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Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse bei Herzkatheteruntersuchung

OLG Köln – Az.: I-5 U 25/18 – Urteil vom 09.01.2019

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Bonn vom 24.1.2018 – 9 O 186/16 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Parteien streiten über Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse der Beklagten im Rahmen einer Herzkatheter-Untersuchung.

Die Klägerin stellte im Frühjahr 2014 fest, dass sie sich nach sportlichen Betätigungen nicht wohl fühlte. Deswegen suchte sie zunächst ihren Hausarzt auf, der ein Belastungs-EKG durchführte und sie zu einem Kardiologen verwies. Der Kardiologe fertigte ein weiteres Belastungs-EKG und ein Echokardiogramm an und empfahl ihr die Abklärung durch eine Herzkatheter-Untersuchung bei der Beklagten zu 1). Die Überweisung sah eine invasive Diagnostik zum Ausschluss einer stenosierenden koronaren Herzkrankheit bei progredienter Angina-Pectoris und Belastungsdyspnoe der CCS-Klasse III sowie von ergonomisch induzierten ventrikulären Arrythmien vor.

Behandlungsfehler und Aufklärungsversäumnisse bei Herzkatheteruntersuchung
(Symbolfoto: MAD.vertise/Shutterstock.com)

Die Klägerin begab sich daraufhin am 02.07.2014 in das Krankenhaus der Beklagten zu 1 und führte mit der Beklagten zu 2 ein Beratungsgespräch über den geplanten Eingriff. In diesem Rahmen fand auch eine Aufklärung statt, deren Inhalt umstritten ist. Unstreitig unterzeichnete die Klägerin an diesem Tage einen Diomed- Aufklärungsbogen, in welchem u.a. auf das Risiko einer Verletzung einer Herzkranzarterie mit nachfolgendem Herzinfarkt und notfallmäßiger Bypass-Operation hingewiesen wurde und handschriftliche Eintragungen sich unter anderem auf eine mögliche Perforation, Nachoperationen, Herzrhythmusstörungen oder den Tod fanden.

Am Freitag, dem 04.07.2014, fand die Herzkatheter-Untersuchung statt. Diese wurde unstreitig durch die Beklagte zu 2 in eigener Verantwortung durchgeführt. Die Beklagte zu 2 befand sich seinerzeit in der Facharztausbildung, welche sie im Januar 2010 begonnen hatte. Ob der zuständige Oberarzt und Facharzt für Kardiologie, der Zeuge Dr. A, sich in einem abgetrennten Bereich des Katheterraums (dem sog. Monitorraum) aufhielt oder nur als allgemeiner Hintergrund im Krankenhausbereich, ist zwischen den Parteien streitig. Während der Untersuchung kam es zu einer Dissektion eines Herzkranzgefäßes. Daraufhin kam der Zeuge Dr. A hinzu und versuchte, den Riss mit einem Stent zu verschließen. Nachdem ihm dies nicht gelang und sich der Riss erweiterte, wurde die Klägerin notfallmäßig in die Herzchirurgie des Universitätsklinikums B verlegt, wo sie notoperiert wurde. Dabei wurden aus ihrem linken Bein Venen entnommen und als Bypässe im Brustbereich eingesetzt. In der Folgezeit schloss sich eine Rehabilitationsbehandlung an.

Die Klägerin hat behauptet, die Herzkatheter-Untersuchung sei nicht notwendig gewesen. Für die Operation habe sie sich nur deswegen entschieden, weil die Beklagte zu 2 ihr gegenüber den Eingriff als Routine-Eingriff dargestellt habe. Risiken hätten in dem Gespräch keine Rolle gespielt, insbesondere sei keine mündliche Aufklärung über die mögliche Verletzung einer Herzkranz-Arterie mit Herzinfarktrisiko erfolgt. Vielmehr habe die Beklagte zu 2 nur den Ablauf der Operation besprochen und habe dabei gesagt, der Klägerin werde nichts passieren, weil sie jung, schlank und sportlich sei. Die Klägerin hat behauptet, bei ordnungsgemäßer Aufklärung hätte sie sich nicht für den Eingriff entschieden. Darüber hinaus sei sie auch nicht über die Möglichkeit aufgeklärt worden, dass eine nichtinvasive CT-Untersuchung in Betracht komme.

Die Klägerin hat weiter die Fehlerhaftigkeit der Untersuchung behauptet. Dies sei schon deshalb der Fall, weil sie von einer Berufsanfängerin ohne Facharztausbildung durchgeführt worden sei. Die Beklagte zu 2 habe bei weitem nicht die nach der Weiterbildungsordnung geforderte Zahl an Eingriffen durchgeführt. Es sei nicht zulässig gewesen, ihr die selbständige Führung des Eingriffs zu überlassen, zumal eine ordnungsgemäße Überwachung nicht stattgefunden habe. Der Zeuge A habe sich keineswegs im Monitorraum befunden, sondern habe erst herbeigerufen werden müssen, was eine erhebliche Wartezeit mit sich gebracht habe. Ein fertig ausgebildeter Facharzt hätte die bei ihr gegebene anatomische Besonderheit eines zu steilen Gefäßabgangs beherrschen können.

Die Klägerin hat weiter behauptet, infolge des Eingriffs seien gravierende Dauerfolgen eingetreten, die unmittelbar auf die Verletzung während des Eingriffs zurückzuführen seien. Es habe sich um eine lebensgefährliche Verletzung gehandelt, die zu einer erheblichen und dauerhaften Schädigung des Herzens geführt habe. Sie sei infolge dieser Schädigung nicht mehr in der Lage, arbeiten zu gehen, und fühle sich bei der geringsten Anstrengung sofort überanstrengt. Ihre Lebenserwartung sei vermindert, was sie mit großer Angst erfülle. Zusammenfassend sei ihr Leben durch die fehlerhafte Behandlung zerstört worden. Vor diesem Hintergrund sei ein Schmerzensgeld von mindestens 100.000 EUR angemessen. Im Hinblick auf den Feststellungsanspruch sei zu berücksichtigen, dass die Klägerin erwerbsunfähig sei und sie nicht mehr in demselben Umfang wie vorher zur Haushaltsführung fähig sei.

Die Klägerin hat beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens aber 100.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ab Klagezustellung zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten darüber hinaus gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, der Klägerin jeden weiteren materiellen und immateriellen Schaden aus der Herzkatheteruntersuchung im Juli 2014 zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte (z.B. Privatversicherer oder Arbeitgeber) übergegangen sind oder noch übergehen.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten haben behauptet, dass die Klägerin umfassend in einem langen Aufklärungsgespräch über sämtliche Risiken des Eingriffs ausführlich aufgeklärt worden sei. Zudem hätte sich die Klägerin auch ohne ausreichende Aufklärung in jedem Fall für den Eingriff entschieden. Sie haben weiter behauptet, durch die Beklagte zu 2 sei der gebotene fachliche Standard gewährleistet gewesen. Bei der aufgetretenen Verletzung handele es sich um eine Komplikation, die auch einem erfahrenen Facharzt unterlaufen wäre. Der Beklagten zu 2 habe im Hinblick auf bereits durchgeführte 100 Eingriffe dieser Art ohne weiteres die selbständige Durchführung der Untersuchung übertragen werden dürfen. Der Zeuge Dr. A sei zur Überwachung unmittelbar anwesend gewesen.

Die Kammer hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. C und Anhörung der Klägerin und der Beklagten zu 2 sowie Vernehmung der Zeugen Dr. A und Prof. Dr. D, sodann den Sachverständigen ergänzend mündlich angehört. Auf dieser Grundlage hat die Kammer die Klage abgewiesen. Die Klägerin sei ausreichend über die Risiken des Eingriffs aufgeklärt worden, wovon sich die Kammer durch die Anhörung der Zeugen und der Parteien unter Berücksichtigung der Eintragungen in der Dokumentation überzeugt habe. Sie folge insbesondere der Darstellung der Beklagten zu 2, nicht aber derjenigen der Klägerin, die in ihrer Aussage zu stark divergiert habe und zu stark von einer ex-post-Sicht geprägt sei. Auch sei davon auszugehen, dass die Herzkatheter-Untersuchung indiziert gewesen sei und nicht etwa eine weniger invasive Methode wie etwa eine Kardio-CT-Untersuchung, über die auch nicht habe aufgeklärt werden müssen. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme sei auch nicht davon auszugehen, dass die Beklagte zu 2 für die Durchführung des Eingriffs unzureichend qualifiziert gewesen sei. Angesichts ihres Ausbildungsstandes habe ihr – wie der Sachverständige Prof. Dr. C ausdrücklich bestätigt habe – ohne weiteres die selbständige Durchführung der Untersuchung übertragen werden dürfen. Auch sei von einer ausreichenden Überwachung der Beklagten zu 2 auszugehen, denn nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme, insbesondere den glaubhaften Aussagen der Zeugen A und D sei der Zeuge A ständig im Nachbarraum anwesend gewesen. Zudem habe der Sachverständige überzeugend ausgeführt, dass sich dieser Verlauf in gleicher Weise bei jedem Facharzt ergeben hätte, so dass sich der Mangel an Erfahrung bei der Beklagten zu 2 nicht ausgewirkt habe. Wegen aller weiteren Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Mit der hiergegen eingelegten Berufung verfolgt die Klägerin ihre erstinstanzlich gestellten Anträge unverändert fort. Sie rügt, dass das Landgericht zu Unrecht von einer bestehenden Indikation ausgegangen sei. Vielmehr ergebe sich aus der einschlägigen Leitlinie für diagnostische Herzkatheter-Untersuchungen, dass zunächst alle denkbaren nichtinvasiven Untersuchungsmöglichkeiten auszuschöpfen seien. Dies sei bei der Klägerin allerdings nicht der Fall gewesen. Auch habe der streitigen Untersuchung und der Beurteilung durch den gerichtlichen Sachverständigen eine unzureichende Berücksichtigung der persönlichen Umstände zugrunde gelegen. Die Klägerin weise keineswegs die kardiovaskulären Risikofaktoren auf, die für eine Katheter-Untersuchung zu fordern seien. Es seien zunächst eine Vielzahl weiterer apparativer Untersuchungen geboten gewesen, wie etwa eine Stress-Echokardiographie oder eine Myokardszintigraphie. Die Klägerin rügt ferner, dass die Kammer eine unzureichende Aufklärung verneint habe. Dies gelte insbesondere im Hinblick auf die nicht invasiven Behandlungsalternativen, über die ihrer Auffassung nach grundsätzlich und umfassend aufzuklären sei. Insoweit könne die Beklagten auch nicht entlasten, dass eine Überweisung zur Herzkatheter-Untersuchung seitens des niedergelassenen Kardiologen erfolgt sei. Die Beklagte behauptet weiter, die Beklagte sei keineswegs während des Eingriffs durch den Zeugen Dr. A überwacht worden. Tatsächlich habe sich der Zeuge gar nicht in der Nähe des Katheterraumes aufgehalten, sondern habe erst im Krankenhaus ausgerufen werden müssen, wie ihr die Beklagte zu 2 mitgeteilt habe. Während der dadurch bedingten Wartezeit habe die Beklagte zu 2 ihr gegenüber wörtlich geäußert: „Wenn er eine Frau wäre, wäre er schon längst hier. Auf Männer muss man immer warten.“ Aber auch dann, wenn der Zeuge sich tatsächlich wie behauptet, im Nebenraum aufgehalten hätte, entspreche dies entgegen der Auffassung des erstinstanzlichen Sachverständigen nicht den Anforderungen. Notwendig sei vielmehr eine Anwesenheit neben der die Untersuchung durchführenden Ärztin, um eine jederzeitige Eingriffsmöglichkeit zu gewährleisten.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil und treten dem Berufungsvorbringen der Klägerin entgegen. Sie bestreiten insbesondere die Abwesenheit des Zeugen Dr. Goebel und die angeblichen Äußerungen der Beklagten zu 2 gegenüber der Klägerin, deren Vortrag im Übrigen nicht in Einklang stehe mit ihrem erstinstanzlichen Vorbringen.

Der Senat hat die Klägerin im Termin vom 26.11.2018 ergänzend zum Ablauf der Untersuchung angehört.

Wegen aller weiteren Einzelheiten des wechselseitigen Parteivorbringens wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Zu Recht hat das Landgericht entschieden, dass die Klägerin von den Beklagten gemäß §§ 280 Abs. 1, 630 a, 823 Abs. 1, 831 Abs. 1, 253 Abs. 2 BGB die Zahlung eines Schmerzensgeldes oder materiellen Schadensersatz nicht verlangen kann. Den Beklagten ist weder ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen anlässlich der Herzkatheteruntersuchung vom 4.7.2014 anzulasten, noch erfolgte der Eingriff wegen unzureichender Aufklärung der Klägerin und deshalb unwirksamer Einwilligung in rechtswidriger Weise.

1.

Die Behandlung der Klägerin erfolgte nicht unter Verstoß gegen fachärztlichen Standard.

a)

Die Herzkatheteruntersuchung der Klägerin war indiziert. Der Senat folgt uneingeschränkt den entsprechenden Ausführungen der Kammer, die ihrerseits auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C beruhen, und nimmt hierauf Bezug. Die Indikation lag danach in einer zuletzt zunehmenden Angina pectoris- Symptomatik und Luftnot bei zum Teil schon leichter Belastung wie Fensterputzen. Hinzu kamen im EKG sowohl seitens des Hausarztes als auch seitens des überweisenden Kardiologen nachgewiesene ventrikuläre Arrythmien. Weder der Kardiologe noch die Ärzte der Beklagten noch der gerichtliche Sachverständige haben an der Indikation für die Herzkatheter-Untersuchung irgendeinen Zweifel geäußert. Die Beurteilung des Sachverständigen Prof. Dr. C steht zudem in Einklang mit der Auffassung des im Rahmen der Gutachterkommission beauftragten Sachverständigen Prof. Dr. E. Die überragende Sachkunde des gerichtlich beauftragten Sachverständigen, der gerichtsbekannt ein anerkannter Herzspezialist ist, und seine Objektivität und Neutralität unterliegen keinen Zweifeln (solche werden auch nicht seitens der Klägerin geäußert).

Die in zweiter Instanz hiergegen weiter vorgebrachten Einwände der Klägerin veranlassen nicht zu einer anderen Sichtweise und auch nicht zu einer erneuten sachverständigen Überprüfung. Zu Unrecht rügt die Klägerin, die Herzkatheter-Untersuchung habe erst nach Ausschöpfung aller denkbaren nicht invasiven Untersuchungsmethoden durchgeführt werden dürfen. Sie übersieht, dass die Leitlinie zur kardiologischen Diagnostik, auf die sie sich zum Beleg ihrer Behauptung beruft, eine solche Durchführung sämtlicher denkbaren nicht invasiven Verfahren keineswegs fordert. Vielmehr ist in der Leitlinie die Rede davon, dass bei elektiven Eingriffen – wie hier – und bei einem Verdacht auf eine koronare Herzerkrankung – wie hier – eine Belastungsuntersuchung nur „in der Regel“, keineswegs aber zwingend immer, vorab stattfinden soll. Sie übersieht ferner, dass eine Belastungsuntersuchung, nämlich ein Belastungs-EKG und zusätzlich eine Echokardiographie durch den überweisenden Kardiologen Dr. F durchgeführt wurde, womit auch der „Soll-Vorschrift“ der Leitlinie Genüge getan war. Ausdrücklich stellt der Sachverständige Prof. Dr. E dementsprechend fest, dass die Indikation „leitlinienkonform“ gestellt wurde, der Sachverständige Prof. Dr. C spricht gar von einer „1-A-Indikation“. Die von der Klägerin zitierte Leitlinie fordert ihrem Wortlaut nach ferner keineswegs eine kumulative Durchführung aller Belastungsuntersuchungen wie Myokardszintigraphie, Stress-Echokardiographie und Stress-MRT. Sie sieht ferner Verfahren wie ein Langzeit-EKG, eine Langzeit-Blutdruck-Messung, eine MRT oder eine CT nur als weitere Möglichkeit und nur in Abhängigkeit vom jeweiligen Krankheitsbild vor, nicht aber als zwingende Voraussetzung für eine Herzkatheter-Untersuchung. Soweit die Klägerin schließlich die Auffassung vertritt, die Diagnostik sei schon hinsichtlich der Anamneseerhebung unvollständig gewesen, bzw., diese habe zu falschen Schlussfolgerungen hinsichtlich der Indikation geführt, weil keineswegs alle Risikofaktoren auf sie zuträfen, unterliegt sie einem offensichtlichen Irrtum. Risikofaktoren sind keine notwendige Bedingung für die Indikation zu einer Katheter-Untersuchung, diese kann sich vielmehr auch aus anderen Untersuchungen (z.B. einem EKG) ergeben. Im Übrigen lag ein gravierender Risikofaktor durchaus vor, da die Klägerin unstreitig eine langjährige Raucherin war.

Insgesamt begründen die Einwände der Klägerin damit keine Zweifel an der Richtigkeit sämtlicher mit der Klägerin befassten Behandler und Sachverständiger, wenn sie einmütig die Indikation bejahen. Dass der Sachverständige Prof. Dr. C nicht „ausdrücklich“ nach alternativen Methoden befragt worden sei, ist nicht entscheidend, im Übrigen aber auch nicht zutreffend, denn im Rahmen der mündlichen Erläuterung ist der Frage alternativer Möglichkeiten sehr wohl nachgegangen worden und sie wurde seitens des Sachverständigen verneint.

b)

Die Übertragung der Untersuchung auf die Beklagte zu 2) als Assistenzärztin und die Durchführung durch sie war nicht fehlerhaft. Weder liegt hier ein Organisationsverschulden der Beklagten zu 1) vor noch ein Übernahmeverschulden der Beklagten zu 2).

aa)

Die Wahrung fachärztlichen Standards setzt nicht zwingend voraus, dass der Eingriff von einem Arzt durchgeführt wird, der die Facharztausbildung vollständig und erfolgreich absolviert hat. Ein Assistenzarzt kann und muss mit fortschreitender praktischer Erfahrung Behandlungsmaßnahmen vornehmen und zwar durchaus selbständig (std. Rspr. vgl. etwa BGHZ 88, 248, 252 ff.). Dies gilt für Herzkatheter-Untersuchungen ebenso wie für sonstige Eingriffe, insbesondere Anfängeroperationen. Allerdings darf dem Patienten, der Anspruch auf eine ärztliche Betreuung hat, die fachärztlichem Standard entspricht, hierdurch kein zusätzliches Risiko entstehen. Soweit dem in Weiterbildung befindlichen Arzt die vom Facharztstandard geforderte Erfahrung fehlt, muss dies durch besondere Maßnahmen der Überwachung und jederzeitigen Eingriffsbereitschaft durch einen erfahrenen Arzt ausgeglichen werden (BGH aaO, Rn. 16).

Eine in diesem Sinne ausreichende Überwachung bedeutet dabei nicht zwingend, dass der erfahrene Ausbilder bei der hier in Rede stehenden Katheter-Untersuchung unmittelbar neben dem in Weiterbildung befindlichen Arzt stehen muss, um im Falle einer sich ereignenden Komplikation sofort die weitere Behandlung zu übernehmen. Eine Überwachung von einem angrenzenden Monitorraum kann im Hinblick auf die Sicherheit des Patienten als jedenfalls gleichwertig angesehen werden. Dies ergibt sich aus den ohne weiteres einleuchtenden und überzeugenden Ausführungen des erstinstanzlich tätigen Sachverständigen Prof. Dr. C, der nach der Schilderung der Vorgehensweise durch die Beklagte zu 2 und die Zeugen Dr. A und Prof. Dr. D die geschilderte Vorgehensweise vom abgetrennten Monitorraum für unbedingt ausreichend gehalten hat. Er hat dies plausibel damit begründet, dass sich hinsichtlich der sofortigen Eingriffsmöglichkeiten dabei keine Unterschiede ergeben zur Situation, dass der Ausbilder direkt neben dem Behandler am Tisch steht, dass insoweit auch keine andere Handlungsmöglichkeit gegeben sei und dass die Rufbereitschaft (als entscheidender Faktor) sichergestellt sei. Hinzu kommt, dass der Aufsichtsführende über die Monitore die Möglichkeit hat, auch die inneren Vorgänge unmittelbar und selbständig zu verfolgen.

bb)

Nicht zu beanstanden ist die Beweiswürdigung der Kammer, die nach Anhörung der Beklagten zu 2 und der Zeugen Dr. A und Prof. Dr. D die Überzeugung gewonnen hat, dass eine Überwachung der Beklagten zu 2 vom Monitorraum aus auch tatsächlich stattgefunden hat. Die Schilderungen der Beklagten zu 2 und der Zeugen waren in jeder Hinsicht eindeutig. Danach befand sich der Zeuge Dr. A während des gesamten Zeitraums in diesem Raum etwa drei Meter von der Beklagten zu 2 entfernt, konnte die Beklagte zu 2 permanent sehen und das Geschehen am Monitor verfolgen. Insoweit, das heißt zu diesem maßgeblichen Geschehenskern, waren die Erinnerungen des Zeugen und die der Beklagten zu 2 absolut sicher. Soweit der Zeuge Dr. A darüber hinaus hinsichtlich des genauen Ablaufs der Untersuchung und insbesondere hinsichtlich der von ihm erteilten Hinweise und Ratschläge eine eher unsichere Erinnerung hatte, berührt dies weder die Frage der hinreichenden Aufsicht über die Beklagte zu 2 noch die Frage seiner (und der Beklagten zu 2) Glaubwürdigkeit. Es ist nachvollziehbar, dass die Erinnerung an Details des Geschehens im Laufe der Jahre verblassen. Die Darstellung fügt sich im Übrigen widerspruchsfrei zu der Dokumentation, die den Zeugen Dr. A im Herzkatheterbefund (Bl. 70 der Behandlungsunterlagen der Beklagten zu 1) unter dem Namen der Beklagten zu 2 als weiteren „1. Operateur“ aufführt und zu dem Katheterbericht. Es gibt hierin keine Anhaltspunkte, die dahin gedeutet werden könnten, dass es an einer unmittelbaren Beaufsichtigung der Beklagten zu 2 gefehlt haben könne, der Zeuge Dr. Goebel sich etwa nur als „allgemeiner“ Hintergrunddienst im Bereich des Krankenhauses aufgehalten habe und erst habe herbeigerufen werden müssen, als Komplikationen auftraten. Sie fügt sich ferner widerspruchsfrei zu der Stellungnahme der Beklagten zu 2 vom 4.7.2014, die sich mit ihrer Aussage vor der Kammer deckt. Sie fügt sich ferner mit der Schilderung der generellen Vorgehensweise bei der Beklagten zu 1 durch den Zeugen Dr. A, der angegeben hat, es sei regelmäßige und ständige Übung bei der Beklagten zu 1, dass bei jeder durchgeführten Herzkatheter-Untersuchung (nicht nur bei sogenannten Anfängern) ein weiterer Ansprechpartner im Hintergrund (gemeint ist im Monitorraum) vorhanden sei. Sie fügt sich schließlich zur Aussage des Zeugen Prof. Dr. D, der die allgemeinen Abläufe bestätigte. Wenn die Kammer nach dem persönlich gewonnenen Eindruck keinerlei Anlass gesehen hat, die Aussage der Beklagten zu 2 und der Zeugen in Zweifel zu ziehen, ist dies für den Senat somit nachvollziehbar.

Die Darstellung der Klägerin vor dem Senat führt demgegenüber nicht zu durchgreifenden Zweifeln an der ausreichenden Überwachung der Beklagten zu 2. Ihre Schilderung war letztlich nicht so eindeutig und zwingend, als dass sie die Darstellung der Beklagten zu 2 erschüttern könnte. Sie konnte sich von ihrer Position auf der Untersuchungsliege keinen hinreichend verlässlichen Eindruck verschaffen, ob der Zeuge Dr. A tatsächlich sich im Monitorraum befand oder nicht. Ihre Sichtmöglichkeiten waren in erheblicher Weise eingeschränkt, wie sie – wenn auch erst auf ausdrückliches Nachfragen – einräumen musste, und schlossen eine durchgehende Anwesenheit des Oberarztes gerade nicht aus. In zeitlicher Hinsicht und im Hinblick auf die Abfolge der Abläufe war ihre Wahrnehmungsfähigkeit ganz erheblich beeinträchtigt durch die Tatsache, dass sie nicht ständig bei Bewusstsein war, sondern über maßgebliche Zeiträume hinweg das Bewusstsein verloren hatte. Auch das räumte die Klägerin erst auf Nachfragen und in unscharfer Weise ein. Im Vordergrund stand das offensichtliche Bemühen der Klägerin, dem Gericht klar zu machen, dass sie gleichwohl „alles voll mitbekommen“ haben wollte, was schlechterdings nicht plausibel ist. Es steht auch in offensichtlichem Widerspruch zu ihrer ursprünglichen Schilderung, insbesondere im Rahmen der Klageschrift, wo sehr prägnant und durchaus einsichtig ausgeführt ist: „Die Klägerin weiß noch, dass die Beklagte zu 2 sagte, die Herzkranzgefäße seien in Ordnung. Danach setzt die Erinnerung der Klägerin aus. Es kam zu einem Zwischenfall, dessen nähere Umstände der Klägerin nicht bekannt sind“.

Der Umstand, dass im Verlaufe des Rechtsstreits immer mehr angeblich doch noch erinnerte Umstände vorgetragen wurden bis hin zur Darstellung im Rahmen der Berufungsbegründung, wo wortwörtliche Äußerungen der Beklagten zu 2 wiedergegeben werden, stellt sich dadurch als ein widersprüchliches Aussageverhalten dar, das nicht untypisch ist, es allerdings dem Gericht schwer macht, dem Gesagten zu folgen. Unübersehbar war in diesem Zusammenhang die – für sich genommen für das Gericht unbedingt verständliche – überaus hohe emotionale Betroffenheit der Klägerin während ihrer Aussage, die von völliger Verzweiflung über das erlittene Schicksal geprägt war und von dem Bemühen, dem Gericht klarzumachen, dass ihr großes Unrecht widerfahren sei. Das Gericht hält es für naheliegend, dass die Klägerin aus dieser Verzweiflung heraus versucht, Eindrücke im Nachhinein und sicherlich unbewusst in einem Sinne zu deuten, der zu ihrer Überzeugung passt, dass ihr gesundheitlicher Schaden auf einer fehlerhaften Vorgehensweise der Ärzte beruht. Die Wartezeit etwa, die aus ihrer Sicht darauf verwendet werden musste, den Oberarzt herbeizurufen, erklärt sich medizinisch wesentlich plausibler (und in Einklang mit der Darstellung der Beklagten stehend) mit der Wartezeit, die es brauchte, um den Spasmus im Arm nach dem Katheterwechsel zu lösen – eine Maßnahme, die die Beklagte zu 2 nach ihrer Darstellung alleine und auf Anweisung des Zeugen Dr. A durchgeführt hat. Die nach der Vernehmung der Zeugen vor dem Landgericht erstmals behauptete Äußerung der Beklagten zu 2, auf Männer müsse man stets warten, wäre auch für sich genommen kein hinreichendes Indiz für die Abwesenheit des Oberarztes, sondern möglicherweise nur dem Versuch der Beklagten geschuldet, eine für die Patientin sehr angespannte Situation durch eine humorvoll gemeinte, belanglose Bemerkung aufzulockern.

Insgesamt sieht der Senat daher auch nach dem Ergebnis der mündlichen Anhörung der Klägerin keinen hinreichenden Grund, die ordnungsgemäße Überwachung der Beklagten zu 2 durch einen Oberarzt in Zweifel zu ziehen.

cc)

Nach dem Ausbildungsstand der Beklagten zu 2 bestanden auch keine Bedenken, ihr die Untersuchung als selbständige Aufgabe (unter der oben dargelegten Aufsicht) zu übertragen. Die Beklagten haben durch Vorlage entsprechender Unterlagen („Logbuch“, Bl. 204 ff. d.A.) und durch die Aussagen der Zeugen Dr. A und Prof. Dr. D sowie der Angaben der Beklagten zu 2 im Termin vor der Kammer nachgewiesen, dass die Beklagte zu 2, die sich im vierten Jahr ihrer sechsjährigen Facharztausbildung befand, 100 Herzkatheter-Untersuchungen durchgeführt hatte. Das entsprach zwar bei weitem noch nicht der Anzahl der nach der Weiterbildungsbildungsordnung über die Weiterbildung zur Fachärztin für Innere Medizin und Kardiologie vorgesehenen 300 Herzkatheter-Untersuchungen, bedeutete allerdings schon ein ausreichendes Maß an Erfahrung, das es rechtfertigte, ihr unter Aufsicht die Untersuchung selbständig zu übertragen. Dies hat der Sachverständige Prof. Dr. C eindeutig bestätigt und zwar bereits unabhängig von den Ausführungen der Zeugen Dr. A und Prof. Dr. D. Beide Zeugen haben zudem übereinstimmend bekundet, dass es sich bei der Beklagten zu 2 um eine – verglichen mit Ärzten in vergleichbarem Weiterbildungsstand – sehr erfahrene Untersucherin gehandelt habe, der – so der Zeuge Dr. A – auch ohne weiteres eine nicht überwachte Untersuchung hätte übertragen werden können. Der Zeuge Prof. Dr. D hat ferner den Vortrag der Beklagten zu 2 bestätigt, dass es sich bei den 100 Untersuchungen, die die Beklagte zu 2 aufgewiesen habe, um selbständig durchgeführte Untersuchungen gehandelt habe, und damit die überdurchschnittliche Qualifikation der Beklagten zu 2 unterstrichen. Vor diesem Hintergrund bedarf es auch keiner abschließenden Beurteilung, wie diese Aussage im Vergleich mit dem schriftsätzlichen Vortrag der Beklagten (etwa in der Klageerwiderung, dort S. 6, Bl. 52 d.A.) zu deuten ist, wo (nur) von 50 begleiteten und 50 selbständigen Untersuchungen die Rede ist, denn auch danach sprach aus Sicht des gerichtlichen Sachverständigen nichts gegen den selbständigen Einsatz der Beklagten zu 2.

Soweit der Sachverständige Prof. Dr. E im Rahmen seines Gutachtens für die Gutachterkommission davon ausgegangen ist, dass ein Organisationsfehler anzunehmen sei, da die Beklagte zu 2 noch nicht hinreichend qualifiziert gewesen sei, bezieht sich dies ausdrücklich auf die Annahme einer Untersuchung „ohne begleitende Assistenz“, wovon nach dem oben Gesagten aber gerade nicht auszugehen ist.

dd)

Die technische Durchführung der Herzkatheteruntersuchung war, wie der Sachverständige Prof. Dr. C festgestellt hat, in jeder Hinsicht lege artis. Behandlungsfehler hat er anhand der schriftlichen Dokumentation nicht festgestellt. Der Zugang habe ebenso wie die Auswahl des Katheters dem Stand der Medizin entsprochen. Auf die Hinweise für eine Dissektion sei schnell und sachgerecht reagiert worden. Befunderhebungen seien nicht unterlassen worden. Auch die Klägerin zeigt nichts auf, was insoweit Anlass zu weiterer Sachaufklärung geben könnte.

c)

Die anlässlich der Durchführung der Untersuchung durch die Beklagte zu 2) aufgetretene Schädigung, nämlich die Dissektion der rechten Herzkranzarterie und der in der Folge sich entwickelnde Hinterwandinfarkt, beruht – unabhängig von dem unter b) Gesagten – auch nicht auf der Unerfahrenheit der Beklagten zu 2). Die insoweit nach § 630 h Abs.4 BGB bestehende Vermutung ist widerlegt.

Hierzu hat der Sachverständige Prof. Dr. C im Rahmen der mündlichen Erläuterungen seines schriftlichen Gutachtens über das dort Niedergelegte hinaus ausgeführt, dass er mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon ausgehe, dass die Verletzung der Klägerin bei jedem anderen Facharzt, sich selbst eingeschlossen, in gleicher Weise eingetreten und nicht zu verhindern gewesen wäre. Der Grund liege in der anatomischen Besonderheit des außergewöhnlich steil abgehenden rechten Herzkranzgefäßes, was nicht vorhersehbar gewesen sei und erst in dem Moment habe erkannt werden können, als der Katheter so weit vorgeschoben worden sei, dass die Schädigung bereits eingetreten sei. Insoweit wäre die Schädigung allenfalls durch einen glücklichen Zufall zu verhindern gewesen, aber eben gerade nicht durch eine größere berufliche Erfahrung. Es gebe insoweit auch keine besseren Techniken, um die Perforation zu verhindern. Diese eindeutige Aussage, die weiter geht als diejenige in den schriftlichen Gutachten des Sachverständigen oder der Gutachterkommission, wonach auch einem erfahrenen Facharzt ohne weiteres derselbe Schadensverlauf hätte unterlaufen können, überzeugt letztlich vor dem Hintergrund, dass der Sachverständige ausdrücklich angibt, dies anhand der Inaugenscheinnahme des Filmmaterials über den Eingriff beurteilt zu haben und beurteilen zu können. Damit ist seine Erkenntnismöglichkeit in tatsächlicher Hinsicht auch derjenigen von Prof. Dr. E deutlich überlegen, dem dieses Material offensichtlich nicht zur Verfügung stand und der zu dem Schluss kam, ein erfahrener Facharzt hätte die Verletzung des Herzkranzgefäßes möglicherweise verhindern können.

2.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat die Kammer auch Ansprüche wegen etwaiger Rechtswidrigkeit des Eingriffs aufgrund unzureichender Aufklärung der Klägerin verneint. Die Kammer ist nach umfassender Anhörung der Klägerin und der Beklagten zu 2 sowie unter Würdigung der Dokumentation zu dem Ergebnis gelangt, dass die Klägerin über die Risiken des Eingriffs vollständig und angemessen aufgeklärt wurde. Die Aussage der Beklagten zu 2, wonach die sich hier verwirklichenden Risiken ausdrücklich gegenüber der Klägerin angesprochen wurden, steht in Einklang mit den Eintragungen in dem Diomed-Aufklärungsbogen, wo insbesondere Risiken wie „Perforation, Not-OP, Herzrhythmusstörungen, Tod“ aufgeführt sind. Solche individuellen Eintragungen stellen ein überaus starkes Indiz dafür dar, dass die mündliche Aufklärung insoweit tatsächlich erfolgt ist. Zweifel daran, dass die Eintragungen im Zusammenhang mit dem Aufklärungsgespräch erfolgt sind, bestehen nicht und werden auch nicht konkret vorgetragen. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung vor der Kammer auch nicht bestritten, dass die Beklagte zu 2 mit ihr über Risiken gesprochen habe. Dass sie dabei tatsächlich geäußert haben soll, eine Einblutung am Oberschenkel sei das Schlimmste, was ihr passieren könne, ist allerdings schlicht nicht glaubhaft. Es steht auch nicht in Einklang mit der kurz darauf erfolgten Darstellung der Klägerin, wonach die Beklagte zu 2 sehr wohl gesagt habe, dass natürlich immer mal wieder etwas passieren könne. Dass die Beklagte zu 2 umgekehrt versucht haben mag, die unstreitig sehr nervöse und ängstliche Klägerin tendenziell eher zu beruhigen, stellt keinen Aufklärungsfehler dar, insbesondere keine unzulässige Verharmlosung. Wenn die Kammer vor diesem Hintergrund nach dem persönlichen Eindruck von den Parteien den Nachweis ordnungsgemäßer Risikoaufklärung als geführt angesehen hat, ist dies aus Sicht des Senates in jeder Hinsicht nachvollziehbar und ist der Senat daran gebunden. Auf die überzeugenden Erwägungen der Kammer im angefochtenen Urteil nimmt der Senat ausdrücklich Bezug.

Eine fehlerhafte Aufklärung lässt sich auch nicht im Hinblick auf mögliche Behandlungsalternativen begründen, was sie vor allem mit der Berufung geltend macht. Die Klägerin verkennt, dass eine solche Aufklärung über Behandlungsalternativen nur geboten ist, wenn es sich bei den Alternativen um Behandlungen handelt, die zwar hinsichtlich ihrer Chancen und ihrer Risiken unterschiedlich sind, die aus medizinischer Sicht aber als gleichwertig anzusehen sind. Ist dies nicht der Fall, so steht es dem Patienten im Rahmen seiner freien Selbstbestimmung natürlich frei, sich für eine geringerwertige Behandlung zu entscheiden, aber eine Aufklärung über solche Möglichkeiten schuldet der Behandler nicht. Im Hinblick auf die Frage der Kardio-CT-Untersuchung hat der Sachverständige Prof. Dr. C vor allem im Rahmen der mündlichen Erläuterung ausgeführt, dass es sich hierbei gerade nicht um eine gleichwertige Untersuchung gehandelt habe. Diese Untersuchung sei angesichts des Beschwerdebildes der Klägerin und des Untersuchungszwecks vielmehr eindeutig weniger geeignet gewesen. Damit bezog sich der Sachverständige offensichtlich auch auf die vorherige Aussage der Beklagten zu 2, die auf die geringere Genauigkeit dieser Untersuchungsmethode hingewiesen hatte. Im Übrigen hat die Beklagte zu 2, der die Kammer in ihrer Darstellung des Aufklärungsgespräches gefolgt ist, ausdrücklich bekundet, mit der Klägerin über die Frage einer Kardio-CT-Untersuchung gesprochen und auf deren mangelnde Zuverlässigkeit hingewiesen zu haben. Damit wäre einer (unterstellt) notwendigen Aufklärung ohnehin Genüge getan.

Soweit die Klägerin ferner meint, es habe ein Hinweis auf alle in der Leitlinie erwähnten denkbaren nicht invasiven Untersuchungsmethoden erfolgen müssen, gilt das oben Gesagte (zu Ziffer 1 a) sinngemäß. Kein behandelnder Arzt und kein mit der Sache befasster Sachverständiger haben bislang auch nur andeutungsweise die Auffassung vertreten, andere als die hier durchgeführten bzw. (wie die Kardio-CT-Untersuchung) erwogenen, aber verworfenen Untersuchungsmethoden seien in irgendeiner Weise relevant für die Beurteilung des möglichen Krankheitsbildes der Klägerin. Von daher liegt die Annahme fern, es könne sich hierbei eventuell um eine gleichwertige Behandlungsalternative handeln. Eine entsprechende konkrete Behauptung stellt die Klägerin auch nicht auf. Keinesfalls besteht eine Rechtspflicht des Behandlers, alle im weiteren Zusammenhang mit einer Herzkatheter-Untersuchung stehenden nicht invasiven Möglichkeiten auch dann darzustellen und zu erläutern, wenn sie ersichtlich für den konkret anstehenden Fall nicht von Bedeutung sind.

Auf die seitens der Klägerin am Rande aufgeworfenen Frage, ob die Beklagte zu 2 hätte annehmen dürfen, dass eine umfassende Aufklärung über Behandlungsalternativen schon seitens des überweisenden niedergelassenen Kardiologen erfolgt sei und deswegen eine grundsätzlich gebotene Aufklärung hätte werden unterlassen dürfen (was im Zweifel zu verneinen ist), kommt es danach nicht an.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die entscheidungserheblichen Fragen sind ausschließlich solche des Einzelfalls.

Berufungsstreitwert: 130.000.- EUR (wie erste Instanz).

 

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