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Beweislast des Patienten bei Behandlungsfehler bzw. Befunderhebungsfehler

LG Köln – Az.: 25 O 330/15 – Urteil vom 06.06.2017

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin stürzte am 29.04.2014 vom Fahrrad auf ihre rechte Körperseite. Sie trug einen Fahrradhelm, der bei dem Sturz beschädigt wurde. Sie wurde mit dem Rettungswagen in die unfallchirurgische Ambulanz im Haus der Beklagten zu 1) eingeliefert und dort klinisch untersucht. Es wurden Röntgenaufnahmen und ein CT des rechten Armes sowie des Beckens angefertigt. Anhand dieser Bilder wurden eine vordere und hintere Beckenringfraktur rechts sowie eine offene supra- und intrakondyläre distale Humerusmehrfragmentfraktur rechts diagnostiziert. Im Hinblick auf die Beckenringfraktur fiel die Entscheidung für eine konservative Therapie mit weiteren CT-Kontrollen im Verlauf. Im Hinblick auf die Ellenbogenfraktur wurde die Indikation zu einem operativen Eingriff mittels Doppelplattenosteosynthese und Zuggurtungsosteosynthese am Olecranon gestellt. Die Operation wurde durchgeführt. Postoperativ wurden am 20.05.2014 eine CT-Aufnahme vom Becken und am 28.05.2014 Röntgen- und CT-Bilder vom Arm angefertigt. Es wurde mit einer schonenden Krankengymnastik im Hinblick auf die Beckenringfraktur begonnen. Am 08.06.2014 wurde die Klägerin aus der stationären Behandlung entlassen. Anschließend führte sie im Zeitraum vom 10.06.2014 bis zum 01.07.2014 eine Anschlussheilbehandlung in C durch. Nachfolgend stellte sie sich erneut am 03.07.2014 in der ambulanten Sprechstunde im Haus der Beklagten zu 1) bei dem Beklagten zu 2) vor. Unter dem 08.07.2014 erfolgte eine weitere Wiedervorstellung. Bei diesem Termin wurden unstreitig Nackenschmerzen angegeben und eine Massagetherapie verordnet. Bei dem weiteren Kontrolltermin am 05.08.2014 persistierten die Schmerzen. Es wurde ein Termin zur Anfertigung einer MRT-Untersuchung vereinbart und die Massagebehandlung ausgesetzt. Am 11.08.2014 wurde auf der MRT-Aufnahme eine Dens-Fraktur diagnostiziert und zusätzlich die Durchführung einer CT-Untersuchung veranlasst. Am 18.08.2014 und am 25.08.2014 erfolgten die letzten Wiedervorstellungen der Klägerin im Haus der Beklagten zu 1). Nachfolgend stellte sich die Klägerin am 10.09.2014 in der Universitätsklinik Köln vor. Am 03.11.2014 wurde dort die Dens-Fraktur operiert. Im Rahmen dieser Operation erfolgte zugleich auch die Entfernung der Zuggurtung und Doppelplattenosteosynthese im Bereich des Ellenbogens.

Die Klägerin behauptet, die Behandlung im Haus der Beklagten zu 1) sei fehlerhaft erfolgt. Bereits initial habe eine Bildgebung des Kopfes und der HWS erfolgen müssen. Auch nachfolgend hätten diagnostische Maßnahmen ergriffen werden müssen, nachdem sie nach 5-wöchiger Ruhigstellung im Haus der Beklagten zu 1) bei der erstmaligen Mobilisierung Ende Mai 2014 gegenüber dem Beklagten zu 2) Nackenschmerzen beim Herumdrehen sowie Schwindel geäußert habe. Auch in den Folgevisiten habe sie immer wieder über Nackenschmerzen geklagt, ohne dass dies zum Anlass für weitergehende diagnostische Maßnahmen genommen worden sei. Auch ein Hinweis an die weiterbehandelnde Rehabilitationsklinik zur weiteren Abklärung sei nicht erfolgt. Auch bei der ambulanten Nachbehandlung im Haus der Beklagten zu 1) im Juli 2014 habe sie erneut auf ihre fortbestehenden Nackenschmerzen im HWS-Bereich hingewiesen. Die Verordnung einer Massagetherapie ohne weitergehende Bildgebung sei in dieser Situation als fehlerhaft zu werten. Infolge der verspätet durchgeführten Bildgebung sei die bei dem Unfall erlittene Dens-Fraktur verspätet erkannt und einer Behandlung zugeführt worden. Auch im Hinblick auf die Pseudarthrose im rechten Arm habe seitens des Beklagten zu 2) keine adäquate Behandlung stattgefunden. Auf die im Rehabilitationsbericht festgestellten Anzeichen für ein Versagen der Osteosynthese sei nicht ausreichend frühzeitig reagiert worden. Infolge der verspäteten Behandlung sei derzeit trotz Verschraubung des Dens noch immer keine knöcherne Stabilität gegeben. Eine Ausheilung sei ungewiss. Gegebenenfalls sei eine weitere Operation erforderlich. Es bestehe zudem eine Pseudarthrose in diesem Bereich. Bei rechtzeitiger Diagnose wäre die Fraktur ohne Verschraubung und Operation vollständig ausgeheilt. Durch die notwendige Verschraubung habe sich zudem der Zeitraum der Bewegungsunfähigkeit verlängert. Die Nichtreaktion auf das Versagen der Osteosynthese und die Pseudarthrose im Olecranon habe ebenfalls zu einer Verlängerung der Behandlungsdauer geführt. Eine Vollbelastung des rechten Armes sei der Klägerin behandlungsfehlerbedingt erst im Februar 2015 möglich gewesen. In Anbetracht der erlittenen Beeinträchtigungen hält die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 10.000 EUR für angemessen. Die Klägerin macht darüber hinaus einen Haushaltsführungsschaden, Behandlungskosten und Fahrtkosten geltend. Wegen der diesbezüglichen Einzelheiten und der Zusammensetzung der Klageforderung wird auf die Klageschrift Bezug genommen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 10.000 EUR, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab 16.5.2015 sowie Kosten der vorgerichtlichen Rechtsverfolgung in Höhe von 1.476,31 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab Rechtshängigkeit zu zahlen,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an die Klägerin 5.471,59 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins ab 16.5.2015 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtlichen weiteren materiellen und noch entstehenden immateriellen Schaden zu ersetzen, der auf die Behandlung vom 29.4.2014 bis 25.8.2014 zurückzuführen ist, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder noch übergehen werden.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten bestreiten den Behandlungsfehlervorwurf nach Maßgabe der Klageerwiderung. Sie behaupten, die Behandlung der Klägerin sei vollumfänglich lege artis erfolgt. Weitergehende Diagnostik sei zu keinem Zeitpunkt der Behandlung erforderlich gewesen. Klassische Symptome einer Densfraktur seien von der Klägerin weder initial noch im Rahmen des nachfolgenden mehrwöchigen stationären Aufenthalts geäußert worden. Insbesondere sei im Rahmen des stationären Aufenthalts nur einmalig über Nackenschmerzen geklagt worden, die sich bereits am Folgetag gebessert gezeigt hätten. Nachdem die Klägerin im Rahmen der ambulanten Sprechstunde über Nackenschmerzen geklagt und diese sich durch die verordnete Massagetherapie nicht gebessert hätten, sei unverzüglich eine Bildgebung in die Wege geleitet und die Fraktur diagnostiziert worden. Nach Erhalt des Befundes sei die Klägerin über das Erfordernis einer zeitnahen Operation der Densfraktur aufgeklärt worden. Im Hinblick auf den Ellenbogen sei eine frühzeitigere operative Revision nicht indiziert gewesen. Die Beklagten bestreiten, dass die Densfraktur überhaupt auf den Sturz zurückzuführen sei und zum Zeitpunkt der stationären Behandlung vorgelegen habe. Sie bestreiten die klägerseits behaupteten Beschwerden und die Kausalität eines etwaigen Behandlungsfehlers in ihrem Hause für diese. Sie halten das geltend gemachte Schmerzensgeld für überhöht und bestreiten die materiellen Schadenspositionen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie die zu den Akten gereichten Urkunden Bezug genommen.

Die Kammer hat Beweis erhoben gemäß dem Beweisbeschluss vom 24.02.2016 in Verbindung mit den beiden Beschlüssen vom 09.05.2017 durch Einholung eines Sachverständigengutachtens und mündliche Erläuterung desselben sowie durch Zeugenvernehmung. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. G vom 07.10.2016 sowie das Protokoll der Sitzung vom 09.05.2017 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Beweislast des Patienten bei Behandlungsfehler bzw. Befunderhebungsfehler
(Symbolfoto: Von Billion Photos/Shutterstock.com)

Die Klage ist unbegründet. Der Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen die Beklagten weder aus dem zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1) geschlossenen Behandlungsvertrag in Verbindung mit §§ 630a, 278, 280, 253 II, 249 ff. BGB noch aus §§ 823, 831, 253 II, 249 ff. BGB zu.

1.

Die Klägerin hat nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht zur Überzeugung der Kammer beweisen können, dass sie im Haus der Beklagten zu 1) fehlerhaft behandelt und/oder medizinisch gebotene Befunderhebungen unterlassen worden sind, § 286 ZPO. Im Gegenteil ist der gerichtliche Sachverständige Dr. G in seinem Gutachten unter sorgfältiger Auswertung der Behandlungsunterlagen und der bildgebenden Befunde sowie einer eigenen Untersuchung der Klägerin überzeugend und nachvollziehbar zu dem Ergebnis gelangt, dass mit Blick auf die Dens-Fraktur aus der maßgeblichen ex ante Perspektive der Behandler in Ansehung der sich ihnen darbietenden Beschwerdesymptomatik eine weitergehende Befunderhebung medizinisch nicht erforderlich war. Initial habe keine Situation vorgelegen, in der zwingend eine Bildgebung vom Kopf und/oder der HWS veranlasst gewesen sei. Man habe sie machen können, aber nicht müssen. Eine Bildgebung des Schädels sei laut ATLS-Protokoll nur dann erforderlich und indiziert, wenn sich Hinweise auf eine Kopfverletzung zeigten, konkret in Form eines Bewusstseinsverlusts, eines Gedächtnisverlusts, einer Desorientiertheit oder eines GCS-Score zwischen 13 und 15 oder aber bei Vorliegen einer offenen oder Impressionsschädelfraktur bzw. Hinweisen auf eine Schädelbasisfraktur. Eine derartige Situation habe ausweislich der Behandlungsdokumentation intial bei der Klägerin gerade nicht vorgelegen. Auch seien weder im Rettungsdienstprotokoll noch im Aufnahmebefund Klagen über Nackenschmerzen oder sonstige HWS-Beschwerden verzeichnet, die Veranlassung für eine Bildgebung der HWS gegeben hätten. Auch die klinische Untersuchung habe keinen Hinweis auf das Vorliegen einer HWS-Verletzung ergeben. Derartige Hinweise auf das Vorliegen einer HWS-Verletzung ergäben sich schließlich auch nicht aus dem Unfallhergang an sich oder der Beschädigung des Fahrradhelmes. Letzteres zeige nur, dass ein Teil des Anpralls vom Fahrradhelm aufgefangen worden sei. Auch ein Schädel-Hirn-Trauma, das einen Risikofaktor für das Vorliegen einer Halswirbelsäulenverletzung darstelle, habe bei der Klägerin nicht vorgelegen. Die Schürfwunde am Os zygomaticum sei zwar als Gesichtsverletzung anzusehen, jedoch nicht als Gesichtsschädelverletzung von solcher Schwere, dass von ihr auf das Risiko einer HWS-Verletzung hätte geschlossen werden müssen. Auch im weiteren Verlauf des stationären Aufenthalts hätten sich den Behandlern keine Hinweise auf das Vorliegen einer HWS-Verletzung dargeboten, die weitergehende Diagnostik erforderlich gemacht hätten. Dokumentiert seien Schmerzen der HWS lediglich einmalig am 04.06.2014. Dies habe richtigerweise eine klinische Untersuchung nach sich gezogen, die indes keine Auffälligkeiten gezeigt habe. Bereits am Folgetag sei sie ausweislich des Visiteneintrages gebessert gewesen. Auch insoweit sei aufgrund einer einmaligen Schilderung von Schmerzen der HWS nicht mehr zu fordern als eine klinische Untersuchung und erst bei auffälligen Befunden dieser Untersuchung eine Bildgebung. Zu sehen sei ferner, dass auch aus dem Aufnahmebefund der Reha-Klinik keine Anhaltspunkte ersichtlich seien, die auf eine HWS-Verletzung hingedeutet hätten. Auch die dort im Rahmen der klinischen Aufnahmeuntersuchung erhobenen Befunde seien unauffällig. In der Rehabilitationsklinik seien Nackenschmerzen dokumentiert für den 16.06.2014. Diese hätten sich dann aber unter Massagebehandlung gebessert. Auch die physiotherapeutischen Berichte enthielten keinen Hinweis auf fortlaufend geklagte Nackenschmerzen. Etwas deutlichere Hinweise auf das Vorliegen einer HWS-Problematik seien erst aus den Dokumentationen vom 08.07.2014 und vom 05.08.2014 zu ersehen. Parallel hierzu sei allerdings von Dr. E, einem niedergelassenen Behandler der Klägerin, ein Befund dokumentiert, der gänzlich unauffällig im Hinblick auf eine HWS-Verletzung sei und allenfalls auf eine Verspannung der Nackenmuskulatur hingedeutet habe. Auch am 23.07.2014 sei von letzterem explizit dokumentiert, dass keine Nackensteife und keine neurologischen Auffälligkeiten bestanden hätten. Sämtliche Befunddokumentationen seien daher als eher unspezifisch zu bezeichnen und gerade nicht typisch für das Vorliegen einer Densfraktur. Zwingende Veranlassung für die Durchführung einer weiteren Bildgebung habe daher strenggenommen auch zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden. Dennoch sei eine weitere Bildgebung Anfang August veranlasst worden. Im Zuge der durchgeführten Bildgebung sei die Fraktur dann erkannt worden. Eine absolute und dringliche Operationsindikation habe zu diesem Zeitpunkt nicht bestanden, weil sich in den CT-Aufnahmen keine Verschiebung gezeigt habe. Auch eine Instabilität sei wenig wahrscheinlich gewesen aufgrund der insgesamt sehr begrenzten Beschwerdesymptomatik. Das Gutachten des Sachverständigen ist überzeugend und nachvollziehbar, dabei eingehend und fundiert sowie wissenschaftlich untermauert. Die Fachkunde des Sachverständigen steht außer Zweifel. Die Kammer beauftragt ihn seit Jahren mit der Erstellung von Sachverständigengutachten und hat ihn in dieser Zeit als ausgewogen und differenziert beurteilenden, dabei durchaus kritischen Sachverständigen kennen und schätzen gelernt.

Auch die Behauptungen der Klägerin zu den von ihr gegenüber den Behandlern im Haus der Beklagten zu 1) geschilderten Nackenschmerzen nötigen nicht zu einer abweichenden Beurteilung. Dass sie initial am Sturztag gegenüber den Behandlern Nackenschmerzen angegeben habe, behauptet auch die Klägerin nicht. Dies hat auch der Zeuge B nicht bekundet. Soweit die Klägerin schriftsätzlich wie auch in ihrer informatorischen Anhörung erklärt hat, sie habe nach Beendigung der Ruhigstellung mit Beginn der Mobilisierung über Schwindel und Nackenschmerzen geklagt, ist einerseits zu sehen, dass dies nicht dokumentiert ist. Die zeitnah gefertigte Behandlungsdokumentation hat indes die Vermutung der Richtigkeit und Vollständigkeit für sich. Es spricht nichts dafür, dass die Sachverhaltsdarstellung der Klägerin richtig und die Dokumentation falsch ist. Dessen ungeachtet hat der Sachverständige aber auch ausgeführt, die von der Klägerin für den Beginn der Mobilisation geschilderte Symptomatik könne mannigfaltige Ursachen haben, insbesondere und am wahrscheinlichsten auf die lange Zeit der Bettruhe zurückzuführen sein. Selbst wenn die Behauptungen der Klägerin zuträfen, hätten die geschilderten Beschwerden für die Behandler lediglich Veranlassung für eine klinische Untersuchung im HWS-Bereich geben müssen. Dass eine solche dann gebotene Untersuchung indes zu Auffälligkeiten geführt hätte, die eine weitergehende Bildgebung erforderlich gemacht hätte, könne nicht mit hinreichender Wahrscheinlichkeit festgestellt werden. Denn insoweit sei zu sehen, dass sowohl die initial bei Aufnahme erhobenen klinischen Befunde als auch das für den 04.06.2014 dokumentierte Ergebnis einer klinischen Untersuchung der HWS im Hinblick auf eine Verletzung der HWS unauffällig gewesen sei. Gleiches gelte für den Aufnahmebefund der Reha-Klinik und die von dem niedergelassenen Behandler Dr. E dokumentierten klinischen Befunde aus Juli 2014. Angesichts dieser gänzlich unauffälligen Untersuchungsbefunde sowohl vor als auch nach dem klägerseits behaupteten Zeitpunkt der Nackenbeschwerden spricht nichts dafür, dass eine Ende Mai 2014 durchgeführte klinische Untersuchung andere Befunde erbracht hätte. Soweit die Klägerin angegeben hat, sie habe auch im weiteren Verlauf des stationären Aufenthalts mehrfach über Nackenschmerzen geklagt, gilt – ungeachtet des Umstandes, dass derartige Beschwerden von einer Persistenz und Vehemenz wie sie von der Klägerin geschildert worden sind, weder von den Beklagten noch von der Reha-Klinik noch von dem niedergelassenen Behandler Dr. E dokumentiert worden sind – nichts anderes. Soweit der Zeuge B angegeben hat, die Klägerin habe bereits in der ersten Woche des stationären Aufenthalts im Haus der Beklagten zu 1) über Nackenschmerzen geklagt, steht dies im Widerspruch nicht nur zu der Behandlungsdokumentation, sondern auch zu der eigenen Einlassung der Klägerin. Soweit er nachfolgend mindestens 2 weitere Erwähnungen von Nackenschmerzen in seinem Beisein bekundet hat, ist nur eine einmalige Klage hierüber mit sich anschließender klinischer Untersuchung dokumentiert. Es spricht nichts dafür, dass die Bekundungen des Zeugen zuverlässiger sind als die Dokumentation. Insbesondere bestanden bei dem Zeugen ersichtlich Schwierigkeiten im Hinblick auf die zeitliche Einordnung der Geschehnisse, die mutmaßlich dem zwischenzeitlichen Zeitablauf geschuldet sind. Selbst bei Unterstellung seiner Aussage als zutreffend verbliebe es dabei, dass derartige Klagen nach den Feststellungen des Sachverständigen lediglich Veranlassung für eine wiederholte klinische Untersuchung gegeben hätte, nicht jedoch für eine erneute Bildgebung.

Auch im Hinblick auf die Behandlung der Humerusmehrfragmentfraktur hat der Sachverständige keine Fehler zu erkennen vermocht. Er hat insoweit ausgeführt, die Operation am 29.04.2014 sei ausweislich des Operationsberichtes lege artis durchgeführt worden und habe ein gutes Operationsergebnis gezeitigt. Die CT-Aufnahme vom 03.07.2014 zeige zwar, dass der Osteotomiespalt des Olecranons nicht knöchern überbaut gewesen sei, sondern eine Spaltbildung von 4 mm an der dorsalen Kortikalis bei nahezu geschlossenem Spalt auf der Gelenkflächenebene vorgelegen habe. Eine starke Dislokation des Osteosynthesematerials oder gar ein Bruch seien jedoch nicht zu erkennen. Bei der CT-Untersuchung im Mai könne keinesfalls ein schlechteres Ergebnis vorgelegen haben. Es sei daher richtig gewesen, im Juli 2014 noch nicht operativ zu intervenieren, dies zumal sich am Ellenbogengelenk eine gute Beweglichkeit gezeigt habe. Von einer verzögerten Knochenheilung könne definitionsgemäß erst nach einem Zeitraum von 4 bis 6 Monaten gesprochen werden, somit bei der Klägerin nicht vor dem 29.08.2014, von einer Pseudarthrose gar erst nach mehr als 6 Monaten, somit nicht vor dem 29.10.2014. Erst zu diesem Zeitpunkt sei eine operative Intervention in Betracht zu ziehen und die Risiken und Chancen insoweit abzuwägen gewesen. Eine zwingende Operationsindikation habe auch im Oktober nicht bestanden. Auf der in der Universitätsklinik Köln angefertigten Röntgenaufnahme vom 21.10.2014 habe sich im Bereich des rechten Ellenbogengelenkes weiterhin ein Spalt gezeigt, so dass zu diesem Zeitpunkt nicht mehr mit Wahrscheinlichkeit davon auszugehen gewesen sei, dass es noch zu einer knöchernen Überbauung komme, so dass richtigerweise die Operation indiziert worden sei. Zu diesem Zeitpunkt habe sich die Klägerin aber nicht mehr in der Behandlung der Beklagten befunden. An diesen Feststellungen hat der Sachverständige auch in der mündlichen Gutachtenerläuterung in vollem Umfang festgehalten. Die verbleibenden Zweifel gehen zu Lasten der für den Behandlungsfehler beweisbelasteten Klägerin.

2.

Die Nebenforderungen teilen das rechtliche Schicksal der Hauptforderungen.

3.

Die prozessualen Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91, 709 S. 1, 2 ZPO.

Streitwert: 20.471,59 EUR

(Klageantrag zu 1): 10.000 EUR,

Klageantrag zu 2): 5.471,59 EUR,

Klageantrag zu 3): 5.000 EUR)

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