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Behandlungskosten – Vermittlung medizinischer Dienstleitungen – Kostenschuldner

OLG Köln – Az.: 5 U 141/17 – Urteil vom 15.08.2018

Auf die Berufungen der Kläger und der Beklagten wird das am 16.08.2017 verkündete Urteil der 9. Zivilkammer des Landgerichts Bonn – 9 O 97/17 – teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an das Universitätsklinikum C, T-Str. x, C die Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin zu 1) vom 31.01.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnungs-Nr. 11xxx059) in Höhe von 6.931,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12.06.2018 zu zahlen, abzüglich möglicher weiterer, über die bereits geleisteten 21.000 EUR hinausgehenden Zahlungen der Fa. J GmbH.

Die Beklagte wird ferner verurteilt, die Kläger von den Ausgleichs- und Regressforderungen der Fa. J GmbH, Vstraße xx, C hinsichtlich der an das Universitätsklinikum C bezahlten Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin zu 1) vom 31.01.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnungs-Nr. 11xxx059) bis zu einer Höhe von 27.931,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 13.02.2018 freizustellen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die weitergehenden Berufungen der Parteien werden zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz tragen die Kläger zu 18 % und die Beklagte zu 82 %. Die Kosten des Rechtsstreits zweiter Instanz tragen die Kläger zu 43 % und die Beklagte zu 57 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die jeweils vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Behandlungskosten - Vermittlung medizinischer Dienstleitungen - Kostenschuldner
(Symbolfoto: stockfour/Shutterstock.com)

Die Kläger sind Eheleute und Staatsangehörige der russischen Föderation. Die Beklagte ist ein Unternehmen, das Patienten aus dem Ausland medizinische Dienstleistungen in Deutschland vermittelt. Schwerpunkt ihrer unternehmerischen Tätigkeit ist die Beratung, Betreuung und Begleitung aus dem Ausland stammender Patienten, die sich in Deutschland medizinisch behandeln lassen wollen. Auf gleichem Geschäftsgebiet ist die Fa. J GmbH (im Folgenden: Fa. J) tätig. Geschäftsführerin der Fa. J war – gemeinsam mit ihrem damaligen Ehemann T2 F – Frau F2 T3. Frau T3 arbeitete im Jahr 2014 auch für die Beklagte. Wegen Unstimmigkeiten wurde Frau T3 am 29.10.2014 von der Geschäftsführung der Fa. J abberufen. Die Abberufung wurde am 26.11.2014 in das Handelsregister eingetragen.

Die Klägerin zu 1) ließ sich im Juni 2014 in der Uniklinik C medizinisch behandeln. Noch vor Beginn der Behandlung hatte der Kläger zu 2) mit der Fa. J einen Vertrag über die Vermittlung von medizinischen Dienstleistungen in Kliniken Deutschlands geschlossen (Vertrag Nr. 40/14 vom 17.03.2014, Bl. 30 ff d.A.). Laut Vertragstext war die Fa. J unter anderem verpflichtet, für die Klägerin zu 1) eine medizinische Institution zu finden, Informationen über Kliniken zur Verfügung zu stellen, bei Eingehen des Behandlungsverhältnisses sowie bei der Organisation des Klinikaufenthaltes behilflich zu sein und die vermittelten medizinischen Leistungen zu bezahlen. Die Fa. J sollte anhand der ihr zur Verfügung gestellten Informationen eine Kostenkalkulation erstellen, die die tatsächlichen Kosten der medizinischen Behandlung und die Vermittlungskosten enthalten sollte. Den sich aus der Kostenkalkulation ergebenden Betrag sollte der Kläger zu 2) pauschal an die Fa. J entrichten.

Die Fa. J gab hinsichtlich der im Juni 2014 angefallenen Behandlungskosten eine Kostenübernahmeerklärung gegenüber dem Universitätsklinikum C ab. Das vertraglich vereinbarte Entgelt wurde von dem Kläger zu 2) an die Fa. J gezahlt.

Die Klägerin zu 1) stürzte am 31.10.2014 während einer physiotherapeutischen Behandlung und zog sich dabei eine mediale Schenkelhalsfraktur und Patellasehnenruptur rechts zu. Dies führte zu einem weiteren, vom 31.10.2014 bis zum 15.12.2014 andauernden stationären Aufenthalt in der Uniklinik C.

Unter dem 01.11.2014 übersandte die Beklagte dem Kläger zu 2) eine Kostenkalkulation und eine Rechnung betreffend den stationären Aufenthalt der Klägerin zu 1) in dem Universitätsklinikum C seit dem 31.10.2014 über einen Betrag in Höhe von 39.800,- EUR (Anlagen K 3 und K 4). Der Kläger zu 2) schloss daraufhin mit der Beklagten einen mit dem Vertragsformular der Fa. J wortgleichen Vertrag über die Vermittlung von medizinischen Dienstleistungen (Vertrag Nr. 92/14 vom 05.11.2014, Anlage K 5). Der Kläger zu 2) zahlte an die Beklagte 39.800,- EUR.

Am 04.11.2014 gab die Fa. J eine schriftliche Kostenübernahmeerklärung wegen des stationären Aufenthaltes seit dem 31.10.2014 ab (Anlage K 11). Die Erklärung war von Frau T3 als Geschäftsführerin der Fa. J unterzeichnet worden.

Das Universitätsklinikum C nahm die Fa. J aus dieser Kostenübernahmeerklärung wegen der durch die Behandlung der Klägerin zu 1) im Zeitraum vom 31.10.2014 bis zum 15.12.2014 angefallenen Kosten in Anspruch. Mit Urteil des LG Bonn vom 21.06.2017 (Az. 9 O 524/16, Anlage K 24) wurde die Fa. J zur Zahlung von 27.931,92 EUR nebst Zinsen an das Universitätsklinikum C verurteilt.

Mit Schreiben vom 19.01.2017 (Anlage K 15) und vom 31.07.2017 (Anlage K 23) verlangte die Fa. J von den Klägern die Freistellung von Ansprüchen des Universitätsklinikums C.

Die Kläger haben gemeint, die Beklagte sei aufgrund des Vermittlungsvertrages vom 05.11.2014 zur Zahlung der durch den Krankenhausaufenthalt vom 31.10.2014 bis zum 15.12.2014 entstandenen Behandlungskosten an die Uniklinik C verpflichtet.

Die Kläger haben beantragt,

1.) die Beklagte zu verurteilen, an das Universitätsklinikum C, T-Str. 25, C, die Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin zu 1) vom 31.10.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnungs-Nr. 11xxxx39) in Höhe von 27.931,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,

2.) die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.666,95 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 22.01.2016 zu zahlen und

3.) festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kläger von allen Regressforderungen der Fa. J GmbH freizustellen, soweit die Fa. J GmbH die Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin zu 1) vom 31.10.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnungs-Nr. 11xxxx39) an das Universitätsklinikum C bezahlt.

Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen.

Sie hat die Auffassung vertreten, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig.

Wegen der Einzelheiten des streitigen Vorbringens der Parteien und der tatsächlichen Feststellungen des Landgerichts wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil (Bl. 90 ff d.A.) Bezug genommen.

Das Landgericht hat der Klage hinsichtlich des Klageantrages zu 1.) stattgegeben und sie im Übrigen abgewiesen. Die Klage sei zulässig. Der Umstand, dass das Universitätsklinikum C die Klägerin zu 1) als unmittelbare Vertragspartnerin des abgeschlossenen Behandlungsvertrages wegen der Behandlungskosten noch nicht in Anspruch genommen habe, lasse das Rechtsschutzbedürfnis für die Klage nicht entfallen. Das in dem Parallelprozess zugunsten des Universitätsklinikums C ergangene Urteil schütze die Klägerin nicht vor einer möglichen, beispielsweise durch eine Zahlungsunfähigkeit der Fa. J veranlassten Inanspruchnahme durch das Universitätsklinikum C. Die Klage sei nach dem Klageantrag zu 1.) auch begründet. Der Anspruch ergebe sich aus § 3 Ziff. 3.2 des Vermittlungsvertrages, nach dem die Beklagte als Beauftragte zur Zahlung der vermittelten medizinischen Leistungen und Nebenleistungen verpflichtet sei. Dieser Anspruch stehe dem Kläger zu 2) als unmittelbarer Vertragspartner der Beklagten und der Klägerin zu 1) als durch den Vertrag Begünstigte zu. Der Vertrag sei als echter Vertrag zugunsten Dritter im Sinne von § 328 BGB auszulegen. Es bestehe wegen der Möglichkeit einer Vollstreckungsabwehrklage gemäß § 767 ZPO auch keine Gefahr, dass das Universitätsklinikum C seine Forderung sowohl gegenüber der Fa. J als auch gegen die Beklagte durchsetze. Der mit dem Klageantrag zu 3) geltend gemachte Feststellungsantrag sei hingegen unbegründet. Die Klägerin zu 1) – und unter Umständen auch der Kläger zu 2) – hafte zwar gemeinsam mit der Fa. J wegen der Behandlungskosten gegenüber dem Universitätsklinikum C als Gesamtschuldner. Einem Gesamtschuldnerregress seien die Kläger gleichwohl nicht ausgesetzt, so dass sie von der Beklagten keine Freistellung gegenüber Ansprüchen der Fa. J verlangen könnten. In dem mit der Beklagten geschlossenen Vertrag sei eindeutig klargestellt worden, dass allein die Beklagte die medizinischen Leistungen bezahlten sollte. Diese Abrede müsse sich auch die Fa. J entgegenhalten lassen, die mit der Fa. J bei der Betreuung ausländischer Patienten seit längerer Zeit eng und intensiv mit der Beklagten kooperiert habe.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Ausführungen in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen.

Gegen das Urteil des Landgerichts Bonn haben sowohl die Kläger als auch die Beklagte Berufung eingelegt.

Die Kläger nehmen die Abweisung des Klageantrages zu 2) hin. Sie sind jedoch der Auffassung, das Landgericht habe den Klageantrag zu 3), mit dem sie die Feststellung begehrt haben, dass die Beklagte verpflichtet ist, sie von Ansprüchen der Fa. J freizustellen, nicht als unbegründet zurückweisen dürfen. Sie seien einem Anspruch der Fa. J auf Erstattung der an das Universitätsklinikum C geleisteten Behandlungskosten ausgesetzt. Von diesem Anspruch müsse die Beklagte sie freistellen. Der Anspruch der Fa. J gegen sie ergebe sich aus dem Vermittlungsvertrag vom 17.03.2014 und/oder aus §§ 675,670 BGB bzw. § 677 ff. BGB i.V.m. § 670 BGB. Die Kläger seien der Fa. J über den Gesamtschuldnerinnenausgleich zu 100 % zum Ausgleich verpflichtet. Sie bestreiten Vereinbarungen zwischen der Beklagten und der Fa. J, nach der die Ausgleichspflicht der Kläger gegenüber der Fa. J ausgeschlossen worden sei.

Die Kläger haben zunächst den Antrag gestellt, das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16.08.2017, soweit die Klage teilweise abgewiesen worden ist, teilweise abzuändern und festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, die Kläger von allen Regressforderungen der Fa. J GmbH, Vstraße xx, C (HRB 19458, AG Bonn) freizustellen, soweit die Fa. J GmbH die Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin zu 1) und Berufungsklägerin zu 1) vom 31.10.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnung-NR. 11xxxx39) an das Universitätsklinikum C bezahlt.

Nunmehr beantragen die Kläger, das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16.08.2017, soweit die Klage teilweise abgewiesen worden ist, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, die Kläger von den Ausgleichs- und Regressforderungen der Fa. J GmbH, Vstraße xx, C hinsichtlich der an das Universitätsklinikum C bezahlten Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Klägerin zu 1) vom 31.01.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnungs-Nr. 11xxx059) in Höhe von 27.931,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit freizustellen, sowie hilfsweise, das Urteil des Landgerichts Bonn vom 16.08.2017, soweit die Klage teilweise abgewiesen worden ist, teilweise abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger den bei der Beklagten für die Bezahlung der medizinischen Behandlung der Klägerin zu 1) hinterlegten Geldbetrag in Höhe von 27.931,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zurückzuzahlen.

Nachdem die Kläger durch den Bevollmächtigten des Universitätsklinikums C darüber informiert worden sind, dass die Fa. J auf die mit Urteil des Landgerichts Bonn vom 21.06.2017 titulierte Forderung Raten in einer Gesamthöhe von 21.000 EUR gezahlt wurden, beantragen die Kläger den Klageantrag zu 1) abändernd,

1.a) die Beklagte zu verurteilen, an das Universitätsklinikum C, T-Str. x, C die Kosten für den stationären Krankenhausaufenthalt der Kläger zu 1) vom 31.01.2014 bis zum 15.12.2014 (Rechnung vom 12.05.2015, Rechnungs-Nr. 11xxxx39) in Höhe von 6.931,92 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen und

2.a) die Beklagte zu verurteilen, an die Kläger den bei der Beklagten für die Bezahlung der medizinischen Behandlung der Klägerin zu 1) hinterlegten Geldbetrag in Höhe von 21.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zurückzuzahlen.

Die Kläger begründen ihren Hilfsantrag damit, dass das an die Beklagte gezahlte Vermittlungsentgelt zweckgebundenes Fremdgeld sei, welches im Falle der unterlassenen Weiterleitung an den medizinischen Dienstleister an sie zurückzuzahlen sei. Der Rückzahlungsanspruch ergebe sich aus dem Vermittlungsvertrag vom 05.11.2014 i.V.m. §§ 675, 677 BGB. Es sei nicht ersichtlich, warum die Beklagte den für die Behandlung der Klägerin zu 1) hinterlegten Betrag in Höhe von 27.931,32 EUR behalten dürfe. Aufgrund der Zweckbindung des hinterlegten Geldes müsse die Beklagte an das Universitätsklinikum C unabhängig davon leisten, ob die Fa. J die Rechnung begleiche. Das Universitätsklinikum sei verpflichtet, die von der Fa. J geleisteten Zahlungen an diese zurückzuerstatten.

Die Beklagte beantragt,

1.) die Berufung der Kläger zurückzuweisen sowie

2.) die Klage unter Abänderung des mit der Berufung angefochtenen Urteil des Landgerichts Bonn vom 16.08.2017, Az. 9 O 97/17, insgesamt abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Klage sei mangels Rechtsschutzbedürfnis unzulässig. Da die Fa. J gegenüber dem Universitätsklinikum C am 04.11.2014 eine Kostenübernahmeerklärung abgegeben habe, hafte die Klägerin zu 1) gegenüber dem Universitätsklinikum C nicht für die Behandlungs- und Unterbringungskosten. Dies folge aus der Vorschrift des § 630a Abs. 1 BGB, wonach der Patient nur dann eine Vergütung für die ärztliche Behandlung zu zahlen habe, soweit nicht ein Dritter zur Zahlung verpflichtet sei. Überdies seien die Kläger – insoweit unstreitig – zu keiner Zeit von der Uniklinik C zur Zahlung aufgefordert worden. Etwaige Ansprüche des Krankenhauses gegen die Kläger seien ohnehin verjährt. Die Kläger könnten daher kein Interesse an der Verurteilung der Beklagten haben. Hingegen habe die Fa. J ein sehr großes Interesse an einer Verurteilung der Beklagten, damit sie nicht selbst an das Universitätsklinikum C zahlen müsse. Die Kläger würden von der Fa. J instrumentalisiert, um eine zwischen der Beklagten und der Fa. J am 15.01.2015 geschlossene Vergleichsvereinbarung zu umgehen. Ein positiver Ausgang dieses Rechtsstreits nütze nicht den Klägern, sondern ausschließlich der Fa. J. Insoweit sei auch zu berücksichtigen, dass der Prozessbevollmächtigte der Kläger die Fa. J bei einer Vergleichsvereinbarung zwischen der Fa. J und der Beklagten vertreten habe. Aus diesen Gründen sei bereits erstinstanzlich die Prozessvollmacht des klägerischen Prozessbevollmächtigten bestritten worden. Dieses Bestreiten bleibe aufrechterhalten. Eine Inanspruchnahme der Kläger durch die Fa. J drohe tatsächlich nicht. Etwaige Ansprüche seien im Übrigen bereits verjährt.

Die Kläger beantragen, die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Sie rügen neuen Vortrag der Beklagten als verspätet. Sie bestreiten, dass die Beklagte mit der Fa. J ab Anfang bzw. Mitte Oktober 2014 eng kooperiert und arbeitsteilig zusammengewirkt habe. Die Kostenübernahmeerklärung der Fa. J vom 04.11.2014 habe aufgrund des rechtsmissbräuchlichen Verhaltens von Frau T3 und deren Abberufung als Geschäftsführerin der Fa. J im Verhältnis zwischen der Fa. J und der Beklagten keine Wirkung. Sie bestreiten eine Bevollmächtigung des Prozessbevollmächtigten der Beklagten mit Nichtwissen. Es bestehe Zweifel daran, dass der Geschäftsführer der Beklagten von dem vorliegenden Rechtsstreit Kenntnis habe. Das Unternehmen der Beklagten werde faktisch durch Frau T3 geführt.

Der Beklagte behauptet mit nachgelassenem Schriftsatz vom 04.07.2018, die Forderung des Universitätsklinikums C sei im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung bereits vollständig erfüllt gewesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Klage hat nach den Klageanträgen zu 1.a) und 3) Erfolg. Im Übrigen ist sie abzuweisen.

1.) Die Klage ist zulässig.

a) Der Prozessbevollmächtigte der Kläger hat in der mündlichen Verhandlung beim Landgericht eine Prozessvollmacht im Original vorgelegt und damit den Nachweis einer Vollmachtserteilung erbracht, § 80 ZPO. Die Vermutung der Beklagten, der eigentliche Betreiber des Klageverfahrens sei die Fa. J, die auf dieser Weise versuche, ihrer Inanspruchnahme durch das Universitätsklinikum C aus der Kostenübernahmeerklärung vom 04.11.2014 zu entgehen, ist zwar durchaus nachvollziehbar, denn die Kläger wurden von dem Universitätsklinikum bislang nicht in Anspruch genommen, während eine Zahlung der Beklagten an das Universitätsklinikum vor allem der Fa. J nützen würde, welche ihrerseits von dem anwaltlichen Kollegen des Prozessbevollmächtigten der Kläger vertreten wird. Dass die Klage auch dem Interesse der Fa. J dient, schließt jedoch nicht aus, dass die Kläger ihrerseits eine Verurteilung der Beklagten begehren und ihrem Prozessbevollmächtigten einen entsprechenden Klageauftrag erteilt haben. Dafür, dass die vorlegten Prozessvollmachten (Anlagen K 1) nicht von den Klägern unterschrieben worden sind, spricht vorliegend nichts und dies wird von der Beklagten auch nicht konkret behauptet.

b) Der Klage fehlt auch nicht das Rechtsschutzbedürfnis. Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Kläger kein schutzwürdiges Interesse an dem begehrten Urteil hätten. Die Kläger haben jedoch ein schutzwürdiges Interesse daran, dass die Beklagte die Rechnung des Universitätsklinikums C vom 12.05.2015 begleicht, denn sie könnten, solange die Rechnung noch nicht beglichen ist, selbst durch das Universitätsklinikum in Anspruch genommen werden. Die Klägerin zu 1) ist als Privatpatientin unmittelbare Vertragspartnerin des Universitätsklinikums C geworden und muss daher grundsätzlich für die Behandlungskosten einstehen.

Entgegen der Auffassung der Beklagten ergibt sich vorliegend aufgrund von § 630a Abs. 1 BGB nichts anderes. Die Vorschrift stellt klar, dass auch gesetzlich versicherte Patienten einen privatärztlichen Behandlungsvertrag abschließen, gleichwohl nicht auf Zahlung der Vergütung für medizinischen Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können, soweit ein gesetzlicher Krankenversicherer die Kosten übernehmen muss. Weder ist die Klägerin zu 1) gesetzlich versichert, noch ist die Fa. J gesetzlicher Krankenversicherer. Es liegt auch keine vergleichbare Konstellation vor. Die Fa. J hat als Vermittler medizinischer Dienstleistungen eine Kostenübernahmeerklärung gegenüber dem Krankenhaus abgegeben und ist damit als weiterer Kostenschuldner neben die Klägerin als Patientin getreten.

Ansprüche des Universitätsklinikums C gegen die Klägerin zu 1) sind auch nicht verjährt. Da das Universitätsklinikum gegenüber der Klägerin zu 1) bislang keine Rechnung erteilt hat, ist der Anspruch noch nicht fällig, § 12 Abs. 1 GOÄ. Die regelmäßige Verjährungsfrist hat daher noch nicht begonnen, § 199 Abs. 1 Nr. 1 BGB.

Dass die Fa. J bereits einen Teil des geforderten Rechnungsbetrages, den das Universitätsklinikum C nur einmal zu fordern berechtigt ist, beglichen hat, lässt das Rechtsschutzbedürfnis nicht entfallen.

c) Die mit Schriftsatz vom 01.02.2018 und vom 06.08.2018 vorgenommene Klageänderungen sind zulässig, denn sie sind sachdienlich und werden auf Tatsachen gestützt, die der Senat ohnehin seiner Verhandlung und Entscheidung zugrunde zu legen hat, § 533 ZPO.

2. Die Klage ist überwiegend begründet.

a) Klageantrag zu 1.a)

Die Kläger haben einen Anspruch gegen die Beklagte auf Zahlung des noch offenen Rechnungsbetrages aus der Rechnung vom 12.05.2015 an das Universitätsklinikum C aus § 3 Ziff. 3.2 des Vermittlungsvertrages vom 05.11.2014. Aus den zutreffenden Gründen der angefochtenen Entscheidung, auf die der Senat Bezug nimmt, können beide Kläger von der Beklagten aufgrund des am 05.11.2014 geschlossenen Vermittlungsvertrages verlangen, dass die Beklagte die durch das Universitätsklinikum C in Rechnung gestellten Behandlungskosten bezahlt. Die im Vertrag enthaltene Formulierung „Der Beauftragte zahlt die vermittelten medizinischen Leistungen und Nebenleistungen“ kann nicht anders verstanden werden, als dass die Beklagte die durch die Behandlung entstehenden Kosten unmittelbar durch Zahlung an den medizinischen Dienstleister, hier das Universitätsklinikum C, begleichen sollte.

Die Beklagte ist jedoch gegenüber den Klägern nur insoweit zur Zahlung der Behandlungskosten an das Universitätsklinikum C verpflichtet, wie die Forderung noch durch das Universitätsklinikum geltend gemacht werden kann. Nach dem im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung noch unstreitigen Parteivortrag der Kläger hat die Fa. J bislang 21.000,00 EUR an das Universitätsklinikum C gezahlt. Die Zahlung erfolgte mit befreiender Wirkung für die Kläger (§ 422 BGB), so dass nur noch ein Betrag in Höhe von 6.931,92 EUR offensteht.

Soweit die Beklagte mit Schriftsatz vom 04.07.2018 unter Beweisantritt durch Vernehmung des Geschäftsführers der Fa. J, Herrn F, vortragen lässt, die Forderung des Universitätsklinikums C sei im Zeitpunkt der Berufungsverhandlung vollständig erfüllt gewesen, stellt dies eine offensichtlich ins Blaue hinein aufgestellte Behauptung dar. Die Kläger haben mit Schriftsatz vom 08.06.2018 zwei Schreiben von Rechtsanwalt L., des Bevollmächtigten des Universitätsklinikums C vom 01.06.2018 und vom 06.06.2018 vorgelegt, aus denen hervorgeht, dass die Fa. J die letzte Monatsrate am 03.04.2018 beglichen hat, bis dahin 21.000 EUR gezahlt waren und bis zum 06.06.2018 keine weiteren Zahlungen erfolgt sind. Woher die Beklagte Kenntnis hat, dass bis zur Berufungsverhandlung am 13.06.2018 (oder auch danach) weitere Zahlungen erfolgt sind, legt sie nicht dar. Ihr Vorbringen erfolgt offensichtlich ins Blaue hinein und ist daher prozessual unbeachtlich. Sollte die Fa. J weitere Zahlungen an das Universitätsklinikum C geleistet haben, würde sich der mit diesem Urteil titulierte Zahlungsanspruch weiter reduzieren. Der Möglichkeit einer zwischenzeitlich erfolgten weiteren Zahlung der Fa. J hat der Senat im Urteilstenor Rechnung getragen.

b) Klageantrag zu 1.b)

Die Kläger haben gegen die Beklagte keinen Anspruch auf Rückzahlung von 21.000 EUR.

Entgegen der Auffassung der Kläger folgt aus dem Vermittlungsvertrag vom 05.11.2014 nicht, dass die Beklagte, soweit nicht sie, sondern ein Dritter die Behandlungskosten an das Universitätsklinikum C zahlen würde, zur Rückzahlung an die Kläger verpflichtet ist. Der Vertrag enthält keine Regelung zu der Frage, ob im Fall, dass die Behandlungskosten durch einen Dritten beglichen werden, die Beklagte das Entgelt an den Kläger zurückzuzahlen hat. Und es ist auch nicht anzunehmen, dass die Parteien, wenn sie an diesen Fall gedacht hätten, eine Rückzahlungsverpflichtung der Beklagten vereinbart hätten. Ein Interesse der Kläger, dass die Behandlungskosten ausschließlich durch die Beklagte und nicht durch einen Dritten – hier die Fa. J – gezahlt werden sollten, bestand und besteht ersichtlich nicht. Es ist auch kein Grund ersichtlich, warum die Kläger zur Rückforderung des auf die Behandlungskosten entfallenen Entgeltes berechtigt sein sollten, obwohl die Klägerin zu 1) entsprechende medizinische Behandlungen erhalten hat und wegen der Behandlungskosten von dem Universitätsklinikum C aufgrund der schuldbefreienden Leistung der Fa. J nicht in Anspruch genommen wird.

Eine Zweckbindung des durch den Kläger geleisteten Entgeltes war vertraglich nicht vereinbart. Der am 05.11.2014 geschlossene Vermittlungsvertrag enthält keine Regelung, nach der die Beklagte den gezahlten Pauschalbetrag ausschließlich für die Begleichung der Behandlungskosten aufzuwenden hatte.

c) Klageantrag zu 3)

Die Kläger können verlangen, dass sie von der Beklagten von Regressforderungen der Fa. J wegen der an das Universitätsklinikum C geleisteten Zahlungen freigestellt werden. Aus dem Vermittlungsvertrag vom 05.11.2014 ergibt sich, dass die Kläger nach Zahlung der Pauschale in Höhe von 39.800 EUR mit den Kosten, die durch die medizinische Behandlung entstehen würden, nicht belastet sein sollten. Diese Kosten sollten durch die Beklagte beglichen werden. Der Vertrag ist im Wege der ergänzenden Vertragsauslegung dahingehend auszulegen, dass die Kläger wegen der Behandlungskosten auch keinen Regressforderungen von Seiten Dritter, die anstelle der Beklagten gezahlt hatten, ausgesetzt sein sollten. Bei Abwägung der beiderseitigen Interessen nach Treu und Glauben hätten die Parteien, wenn sie an den Fall, dass ein Dritter die Behandlungskosten begleicht und die Kläger deswegen in Regress nimmt, eine Regelung getroffen, nach der die Beklagte die Kläger von Ansprüchen des Dritten freistellt.

Es besteht auch die ernsthafte Gefahr, dass die Fa. J die Kläger wegen der geleisteten Zahlungen in Anspruch nimmt. Die Absicht der Fa. J, die Kläger in Regress zu nehmen, lässt sich den Schreiben vom 19.01.2017 und vom 31.07.2017 entnehmen, in denen die Fa. J von den Klägern die Freistellung von Ansprüchen des Universitätsklinikums C gefordert hat. Dass die Fa. J berechtigterweise einen Zahlungsanspruch gegen die Kläger gelten machen können, ist auch nicht von Vornherein von der Hand zu weisen. Ein solcher dürfte sich aus Bereicherungsrecht ergeben. Die Kläger haben durch Leistung der Fa. J „etwas“, nämlich die Befreiung von einer gegenüber dem Universitätsklinikum C bestehenden Verbindlichkeit erlangt. In dem Verhältnis zwischen der Fa. J und den Klägern fehlt es an einem Rechtsgrund. Der Vermittlungsvertrag vom 17.03.2014 hatte eine andere medizinische Behandlung zum Gegenstand und stellt daher keinen Rechtsgrund dar. Da die Fa. J erst nach Abschluss einer mit dem Universitätsklinikum C geschlossenen Ratenzahlungsvereinbarung vom 21.07.2017 gezahlt hat, wären etwaige Ansprüche der Fa. J auch nicht verjährt.

Ob der Fa. J tatsächlich Zahlungsansprüche gegen die Kläger zustehen, bedarf in diesem Rechtsstreit keiner abschließenden Entscheidung. Denn die Kläger haben jedenfalls aus dem Vermittlungsvertrag vom 05.11.2014 einen Anspruch darauf, dass sie von möglichen Ansprüchen der Fa. J freigestellt werden.

d) Die zuerkannten Zinsansprüche ergeben sich aus § 288 Abs. 1 BGB.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Weder hat die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die entscheidungserheblichen Fragen sind ausschließlich solches des Einzelfalls.

Streitwert:

1. Instanz: 33.874,96 EUR (27.931,92 EUR + 5.943,04 EUR)

(Klageantrag zu 1) und 3) stehen in einem Eventualverhältnis und betreffen denselben Gegenstand, § 45 Abs. 1 GKG)

2. Instanz: 48.931,92 EUR

(Klageantrag zu 1.a) und 3) stehen in einem Eventualverhältnis und betreffen denselben Gegenstand, es gilt der höhere Wert gemäß § 45 Abs. 1 S. 3 GKG: 27.931,92 EUR; Antrag zu 1.b): 21.000 EUR)

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