OLG Thüringen, Az.: 4 U 446/14, Beschluss vom 16.03.2015
1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 30.05.2014, Aktenzeichen 10 O 779/12, wird zurückgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Landgerichts Erfurt ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags die Vollstreckung abwenden, wenn nicht der Beklagte Sicherheit in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags leistet.
4. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 22.850,00 € festgesetzt.
Gründe
Hinsichtlich der Darstellung des Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand im angefochtenen Urteil des Landgerichts Erfurt vom 30.05.2014 Bezug genommen.
Im Berufungsverfahren wird beantragt:
Der Kläger beantragt, unter Abänderung des Urteils des Landgerichts Erfurt vom 30.05.2014 – Az. 10 O 779 /12 -, den Beklagten zu verurteilen an den Kläger Schadenersatz in Höhe von 10.350 Euro und ein Schmerzensgeld in Höhe von 10.000 Euro und außergerichtlich entstandene Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 1.282,31 Euro zu zahlen; festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger sämtliche materiellen und immateriellen Schäden, die ihm aus Behandlung des Klägers im Zeitraum vom 08.10.2007 bis Juni 2008 entstanden sind und entstehen werden, soweit sie nicht auf Dritte oder Sozialversicherungsträger übergehen, zu ersetzen.
Der Beklagte beantragt, die Berufung des Klägers zurückzuweisen.
Die Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Erfurt vom 30.05.2014, Aktenzeichen 10 O 779/12, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung des Senats das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert. Auch die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung ist nicht geboten.
Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis des Senats Bezug genommen, in dem der Senat ausgeführt hat:
„Das Landgericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass die mit der Klage geltend gemachten Ansprüche verjährt sind.
Der Anspruch unterliegt, gleich ob auf vertraglicher oder deliktischer Grundlage, der Regelverjährung des § 195 BGB. Die dreijährige Verjährungsfrist begann in Anwendung der Vorschrift des § 199 Abs. 1 BGB mit dem Schluss des Jahres 2008.
Nach § 199 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1, Nr. 2 BGB beginnt die regelmäßige Verjährungsfrist mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste. Die Darlegungs- und Beweislast für die den Beginn und den Ablauf der Verjährung maßgeblichen Umstände trägt der Schuldner (BGH, Urteile vom 23. Januar 2007 – XI ZR 44/06, BGHZ 171, 1, 11 Rn. 32; vom 3. Juni 2008 – XI ZR 319/06, NJW 2008, 2576, 2578 Rn. 25; Urteil vom 13. Dezember 2012 – III ZR 298/11 –, juris Rn. 13), Er ist grundsätzlich auch gehalten, zum Vorliegen aller subjektiven Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB vorzutragen. Dem Anspruchsinhaber obliegt es im Rahmen der ihm obliegenden sekundären Darlegungslast an der Aufklärung mitzuwirken und etwa darzulegen, was er zur Ermittlung der erforderlichen Tatsachen unternommen hat (BGH, Urteil vom 3. Juni 2008 aaO S. 2579 Rn. 33).
Der Kläger macht mit der Klage Schadensersatz und Schmerzensgeld wegen eines ärztlichen Behandlungsfehlers geltend. Er ist der Ansicht, der Beklagte hätte am 04.12.2007 und am 06.03.2008 weitere Befunde zum Ausschluss bzw. zur Feststellung einer Borrelioseerkrankung erheben müssen.
Im Rahmen der Arzthaftung kann die Kenntnis vom Schaden i. S. v. § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB n.F.) nicht schon dann bejaht werden, wenn dem Patienten lediglich der negative Ausgang der ärztlichen Behandlung bekannt ist (BGH Urteile vom 20. September 1983 – VI ZR 35/82 – VersR 1983, 1158, 1159; vom 23. April 1985 – VI ZR 207/83 – VersR 1985, 740, 741; vom 29. November 1994 – VI ZR 189/93 – VersR 1995, 659, 660 und vom 3. Februar 1998 – VI ZR 356/96 – VersR 1998, 634, 636 Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris). Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen kann in der Eigenart der Erkrankung oder in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben. Deshalb gehört zur Kenntnis der den Anspruch begründenden Tatsachen das Wissen, dass sich in dem Misslingen der ärztlichen Tätigkeit das Behandlungs- und nicht das Krankheitsrisiko verwirklicht hat (BGH Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris Urteil vom 23. April 1991 – VI ZR 161/90 – VersR 1991, 815, 816). Hierzu genügt es nicht schon, dass der Patient Einzelheiten des ärztlichen Tuns oder Unterlassens kennt. Vielmehr muss ihm aus seiner Laiensicht der Stellenwert des ärztlichen Vorgehens für den Behandlungserfolg bewusst sein. Deshalb beginnt die Verjährungsfrist nicht zu laufen, bevor nicht der Patient als medizinischer Laie Kenntnis von Tatsachen erlangt hatte, aus denen sich ergibt, dass der Arzt von dem üblichen ärztlichen Vorgehen abgewichen war oder Maßnahmen nicht getroffen hatte, die nach ärztlichem Standard zur Vermeidung oder Beherrschung von Komplikationen erforderlich gewesen wären (BGH Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N.). Diese Kenntnis ist erst vorhanden, wenn die dem Anspruchsteller bekannten Tatsachen ausreichen, um den Schluss auf ein schuldhaftes Fehlverhalten des Anspruchsgegners und auf die Ursache dieses Verhaltens für den Schaden bzw. die erforderliche Folgeoperation als naheliegend erscheinen zu lassen (BGH Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N.). Denn nur dann wäre dem Geschädigten die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, möglich (st. Rspr., BGH Urteile vom 31. Januar 1995 – VI ZR 305/94 – VersR 1995, 551, 552 und vom 14. Oktober 2003 – VI ZR 379/02 – VersR 2004, 123 m.w.N.; BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 395/07 – NJW 2009, 587, 588 Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N.).
Das Landgericht durfte aufgrund des Inhalts des Schreibens vom 15.12.2011 (Anlage K 2) davon ausgehen, dass der Kläger seit Juni 2008 Kenntnis von dem Behandlungsfehler hatte.
Dem Inhalt des Schreibens lässt sich entnehmen, dass dem Kläger im Juni 2008 bekannt war, dass der Beklagte eine Borrelioseuntersuchung nicht vorgenommen hat und damit die entsprechenden Befunde nicht erhoben hat. Er wusste zu diesem Zeitpunkt, dass seine Beschwerden durch eine Borreliosinfektion verursacht worden sind und bereits eine Oligoathrose eingetreten war. Aus dem Schreiben vom 15.12.2011 (Anlage K 2) ergibt sich weiter, dass er die fehlende Untersuchung in Bezug auf eine Borrelioseinfektion bereits im Jahr 2008 als eine Abweichung von dem ärztlichen Standard angesehen hat. Das aus seiner Sicht fehlerhafte Verhalten hat der Kläger nach seinen eigenen Angaben im Juni 2008 zum Anlass genommen, den Arzt zu wechseln. Dieser Arzt hat ihm nach seinen eigenen Angaben im Jahr 2008 eröffnet, nur noch schmerzlindernd tätig werden zu können. Es stand daher für ihn aus Laiensicht im Juni 2008 fest, dass der Beklagte ihn trotz des Hinweises auf einen Zeckenbiss nicht auf Borreliose untersucht hat, wodurch die Erkrankung des Klägers erst mit einer erheblichen zeitlichen Verzögerung festgestellt wurde. Daraus ergab sich die – für die Annahme eines Behandlungsfehlers – erforderliche Kenntnis des Klägers. Den Angriffen der Berufung kann nicht entnommen werden, dass weitergehende Erkenntnisse aus einem ärztlichen Gutachten erforderlich waren. Aus dem Gutachten für die gesetzliche Rentenversicherung vom 11.10.2011 (Anlage K 9) ergab sich kein über den Kenntnisstand von Juni 2008 hinausgehender Erkenntnisgewinn für einen Behandlungsfehler des Beklagten. Gleiches gilt für das Gutachten des Sachverständigen Dr. Enders vom 19.06.2012 (Anlage K 16). Es sind daher keine Gründe ersichtlich, die dagegen sprechen würden, dass dem Kläger die Erhebung einer Schadensersatzklage, sei es auch nur in Form der Feststellungsklage, Erfolg versprechend, wenn auch nicht risikolos, bereits zu einem früheren Zeitpunkt möglich gewesen wäre.
Im Übrigen steht es der vom Gesetz geforderten positiven Kenntnis gleich, wenn der Geschädigte diese Kenntnis nur deswegen nicht besitzt, weil er vor einer sich ihm ohne Weiteres anbietenden, gleichsam auf der Hand liegenden Erkenntnismöglichkeit, die weder besondere Kosten noch nennenswerte Mühe verursacht, die Augen verschlossen hat, und auch ganz naheliegende Überlegungen nicht angestellt oder das nicht beachtet hat, was jedem hätte einleuchten müssen (BGH Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N.). Für den Gläubiger müssen dafür zwar konkrete Anhaltspunkte für das Bestehen eines Anspruchs ersichtlich sein und sich ihm der Verdacht einer möglichen Schädigung aufdrängen (BGH, Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N; Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 253/07 – juris OLG Köln, GRUR-RR 2003, 187, 188; OLG Celle, OLG-Report 2009, 422 f.). Denn in Arzthaftungssachen ist bei der Prüfung, ob grobe Fahrlässigkeit vorliegt, zugunsten des Patienten zu berücksichtigen, dass dieser nicht ohne Weiteres aus einer Verletzungshandlung, die zu einem Schaden geführt hat, auf einen schuldhaften Behandlungs- oder Aufklärungsfehler zu schließen braucht. Deshalb führt allein der negative Ausgang einer Behandlung ohne weitere sich aufdrängende Anhaltspunkte für ein behandlungsfehlerhaftes Geschehen nicht dazu, dass der Patient zur Vermeidung der Verjährung seiner Ansprüche Initiative zur Aufklärung des Behandlungsgeschehens entfalten müsste (BGH, Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N). Denn das Ausbleiben des Erfolgs ärztlicher Maßnahmen muss nicht in der Unzulänglichkeit ärztlicher Bemühungen seinen Grund haben, sondern kann schicksalhaft und auf die Eigenart der Erkrankung zurückzuführen sein (BGH, Urteil vom 10. November 2009 – VI ZR 247/08 –, juris m.w.N).
Mit diesen Grundsätzen steht die Beurteilung des Landgerichts in Einklang. Das erstinstanzliche Gericht ist zutreffend davon ausgegangen, dass sich dem Kläger ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten der Beklagten nach den Umständen des Falles aufdrängen musste. Der Kläger hatte Klarheit über die Ursache seiner Beschwerden. Diese Beschwerden konnten nach seinen eigenen Angaben im Juni 2008 nur noch schmerzlindernd behandelt werden. Dies hat er selbst darauf zurückgeführt, dass die Krankheit wegen der von dem Beklagten verspätet vorgenommenen Untersuchung auf eine Borrelioseinfektion selbst im Jahr 2008 nicht mehr behandelt werden konnte. Es waren damit dem Kläger alle Umstände bekannt, um ihm die Möglichkeit zu geben, aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage – zu erheben. Eine solche Klage war dem Kläger auch zumutbar. Soweit er sich einer sich aufdrängenden Kenntnis von dem Behandlungsfehler verschlossen hat, liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten und damit grobe Fahrlässigkeit vor.
Das Landgericht ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass eine Hemmung der Verjährung nicht eingetreten ist.
Die Verjährungsfrist ist nicht durch Einreichung des Antrags bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der norddeutschen Ärztekammer am 22.12.2011 gehemmt worden. Das Verfahren vor der Gutachterkommission der Ärztekammer bewirkt eine Hemmung der Verjährungsfrist nur dann, wenn der Schuldner an dem Verfahren beteiligt ist und sich auf dieses einlässt (OLG Köln Beschluss vom 1. Juli 2013 – 5 U 44/13 – juris; Spickhoff, Medizinrecht, 2011, Kapitel 80, Rz. 35; Laufs/Kern-Ulsenheimer, Handbuch des Arztrechts, 4. Auflage 2010, § 113, Rz. 11; Prütting-Jaeger, Fachanwaltskommentar Medizinrecht, 2010, § 203 BGB, Rz. 7; Kienzle/Smentkowski, „Streitschlichtung und Behandlungsfehlerprophylaxe – Fallberichte aus der Gutachterkommission Nordrhein, MedR 2011, 425 f). Die Hemmung aus § 204 Abs. 1 Nr. 4, 2. Alt. BGB setzt voraus, dass die Parteien das Verfahren im Einvernehmen betreiben. Einvernehmlichkeit ist i.S.v. § 15 a Abs. 3 EGZPO ist nur dann zu bejahen, wenn die Initiative zwar nur von einer Partei ausgeht, die andere sich aber freiwillig auf das Güterverfahren einlässt. Nach § 6 Abs. 1 Satz 5 der Verfahrensordnung der norddeutschen Schlichtungsstelle ist erforderlich, dass sich nicht nur der Arzt und der Patient, sondern auch die Haftpflichtversicherung freiwillig auf das Güteverfahren einlassen. Dies war vorliegend nicht der Fall, da die Haftpflichtversicherung dem Güteverfahren mit Schreiben vom 11.04.2012 (Anlage K 8) widersprochen hat.
Die Verjährungsfrist war auch nicht in dem Zeitraum zwischen Einreichung des Antrags bei der Gutachterkommission bis zum Widerspruch der Haftpflichtversicherung gehemmt. Dies steht mit den allein als Hemmungstatbestand in Betracht kommenden Vorschriften der §§ 203, 204 Abs. 1 Nr. 4 2. Alt. BGB, die ein einvernehmliches Verhandeln der Parteien voraussetzen, nicht im Einklang (OLG Köln Beschluss vom 1. Juli 2013 – 5 U 44/13 – juris). Von einer Hemmung der Verjährungsfrist hätte nur dann ausgegangen werden können, wenn die Haftpflichtversicherung ihrer Zustimmung zu dem Güteverfahren erklärt hätte (Oberlandesgerichts Zweibrücken Urteil vom 25.01.2000, Az. 5 U 14/99), In dem von dem Oberlandesgericht Zweibrücken entschiedenen Fall hatte sich – anders als im vorliegenden – der Versicherer mit der Durchführung des Schlichtungsverfahrens einverstanden erklärt. Ein über ihren Regelungsinhalt hinausgehende Anwendung der §§ 203, 204 BGB aus „Billigkeitsgründen“ ist nicht möglich. Sie ist auch nicht notwendig, denn es dem Patienten durchaus zuzumuten, innerhalb der dreijährigen Verjährungsfrist die ihm durch § 204 BGB eingeräumten Möglichkeiten der Verjährungshemmung durch Rechtsverfolgung zu nutzen (OLG Köln Beschluss vom 1. Juli 2013 – 5 U 44/13 – juris).“
Dagegen hat die Berufung in dem Schriftsatz vom 09.03.2015 eingewandt, bei der Behandlung des Klägers am 16.05.2008 habe Dr. U festgestellt, dass die Symptome im Knie auf eine Borreliose oder auf Rheuma zurückzuführen seien. Auch in der Folgezeit seien von Dr. B Untersuchungen im Hinblick auf Rheuma durchgeführt worden. Daraus ergebe sich, dass im Jahr 2008 noch nicht sicher festgestanden habe, dass der Kläger eine Borreliose habe. Mit diesem Angriff hat die Berufung keinen Erfolg
Es ist bereits nicht ersichtlich, warum diese Rüge nicht in der Berufungsbegründung erhoben worden ist. Die ergänzende Stellungnahme des Berufungsklägers auf den Hinweis unterliegt den Beschränkungen der §§ 529Abs. 2, 530 ZPO. Nach dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes ist die Stellungnahme auf den Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO nicht Teil der Berufungsbegründung. Die Stellungnahme nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterliegt den Vorschriften der §§ 530, 296 ZPO (Zöller/ Heßler ZPO 30. Aufl. § 522 Rn. 34). Danach müssen Angriffsmittel bzw. Verteidigungsmittel bereits in der Berufungsbegründung erhoben werden.
Etwas anderes gilt nur dann, wenn das Berufungsgericht in einem Hinweis nach § 522 Abs. 2 Satz 2 ZPO seine Rechtsauffassung auf einen Gesichtspunkt gestützt hat, den der Berufungskläger erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat. In einem solchen Fall muss dem Berufungskläger Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden, § 139 Abs. 2 Satz 1 ZPO. Die hierdurch veranlassten Angriffs- und Verteidigungsmittel dürfen nicht zurückgewiesen werden. Bleiben Angriffsmittel einer Partei deswegen unberücksichtigt, weil der Tatrichter sie in offenkundig fehlerhafter Anwendung einer Präklusionsvorschrift wie des § 530 ZPO zu Unrecht für ausgeschlossen erachtet hat, ist das rechtliche Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG) der Partei verletzt (vgl. BGH, Beschluss vom 2. September 2013 – VII ZR 242/12, juris Rn. 7; Beschluss vom 21. März 2013 – VII ZR 58/12, BauR 2013, 1146 Rn. 9 = NZBau 2013, 433, jeweils zu § 531 ZPO; Beschluss vom 01. Oktober 2014 – VII ZR 28/13 –, juris Rn. 11).
Ein solcher Fall liegt indes vorliegend nicht vor. Das in dem Schriftsatz vom 09.03.2015 erhobene Angriffsmittel ist nicht durch den Hinweis nach § 522 Abs. 2 ZPO veranlasst worden. Es sind keine Anhaltspunkte dafür ersichtlich, dass ein Hinweis des Senats nach § 139 Abs. 2 ZPO geboten war, weil der Berufungskläger erkennbar einen Gesichtspunkt übersehen hat. Das Landgericht hat sich in dem angefochtenen Urteil zu der Frage der Verjährung und der Kenntnis des Kläger von dem Behandlungsfehler geäußert. Auch die Berufung hat sich in der Berufungsbegründung mit dieser Frage befasst. Es liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass der Berufungskläger diesbezüglich einen Gesichtspunkt übersehen hat. Dass er zunächst auf Rheuma behandelt worden ist, war bereits Gegenstand des erstinstanzlichen Sach- und Streitstands. Aus dem unstreitigen Teil des Tatbestands (Seite 3 des Urteils) geht diesbezüglich hervor, dass zunächst der Verdacht auf eine Borrelioseinfektion oder auf Rheuma bestand. Die anschließende Untersuchung (im Jahr 2008) bestätigte schließlich den Verdacht einer Borrelisoseerkrankung. Diese Feststellungen des Landgerichts decken sich mit den Ausführungen des Klägers in dem Schreiben vom 15.12.2011 (Bl. 14 R.), in dem er ausgeführt hat, dass Dr. U am 16.05.2008 ihm den Verdacht auf Borreliose oder auf Rheuma mitgeteilt habe. Als er dann bei einer Rheumatologin einen Termin bekomme habe, sei der Verdacht auf Borreliose erhärtet und darüberhinaus festgestellt worden, dass die Infektion mit Borreliose bereits eine Oligoathrose ausgelöst habe, die allem Anschein nach schon im Oktober 2007 vorgelegen habe. Aus diesem Grund liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass diese Rüge nicht schon in der Berufungsbegründung hätte erhoben werden können.
Im Übrigen hat sie auch in der Sache keinen Erfolg. Wie der Senat bereits in dem Hinweis im Einzeln ausgeführt hat, war für den Kläger ein behandlungsfehlerhaftes Verhalten der Beklagten nach den Umständen des Falles bereits nach den Untersuchungen der Rheumatologin und den daraus gezogenen ärztlichen Feststellungen, dass die Borrelioseinfektion die Athrose ausgelöst hat, naheliegend. Denn der Kläger hatte dadurch Klarheit über die Ursache seiner Beschwerden erlangt. Diese Beschwerden konnten nach seinen eigenen Angaben im Juni 2008 nur noch schmerzlindernd behandelt werden. Dies hat er selbst darauf zurückgeführt, dass die Krankheit wegen der von dem Beklagten verspätet vorgenommenen Untersuchung auf eine Borrelioseinfektion selbst im Jahr 2008 nicht mehr behandelt werden konnte. Es waren damit dem Kläger alle Umstände bekannt, um ihm die Möglichkeit zu geben, aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos Klage – sei es auch nur in Form einer Feststellungsklage – zu erheben. Eine solche Klage war dem Kläger auch zumutbar. Soweit er sich einer sich aufdrängenden Kenntnis von dem Behandlungsfehler verschlossen hat, liegt ein rechtsmissbräuchliches Verhalten und damit grobe Fahrlässigkeit vor.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung des § 3 ZPO bestimmt.