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Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen

Eine missglückte Knie-Operation zog unerwartet weite Kreise bis vor Gericht. Dort entbrannte ein heftiger Streit um die Frage, ob ein medizinischer Gutachter noch unparteiisch sein kann. Scharfe Worte fielen im Gerichtssaal, doch das Urteil zeigt: Die Hürden für einen Befangenheitsantrag sind hoch.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 17 W 24/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Frankfurt
  • Datum: 06.03.2025
  • Aktenzeichen: 17 W 24/24
  • Verfahrensart: Sofortige Beschwerde gegen die Zurückweisung eines Befangenheitsantrags
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Arzthaftungsrecht, Sozialrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Macht übergegangene Schadensersatzansprüche ihrer Versicherungsnehmerin wegen möglicher Behandlungsfehler geltend (§ 116 SGB X). Sie hat den Sachverständigen A wegen Befangenheit abgelehnt und legt Beschwerde gegen die Zurückweisung dieses Antrags ein.
  • Beklagte: Einrichtung (vermutlich Klinik oder Arztpraxis), bei der die medizinische Behandlung stattfand und gegen die sich die Schadensersatzansprüche richten. Sie ist die Gegnerin im Hauptverfahren und im Befangenheitsstreit.
  • Sachverständiger A: Medizinischer Gutachter, dessen Unparteilichkeit von der Klägerin angezweifelt wird.
  • Versicherungsnehmerin/Geschädigte: Patientin, deren Schadensersatzansprüche wegen einer Knieoperation und Folgebehandlungen auf die Klägerin übergegangen sind. Sie ist nicht direkt am Beschwerdeverfahren beteiligt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin fordert Schadensersatz von der Beklagten wegen angeblicher Fehler bei einer Knieoperation (Schlittenprothese) und nachfolgenden Behandlungen ihrer Versicherungsnehmerin. Im laufenden Gerichtsverfahren wurde der Sachverständige A beauftragt. Die Klägerin hält diesen Sachverständigen für befangen und beantragte seine Ablehnung. Dieser Antrag wurde vom vorherigen Gericht abgewiesen. Mit der sofortigen Beschwerde wendet sich die Klägerin nun an das Oberlandesgericht Frankfurt, um die Entscheidung überprüfen zu lassen. Ein früheres Verfahren der Geschädigten selbst wurde durch einen Vergleich beendet.
  • Kern des Rechtsstreits: Prüfung, ob die Gründe der Klägerin ausreichen, um den Sachverständigen A wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, und ob die Zurückweisung dieses Antrags durch die Vorinstanz korrekt war.

Der Fall vor Gericht


OLG Frankfurt weist Beschwerde gegen Gutachter ab

Knie-OP. Sachverständigen-Befangenheit.
Befangenheit medizinischer Sachverständiger im Prozess | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Main hat eine sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Geklagt hatte eine Versicherung, die einen medizinischen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ablehnen wollte. Das Gericht sah jedoch keine ausreichenden Gründe, um an der Unparteilichkeit des Gutachters zu zweifeln (Az.: 17 W 24/24).

Der Beschluss vom 6. März 2025 bestätigt eine vorherige Entscheidung des Landgerichts. Dieses hatte den Antrag der Klägerin, den Sachverständigen A für befangen zu erklären, bereits als unbegründet zurückgewiesen. Die Entscheidung unterstreicht die hohen Hürden für die Ablehnung eines gerichtlich bestellten Gutachters.

Der Fall: Streit um Knieprothese und Folgeoperationen

Medizinischer Hintergrund: Komplikationen nach Knie-OP

Im Kern des Rechtsstreits steht eine medizinische Behandlung aus dem Jahr 2015. Einer Versicherungsnehmerin der Klägerin wurde am 25. November 2015 eine unikondyläre Schlittenprothese im Knie implantiert. Diese Operation fand im Krankenhaus der Beklagten statt.

Nach der Erstoperation kam es zu erheblichen Komplikationen. Mehrere Folgebehandlungen waren notwendig. Bereits im Februar 2016 musste im Haus der Beklagten ein Wechsel von Prothesenteilen erfolgen. Weitere Operationen folgten im November 2016 und März 2017 in anderen Kliniken, unter anderem eine Innenbandrekonstruktion und der Wechsel zu einer anderen Prothesenart.

Zusätzlich erlitt die Patientin eine Nervenschädigung (Plexusschädigung lumbosakral rechts). Diese wurde im Sommer 2017 behandelt. Diese komplexe Krankheitsgeschichte bildet die Grundlage für den Vorwurf einer fehlerhaften medizinischen Behandlung durch die Beklagte.

Juristischer Weg: Versicherung klagt nach Abtretung

Die geschädigte Patientin hatte bereits selbst vor dem Landgericht Gießen gegen die Klinik geklagt. Dieses Verfahren wurde durch einen Vergleich beigelegt. Nun macht die Klägerin, eine Versicherung, eigene Ansprüche geltend.

Dies geschieht im Wege der sogenannten cessio legis gemäß § 116 Sozialgesetzbuch Zehntes Buch (SGB X). Das bedeutet, dass gesetzliche Ansprüche der Patientin auf Schadensersatz auf die Versicherung übergegangen sind, soweit diese Leistungen für die Behandlung erbracht hat. Die Versicherung tritt also rechtlich an die Stelle der Patientin.

Gutachter im Fokus: Kontroverse im Gerichtssaal

Im aktuellen Verfahren vor dem Landgericht wurden verschiedene Gutachten eingebracht. Dazu zählten ein Gutachten aus dem früheren Prozess der Patientin, ein MDK-Gutachten sowie zwei von der Klägerin selbst beauftragte Privatgutachten. Das Gericht bestellte zusätzlich den Sachverständigen A zur Klärung der medizinischen Fragen.

Streitgespräch eskaliert: Harte Worte des Sachverständigen

Sachverständiger A erstellte sein Gutachten im Oktober 2023. Auf Antrag der Klägerin wurde er zu einer mündlichen Verhandlung geladen, um sein Gutachten zu erläutern und sich mit den Einwänden der Klägerin auseinanderzusetzen. Diese Einwände stützten sich wesentlich auf die abweichenden Bewertungen der Privatgutachter.

In der Verhandlung am 9. Juli 2024 entwickelte sich laut Protokoll eine „kontroverse Diskussion“. Diese mündete in ein „Streitgespräch“ zwischen dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin und dem Sachverständigen A. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung warf der Gutachter dem Anwalt vor, ihm fehle die „Fähigkeit zur Selbstkritik“.

Reaktion des Klägervertreters: Sofortiger Befangenheitsantrag

Auf diese Äußerung hin lehnte der Anwalt der Klägerin den Sachverständigen sofort wegen Besorgnis der Befangenheit ab. Das Streitgespräch setzte sich jedoch fort. Der Sachverständige äußerte daraufhin gegenüber dem Anwalt: „Jedes Wort, dass Sie sagen, ist nicht richtig“.

Die Klägerin sah darin eine Bestätigung ihrer Befürchtung. Der Gutachter verweigere sich offenbar einer sachlichen Auseinandersetzung mit den Gegenargumenten. Er habe sich damit unangemessen zulasten der Klägerin festgelegt. Die Beklagte trat diesem Befangenheitsantrag entgegen.

Die Entscheidung des Landgerichts: Experte nicht befangen

Das Landgericht wies den Befangenheitsantrag der Klägerin zurück. Es bewertete die Reaktion des Sachverständigen als „nachvollziehbar“. Das Gericht führte dies auf das „insistierende Verhalten“ des Prozessbevollmächtigten der Klägerin und die Fortsetzung des Streitgesprächs zurück. Die Äußerungen seien im Kontext der hitzigen Debatte zu sehen.

Nach Ansicht des Landgerichts begründeten die Vorkommnisse keine ausreichende Besorgnis, dass der Gutachter nicht mehr unparteiisch und objektiv urteilen könne. Gegen diese Entscheidung legte die Klägerin die sofortige Beschwerde beim OLG Frankfurt ein.

OLG Frankfurt bestätigt: Keine ausreichenden Zweifel an Unparteilichkeit

Das OLG Frankfurt schloss sich der Bewertung des Landgerichts an und wies die Beschwerde ab. Die Richter am OLG sahen ebenfalls keine Umstände, die aus Sicht einer vernünftigen Partei Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen A begründen könnten.

Rechtliche Maßstäbe: Wann gilt ein Gutachter als befangen?

Das Gericht erläuterte die maßgeblichen rechtlichen Kriterien für die Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit. Nach § 406 Absatz 1 in Verbindung mit § 42 Absatz 2 der Zivilprozessordnung (ZPO) kann ein Gutachter abgelehnt werden, wenn Gründe vorliegen, die Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit rechtfertigen.

Entscheidend ist dabei nicht, ob der Gutachter tatsächlich parteiisch ist. Es kommt auch nicht darauf an, ob das Gericht selbst Zweifel hegt. Maßgeblich ist allein, ob für die ablehnende Partei bei vernünftiger Würdigung der Anschein einer Voreingenommenheit entsteht. Auch mehrere kleine Vorfälle können in ihrer Summe eine Befangenheit begründen.

Negative Äußerungen über eine Prozesspartei oder ihren Vertreter können durchaus ein Indiz für Voreingenommenheit sein. Sie müssen aber im Gesamtkontext bewertet werden.

Bewertung des OLG: Verhalten des Gutachters im Kontext

Das OLG Frankfurt kam zu dem Schluss, dass die Äußerungen des Sachverständigen A im konkreten Fall die Schwelle zur Befangenheit nicht überschritten. Obwohl die Wortwahl im Streitgespräch scharf war, reichte sie nicht aus, um bei einer vernünftigen Partei die Sorge zu wecken, der Gutachter sei nicht mehr objektiv.

Das Gericht berücksichtigte dabei offenbar den angespannten Rahmen der mündlichen Verhandlung und die Konfrontation des Gutachters mit gegenteiligen Bewertungen. Die Äußerungen wurden als Teil einer emotionalen Auseinandersetzung gewertet, nicht als Ausdruck einer feststehenden, unsachlichen Voreingenommenheit gegen die Klägerin.

Bedeutung für Betroffene: Hohe Hürden für Gutachterablehnung

Vertrauen in Gutachten vs. Recht auf fairen Prozess

Gerichtliche Gutachten haben in Prozessen, insbesondere bei medizinischen Streitigkeiten, oft entscheidendes Gewicht. Das Vertrauen in die Neutralität und Sachkunde der Experten ist daher essenziell für einen fairen Prozess und die Akzeptanz von Urteilen.

Parteien müssen jedoch die Möglichkeit haben, einen Gutachter abzulehnen, wenn berechtigte Zweifel an seiner Objektivität bestehen. Das Recht auf Ablehnung wegen Befangenheit dient dem Schutz vor parteiischen oder voreingenommenen Entscheidungen.

Praktische Konsequenzen für Kläger und Beklagte

Die Entscheidung des OLG Frankfurt verdeutlicht, dass die Hürden für eine erfolgreiche Ablehnung eines Sachverständigen hoch sind. Unfreundlichkeit, scharfe Worte oder eine konfrontative Haltung in einer mündlichen Verhandlung reichen oft nicht aus.

Gerichte scheinen zu berücksichtigen, dass auch Gutachter unter Druck geraten können, besonders wenn ihre Expertise und Arbeit massiv in Frage gestellt werden. Eine emotionale Reaktion wird nicht automatisch als Beweis für Befangenheit gewertet.

Für Prozessparteien bedeutet dies: Ein Befangenheitsantrag muss auf konkreten Anhaltspunkten beruhen, die bei objektiver Betrachtung ernsthafte Zweifel an der Unvoreingenommenheit wecken. Bloße Unzufriedenheit mit dem Inhalt des Gutachtens oder dem Auftreten des Experten genügt in der Regel nicht. Es muss der nachvollziehbare Anschein entstehen, der Gutachter sei nicht mehr bereit oder fähig, den Fall objektiv zu bewerten.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil zeigt, dass ein Sachverständiger nicht automatisch für befangen erklärt wird, wenn er in einer hitzigen Diskussion emotional reagiert oder abwertende Äußerungen gegenüber einem Prozessbevollmächtigten macht, solange diese im sachlichen Kontext der medizinischen Auseinandersetzung bleiben. Für eine erfolgreiche Befangenheitsablehnung müssen aus Sicht einer vernünftigen Partei konkrete Zweifel an der Unparteilichkeit bestehen, wobei der Gesamtkontext der Äußerungen berücksichtigt werden muss. Bei der Beurteilung von Befangenheitsanträgen prüft das Gericht, ob die Reaktion des Sachverständigen angesichts der Umstände nachvollziehbar war, und nicht, ob sie idealtypisch ausfiel.


Hinweise und Tipps

Praxistipps für Patienten im Arzthaftungsprozess zum Umgang mit medizinischen Gutachtern und Befangenheitsanträgen

Wenn Sie wegen eines vermuteten Behandlungsfehlers vor Gericht ziehen, wird oft ein medizinischer Gutachter bestellt. Dieser Sachverständige soll dem Gericht helfen, die medizinischen Fragen zu klären. Es ist entscheidend, dass dieser Gutachter unparteiisch ist, doch die Hürden, seine Befangenheit nachzuweisen, sind hoch.

Hinweis: Diese Praxistipps stellen keine Rechtsberatung dar und ersetzen nicht die individuelle juristische Beratung. Jeder Fall ist anders und kann besondere Umstände aufweisen, die einer speziellen Einschätzung bedürfen.

Tipp 1: Verstehen Sie die Rolle des Gutachters

Ein vom Gericht bestellter medizinischer Gutachter ist neutraler Helfer des Gerichts. Seine Aufgabe ist es, Fachfragen objektiv zu beantworten (z.B. ob ein Behandlungsfehler vorliegt oder welcher Schaden daraus entstanden ist). Das Gutachten hat oft großes Gewicht für die Entscheidung des Gerichts.


Tipp 2: Kennen Sie Ihr Recht auf Ablehnung wegen Befangenheit

Wenn Sie konkrete Gründe haben, die Zweifel an der Unparteilichkeit des Gutachters wecken, können Sie einen Befangenheitsantrag stellen (§ 406 ZPO). Ziel ist es, den Gutachter vom Verfahren auszuschließen. Reine Unzufriedenheit mit dem (erwarteten) Ergebnis des Gutachtens reicht jedoch nicht aus.

⚠️ ACHTUNG: Die Gerichte legen strenge Maßstäbe an. Sie müssen Tatsachen vortragen, die aus Sicht einer vernünftigen Partei die Sorge begründen, der Gutachter sei nicht neutral (z.B. enge Beziehung zur Gegenseite, unsachliche Äußerungen).


Tipp 3: Handeln Sie bei Befangenheitsverdacht unverzüglich

Sobald Sie von einem Grund erfahren, der die Befangenheit des Gutachters begründen könnte, müssen Sie diesen unverzüglich, d.h. ohne schuldhaftes Zögern, bei Gericht geltend machen. Besprechen Sie jeden Verdacht sofort mit Ihrem Anwalt, um keine Fristen zu versäumen.


Tipp 4: Sammeln Sie konkrete Anhaltspunkte

Ein erfolgreicher Befangenheitsantrag benötigt handfeste Beweise. Vage Vermutungen genügen nicht. Dokumentieren Sie genau, welche Umstände Sie zur Annahme der Befangenheit führen und besprechen Sie diese mit Ihrem Anwalt zur rechtlichen Bewertung.

Beispiele für mögliche Befangenheitsgründe (müssen im Einzelfall geprüft werden):

  • Der Gutachter steht in einer engen wirtschaftlichen oder persönlichen Beziehung zur beklagten Klinik oder zum Arzt.
  • Der Gutachter hat sich bereits vorab öffentlich oder Ihnen gegenüber unsachlich oder feindselig geäußert.
  • Der Gutachter wendet bei der Begutachtung offensichtlich falsche Maßstäbe an oder ignoriert wichtige Fakten systematisch.

⚠️ ACHTUNG: Kritik an der Methodik oder den Schlussfolgerungen des Gutachters allein begründet in der Regel noch keine Befangenheit. Solche Punkte sind im Rahmen der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem Gutachten vorzubringen.


Weitere Fallstricke oder Besonderheiten?

Auch wenn Ihre Krankenkasse den Prozess für Sie führt (weil Ihre Ansprüche auf die Kasse übergegangen sind, § 116 SGB X), gelten die gleichen Regeln für Befangenheitsanträge. Die hohen Hürden bleiben bestehen. Die Ablehnung eines Gutachters ist ein scharfes Schwert, das gut überlegt und fundiert eingesetzt werden muss, da ein erfolgloser Antrag das Verfahren verzögern und Misstrauen beim Gericht wecken kann.

Checkliste: Zweifel an der Unparteilichkeit des Gutachters?

  • Gibt es persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen des Gutachters zur Gegenseite (Arzt, Klinik)?
  • Hat sich der Gutachter im Vorfeld oder während der Begutachtung unsachlich, voreingenommen oder feindselig geäußert?
  • Gibt es Anzeichen dafür, dass der Gutachter systematisch Fakten ignoriert oder falsche Maßstäbe anlegt?
  • Haben Sie alle konkreten Anhaltspunkte und Tatsachen dokumentiert?
  • Haben Sie den Verdacht unverzüglich Ihrem Anwalt mitgeteilt?

Benötigen Sie Hilfe?

H3: Zweifel an der Unparteilichkeit eines Gutachters?

Der vorliegende Fall zeigt, wie komplex die Auseinandersetzung mit Gutachten und Sachverständigen im Rahmen eines Rechtsstreits sein kann. Wenn Sie sich in einer ähnlichen Situation befinden und Bedenken hinsichtlich der Objektivität eines Gutachters haben, ist es entscheidend, Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu kennen.

Wir bieten Ihnen eine fundierte juristische Einschätzung Ihrer Situation. Wir analysieren die relevanten Fakten und rechtlichen Grundlagen, um Ihnen eine klare Perspektive auf Ihre Erfolgsaussichten zu geben. Kontaktieren Sie uns, um Ihre individuelle Situation zu besprechen und eine erste Bewertung zu erhalten.

Ersteinschätzung anfragen

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet Befangenheit eines Sachverständigen im medizinischen Bereich?

Ein medizinischer Sachverständiger soll dem Gericht oder einer Behörde helfen, medizinische Fragen zu klären, weil dort das spezielle Fachwissen fehlt. Dabei muss der Sachverständige absolut neutral und objektiv sein.

Befangenheit bedeutet, dass es berechtigte Zweifel an dieser Neutralität und Objektivität gibt. Es geht darum, ob aus Sicht einer vernünftigen, am Verfahren beteiligten Person Misstrauen aufkommen kann, dass der Sachverständige nicht unparteiisch ist.

Was genau ist Befangenheit?

Stellen Sie sich vor, der Sachverständige soll eine ähnliche Rolle wie ein Schiedsrichter in einem Spiel einnehmen: Er muss unparteiisch sein und darf keine Seite bevorzugen. Befangenheit liegt vor, wenn es konkrete Gründe gibt, die Sorge wecken, dass der Sachverständige voreingenommen sein könnte.

Diese Gründe müssen nicht beweisen, dass der Sachverständige tatsächlich parteiisch ist. Es reicht schon aus, wenn Umstände vorliegen, die den Anschein erwecken, er könnte einer Seite näherstehen als der anderen oder eine vorgefasste Meinung haben. Das Gesetz schützt hier bereits den bösen Schein.

Der entscheidende Unterschied: Tatsächliche Voreingenommenheit vs. begründeter Anschein

  • Tatsächliche Voreingenommenheit: Hier ist der Sachverständige wirklich nicht neutral, zum Beispiel weil er eng mit einer beteiligten Person befreundet oder verfeindet ist, ein eigenes finanzielles Interesse am Ausgang hat oder die Sache bereits entschieden hat, bevor er alle Fakten kennt. Dies ist oft schwer nachzuweisen.
  • Besorgnis der Befangenheit (Anschein): Viel häufiger und wichtiger ist dieser Punkt. Hier geht es um Umstände, die objektiv betrachtet Misstrauen rechtfertigen. Es genügt, wenn eine vernünftige Person an Ihrer Stelle denken könnte: „Moment mal, kann dieser Gutachter wirklich unparteiisch sein?“. Beispiele hierfür könnten sein:
    • Der Sachverständige hat eine enge berufliche oder persönliche Beziehung zu einer der Parteien (z.B. Arzt im selben Krankenhaus, früherer Arbeitgeber).
    • Er hat sich in der Vergangenheit öffentlich abfällig über bestimmte Krankheitsbilder oder Patientengruppen geäußert, um die es nun geht.
    • Er hat in vergleichbaren Fällen immer wieder gleichlautende, sehr einseitige Gutachten erstellt.
    • Er ist mit einer Partei verwandt oder verschwägert.

Es genügt also bereits der begründete Anschein der Parteilichkeit, um von Befangenheit zu sprechen.

Warum ist das wichtig für Sie?

Medizinische Gutachten haben oft enormes Gewicht in Gerichtsverfahren oder bei Entscheidungen von Behörden (z.B. bei Fragen zur Arbeitsfähigkeit, zu Unfallfolgen oder Behandlungsfehlern). Die Entscheidung kann maßgeblich vom Ergebnis des Gutachtens abhängen.

Ein faires Verfahren setzt voraus, dass die Grundlage dieser Entscheidung – das Gutachten – von einer neutralen Person erstellt wird. Nur wenn Sie verstehen, was Befangenheit bedeutet (insbesondere der ausreichende Anschein), können Sie auf mögliche Anzeichen achten. Das Erkennen solcher Umstände ist wichtig, damit die Frage der Neutralität des Sachverständigen im Verfahren überhaupt zur Sprache kommen kann. Das Gesetz sieht Mechanismen vor, um sicherzustellen, dass nur unparteiische Sachverständige tätig werden.


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Wann kann ich einen medizinischen Sachverständigen im Gerichtsverfahren ablehnen?

Sie können einen vom Gericht bestellten medizinischen Sachverständigen ablehnen, wenn begründete Zweifel an seiner Unparteilichkeit bestehen. Man spricht hier von der Besorgnis der Befangenheit. Es reicht jedoch nicht aus, wenn Sie lediglich mit dem erwarteten oder bereits vorliegenden Gutachtenergebnis unzufrieden sind oder Ihnen der Sachverständige unsympathisch ist.

Was bedeutet „Befangenheit“?

Befangenheit liegt vor, wenn es objektive Gründe gibt, die aus Sicht einer vernünftigen Prozesspartei Misstrauen gegen die Unvoreingenommenheit des Sachverständigen rechtfertigen können. Das bedeutet, es muss ein nachvollziehbarer Anlass bestehen, der befürchten lässt, der Sachverständige könnte sich bei seiner Begutachtung von unsachlichen Motiven leiten lassen. Die Hürden für eine erfolgreiche Ablehnung sind bewusst hoch, da das Gericht grundsätzlich auf die Neutralität der von ihm ausgewählten Sachverständigen vertraut.

Beispiele für Ablehnungsgründe

Gründe, die eine Befangenheit begründen können, sind vielfältig. Hier einige Beispiele:

  • Persönliche oder enge geschäftliche Beziehungen: Der Sachverständige ist mit einer Partei (also Ihnen oder der Gegenseite) oder deren Anwalt befreundet, verwandt oder verschwägert. Auch eine enge geschäftliche Verbindung, zum Beispiel zum behandelnden Arzt oder dem Krankenhaus, um dessen Behandlung es geht, kann ein Grund sein.
  • Frühere Gutachten: Der Sachverständige hat in der Vergangenheit bereits Gutachten mit einer sehr ähnlichen Fragestellung für eine der Parteien erstellt, insbesondere wenn dies wiederholt geschah und Zweifel an einer neutralen Haltung aufkommen lässt.
  • Wirtschaftliches Interesse: Der Sachverständige hat ein eigenes wirtschaftliches Interesse am Ausgang des Verfahrens.
  • Feindseliges oder unsachliches Verhalten: Der Sachverständige hat sich Ihnen gegenüber im Vorfeld oder während der Untersuchung feindselig, herablassend oder offensichtlich unsachlich geäußert.
  • Voreingenommenheit: Der Sachverständige äußert sich bereits vor Abschluss seiner Untersuchung oder Kenntnis aller relevanten Fakten klar festgelegt oder voreingenommen zum Ergebnis.

Wichtig ist: Die Ablehnung muss immer gut begründet werden. Sie müssen die Tatsachen, die das Misstrauen rechtfertigen sollen, konkret benennen und am besten auch belegen oder zumindest glaubhaft machen können.

Wie läuft eine Ablehnung ab?

Wenn Sie Gründe sehen, die für eine Befangenheit sprechen, müssen Sie dies dem Gericht unverzüglich mitteilen, sobald Sie von dem Grund erfahren haben. Dies geschieht durch einen sogenannten Ablehnungsantrag. In diesem Antrag müssen Sie die Gründe für Ihre Besorgnis der Befangenheit detailliert darlegen und glaubhaft machen. Das Gericht prüft dann Ihren Antrag und entscheidet, ob die Ablehnung berechtigt ist. Wird der Sachverständige erfolgreich abgelehnt, muss das Gericht einen neuen, unparteiischen Sachverständigen bestellen.


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Was passiert, wenn ein Sachverständiger tatsächlich befangen ist?

Wenn ein Gericht feststellt, dass ein Sachverständiger befangen ist, hat das wesentliche Konsequenzen für das laufende Verfahren und möglicherweise auch für den Sachverständigen selbst.

Auswirkungen auf das Gerichtsverfahren

Das Kernproblem bei Befangenheit ist die fehlende Neutralität. Ein Gutachten muss objektiv und unparteiisch sein. Ist der Sachverständige befangen, wird an seiner Objektivität gezweifelt.

  • Unverwertbarkeit des Gutachtens: Das wichtigste Ergebnis ist: Das Gutachten des befangenen Sachverständigen darf vom Gericht nicht mehr verwendet werden. Es kann also keine Grundlage für die gerichtliche Entscheidung sein. Stellen Sie sich vor, ein Schiedsrichter beim Fußball pfeift parteiisch – seine Entscheidungen wären dann auch nicht fair und gültig. Ähnlich ist es hier: Das „parteiische“ Gutachten ist wertlos für das Gericht.
  • Bestellung eines neuen Sachverständigen: Da das Gericht in der Regel auf sachverständige Hilfe angewiesen ist (besonders bei komplexen medizinischen Fragen), muss es normalerweise einen neuen, unbefangenen Sachverständigen beauftragen.
  • Erhebliche Verzögerungen: Dieser Vorgang kostet Zeit. Die Suche nach einem neuen geeigneten Experten, dessen Einarbeitung in den Fall, die eventuell notwendige erneute Untersuchung oder Begutachtung und die Erstellung des neuen Gutachtens können das Verfahren erheblich verzögern. Für die Beteiligten bedeutet dies oft eine Verlängerung der Ungewissheit und des gesamten Prozesses um Monate oder sogar länger.

Mögliche Folgen für den Sachverständigen

Die Feststellung der Befangenheit kann auch persönliche und berufliche Konsequenzen für den Sachverständigen selbst nach sich ziehen.

  • Reputationsschaden: Sein Ruf als unabhängiger und neutraler Experte kann beschädigt werden.
  • Berufsrechtliche Konsequenzen: Je nach den Umständen und den Regeln der Organisation, die ihn als Sachverständigen führt (z.B. eine Ärztekammer bei medizinischen Gutachtern oder eine Industrie- und Handelskammer), können berufsrechtliche Schritte gegen ihn eingeleitet werden.
  • Verlust der Zulassung/Bestellung: Im schwerwiegendsten Fall kann die festgestellte Befangenheit dazu führen, dass der Sachverständige seine öffentliche Bestellung und Vereidigung verliert oder seine Zulassung für Gutachtertätigkeiten entzogen wird.

Die Feststellung einer Befangenheit ist also ein ernster Vorgang mit weitreichenden Folgen für den Ablauf und die Dauer des Gerichtsverfahrens sowie für den betroffenen Sachverständigen.


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Wie kann ich als Laie Anzeichen für eine mögliche Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen erkennen?

Als Laie können Sie auf bestimmte Anzeichen achten, die auf eine mögliche Befangenheit eines medizinischen Sachverständigen hindeuten könnten. Befangenheit bedeutet, dass es begründete Zweifel an der Unparteilichkeit des Sachverständigen gibt. Es geht also nicht darum, ob Ihnen das Ergebnis gefällt, sondern ob der Sachverständige möglicherweise nicht neutral ist.

Hier sind einige Punkte, auf die Sie achten können:

Anzeichen im Gutachten selbst

  • Auffällige Formulierungen: Achten Sie auf eine Sprache, die unsachlich, polemisch oder einseitig wertend wirkt. Beispielsweise könnten bestimmte Beschwerden ohne nachvollziehbare Begründung als unglaubwürdig dargestellt oder Argumente einer Seite übermäßig negativ bewertet werden.
  • Einseitige Darstellung: Prüfen Sie, ob der Sachverständige alle wichtigen medizinischen Befunde und Argumente beider Seiten berücksichtigt hat. Das gezielte Ignorieren relevanter Fakten, die einer bestimmten Seite widersprechen, oder die übermäßige Betonung von Aspekten, die eine Seite stützen, können Hinweise sein.
  • Widersprüche und fehlende Begründung: Wenn das Gutachten in sich widersprüchlich ist oder wenn Schlussfolgerungen gezogen werden, die nicht nachvollziehbar auf den erhobenen Befunden oder anerkannten medizinischen Standards basieren, kann dies Fragen aufwerfen.

Anzeichen außerhalb des Gutachtens

  • Persönliche oder wirtschaftliche Beziehungen: Gibt es Verbindungen zwischen dem Sachverständigen und einer der Parteien (oder deren Anwälten)? Das können Freundschaften, Feindschaften, Verwandtschaftsverhältnisse, aber auch frühere oder aktuelle Geschäftsbeziehungen sein (z.B. häufige Beauftragung durch eine bestimmte Versicherung oder Organisation).
  • Frühere Äußerungen oder Tätigkeiten: Hat sich der Sachverständige vielleicht schon öffentlich oder in früheren Gutachten in einer Weise geäußert, die auf eine feste Voreingenommenheit in Bezug auf bestimmte medizinische Fragen oder bestimmte Personengruppen schließen lässt?
  • Interessenkonflikte: Übt der Sachverständige Nebentätigkeiten aus oder hat er Verbindungen (z.B. zu Pharmaunternehmen, Versicherungen, Berufsgenossenschaften), die im konkreten Fall zu einem Interessenkonflikt führen könnten?

Was Sie selbst tun können: Recherche

Eine Internetrecherche nach dem Namen des Sachverständigen kann manchmal hilfreich sein. Sie können Informationen über dessen beruflichen Werdegang, Veröffentlichungen, Mitgliedschaften in Organisationen oder eventuelle frühere Tätigkeiten finden, die auf mögliche Verbindungen oder Interessenkonflikte hindeuten.

Wichtige Abgrenzung: Abweichendes Ergebnis allein reicht nicht

Es ist sehr wichtig zu verstehen: Ein Gutachtenergebnis, das von Ihrer eigenen Einschätzung, Ihren Wünschen oder sogar von anderen ärztlichen Meinungen oder Gutachten abweicht, ist für sich genommen noch kein Grund für Befangenheit. Sachverständige können aus medizinischer Sicht zu unterschiedlichen Bewertungen kommen. Für die Annahme von Befangenheit braucht es konkrete Tatsachen, die das Misstrauen in die Unparteilichkeit des Sachverständigen objektiv rechtfertigen. Ein reines Gefühl oder eine Vermutung reicht nicht aus.


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Welche Rolle spielen Privatgutachten im Zusammenhang mit der Befangenheit eines gerichtlich bestellten Sachverständigen?

Ein Privatgutachten ist ein Gutachten, das Sie selbst oder eine andere Partei in einem Gerichtsverfahren beauftragen – im Gegensatz zum Gutachten, das direkt vom Gericht in Auftrag gegeben wird. Im Zusammenhang mit der Frage, ob ein gerichtlich bestellter Sachverständiger befangen (also nicht neutral) ist, kann ein solches Privatgutachten eine wichtige Rolle spielen.

Zweifel an der Neutralität aufzeigen

Ein Privatgutachten kann dazu dienen, Zweifel an der Unparteilichkeit oder der fachlichen Richtigkeit des gerichtlich bestellten Gutachtens zu wecken. Stellt Ihr privat beauftragter Experte beispielsweise fest, dass der gerichtliche Sachverständige:

  • Wichtige medizinische Befunde übersehen hat,
  • Unübliche oder veraltete Untersuchungsmethoden angewendet hat,
  • Zu widersprüchlichen oder unlogischen Schlussfolgerungen gelangt ist,

können diese Punkte dem Gericht vorgetragen werden. Das Privatgutachten liefert hierfür die Argumente und zeigt mögliche Schwachstellen im gerichtlichen Gutachten auf. Es dient also als qualifizierter Einwand gegen das gerichtliche Gutachten.

Was bedeutet „Befangenheit“ rechtlich?

Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger muss neutral und unparteiisch sein. Befangenheit liegt vor, wenn es berechtigte Gründe gibt, an dieser Neutralität zu zweifeln. Es muss also aus Sicht einer vernünftigen Prozesspartei die Sorge bestehen, dass der Sachverständige nicht objektiv urteilt. Dies kann zum Beispiel der Fall sein, wenn er persönliche Beziehungen zu einer Partei hat, sich voreingenommen äußert oder eben gravierende fachliche Fehler macht, die auf eine unsachliche Haltung schließen lassen.

Privatgutachten allein beweist noch keine Befangenheit

Wichtig ist jedoch: Ein Privatgutachten, das zu einem anderen Ergebnis kommt als das Gerichtsgutachten, begründet nicht automatisch die Befangenheit des gerichtlichen Sachverständigen. Unterschiedliche fachliche Meinungen sind möglich.

Ein Privatgutachten ist im Prozess rechtlich gesehen ein „Parteivortrag“, also eine von einer Partei vorgebrachte Argumentation. Es hat nicht denselben Stellenwert wie das vom Gericht eingeholte Gutachten.

Das Gericht muss aber die Einwände, die durch das Privatgutachten untermauert werden, prüfen. Wenn das Privatgutachten gravierende Mängel oder Widersprüche im gerichtlichen Gutachten aufzeigt, kann dies ein starkes Indiz für eine mögliche Befangenheit sein oder zumindest dazu führen, dass das Gericht den gerichtlichen Sachverständigen um eine ergänzende Stellungnahme bittet oder sogar ein neues Gutachten (Obergutachten) in Auftrag gibt. Entscheidend ist, ob die im Privatgutachten dargelegten Kritikpunkte nachvollziehbar und schwerwiegend genug sind, um die Besorgnis der Befangenheit zu rechtfertigen oder erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Gerichtsgutachtens zu säen.


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⚖️ DISCLAIMER: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Sofortige Beschwerde

Dies ist ein spezielles Rechtsmittel, mit dem eine Partei eine schnelle Überprüfung bestimmter gerichtlicher Entscheidungen verlangen kann, die keine Urteile sind. Es gibt kurze Fristen für die Einlegung, oft nur eine oder zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung. Die sofortige Beschwerde kommt nur in gesetzlich vorgesehenen Fällen zur Anwendung, wie hier gegen die Ablehnung eines Antrags, einen Sachverständigen wegen Befangenheit abzulehnen. Geregelt ist sie hauptsächlich in der Zivilprozessordnung (ZPO), insbesondere in § 567 ff. ZPO. Ziel ist eine zügige Korrektur möglicherweise fehlerhafter prozessleitender Beschlüsse.

Beispiel: Lehnt das Landgericht den Antrag einer Partei ab, einen als parteiisch empfundenen Gutachter auszutauschen, kann diese Partei innerhalb von zwei Wochen sofortige Beschwerde beim nächsthöheren Gericht (hier das Oberlandesgericht) einlegen, um diese Entscheidung überprüfen zu lassen.


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Sachverständiger

Ein Sachverständiger, oft auch Gutachter genannt, ist eine Person mit besonderer Fachkenntnis auf einem bestimmten Gebiet (z.B. Medizin, Bauwesen, Finanzen). Gerichte ziehen Sachverständige hinzu, wenn sie selbst nicht über das notwendige Fachwissen verfügen, um bestimmte Tatsachen oder Zusammenhänge beurteilen zu können. Der Sachverständige soll dem Gericht objektiv und unparteiisch helfen, den Sachverhalt aufzuklären oder Beweise zu würdigen. Seine Rolle ist in der Zivilprozessordnung (§§ 402 ff. ZPO) geregelt. Er ist ein Beweismittel und unterstützt das Gericht bei der Entscheidungsfindung.

Beispiel: In einem Arzthaftungsprozess beauftragt das Gericht einen erfahrenen Chirurgen als medizinischen Sachverständigen. Dieser soll prüfen, ob die durchgeführte Operation dem fachärztlichen Standard entsprach oder ob ein Behandlungsfehler vorlag.


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Besorgnis der Befangenheit

Dies bezeichnet den begründeten Zweifel an der Unparteilichkeit oder Neutralität einer Person, die in einem Gerichtsverfahren eine wichtige Rolle spielt, wie z.B. eines Richters oder eines Sachverständigen. Es genügt bereits der objektive Anschein der Parteilichkeit aus Sicht einer vernünftigen Prozesspartei; es muss nicht bewiesen werden, dass die Person tatsächlich parteiisch ist. Gründe können z.B. persönliche Beziehungen zu einer Partei, unsachliche Äußerungen oder wirtschaftliche Interessen sein. Rechtsgrundlage ist z.B. § 42 ZPO für Richter und § 406 ZPO für Sachverständige. Wird dem Antrag stattgegeben, wird die betreffende Person von dem Fall ausgeschlossen.

Beispiel: Ein medizinischer Gutachter äußert sich während einer Befragung unsachlich und herablassend über den Anwalt einer Partei. Die Partei könnte daraufhin einen Antrag stellen, den Gutachter wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen, da seine Neutralität nun fragwürdig erscheint.


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Übergegangene Schadensersatzansprüche (§ 116 SGB X)

Wenn eine Person durch das Verschulden eines Dritten geschädigt wird (z.B. bei einem Behandlungsfehler oder Unfall) und deswegen Leistungen von einem Sozialleistungsträger (wie Krankenkasse, Rentenversicherung, Berufsgenossenschaft) erhält, gehen die Schadensersatzansprüche des Geschädigten gegen den Schädiger kraft Gesetzes auf den Sozialleistungsträger über. Dies nennt man Legalzession. Geregelt ist dies in § 116 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X). Der Sozialleistungsträger kann dann diese Ansprüche selbst beim Schädiger geltend machen, um die von ihm erbrachten Leistungen (z.B. Krankheitskosten, Rentenzahlungen) erstattet zu bekommen.

Beispiel: Eine Patientin erleidet durch einen ärztlichen Behandlungsfehler einen Dauerschaden. Ihre Krankenkasse bezahlt die umfangreichen Heilbehandlungskosten. Nach § 116 SGB X geht der Anspruch der Patientin auf Erstattung dieser Kosten gegen den Arzt bzw. dessen Versicherung auf die Krankenkasse über. Die Krankenkasse kann dann den Arzt verklagen.


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Behandlungsfehler

Ein Behandlungsfehler, umgangssprachlich oft auch Kunstfehler genannt, liegt vor, wenn ein Arzt oder ein anderer medizinischer Behandler bei der Behandlung eines Patienten gegen die anerkannten Regeln der medizinischen Wissenschaft und ärztlichen Kunst verstößt. Dies kann durch ein falsches Tun (z.B. falsche Diagnose, fehlerhafte Operation, falsches Medikament) oder durch ein Unterlassen (z.B. unterlassene notwendige Untersuchung, mangelnde Aufklärung) geschehen. Führt dieser Fehler zu einem Schaden beim Patienten (Gesundheitsschaden, wirtschaftlicher Schaden), kann der Patient Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern. Die rechtlichen Grundlagen finden sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB), insbesondere in den §§ 630a ff. BGB (Behandlungsvertrag) und § 823 BGB (Unerlaubte Handlung).

Beispiel: Ein Chirurg operiert das linke Knie eines Patienten, obwohl das rechte Knie hätte operiert werden müssen. Dies stellt einen groben Behandlungsfehler dar, der zu Schadensersatzansprüchen führt.


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Vergleich

Ein Vergleich ist eine vertragliche Einigung zwischen den Parteien eines Rechtsstreits, durch die der Streit oder die Ungewissheit über ein Rechtsverhältnis durch gegenseitiges Nachgeben beigelegt wird. Ziel ist es, das Gerichtsverfahren einvernehmlich zu beenden, ohne dass ein Urteil gesprochen werden muss. Ein gerichtlicher Vergleich, der vor Gericht geschlossen und protokolliert wird, beendet den Prozess und ist ein vollstreckbarer Titel, genau wie ein Urteil. Geregelt ist der Vergleich in § 779 BGB (materiell-rechtlich) und § 278 Abs. 6 ZPO (prozessual).

Beispiel: In einem Streit um Schadensersatz einigen sich Kläger und Beklagter vor Gericht darauf, dass der Beklagte die Hälfte der geforderten Summe zahlt und der Kläger im Gegenzug auf alle weiteren Ansprüche verzichtet. Dieser Kompromiss wird als Vergleich protokolliert und beendet den Rechtsstreit.


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Prozessbevollmächtigter

Ein Prozessbevollmächtigter ist eine Person, die eine Partei rechtsgeschäftlich in einem Gerichtsverfahren vertritt. In den meisten Fällen ist dies ein Rechtsanwalt. Er handelt im Namen und im Auftrag der Partei (Kläger oder Beklagter), gibt Erklärungen ab, stellt Anträge und nimmt an Verhandlungen teil. Die Vollmacht, also die Berechtigung zur Vertretung, muss dem Gericht nachgewiesen werden. Die Regelungen zur Prozessvollmacht finden sich in der Zivilprozessordnung (§§ 80 ff. ZPO). In bestimmten Verfahren (z.B. vor Landgerichten und höheren Instanzen) besteht Anwaltszwang, d.h., Parteien müssen sich durch einen Anwalt vertreten lassen.

Beispiel: Die Versicherung (Klägerin im Text) beauftragt eine Anwaltskanzlei, ihre Interessen im Prozess gegen die Klinik (Beklagte) wahrzunehmen. Der zuständige Rechtsanwalt ist dann der Prozessbevollmächtigte der Versicherung.


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Vorinstanz

Die Vorinstanz ist das Gericht, das in einem Rechtsstreit eine Entscheidung getroffen hat, bevor der Fall an ein höheres Gericht zur Überprüfung weitergeleitet wurde. Wenn eine Partei mit der Entscheidung eines Gerichts nicht einverstanden ist, kann sie unter bestimmten Voraussetzungen ein Rechtsmittel (wie Berufung, Revision oder Beschwerde) einlegen. Der Fall geht dann an die nächsthöhere Instanz, während das Gericht, das die ursprüngliche Entscheidung getroffen hat, zur Vorinstanz wird. Der Instanzenzug ist in den jeweiligen Prozessordnungen (z.B. ZPO, VwGO) geregelt.

Beispiel: Das Landgericht weist den Antrag auf Ablehnung eines Sachverständigen zurück. Die Partei legt dagegen Beschwerde beim Oberlandesgericht ein. In diesem Beschwerdeverfahren ist das Landgericht die Vorinstanz und das Oberlandesgericht die entscheidende Instanz.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 406 Abs. 1 ZPO i.V.m. § 42 Abs. 2 ZPO (Ablehnung eines Sachverständigen wegen Befangenheit): Ein Sachverständiger kann abgelehnt werden, wenn ein Grund vorliegt, der Misstrauen gegen seine Unparteilichkeit rechtfertigt. Es kommt nicht darauf an, ob der Sachverständige tatsächlich befangen ist, sondern ob aus Sicht einer vernünftigen Partei genügend objektive Gründe für die Besorgnis der Befangenheit bestehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin versuchte, den Sachverständigen A wegen Befangenheit abzulehnen, da sie seine Reaktion im Rahmen der mündlichen Verhandlung als Anzeichen mangelnder Unparteilichkeit wertete. Das Gericht wies die Ablehnung zurück, weil es keine hinreichenden Gründe für eine Besorgnis der Befangenheit sah.
  • § 407 Abs. 1 ZPO (Auswahl und Bestellung von Sachverständigen): Das Gericht wählt den Sachverständigen aus und beauftragt diesen mit der Erstellung eines Gutachtens zu streitigen Fragen. Die Auswahl soll sorgfältig erfolgen, um einen geeigneten und unparteiischen Experten für die jeweilige Fragestellung zu finden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht hatte gemäß Beweisbeschluss den Sachverständigen A bestellt, um ein Gutachten im vorliegenden Rechtsstreit zu erstellen. Die spätere Ablehnung wegen Befangenheit zielt auf die Unparteilichkeit dieses vom Gericht ausgewählten Sachverständigen ab.
  • § 116 SGB X (Gesetzlicher Forderungsübergang): Hat ein Sozialleistungsträger aufgrund eines Schadensereignisses Leistungen erbracht, gehen Schadensersatzansprüche des Geschädigten bis zur Höhe der erbrachten Leistungen auf den Sozialleistungsträger über. Dies ermöglicht es dem Sozialleistungsträger, die entstandenen Kosten von dem Schädiger zurückzufordern. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klägerin, eine Krankenkasse, macht aufgrund des gesetzlichen Forderungsübergangs nach § 116 SGB X Schadensersatzansprüche gegen die Beklagte geltend. Sie verfolgt somit die Ansprüche ihrer Versicherungsnehmerin, der Patientin, wegen der Behandlungskosten.

Das vorliegende Urteil


OLG Frankfurt – Az.: 17 W 24/24 – Beschluss vom 06.03.2025


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