliebenen Samenblasenreste erbracht werden konnte.

Der vom Kläger behauptete Kausalzusammenhang zwischen der unvollständigen Samenblasenentfernung und einem Krebsrezidiv ließ sich nach Ansicht der Richter nicht belegen. Sie folgten der Einschätzung des Sachverständigen, wonach der langsame PSA-Anstieg lediglich ein Vorbote für ein möglicherweise später eintretendes Tumorwachstum an beliebiger Stelle sein könne.

Die Schlüsselerkenntnisse


Die Entscheidung verdeutlicht den komplexen Abwägungsprozess zwischen onkologischer Sicherheit und Funktionserhalt bei Tumoroperationen. Eine unvollständige Entfernung von Gewebe stellt nicht zwangsläufig einen Behandlungsfehler dar, wenn sie medizinisch begründet ist. Zudem unterstreicht das Urteil die Bedeutung der Kausalität: Ein biochemisches Rezidiv allein reicht nicht aus, um einen Schaden zu belegen, solange kein konkreter Tumornachweis vorliegt.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Patient haben Sie das Recht auf eine angemessene Aufklärung vor medizinischen Eingriffen. Dieses Urteil verdeutlicht jedoch, dass Ärzte nicht verpflichtet sind, Sie über Behandlungsoptionen zu informieren, die medizinisch nicht indiziert oder mit unkalkulierbaren Risiken verbunden sind. Bei komplexen Operationen wie einer Prostatektomie müssen Ärzte oft zwischen maximaler Tumorentfernung und dem Erhalt wichtiger Körperfunktionen abwägen. Ein nicht vollständig entferntes Organ stellt dabei nicht automatisch einen Behandlungsfehler dar. Wichtig für Sie zu wissen: Ein Anstieg bestimmter Blutwerte (wie des PSA-Werts) nach einer Operation bedeutet nicht zwangsläufig ein Wiederauftreten des Tumors und begründet allein keinen Schadensersatzanspruch. Lassen Sie sich von Ihrem Arzt ausführlich über realistische Behandlungsoptionen, deren Risiken und mögliche Folgen aufklären, um fundierte Entscheidungen treffen zu können.


FAQ – Häufige Fragen

Sie stehen vor einer Operation und haben Fragen zur ärztlichen Aufklärungspflicht? Verunsicherung ist verständlich, denn es geht um Ihre Gesundheit. In dieser FAQ-Rubrik finden Sie umfassende Informationen und Antworten auf wichtige Fragen rund um das Thema.


Welche Risiken muss ein Arzt vor einer Operation im Detail aufklären?

Ärzte sind gesetzlich verpflichtet, ihre Patienten vor einer Operation umfassend über die damit verbundenen Risiken aufzuklären. Diese Aufklärungspflicht umfasst alle wesentlichen Umstände des geplanten Eingriffs. Der Arzt muss den Patienten über Art, Umfang und Durchführung des beabsichtigten Eingriffs informieren.

Zu den aufklärungspflichtigen Risiken gehören insbesondere typische, eingriffsspezifische Gefahren, auch wenn diese selten auftreten. Der Arzt muss über mögliche schwerwiegende Folgen wie dauerhafte Beeinträchtigungen, Invalidität oder im schlimmsten Fall den Tod aufklären. Auch über häufige, weniger schwerwiegende Komplikationen wie Wundheilungsstörungen oder vorübergehende Funktionseinschränkungen muss der Patient informiert werden.

Die Aufklärung muss individuell auf den jeweiligen Patienten zugeschnitten sein. Dabei sind Faktoren wie Alter, Gesundheitszustand und Vorerkrankungen zu berücksichtigen. Bei einem älteren Patienten mit Herz-Kreislauf-Problemen müssen beispielsweise die damit verbundenen erhöhten Operationsrisiken besonders thematisiert werden.

Ein wichtiger Aspekt der Risikoaufklärung ist die Information über mögliche Behandlungsalternativen. Der Arzt muss den Patienten über andere Behandlungsmöglichkeiten und deren jeweilige Vor- und Nachteile in Kenntnis setzen. Dies ermöglicht dem Patienten eine fundierte Entscheidung zwischen verschiedenen Therapieoptionen.

Die Aufklärung muss rechtzeitig vor dem Eingriff erfolgen, damit der Patient ausreichend Zeit hat, die Informationen zu verarbeiten und eine wohlüberlegte Entscheidung zu treffen. Bei planbaren Operationen sollte die Aufklärung in der Regel mindestens einen Tag vor dem Eingriff stattfinden.

Der Umfang der Aufklärung richtet sich nach der Dringlichkeit und Schwere des Eingriffs. Je weniger dringlich eine Operation ist und je größer die möglichen Risiken sind, desto umfassender muss die Aufklärung ausfallen. Bei einer lebensnotwendigen Notoperation kann die Aufklärung hingegen auf das Wesentlichste beschränkt werden.

Ein oft vernachlässigter Aspekt der Aufklärungspflicht betrifft die Möglichkeit von Nachoperationen. Der Arzt muss den Patienten darüber informieren, dass unter Umständen weitere Eingriffe notwendig werden könnten, selbst wenn dies nur eine theoretische Möglichkeit darstellt.

Die Aufklärung muss für den Patienten verständlich sein. Medizinische Fachbegriffe sollten vermieden oder erklärt werden. Der Arzt sollte sich vergewissern, dass der Patient die Informationen verstanden hat, und Rückfragen ermutigen.

Es ist wichtig zu betonen, dass die Aufklärungspflicht nicht nur dem Schutz des Patienten dient, sondern auch der rechtlichen Absicherung des Arztes. Eine mangelhafte oder fehlende Aufklärung kann zu Schadensersatzansprüchen führen, selbst wenn der Eingriff medizinisch korrekt durchgeführt wurde.

Die Durchführung und der Inhalt des Aufklärungsgesprächs müssen dokumentiert werden. Dies dient als Nachweis im Falle rechtlicher Auseinandersetzungen. Viele Kliniken und Praxen verwenden standardisierte Aufklärungsbögen, die jedoch durch ein persönliches Gespräch ergänzt werden müssen.

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Was bedeutet eine unvollständige ärztliche Aufklärung für die Geltendmachung von Ansprüchen?

Eine unvollständige ärztliche Aufklärung kann weitreichende Folgen für die Geltendmachung von Ansprüchen haben. Grundsätzlich ist jeder medizinische Eingriff rechtlich als Körperverletzung zu werten. Diese wird nur durch die wirksame Einwilligung des Patienten gerechtfertigt. Eine wirksame Einwilligung setzt jedoch eine umfassende und ordnungsgemäße Aufklärung voraus.

Bei einer unvollständigen Aufklärung gilt die Einwilligung des Patienten als unwirksam. Der ärztliche Eingriff ist somit rechtswidrig, selbst wenn er lege artis durchgeführt wurde. Dies eröffnet dem Patienten die Möglichkeit, Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend zu machen. Der Patient muss in diesem Fall nicht beweisen, dass ein Behandlungsfehler vorlag. Es genügt, wenn er darlegt, dass die Aufklärung unvollständig war und sich ein aufklärungspflichtiges Risiko verwirklicht hat.

Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Arzt. Er muss nachweisen, dass er den Patienten umfassend über Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Behandlung sowie über Behandlungsalternativen informiert hat. Dies geschieht in der Regel durch ein dokumentiertes Aufklärungsgespräch. Ein bloß unterschriebener Aufklärungsbogen reicht hierfür nicht aus.

Bei einer unvollständigen Aufklärung kann sich der Arzt nur entlasten, wenn er beweist, dass der Patient auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätte. Dies wird als hypothetische Einwilligung bezeichnet. Der Arzt muss hierfür plausibel darlegen, dass der Patient bei Kenntnis aller Umstände keine echte Entscheidungsalternative gehabt hätte.

Die Anforderungen an die ärztliche Aufklärung sind besonders hoch, wenn es um die Möglichkeit einer Nachoperation geht. Der Arzt muss den Patienten über die Wahrscheinlichkeit und die Risiken eines erneuten Eingriffs informieren. Dies gilt auch dann, wenn die Notwendigkeit einer Nachoperation nur eine theoretische Möglichkeit darstellt. Der Patient muss in die Lage versetzt werden, alle Aspekte der Behandlung, einschließlich möglicher Folgeeingriffe, in seine Entscheidung einzubeziehen.

Bei der Geltendmachung von Ansprüchen aufgrund unvollständiger Aufklärung ist zu beachten, dass diese innerhalb der gesetzlichen Verjährungsfristen erfolgen muss. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.

Für Patienten, die eine unvollständige Aufklärung vermuten, ist es ratsam, zeitnah rechtlichen Rat einzuholen. Ein auf Medizinrecht spezialisierter Anwalt kann die Erfolgsaussichten einer Klage einschätzen und bei der Durchsetzung der Ansprüche unterstützen. Die Beweisführung in Arzthaftungsprozessen ist oft komplex und erfordert medizinisches und juristisches Fachwissen.

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Unter welchen Umständen muss ein Arzt über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufklären?

Ärzte sind grundsätzlich verpflichtet, Patienten über alternative Behandlungsmöglichkeiten aufzuklären, wenn mehrere medizinisch gleichermaßen indizierte und übliche Methoden zu wesentlich unterschiedlichen Belastungen, Risiken oder Heilungschancen führen können. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Selbstbestimmungsrecht des Patienten und ist in § 630e des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) gesetzlich verankert.

Die Aufklärung über Behandlungsalternativen muss erfolgen, wenn eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten besteht. Dies ist der Fall, wenn die alternativen Methoden medizinisch sinnvoll sind und vergleichbare Erfolgsaussichten bieten. Der Arzt muss dabei auf die Vor- und Nachteile sowie die spezifischen Risiken der jeweiligen Behandlungsoptionen eingehen.

Besonders wichtig ist die Aufklärung über Alternativen, wenn diese zu deutlich unterschiedlichen Belastungen für den Patienten führen können. Ein Beispiel hierfür wäre die Wahl zwischen einer konservativen Behandlung und einem operativen Eingriff bei bestimmten orthopädischen Erkrankungen. Hier müssen Patienten über die Risiken der Operation einerseits und die möglicherweise längere Genesungszeit bei konservativer Therapie andererseits informiert werden.

Auch bei der Wahl zwischen verschiedenen Operationstechniken mit unterschiedlichen Risikoprofilen besteht eine Aufklärungspflicht. So muss etwa bei der Behandlung eines Leistenbruchs über die Möglichkeit einer minimalinvasiven Operation im Vergleich zu einem offenen Eingriff aufgeklärt werden, da sich die Belastungen und Risiken für den Patienten unterscheiden.

Die Aufklärung über Alternativen erstreckt sich zudem auf die Wahl zwischen schulmedizinischen und alternativen Heilmethoden, sofern letztere als medizinisch sinnvolle Option in Betracht kommen. Der Arzt muss hierbei objektiv und neutral über die verschiedenen Ansätze informieren, ohne seine persönlichen Präferenzen in den Vordergrund zu stellen.

Bei der Medikation besteht ebenfalls eine Aufklärungspflicht über Alternativen, insbesondere wenn verschiedene Wirkstoffe mit unterschiedlichen Nebenwirkungsprofilen zur Verfügung stehen. Dies gilt auch für die Wahl zwischen zugelassenen und nicht zugelassenen Arzneimitteln, wobei der Patient über den Zulassungsstatus und mögliche Konsequenzen informiert werden muss.

Die Aufklärung muss so rechtzeitig erfolgen, dass der Patient eine wohlüberlegte Entscheidung treffen kann. Bei planbaren Eingriffen sollte sie daher in der Regel nicht erst unmittelbar vor der Behandlung stattfinden. Der Arzt muss sicherstellen, dass der Patient die Informationen verstanden hat und Gelegenheit für Rückfragen besteht.

Es gibt jedoch Grenzen der Aufklärungspflicht über Alternativen. Wenn eine Behandlungsmethode aus medizinischer Sicht eindeutig vorzuziehen ist und keine echte Alternative darstellt, muss der Arzt nicht zwingend über andere theoretisch denkbare, aber weniger geeignete Optionen aufklären. Die Beurteilung, ob eine echte Alternative vorliegt, obliegt dabei dem Arzt aufgrund seiner fachlichen Expertise.

In Notfallsituationen, in denen keine Zeit für eine ausführliche Aufklärung bleibt, kann die Pflicht zur Erörterung von Alternativen eingeschränkt sein. Hier hat die unmittelbare Hilfeleistung Vorrang, sofern nicht der mutmaßliche Wille des Patienten erkennbar entgegensteht.

Die Aufklärung über Behandlungsalternativen muss stets individuell auf den Patienten und seine spezifische Situation zugeschnitten sein. Dabei sind Faktoren wie Alter, Vorerkrankungen und persönliche Lebensumstände zu berücksichtigen. Ein junger, sportlich aktiver Patient mit einer Gelenkerkrankung benötigt möglicherweise eine andere Aufklärung über Behandlungsoptionen als ein älterer Patient mit eingeschränkter Mobilität.

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Welche Folgen hat eine fehlerhafte ärztliche Behandlung im Hinblick auf Schmerzensgeldansprüche?

Bei einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung können Patienten Ansprüche auf Schmerzensgeld geltend machen. Voraussetzung dafür ist, dass dem Arzt ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden kann und dieser zu einem körperlichen oder seelischen Schaden geführt hat. Als Behandlungsfehler gilt eine Abweichung von den anerkannten medizinischen Standards zum Zeitpunkt der Behandlung.

Die Beweislast für den Behandlungsfehler und den dadurch verursachten Schaden liegt grundsätzlich beim Patienten. Er muss darlegen und beweisen, dass der Arzt fehlerhaft gehandelt hat und dadurch eine Gesundheitsbeeinträchtigung eingetreten ist. Dies kann für Patienten eine große Herausforderung darstellen, da sie in der Regel nicht über das nötige medizinische Fachwissen verfügen.

Eine wichtige Ausnahme von der Beweislastverteilung besteht bei groben Behandlungsfehlern. Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln verstoßen hat und dieser Fehler aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheint. In solchen Fällen wird vermutet, dass der Fehler für den eingetretenen Schaden ursächlich war. Der Arzt muss dann beweisen, dass der Schaden auch bei fehlerfreier Behandlung eingetreten wäre.

Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach Art, Schwere und Dauer der erlittenen Beeinträchtigungen. Dabei werden sowohl körperliche als auch seelische Schmerzen berücksichtigt. Auch dauerhafte Folgen wie Narben oder Funktionseinschränkungen fließen in die Bemessung ein. Es gibt keine festen Sätze, sondern die Gerichte entscheiden im Einzelfall unter Berücksichtigung vergleichbarer Fälle. Bei besonders schwerwiegenden Folgen können Schmerzensgelder im fünf- oder sechsstelligen Bereich zugesprochen werden.

Neben dem Schmerzensgeld können Patienten auch Schadensersatz für materielle Schäden geltend machen. Dazu gehören beispielsweise Verdienstausfälle, Behandlungskosten oder Pflegeaufwendungen. Der Anspruch umfasst alle finanziellen Nachteile, die kausal auf den Behandlungsfehler zurückzuführen sind.

Für die erfolgreiche Durchsetzung von Ansprüchen ist eine gute Dokumentation wichtig. Patienten sollten den Behandlungsverlauf, ihre Beschwerden und alle Arztgespräche sorgfältig protokollieren. Auch die Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung kann hilfreich sein, um einen Behandlungsfehler nachzuweisen. In komplexen Fällen empfiehlt sich die Unterstützung durch einen spezialisierten Rechtsanwalt für Medizinrecht.

Die Verjährungsfrist für Ansprüche wegen Behandlungsfehlern beträgt in der Regel drei Jahre. Sie beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem der Patient von dem Schaden und der Person des Schädigers Kenntnis erlangt hat. Unter bestimmten Umständen kann die Verjährung auch gehemmt werden, etwa wenn Vergleichsverhandlungen geführt werden.

Bevor Patienten rechtliche Schritte einleiten, ist häufig der Versuch einer gütlichen Einigung sinnvoll. Viele Krankenhäuser und Ärzte sind an einer außergerichtlichen Lösung interessiert, um langwierige Prozesse zu vermeiden. Auch die Schlichtungsstellen der Ärztekammern bieten kostenlose Verfahren zur Klärung von Behandlungsfehlern an. Diese können eine Alternative zum Gerichtsweg darstellen.

Bei der Geltendmachung von Schmerzensgeldansprüchen ist zu beachten, dass nicht jeder unerwünschte Behandlungsverlauf auf einem Fehler beruht. Die Medizin unterliegt gewissen Grenzen und Risiken. Ärzte schulden ihren Patienten eine sorgfältige Behandlung nach den anerkannten fachlichen Standards, nicht aber einen bestimmten Heilerfolg. Komplikationen oder ausbleibende Behandlungserfolge begründen für sich genommen noch keinen Schmerzensgeldanspruch.

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Wie kann ein Patient nachweisen, dass ihm durch eine unzureichende Aufklärung ein Schaden entstanden ist?

Der Nachweis eines Schadens durch unzureichende ärztliche Aufklärung gestaltet sich für Patienten in der Praxis oft einfacher als vermutet. Die Rechtsprechung hat die Beweislast zugunsten der Patienten verteilt. Grundsätzlich muss der behandelnde Arzt beweisen, dass er den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Der Patient muss lediglich behaupten, dass die Aufklärung mangelhaft war oder ganz unterblieben ist.

Für Patienten empfiehlt es sich dennoch, möglichst viele Beweise zu sammeln, um die eigene Position zu stärken. Dazu gehören insbesondere schriftliche Unterlagen wie Arztbriefe, Behandlungsdokumentationen oder Aufklärungsbögen. Fehlen darin wichtige Informationen oder Hinweise auf ein ausführliches Aufklärungsgespräch, kann dies die Behauptung einer mangelhaften Aufklärung untermauern.

Zeugenaussagen von Angehörigen oder Freunden, die bei Arztgesprächen anwesend waren, können ebenfalls hilfreich sein. Sie können bestätigen, dass bestimmte Risiken oder Behandlungsalternativen nicht angesprochen wurden. Auch die eigenen detaillierten Aufzeichnungen des Patienten über den Inhalt von Arztgesprächen haben Beweiskraft.

Der Patient sollte zudem darlegen, inwiefern ihm durch die unzureichende Aufklärung ein konkreter Schaden entstanden ist. Dies kann beispielsweise eine Gesundheitsbeeinträchtigung sein, die bei ordnungsgemäßer Aufklärung vermeidbar gewesen wäre. Oder der Patient hätte sich bei vollständiger Information gegen die durchgeführte Behandlung entschieden.

Besonders relevant ist in diesem Zusammenhang die Frage, ob der Arzt über mögliche Komplikationen und Risiken aufgeklärt hat, die sich später tatsächlich verwirklicht haben. Hat der Arzt beispielsweise nicht über die theoretische Möglichkeit einer notwendigen Nachoperation informiert, die dann erforderlich wurde, kann dies einen Aufklärungsmangel darstellen.

Die ärztliche Dokumentation spielt eine zentrale Rolle. Fehlt eine schriftliche Dokumentation des Aufklärungsgesprächs oder ist diese lückenhaft, geht dies zu Lasten des Arztes. Er muss dann anderweitig nachweisen, dass er den Patienten umfassend informiert hat. Dies gestaltet sich oft schwierig, wenn das Gespräch länger zurückliegt.

Für Patienten ist es ratsam, zeitnah nach der Behandlung alle relevanten Unterlagen und Informationen zu sammeln. Dazu gehören auch Rechnungen, Arztbriefe und Befunde. Je früher und vollständiger die Beweissicherung erfolgt, desto besser lässt sich später ein möglicher Aufklärungsmangel nachweisen.

Bei der Beurteilung, ob die Aufklärung ausreichend war, legen Gerichte einen patientenfreundlichen Maßstab an. Es reicht nicht aus, wenn der Arzt standardisierte Aufklärungsbögen verwendet hat. Vielmehr muss ein individuelles Gespräch stattgefunden haben, in dem auf die spezifische Situation des Patienten eingegangen wurde.

Der Patient sollte im Streitfall detailliert darlegen, welche Informationen ihm vorenthalten wurden und wie er bei vollständiger Aufklärung entschieden hätte. Hätte er etwa bei Kenntnis bestimmter Risiken die Behandlung abgelehnt oder sich für eine alternative Therapie entschieden, kann dies den Kausalzusammenhang zwischen mangelhafter Aufklärung und eingetretenem Schaden belegen.

Letztlich kommt es auf die Gesamtschau aller Umstände des Einzelfalls an. Je mehr Indizien der Patient für eine unzureichende Aufklärung vorlegen kann, desto schwieriger wird es für den Arzt, den Gegenbeweis zu führen. Die Gerichte berücksichtigen dabei auch, ob der Arzt typischerweise sorgfältig aufklärt oder ob es Anhaltspunkte für generelle Defizite in der Patientenaufklärung gibt.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Aufklärungspflicht: Die Aufklärungspflicht ist die rechtliche Verpflichtung eines Arztes, seinen Patienten über alle wesentlichen Umstände eines geplanten medizinischen Eingriffs zu informieren. Dies umfasst Risiken, Nebenwirkungen, Alternativen und den voraussichtlichen Verlauf der Behandlung. Ziel ist es, dem Patienten eine informierte Entscheidung zu ermöglichen.
  • Behandlungsfehler: Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Arzt gegen medizinische Standards verstößt, was zu einem Schaden beim Patienten führt. Dies kann durch fehlerhafte Diagnosen, unzureichende Aufklärung oder unsachgemäße Behandlung geschehen. Ein Behandlungsfehler kann Grundlage für Schadensersatzansprüche sein.
  • Einstandspflicht: Die Einstandspflicht bezeichnet die Verpflichtung einer Partei, für zukünftige Schäden aufzukommen. Im medizinischen Kontext bedeutet dies, dass eine Klinik oder ein Arzt für Folgeschäden haften muss, die aus einer fehlerhaften Behandlung resultieren. Dies umfasst sowohl materielle als auch immaterielle Schäden.
  • Standardgerecht: Eine Behandlung ist standardgerecht, wenn sie den allgemein anerkannten fachlichen Standards der medizinischen Wissenschaft entspricht. Dies bedeutet, dass die durchgeführten Maßnahmen nach aktuellem Stand der Medizin korrekt und sachgemäß ausgeführt wurden.
  • Zielkonflikt: Ein Zielkonflikt im medizinischen Bereich beschreibt die Herausforderung, zwischen verschiedenen Behandlungszielen abzuwägen. Zum Beispiel kann der Arzt entscheiden müssen, ob er eine radikale Tumorentfernung durchführt, die möglicherweise wichtige Körperfunktionen beeinträchtigt, oder eine weniger invasive Methode wählt, die möglicherweise nicht alle Krebszellen entfernt.
  • Kausalität: Kausalität bezieht sich auf den Zusammenhang zwischen einer Handlung und deren Folgen. Im medizinischen Recht muss nachgewiesen werden, dass ein bestimmter Behandlungsfehler direkt zu einem Schaden geführt hat. Ohne diesen Nachweis ist es schwer, Schadensersatzansprüche geltend zu machen.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 630e BGB (Einwilligung): Dieser Paragraph regelt die Einwilligung des Patienten in medizinische Eingriffe. Sie muss in der Regel vor dem Eingriff erfolgen und setzt eine umfassende Aufklärung voraus. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob der Kläger ausreichend über die Risiken und Alternativen der Prostatektomie aufgeklärt wurde, um wirksam in die Operation einwilligen zu können.
  • § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht): Dieser Paragraph begründet die Schadensersatzpflicht bei Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder des Eigentums. Im konkreten Fall geht es darum, ob die unvollständige Entfernung der Samenblasen einen solchen Schaden darstellt und ob ein kausaler Zusammenhang zwischen der Operation und den behaupteten Beschwerden des Klägers besteht.
  • § 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch bei Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis. Im Arzt-Patienten-Verhältnis ist der Arzt zur sorgfältigen Behandlung und Aufklärung verpflichtet. Wenn er diese Pflichten verletzt und dem Patienten dadurch ein Schaden entsteht, kann dieser Schadensersatz verlangen. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die Klinik ihre Pflichten verletzt hat und ob dem Kläger ein ersatzfähiger Schaden entstanden ist.
  • § 253 Abs. 2 BGB (Schmerzensgeld): Dieser Paragraph sieht einen Anspruch auf Schmerzensgeld bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit vor. Im vorliegenden Fall macht der Kläger geltend, dass er aufgrund der unvollständigen Entfernung der Samenblasen Schmerzen und Beeinträchtigungen erlitten hat, die einen Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen.
  • § 278 BGB (Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte): Dieser Paragraph regelt die Haftung des Schuldners für das Verschulden seiner Erfüllungsgehilfen. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Klinik für etwaige Fehler ihrer Ärzte bei der Operation haftet.

Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 4 U 1614/21 – Beschluss vom 15.11.2021

Lesen Sie hier das Urteil…

 

1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung des Klägers ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Der Kläger hat Gelegenheit, innerhalb von zwei Wochen Stellung zu nehmen. Er sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der auf Dienstag, 07.12.2021, 15.00 Uhr bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

4. Der Senat beabsichtigt, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 70.000,00 € festzusetzen.

Gründe

I.

Der Kläger verlangt von der Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld, die Feststellung ihrer Einstandspflicht für künftige Schäden sowie Ersatz vorgerichtlicher Rechtsverfolgungskosten wegen eines behaupteten Behandlungsfehlers. Die im Hause der Beklagten wegen eines Tumorbefundes am 02.10.2013 durchgeführte Prostatektomie sei behandlungsfehlerhaft erfolgt, weil die linken Samenbläschen nicht vollständig entfernt worden seien. Hierdurch habe der Kläger ein Rezidiv erlitten, seine Lebensprognose habe sich verschlechtert und er müsse mit andauernder Angst vor einem Karzinomrezidiv leben. Es seien Nachbehandlungen erforderlich geworden, infolge derer es zu Haarausfall, Hitzewallungen und Störungen der Potenz gekommen sei.

Wegen der Einzelheiten der Behandlungsfehlervorwürfe und der behaupteten Folgen wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat nach Einholung eines urologischen Sachverständigengutachtens die Klage abgewiesen. Die Operation sei standardgerecht erfolgt, auch wenn objektiv auf der linken Seite nicht sämtliche Samenbläschen entfernt worden seien. Dies sei nicht immer möglich, zum einen wegen der Gewebsstrukturen und Sichtverhältnisse, zum anderen weil insoweit ein Zielkonflikt zwischen maximaler Sicherheit (Radikalität) und maximalem Funktionserhalt (Vermeidung von Inkontinenz und Impotenz) bestehe. Postoperativ liege ebenfalls kein Fehler in der nachfolgend unterbliebenen Resektion des verbliebenen Teils der linken Samenbläschen, denn dies könne zu unkalkulierbaren Schäden führen, und die Nachresektion würde auf jeden Fall eine Funktionsverschlechterung von Kontinenz und Potenz zur Folge haben. Eine Pflicht zur anschließenden Bestrahlung habe nicht bestanden. Unter der Prämisse, dass der Kläger sich nach diesbezüglicher Aufklärung für eine Bestrahlung entschieden hätte, wäre der weitere Verlauf aber mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % kein anderer als der tatsächliche gewesen. Schließlich sei ein Schaden nicht bewiesen, denn bis heute fehle ein Nachweis, dass in der linken Samenblase bzw. im verbliebenen Teil der linken Samenblase ein Karzinom vorhanden sei.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils verwiesen.

Mit seiner Berufung verfolgt der Kläger sein ursprüngliches Klageziel vollumfänglich weiter. Das Landgericht hätte die Ergebnisse des Gerichtssachverständigen nicht unreflektiert übernehmen dürfen, denn dessen Gutachten sei in sich widersprüchlich. Aus dem Operationsbericht ergebe sich, dass die rechten Samenblasen sehr wohl deutlich und abgrenzbar sichtbar gewesen seien. Dann müsse dies auch für die linken Samenblasen gelten. Ferner habe das Landgericht unberücksichtigt gelassen, dass es dem Kläger um größtmögliche Sicherheit gegangen sei und die Aufklärung in diesem Sinne „gerade nicht so eindeutig“ erfolgt sei. Bei entsprechender Aufklärung hätte er sich für eine radikale Entfernung aller Samenbläschen im Rahmen einer wenn auch aufwändigen und riskanten Nachoperation entschieden. Die Aussage des Sachverständigen, dass mit einer Wahrscheinlichkeit von 50 % eine postoperative Bestrahlung zu keinem anderen Verlauf geführt hätte, sei anzuzweifeln, da es wohl nicht möglich sei, seriös eine derart genaue Prozentangabe zu äußern. Entgegen den Ausführungen im Urteil sei dem Kläger tatsächlich auch ein Schaden entstanden, denn der Wiederanstieg des PSA-Wertes sei mit nichts anderem zu erklären als mit einem Rezidiv in den verbliebenen Samenbläschen. Im Übrigen sei der Gerichtssachverständige insoweit von einem falschen Sachverhalt ausgegangen, als er von einem PSA-Wertanstieg erst ab März/April 2015 ausgegangen sei; tatsächlich sei dieser aber schon ab Mai 2014 erfolgt.

Die Klägerin beantragt:

1. Die Beklagte wird unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Leipzig verurteilt, an den Kläger wegen der Fehlbehandlung vom Oktober 2013 ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das pflichtgemäße Ermessen des Gerichtes gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.09.2015 zu zahlen, mindestens jedoch 65.000,00 €.

2. Es wird festgestellt, dass die Beklagte dazu verpflichtet ist, dem Kläger sämtlichen materiellen Schaden aus Anlass der streitgegenständlichen Behandlung vom Oktober 2013 sowie solche zukünftigen immateriellen Schäden, die aus einer heute nicht absehbaren Verschlechterung des Gesundheitszustandes des Klägers folgen und die auf der streitgegenständlichen Behandlung der Beklagten beruhe, zu ersetzen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger und/oder andere Dritte übergegangen sind.

3. Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger Schadensersatz für vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 2.133,07 € nebst Zinsen hieraus in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab dem 15.09.2015 zu bezahlen.

4. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Sie verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Parteivorbringens in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung des Klägers bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht und mit zutreffenden Erwägungen hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung des Klägers greifen nicht durch.

Im Einzelnen:

1.

Das Landgericht hat zunächst zu Recht einen intraoperativen Behandlungsfehler verneint. Die Ausführungen hierzu in der Berufungsbegründung werfen keine konkreten Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der diesbezüglichen Feststellungen auf, die eine erneute oder auch nur ergänzende Feststellung geböten (§ 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Die Annahme des Klägers, bei der hier gewählten laparoskopischen Operationsmethode bestehe der Vorteil darin, dass durch die verwendeten optischen Instrumente eine bis zu zehnfache Vergrößerung des Operationsfeldes möglich sei (Seite 3 Berufungsbegründung), widerspricht nicht den vom Landgericht übernommenen Aussagen des Gerichtssachverständigen, dass die anatomische Lage und die Gewebsstrukturen es zuweilen erschweren oder teilweise unmöglich machen, eine exakte Ablösung aller Samenbläschen als Teil der Samenblase vorzunehmen. Dass es bei der Laparoskopie in jedem Fall gelungen wäre, die Gewebestrukturen exakt zu bestimmen, ist eine durch nichts unterlegte Spekulation über die technischen Möglichkeiten einer laparoskopischen Operation ohne Berücksichtigung der Spezifika des Einzelfalles. Gleiches gilt für den Einwand des Klägers, die Genauigkeit des Operationsberichtes bezüglich der vollständigen Entfernung der Samenblase auf der rechten Seite belege, dass dies bei Einhaltung des medizinischen Standards auch auf der linken Seite möglich gewesen wäre. Der Kläger berücksichtigt insoweit weder, dass der Mensch nicht vollständig symmetrisch ist und sich insofern der Rückschluss eines Operationsergebnisses in einem bestimmten Körperareal auf ein Operationsergebnis in einem anderen Areal verbietet, noch dass aus den tumorösen Veränderungen, die unstreitig nicht seitengleich ausgeprägt waren, natürlich auch Veränderungen der Gewebestruktur resultieren.

2.

Das Landgericht hat auch zu Recht Ansprüche wegen behaupteter Aufklärungsfehler verneint.

Ein Aufklärungsfehler ergibt sich zunächst nicht daraus, dass der Kläger nicht von vornherein über die Möglichkeit einer Nachresektion des verbliebenen Teils der linken Samenblase aufgeklärt wurde. Der Kläger selbst beschreibt – insofern im Einklang mit den Ausführungen des Gerichtssachverständigen – dass ihm ärztlicherseits im Vorfeld dringend davon abgeraten worden sei, eine Nachoperation vornehmen zu lassen, da diese sehr risikobehaftet sei. „Es gäbe keinen Arzt, der eine Operation in einem derart narbenbehafteten Gewebe vornimmt“ (Bl. 44 d. A.). Dies steht im Einklang mit den Ausführungen des Sachverständigen, der auf Seite 20 seines schriftlichen Gutachtens ausführt, eine Nachresektion hätte wegen der anatomischen Besonderheiten im betroffenen Gebiet zu einem unkalkulierbaren Risiko geführt. Bei einer solchen Sachlage handelt es sich ungeachtet der eventuellen Wünsche des Klägers eben nicht um eine medizinisch indizierte, und insofern auch nicht um eine aufklärungspflichtige Maßnahme. Ohnehin hat der Kläger selbst noch in erster Instanz ausführen lassen, dass er das unkalkulierbare Risiko der Nachoperation „dann doch nicht eingehen“ wollte und dass der Kläger die von ihm als „fürchterlich empfundenen Nebenwirkungen auch so lange wie möglich vermeiden“ wollte (Seite 3 des klägerischen Schriftsatzes vom 05.02.2019). Dies ist plausibel und steht auch im Einklang mit seinem weiteren Vorbringen. Ungeachtet der rechtlichen Frage der Plausibilität eines Entscheidungskonfliktes, der hier nicht zur Debatte steht weil es sich schon nicht um einen Aufklärungsfehler handelt, ist vor diesem Hintergrund seine Behauptung, er hätte sich bei weitergehender Aufklärung für eine großflächige Resektion entschieden, in sich widersprüchlich und nicht nachzuvollziehen.

Aus diesem Grund verfängt auch der ohnehin unklare Vorwurf des Klägers nicht, „dass diese Aufklärung gerade nicht so eindeutig erfolgt ist, dass aus seiner Sicht eine großzügige Entfernung des Tumors Vorrang hatte …“ (Seite 4 der Berufungsbegründung).

Schließlich hat das Landgericht zu Recht einen Schadensersatzanspruch wegen eines etwaigen Aufklärungsfehlers im Hinblick auf die Möglichkeit der Nachbestrahlung verneint. Dabei kommt es nicht darauf an, inwieweit die Angabe des Sachverständigen, es entspreche einer Wahrscheinlichkeit von 50 %, dass eine systemische Progression auftrete, medizinisch exakt eine Wahrscheinlichkeit beschreibt oder lediglich zum Ausdruck bringen soll, dass nicht seriös gesagt werden könne, wie hoch das Eintrittsrisiko ist. Das Landgericht hat sachverständig beraten fehlerfrei festgestellt, dass dem Kläger tatsächlich kein Schaden hieraus entstanden ist. Gegenüber dieser Beweiswürdigung zeigt der Kläger keine durchgreifenden Zweifel auf. Zwar hat er unstreitig ein sogenanntes „biochemisches Rezidiv“ erlitten, d. h. den Anstieg eines PSA-Wertes, bevor tatsächlich tumoröses Gewebe auch festgestellt werden kann. Dies ist aber nach den Ausführungen des Sachverständigen der Grunderkrankung geschuldet, eine eindeutige Aussage mit welcher Wahrscheinlichkeit oder in welchem Ausmaß eine aufgrund der Grunderkrankung zu erwartende systemische Progression hätte eingedämmt werden können, sei nicht möglich. Entscheidend ist aber, dass auch bis zum heutigen Tage tatsächlich bei zahlreichen Untersuchungen keinerlei Tumornachweis im Bereich der linken Samenblase bzw. im Bereich der von ihr verbliebenen Reste beschrieben wurde. Nach den insoweit unwidersprochenen Ausführungen des Sachverständigen ist bei allen Untersuchungen im Mai 2016, Februar 2017 und Februar 2019 keinerlei Tumorverdacht in der betroffenen Region beschrieben worden (Seite 10 des Gutachtens, Bl. 85 d. A.). Begründet wird dies mit der fehlenden Traceranreicherung und aufgrund der festgestellten Gewebsmuster, die keinen Anhalt für ein tumoröses Geschehen geboten hätten. Damit geht die Annahme des Klägers fehl, andere Möglichkeiten eines Rezidivs seien in der Pathologie „nachweislich ausgeschlossen worden“. Nach den Ausführungen des Sachverständigen vollzieht sich der Wiederanstieg des PSA-Wertes beim Kläger sehr langsam, zumal ein biomechanisches Rezidiv nur ein „Vorbote“ für ein tatsächlich unter Umständen eintretendes tumoröses Geschehen sei, das sich an jeder beliebigen Stelle manifestieren könne.

Schließlich geht der Einwand des Klägers in der Berufungsreplik fehl, das Gutachten sei bereits deshalb unrichtig, weil es von einem Anstieg des PSA-Wertes ab März/April 2015 ausgehe. Tatsächlich ist auf Seite 8 des Gutachtens ausdrücklich aufgeführt, dass es zu einem Anstieg des PSA-Wertes – wie auch vom Kläger vorgetragen und dokumentiert – bereits ab Frühjahr 2014 kam.

Der Senat rät dem Kläger angesichts dessen zu einer Berufungsrücknahme, die zwei Gerichtsgebühren spart.


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