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Aufrechnung Patient mit Schmerzensgeldanspruch gegenüber Honorarforderung von Arzt

Ein Patient weigert sich, die Rechnung für eine lebensrettende Operation zu bezahlen – und scheitert vor Gericht. Das Oberlandesgericht Dresden bestätigt: Auch wenn die Aufklärung nicht perfekt war, muss die Behandlung bezahlt werden. Ein Grundsatzurteil mit weitreichenden Folgen für Patienten und Ärzte.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Der Senat plant, die Berufung des Beklagten ohne mündliche Verhandlung zurückzuweisen, da diese offensichtlich keine Erfolgsaussichten hat.
  • Die Klage wurde zu Recht vom Landgericht stattgegeben, und die Vergütungsansprüche der Klägerin sind unstreitig.
  • Es besteht keine grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, die eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil erfordern würde.
  • Die Berufung des Beklagten bezieht sich hauptsächlich auf vermeintliche Aufklärungsmängel, während keine relevanten Behandlungsfehler geltend gemacht werden können.
  • Ein Arzt schuldet nur die Erbringung der versprochenen Dienstleistungen, nicht jedoch einen bestimmten Behandlungserfolg.
  • Der Vergütungsanspruch kann bei einer unzureichenden Leistung grundsätzlich nicht gekürzt oder aufgehoben werden.
  • Gegenansprüche des Patienten sind im vorliegenden Fall nicht erkennbar.
  • Die Vergütungspflicht des Arztes endet nur, wenn der Patient vertraglich kündigt und die erbrachten Leistungen für ihn ohne Nutzen sind.
  • Der Beklagte hat den Behandlungsvertrag nicht gekündigt, und es gibt keine Anzeichen dafür, dass die Leistungen der Klägerin völlig nutzlos waren.
  • Der Fall verdeutlicht die Komplexität der rechtlichen Regelungen zur ärztlichen Haftung und Vergütung, insbesondere in Zusammenhang mit Behandlungsfehlern und Aufklärungspflichten.

Patient vs. Arzt: Konflikte um Schmerzensgeld und Honorarforderungen im Fokus

Im Gesundheitswesen kann es zwischen Patienten und Ärzten zu finanziellen Auseinandersetzungen kommen, insbesondere wenn es um Honorarforderungen und Schmerzensgeldansprüche geht. Ein Patient, der aufgrund ärztlichen Fehlverhaltens leidet, hat einen Rechtsanspruch auf Schmerzensgeld. Dieser Anspruch kann jedoch in Konflikt mit Honorarforderungen des behandelnden Arztes stehen. Eine Aufrechnung des Schmerzensgeldanspruchs gegen die Honorarforderung ist ein zentraler rechtlicher Aspekt, der oft in der Diskussion um Patientenrechte und ärztliche Honorare auftaucht.

Im Zivilrecht sind sowohl die Anerkennung von Schadensersatzansprüchen als auch die Fälligkeit von Honorarforderungen wesentliche Punkte. Es ist wichtig für Patienten zu verstehen, wie die Aufrechnung im Gesundheitswesen funktioniert und welche rechtlichen Grundlagen dabei zum Tragen kommen. Wenn ein Patient seine Arztrechnung anfechten möchte, um möglicherweise Kosten für entstandenes Leid zu kompensieren, sollte er sich mit der Aufrechnungsklausel im Vertrag und den Verjährungsfristen von Schmerzensgeldansprüchen vertraut machen.

Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Herausforderungen und rechtlichen Aspekte rund um die Aufrechnung von Schmerzensgeldansprüchen gegenüber Honorarforderungen von Ärzten verdeutlicht.

Der Fall vor Gericht


Streit um ärztliche Vergütung: OLG Dresden weist Berufung zurück

Aufrechnung Schmerzensgeldanspruch gegen Arztkosten
Das OLG Dresden bestätigte die Notwendigkeit einer Operation und wies die Berufung eines Patienten zurück, der die Vergütung für die Operation nicht bezahlen wollte, da er weder materiellen Schaden, noch Schmerzen oder Beeinträchtigungen geltend machen konnte, was eine Aufrechnung mit Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüchen verhinderte. (Symbolfoto: Flux gen.)

Das Oberlandesgericht Dresden hat in einem Rechtsstreit um die Vergütung einer ärztlichen Behandlung die Berufung des Beklagten zurückgewiesen. Der Fall dreht sich um einen Patienten, der sich weigerte, die Rechnung für eine Operation zu begleichen, bei der ein Aneurysma der Arteria iliaca externa sowie ein Bauchaortenaneurysma behandelt wurden.

Medizinische Notwendigkeit der Eingriffe bestätigt

Das Gericht stützte sich auf ein Sachverständigengutachten, das die Notwendigkeit der durchgeführten Operationen bestätigte. Der Experte erklärte, dass die Behandlung des Aneurysmas der Arteria iliaca externa mit einer Größe von 38 mm eindeutig indiziert war. Studien zeigen, dass 68% der iliacalen Aneurysma ab 30 mm rupturieren, was mit einer sehr hohen Sterblichkeitsrate verbunden ist. Die gleichzeitige Versorgung des Bauchaortenaneurysmas wurde als leitliniengerecht eingestuft, auch wenn hierfür nur eine relative Indikation vorlag.

Rechtliche Bewertung des Vergütungsanspruchs

Das OLG Dresden betonte, dass der Behandlungsvertrag als besonderer Dienstvertrag zu betrachten ist. Demnach schuldet ein Arzt nicht den Erfolg, sondern lediglich die Erbringung der vereinbarten Dienste. Eine Kürzung oder ein Wegfall des Vergütungsanspruchs ist auch bei unzureichender oder pflichtwidriger Leistung grundsätzlich nicht möglich.

Das Gericht sah keine Grundlage für einen Wegfall der Vergütungspflicht nach § 628 BGB, da der Beklagte den Behandlungsvertrag nicht vorzeitig gekündigt hatte und keine Anhaltspunkte dafür vorlagen, dass die Leistungen für ihn völlig wertlos gewesen wären. Eine Aufrechnung mit Schadensersatz- oder Schmerzensgeldansprüchen wurde ebenfalls verneint, da der Beklagte weder materielle Schäden noch konkrete Schmerzen oder Beeinträchtigungen geltend gemacht hatte.

Aufklärungspflicht und Patientenrechte

Bezüglich der vom Beklagten gerügten Mängel in der Aufklärung stellte das Gericht klar, dass selbst bei einer fehlerhaften Aufklärung kein automatischer Schmerzensgeldanspruch entsteht. Für eine Haftung müsste nachgewiesen werden, dass die ohne wirksame Einwilligung durchgeführte Behandlung für einen konkreten Gesundheitsschaden ursächlich geworden ist. Die Beweislast dafür liegt beim Patienten.

Das OLG Dresden betonte zudem, dass allein die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten durch einen Eingriff ohne wirksame Aufklärung nach allgemeiner Auffassung nicht zur Zubilligung eines Schmerzensgeldes führt.

Ergebnis und Empfehlung des Gerichts

Angesichts dieser Sachlage sah das OLG Dresden keine Aussicht auf Erfolg für die Berufung des Beklagten. Es empfahl dem Beklagten sogar, die Berufung zurückzunehmen, um zwei Gerichtsgebühren zu sparen. Das Gericht beabsichtigt, den Gegenstandswert auf 18.701,17 Euro festzusetzen, was die Höhe der strittigen ärztlichen Vergütung widerspiegelt.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt den Grundsatz, dass der ärztliche Vergütungsanspruch unabhängig von Behandlungserfolg oder Aufklärungsmängeln besteht. Es unterstreicht die hohe Hürde für Patienten, Schadensersatz oder Schmerzensgeld wegen Aufklärungsfehlern zu erhalten. Die Entscheidung stärkt die Position der Ärzte im Hinblick auf ihre Vergütungsansprüche und verdeutlicht die Grenzen der Patientenrechte bei Aufklärungsmängeln ohne nachweisbare Gesundheitsschäden.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil hat wichtige Konsequenzen für Patienten, die mit ihrer ärztlichen Behandlung unzufrieden sind. Es zeigt, dass Sie als Patient die Rechnung Ihres Arztes in der Regel nicht verweigern können, selbst wenn Sie Mängel in der Aufklärung oder Behandlung vermuten. Um Schmerzensgeld zu erhalten, müssen Sie einen konkreten Gesundheitsschaden nachweisen, der durch die mangelhafte Aufklärung verursacht wurde – eine hohe Hürde. Zudem wird deutlich, dass eine Berufung gegen ein Urteil in Arzthaftungsprozessen sorgfältig abgewogen werden sollte, da sie oftmals geringe Erfolgsaussichten hat und zusätzliche Kosten verursachen kann. Für Sie bedeutet dies, dass Sie bei Zweifeln an der ärztlichen Behandlung frühzeitig rechtlichen Rat einholen und Ihre Ansprüche sorgfältig prüfen sollten, bevor Sie rechtliche Schritte einleiten.


FAQ – Häufige Fragen

Sie haben einen Aufrechnung Schmerzensgeldanspruch gegen Arztkosten? Diese häufig gestellten Fragen beantworten Ihnen wichtige rechtliche Aspekte und helfen Ihnen, Ihre Rechte besser zu verstehen.

Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, um Schmerzensgeld wegen mangelhafter Aufklärung zu erhalten?

Um Schmerzensgeld wegen mangelhafter Aufklärung zu erhalten, müssen mehrere rechtliche Voraussetzungen erfüllt sein:

Mangelhafte oder fehlende Aufklärung

Der Arzt muss seine Aufklärungspflicht verletzt haben. Dies kann der Fall sein, wenn er Sie gar nicht oder nicht ausreichend über den geplanten Eingriff, dessen Risiken und mögliche Alternativen informiert hat. Die Aufklärung muss rechtzeitig, verständlich und umfassend erfolgen.

Fehlende wirksame Einwilligung

Aufgrund der mangelhaften Aufklärung konnten Sie keine wirksame Einwilligung in die Behandlung geben. Ohne wirksame Einwilligung stellt der ärztliche Eingriff rechtlich eine Körperverletzung dar.

Gesundheitliche Beeinträchtigung

Es muss ein Gesundheitsschaden eingetreten sein, der auf den Eingriff zurückzuführen ist. Dieser Schaden muss nicht zwingend durch einen Behandlungsfehler verursacht worden sein. Es genügt, wenn es sich um eine Verwirklichung des Risikos handelt, über das Sie nicht aufgeklärt wurden.

Kausalität zwischen mangelhafter Aufklärung und Schaden

Sie müssen darlegen, dass Sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wären. Das bedeutet, Sie hätten bei korrekter Aufklärung ernsthaft in Erwägung gezogen, den Eingriff nicht durchführen zu lassen.

Beweislast

Bei Aufklärungsmängeln liegt die Beweislast beim Arzt. Er muss nachweisen, dass er Sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Sie müssen lediglich behaupten, nicht ausreichend aufgeklärt worden zu sein.

Verjährung

Der Anspruch auf Schmerzensgeld verjährt in der Regel nach drei Jahren. Die Frist beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Sie von dem Schaden und der Person des Ersatzpflichtigen Kenntnis erlangt haben.

Wenn diese Voraussetzungen erfüllt sind, können Sie Anspruch auf Schmerzensgeld haben. Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere der Beeinträchtigung, der Dauer der Schmerzen und dem Grad des ärztlichen Verschuldens.


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Kann ich die Rechnung meines Arztes verweigern, wenn ich mit der Behandlung unzufrieden bin?

Grundsätzlich können Sie die Rechnung Ihres Arztes nicht einfach verweigern, nur weil Sie mit der Behandlung unzufrieden sind. Der Behandlungsvertrag zwischen Ihnen und Ihrem Arzt ist ein Dienstvertrag, bei dem der Arzt seine fachgerechte Behandlung schuldet, nicht aber einen bestimmten Heilerfolg.

Rechtliche Grundlage des Behandlungsvertrags

Der Behandlungsvertrag ist im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) in den §§ 630a ff. geregelt. Nach § 630a BGB wird der Behandelnde durch den Behandlungsvertrag verpflichtet, die versprochene Behandlung nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden, allgemein anerkannten fachlichen Standards zu erbringen. Der Patient ist im Gegenzug zur Zahlung der vereinbarten Vergütung verpflichtet, sofern nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet ist.

Möglichkeiten bei Unzufriedenheit

Wenn Sie mit der Behandlung unzufrieden sind, haben Sie folgende Möglichkeiten:

  1. Gespräch mit dem Arzt: Klären Sie zunächst in einem Gespräch mit Ihrem Arzt, warum Sie unzufrieden sind. Oft lassen sich Missverständnisse auf diesem Weg ausräumen.
  2. Minderung bei mangelhafter Leistung: Sollte die ärztliche Leistung tatsächlich mangelhaft sein, können Sie unter Umständen eine Minderung des Honorars verlangen. Dies setzt jedoch voraus, dass ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden kann.
  3. Aufrechnung mit Schadensersatzansprüchen: Wenn Ihnen durch einen Behandlungsfehler ein Schaden entstanden ist, können Sie mit Ihren Schadensersatzansprüchen gegen die Honorarforderung des Arztes aufrechnen. Beachten Sie jedoch, dass Sie den Behandlungsfehler und den daraus resultierenden Schaden nachweisen müssen.

Wichtig: Eine vollständige Zahlungsverweigerung ist nur in Ausnahmefällen möglich, etwa wenn die Behandlung völlig wertlos war oder wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt. In den meisten Fällen schulden Sie zumindest einen Teil des Honorars.

Wenn Sie die Rechnung nicht bezahlen, riskieren Sie ein Mahnverfahren oder eine Klage des Arztes. Sollten Sie tatsächlich einen Behandlungsfehler vermuten, ist es ratsam, zunächst ein Gutachten einzuholen, bevor Sie die Zahlung verweigern.


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Wie kann ich als Patient beweisen, dass ein Gesundheitsschaden durch mangelhafte Aufklärung entstanden ist?

Bei einer mangelhaften Aufklärung durch den Arzt liegt die Beweislast beim Arzt und nicht beim Patienten. Das bedeutet, der Arzt muss nachweisen, dass er Sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Als Patient müssen Sie lediglich behaupten, dass die Aufklärung unzureichend war oder ganz unterblieben ist.

Wenn Sie einen Gesundheitsschaden durch mangelhafte Aufklärung geltend machen, müssen Sie folgende Punkte darlegen:

  1. Die Aufklärung war unzureichend oder ist unterblieben
  2. Ein Gesundheitsschaden ist eingetreten
  3. Der Schaden steht im Zusammenhang mit der mangelhaften Aufklärung

Nachweis der mangelhaften Aufklärung

Der Arzt muss beweisen, dass er Sie ordnungsgemäß aufgeklärt hat. Ein unterschriebener Aufklärungsbogen allein reicht dafür nicht aus. Er dient lediglich als Indiz für ein stattgefundenes Aufklärungsgespräch. Wenn Sie behaupten, trotz Unterschrift nicht ausreichend aufgeklärt worden zu sein, muss der Arzt das Gegenteil beweisen.

Nachweis des Gesundheitsschadens

Um einen Gesundheitsschaden nachzuweisen, sollten Sie Folgendes tun:

  • Dokumentieren Sie Ihre Beschwerden sorgfältig
  • Lassen Sie sich von anderen Ärzten untersuchen und die Befunde schriftlich festhalten
  • Sammeln Sie alle relevanten medizinischen Unterlagen

Kausalität zwischen mangelhafter Aufklärung und Schaden

Sie müssen darlegen, dass Sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung in einen Entscheidungskonflikt geraten wären. Das bedeutet, Sie hätten bei vollständiger Information über die Risiken möglicherweise eine andere Entscheidung getroffen.

Wenn sich ein Risiko verwirklicht hat, über das nicht aufgeklärt wurde, spricht dies für einen Kausalzusammenhang. Der Arzt muss dann beweisen, dass Sie auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätten.

Beachten Sie: Auch wenn die Beweislast beim Arzt liegt, ist es hilfreich, wenn Sie möglichst viele Informationen und Unterlagen sammeln, die Ihre Darstellung unterstützen. Je mehr Beweise Sie vorlegen können, desto besser stehen Ihre Chancen in einem möglichen Rechtsstreit.


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Was bedeutet es rechtlich, wenn eine ärztliche Behandlung als „leitliniengerecht“ eingestuft wird?

Eine als „leitliniengerecht“ eingestufte ärztliche Behandlung bedeutet, dass sie den aktuellen medizinischen Empfehlungen der Fachgesellschaften entspricht. Rechtlich gesehen schafft dies eine Vermutung für die Einhaltung des medizinischen Standards, was für die Beurteilung möglicher Behandlungsfehler relevant ist.

Bedeutung von Leitlinien im rechtlichen Kontext

Leitlinien sind systematisch entwickelte Handlungsempfehlungen für Ärzte, die den aktuellen Stand der medizinischen Erkenntnisse widerspiegeln. Sie dienen als Orientierungshilfe, sind aber rechtlich nicht bindend. Wenn Sie als Patient eine leitliniengerechte Behandlung erhalten, bedeutet dies, dass Ihr Arzt sich an anerkannte Empfehlungen gehalten hat.

Auswirkungen auf die Bewertung von Behandlungsfehlern

Bei der rechtlichen Beurteilung einer Behandlung spielt die Leitlinienkonformität eine wichtige Rolle. Eine leitliniengerechte Behandlung wird in der Regel als sorgfältig und dem medizinischen Standard entsprechend angesehen. Dies erschwert den Nachweis eines Behandlungsfehlers erheblich.

Allerdings ist zu beachten: Auch wenn eine Behandlung von den Leitlinien abweicht, muss dies nicht automatisch einen Behandlungsfehler darstellen. In bestimmten Fällen kann ein Abweichen von Leitlinien sogar geboten sein, etwa wenn Ihre individuelle Situation dies erfordert.

Beweislast und Prozessrisiko

Wenn Ihre Behandlung als leitliniengerecht eingestuft wird, liegt die Beweislast für einen möglichen Behandlungsfehler bei Ihnen als Patient. Sie müssten dann darlegen, warum trotz Leitlinienkonformität ein Fehler vorliegt. Dies ist in der Praxis oft schwierig und erhöht Ihr Prozessrisiko bei einer Klage erheblich.

Grenzen der rechtlichen Bedeutung

Es ist wichtig zu verstehen, dass Leitlinien nicht in Stein gemeißelt sind. Die Medizin entwickelt sich ständig weiter, und was heute als leitliniengerecht gilt, kann morgen schon überholt sein. Gerichte berücksichtigen daher neben der Leitlinienkonformität auch andere Faktoren, wie den aktuellen Stand der medizinischen Forschung und die Besonderheiten des Einzelfalls.

Wenn Sie als Patient mit einer als leitliniengerecht eingestuften Behandlung unzufrieden sind, sollten Sie zunächst das Gespräch mit Ihrem Arzt suchen. Oft lassen sich Missverständnisse oder Unklarheiten im direkten Dialog klären.


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Wann ist es sinnvoll, gegen ein Urteil in einem Arzthaftungsprozess Berufung einzulegen?

Eine Berufung gegen ein Urteil in einem Arzthaftungsprozess kann in bestimmten Situationen sinnvoll sein. Grundsätzlich sollten Sie eine Berufung in Erwägung ziehen, wenn Sie der Meinung sind, dass das erstinstanzliche Gericht Fehler gemacht hat oder wichtige Aspekte übersehen wurden.

Fehlerhafte Tatsachenfeststellungen

Wenn Sie konkrete Zweifel an der Richtigkeit oder Vollständigkeit der im angefochtenen Urteil enthaltenen Tatsachenfeststellungen haben, kann eine Berufung angebracht sein. In diesem Fall können Sie eine erneute Feststellung der Tatsachen beantragen. Dies ist besonders relevant, wenn neue Beweise aufgetaucht sind oder wenn das Gericht bestimmte Beweise nicht ausreichend berücksichtigt hat.

Rechtsverletzungen

Eine Berufung ist auch dann sinnvoll, wenn Sie der Ansicht sind, dass die getroffene Entscheidung auf einer Rechtsverletzung beruht. Dies kann der Fall sein, wenn das Gericht das Gesetz falsch angewendet oder wichtige rechtliche Aspekte außer Acht gelassen hat.

Komplexität des Falls

Arzthaftungsprozesse sind oft komplex und erfordern spezielle medizinische Kenntnisse. Wenn Sie glauben, dass die Komplexität Ihres Falls in der ersten Instanz nicht ausreichend berücksichtigt wurde, kann eine Berufung gerechtfertigt sein. In der Berufungsinstanz haben Sie die Möglichkeit, den Fall erneut und möglicherweise detaillierter darzulegen.

Neue Gutachten oder Beweise

Wenn Sie nach dem erstinstanzlichen Urteil neue medizinische Gutachten oder andere relevante Beweise erhalten haben, die Ihre Position stärken, kann eine Berufung sinnvoll sein. In der Berufungsinstanz können unter bestimmten Voraussetzungen neue Tatsachen und Beweismittel eingebracht werden.

Hoher Streitwert

Bei Arzthaftungsprozessen ist der Streitwert oft hoch, was die Zulässigkeit einer Berufung in der Regel gewährleistet. Wenn viel auf dem Spiel steht, kann es sich lohnen, das Urteil überprüfen zu lassen.

Fristen beachten

Wichtig ist, dass Sie die Fristen für die Einlegung der Berufung strikt einhalten. Die Berufung muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Urteils eingelegt werden. Für die Berufungsbegründung gilt eine eigene Frist von zwei Monaten.

Bedenken Sie, dass eine Berufung auch Risiken birgt. Sie kann Zeit und Geld kosten, und es besteht die Möglichkeit, dass das Berufungsgericht das erstinstanzliche Urteil bestätigt. Wägen Sie daher sorgfältig ab, ob die potenziellen Vorteile einer Berufung die Risiken überwiegen.


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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Behandlungsvertrag: Ein Behandlungsvertrag ist eine spezielle Art von Dienstvertrag zwischen einem Arzt und einem Patienten. Dabei verpflichtet sich der Arzt, eine bestimmte medizinische Leistung zu erbringen, wie z.B. eine Operation oder eine Behandlung. Wichtig zu wissen ist, dass der Arzt keinen Erfolg der Behandlung schuldet, sondern lediglich die sorgfältige Durchführung der vereinbarten medizinischen Maßnahmen. Das bedeutet, dass der Patient den Arzt auch dann bezahlen muss, wenn das angestrebte medizinische Ergebnis nicht erreicht wird, solange der Arzt seine Pflichten korrekt erfüllt hat.
  • Aufrechnung: Die Aufrechnung ist ein rechtlicher Mechanismus, bei dem zwei gegensätzliche Forderungen miteinander verrechnet werden. Im medizinischen Kontext könnte ein Patient versuchen, eine Honorarforderung des Arztes mit einem eigenen Anspruch auf Schmerzensgeld wegen eines Behandlungsfehlers zu verrechnen. Das Gericht im vorliegenden Fall hat jedoch klargestellt, dass eine solche Aufrechnung nicht automatisch zulässig ist und spezifische Voraussetzungen erfüllt sein müssen. Der Patient konnte keine materiellen Schäden oder konkreten Schmerzen nachweisen, weshalb eine Aufrechnung abgelehnt wurde.
  • Schmerzensgeld: Schmerzensgeld ist eine Entschädigung für immaterielle Schäden, die jemand durch das Verschulden einer anderen Person erleidet. Im Gesundheitswesen kann Schmerzensgeld zum Beispiel gefordert werden, wenn ein Patient durch einen Behandlungsfehler körperlichen oder seelischen Schaden erleidet. Um Schmerzensgeld zu erhalten, muss der Patient beweisen, dass die Behandlung tatsächlich zu einem Gesundheitsschaden geführt hat und dass dieser Schaden durch das ärztliche Fehlverhalten verursacht wurde.
  • Sachverständigengutachten: Ein Sachverständigengutachten ist ein Expertenbericht, den Gerichte häufig zur Klärung fachlicher Fragen heranziehen. In medizinischen Rechtsstreitigkeiten wird ein medizinischer Sachverständiger benannt, der die Notwendigkeit und Angemessenheit einer Behandlung bewertet. Im vorliegenden Fall bestätigte das Gutachten die medizinische Notwendigkeit der Operationen, was wesentlich zur Entscheidung des Gerichts beitrug.
  • Beweislast: Die Beweislast beschreibt die Pflicht einer Partei, die für ihren Standpunkt notwendigen Beweise zu erbringen. Im Kontext des Patientenrechts bedeutet dies, dass der Patient nachweisen muss, dass die mangelhafte Aufklärung oder Behandlung zu einem konkreten Gesundheitsschaden geführt hat. Das Gericht stellte klar, dass die Verletzung des Selbstbestimmungsrechts allein nicht ausreicht, um Schmerzensgeld zu fordern – der Patient muss auch den Gesundheitsschaden und dessen Ursächlichkeit durch die Aufklärungsmängel beweisen.
  • Selbstbestimmungsrecht: Das Selbstbestimmungsrecht des Patienten ist ein Grundrecht, das besagt, dass jede Person das Recht hat, über ihre eigenen körperlichen und medizinischen Belange informiert zu entscheiden. Vor jeder medizinischen Maßnahme muss der Arzt den Patienten umfassend aufklären und dessen Einwilligung einholen. Ein Verstoß gegen dieses Recht kann zwar prinzipiell zu Haftungsansprüchen führen, reicht aber allein nicht aus, um Schmerzensgeld zu verlangen, wie das Gericht im vorliegenden Fall festgestellt hat.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • §§ 630 a Abs. 1, 630 b, 611 BGB: Diese Paragraphen regeln die vertragliche Beziehung zwischen Arzt und Patient und die Zahlungspflicht des Patienten gegenüber dem Arzt. Der Behandlungsvertrag wird als besonderer Dienstvertrag über Dienste höherer Art eingestuft, wodurch die allgemeinen Vorschriften der §§ 611 ff. BGB anwendbar sind, insbesondere die Pflichten des Arztes zur Erbringung der versprochenen Dienste und die Pflicht des Patienten zur Zahlung der vertraglichen Vergütung. Im vorliegenden Fall bezieht sich der Streitpunkt auf die Frage, ob die Klägerin, die Patientin, aufgrund von vermeintlichen Aufklärungsmängeln die Vergütung verweigern kann.
  • § 628 BGB: Dieser Paragraph regelt den Entfall der Vergütungspflicht bei vertragswidrigem Verhalten des Leistungserbringers. Wenn der Arzt durch sein vertragswidriges Verhalten die Kündigung des Patienten veranlasst hat, steht ihm kein Vergütungsanspruch zu, soweit seine bisherigen Leistungen infolge der Kündigung für den Patienten kein Interesse mehr haben. Im vorliegenden Fall stellt sich die Frage, ob der Beklagte, der Patient, aufgrund von Behandlungsfehlern oder Aufklärungsmängeln den Behandlungsvertrag wirksam kündigen konnte und somit von der Zahlungspflicht befreit ist.
  • § 280 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt Schadensersatzansprüche bei Vertragsverletzungen. Im Falle schuldhafter Verletzung einer vertraglichen Pflicht kann der Geschädigte Schadensersatz verlangen. Im vorliegenden Fall kann sich der Beklagte potenziell auf § 280 Abs. 1 BGB berufen, um Schadensersatzansprüche geltend zu machen, die sich aus der vermeintlichen Verletzung von Behandlungs- und Aufklärungspflichten des Arztes ergeben könnten.
  • § 253 BGB: Dieser Paragraph regelt die Aufrechnung von Forderungen. Er ermöglicht es, eine bestehende Forderung mit einer Gegenforderung des anderen Vertragspartners zu verrechnen, sofern gewisse Voraussetzungen erfüllt sind. Im vorliegenden Fall könnte der Beklagte versuchen, seine Schadensersatzansprüche gegen die Vergütungsansprüche der Klägerin aufzurechnen, um seine Zahlungspflicht zu reduzieren oder ganz zu vermeiden.
  • § 522 Abs. 2 ZPO: Dieser Paragraph regelt die Rücknahme der Berufung in einem Zivilprozess. Er ermöglicht es dem Berufungsführer, die Berufung zurückzunehmen, wenn er zu dem Schluss kommt, dass er mit seinem Rechtsmittel keine Aussicht auf Erfolg hat. Im vorliegenden Fall hat das OLG Dresden eine Rücknahme der Berufung empfohlen, da die Berufung keine Aussicht auf Erfolg bietet.

Das vorliegende Urteil

 

OLG Dresden – Az.: 4 U 1279/23 – Beschluss vom 04.01.2024


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