Übersicht
- Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Ignorierte Beweise im Arzthaftungsprozess: BGH stärkt Patientenrechte – Was Sie wissen müssen
- Der Fall: Ein fehlendes Schmerzprotokoll und seine Folgen
- Die Reise durch die Instanzen: Ein langer Weg zum Recht
- Die Entscheidung des BGH: Das Recht auf Gehör verletzt
- Einordnung und Hintergrund: Mehr als nur ein Einzelfall
- Was bedeutet das jetzt konkret für mich? – Die praktischen Konsequenzen
- Häufig gestellte Fragen zum Thema; ignorierte Beweise und rechtliches Gehör im Zivilprozess
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was bedeutet die Verletzung des „rechtlichen Gehörs“ ganz praktisch?
- Heißt das BGH-Urteil jetzt, dass Frau S. das Schmerzprotokoll definitiv bekommt?
- Was passiert, wenn das Krankenhaus auch nach der BGH-Entscheidung behauptet, das Protokoll wurde nie erstellt?
- Wie hängt dieser Fall mit meinem allgemeinen Recht zusammen, meine Patientenakte einzusehen?
- Ich bin selbst in einem Rechtsstreit. Was kann ich tun, wenn ich glaube, das Gericht ignoriert meine Argumente?
- Ignorierte Beweise, gestärktes Gehör: Wenn Gerichte hinsehen müssen

Das Wichtigste: Kurz & knapp
- Was bedeutet das konkret? Wenn Sie vor Gericht wichtige Beweise vorlegen, muss das Gericht diese berücksichtigen.
- Das Gericht darf Ihre zentralen Argumente und Beweismittel nicht einfach ignorieren.
- Das stärkt Ihr Recht auf ein faires Verfahren, egal ob Sie klagen oder verklagt werden.
- Besonders wichtig ist das für Patienten: Wenn es um mögliche Behandlungsfehler geht, müssen Gerichte alle relevanten Unterlagen ernst nehmen.
- Patienten haben generell das Recht auf vollständige Einsicht in ihre Behandlungsunterlagen.
- In dem konkreten Fall, der zu dieser Entscheidung führte (einer Patientin fehlte ein Schmerzprotokoll), muss das Gericht den Fall nun neu verhandeln und die zuvor ignorierten Beweise prüfen.
Quelle: BGH vom 21. Juni 2022 (Az. VI ZR 1067/20)
Ignorierte Beweise im Arzthaftungsprozess: BGH stärkt Patientenrechte – Was Sie wissen müssen
Stellen Sie sich vor, Sie waren im Krankenhaus, es gab Komplikationen, und nun brauchen Sie dringend Ihre vollständigen Behandlungsunterlagen, um zu verstehen, was passiert ist. Doch ein wichtiges Dokument fehlt – die Klinik behauptet sogar, es wurde nie erstellt. Genau diese frustrierende Situation erlebte eine Patientin und zog bis vor den Bundesgerichtshof (BGH). Mit einem wegweisenden Beschluss (Az. VI ZR 1067/20 vom 21. Juni 2022) hat der BGH nun klargestellt: Gerichte dürfen wichtige Beweise nicht einfach übergehen. Diese Entscheidung hat weitreichende Folgen – nicht nur für Arzthaftungsfälle, sondern für jeden, der vor Gericht sein Recht sucht.
Der Fall: Ein fehlendes Schmerzprotokoll und seine Folgen
Was war geschehen?
Im Mai 2017 unterzog sich eine Patientin, nennen wir sie Frau S., einer arthroskopischen Operation am linken Knie in einem Krankenhaus. Die Narkose erfolgte über eine sogenannte Spinalanästhesie, eine Betäubung nahe am Rückenmark. Nach der Operation traten bei Frau S. schwerwiegende gesundheitliche Probleme auf: möglicherweise ein postpunktionelles Syndrom, das zu einer inkompletten Querschnittslähmung sowie Problemen bei der Blasen- und Mastdarmentleerung führte.
Um die Vorgänge während ihres Aufenthalts nachvollziehen zu können – auch im Hinblick auf mögliche Behandlungsfehler –, forderte Frau S. ihre vollständigen Krankenunterlagen vom Krankenhaus an. Was sie erhielt, war jedoch unvollständig und enthielt sogar ein Schmerzprotokoll eines völlig anderen Patienten. Frau S. war sich jedoch sicher: Auch für sie musste während ihres Aufenthalts vom 2. bis 4. Mai 2017 ein solches Schmerzprotokoll angefertigt worden sein, in dem typischerweise Schmerzintensität und verabreichte Medikamente dokumentiert werden.
Warum ist ein Schmerzprotokoll wichtig?
Ein solches Protokoll kann entscheidende Informationen liefern, gerade wenn es um die Beurteilung von Komplikationen nach einer Operation oder Anästhesie geht. Es dokumentiert, wie sich der Zustand des Patienten entwickelt hat, wann welche Maßnahmen ergriffen wurden und wie auf Schmerzzustände reagiert wurde. Für Frau S. war dieses Dokument potenziell ein wichtiges Beweismittel, um zu klären, ob im Zusammenhang mit der Spinalanästhesie oder der postoperativen Versorgung Fehler passiert sein könnten.
Der Streitpunkt: Existiert das Protokoll überhaupt?
Das Krankenhaus bestritt jedoch, dass für Frau S. im relevanten Zeitraum ein solches Schmerzprotokoll erstellt wurde. Frau S. ließ nicht locker und zog vor Gericht. Sie verklagte das Krankenhaus auf Herausgabe des Protokolls. Für den Fall, dass das Protokoll nicht mehr auffindbar sein sollte, forderte sie Schadensersatz – immerhin fast 40.000 Euro – sowie die Feststellung, dass das Krankenhaus für alle Nachteile haften müsse, die ihr durch das Fehlen des Dokuments entstehen.
Die Reise durch die Instanzen: Ein langer Weg zum Recht
Erste Niederlagen für die Patientin
Der Fall von Frau S. ist typisch für Situationen, in denen Patienten um wichtige Informationen kämpfen, die für die Aufklärung möglicher Behandlungsfehler entscheidend sind. Doch der Weg durch die Gerichte war steinig. Das Landgericht Bochum wies die Klage von Frau S. zunächst ab. Die Begründung: Sie könne nicht beweisen, dass das strittige Schmerzprotokoll überhaupt existiert habe.
Auch in der nächsten Instanz, beim Oberlandesgericht (OLG) Hamm, hatte Frau S. keinen Erfolg. Das OLG bestätigte die Entscheidung des Landgerichts und ließ keine weitere Berufung (Revision) zum Bundesgerichtshof zu. Die Richter am OLG Hamm begründeten ihre Entscheidung unter anderem mit der Aussage eines Arztes (Zeuge Dr. B.), der es für ausgeschlossen hielt, dass für seinen Fachbereich (vermutlich Anästhesie) solche Protokolle angefertigt würden. Ein von Frau S. vorgelegtes Gedächtnisprotokoll über Gespräche wertete das Gericht als möglicherweise fehlerhafte Erinnerung. Die Benennung weiterer Krankenschwestern als Zeuginnen sah das Gericht als unzulässigen „Ausforschungsbeweis“ an, da die Beschreibung nicht eindeutig passte.
Der Knackpunkt: Ein übersehener Hinweis in den Akten
Enttäuscht, aber nicht entmutigt, legte Frau S. gegen die Nichtzulassung der Revision eine sogenannte Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof ein. Sie war der festen Überzeugung, dass das OLG Hamm einen entscheidenden Fehler gemacht hatte: Es hatte einen wichtigen Teil ihres Vortrags und ein von ihr vorgelegtes Beweismittel schlicht ignoriert.
Und genau hier setzt die Entscheidung des BGH an. Frau S. hatte nämlich bereits in der ersten Instanz einen Auszug aus der offiziellen Pflegedokumentation des Krankenhauses vorgelegt, den sogenannten „Pflegeprozess“ vom 2. Mai 2017. Darin war unter dem Punkt „Pflegeintervention“ ausdrücklich vermerkt: „Schmerzerfassung per Selbsteinschätzung mittels VAS“. VAS steht für Visuelle Analogskala, eine gängige Methode, bei der Patienten ihre Schmerzstärke selbst auf einer Skala einstufen.
Dieser Eintrag in den eigenen Unterlagen des Krankenhauses war ein starkes Indiz dafür, dass eine solche Schmerzerfassung nicht nur geplant war, sondern möglicherweise auch tatsächlich mittels eines Protokolls durchgeführt wurde. Doch genau auf diesen zentralen Punkt ging das OLG Hamm in seiner Urteilsbegründung mit keinem Wort ein.
Die Entscheidung des BGH: Das Recht auf Gehör verletzt
Was ist das „Recht auf rechtliches Gehör“?
Der Bundesgerichtshof hob das Urteil des OLG Hamm auf und verwies den Fall zur neuen Verhandlung dorthin zurück. Die Begründung der Karlsruher Richter ist fundamental für das Verständnis unseres Rechtssystems: Das OLG Hamm hat den Anspruch von Frau S. auf rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 Grundgesetz) verletzt.
Das Recht auf rechtliches Gehör ist ein Grundpfeiler eines fairen Gerichtsverfahrens. Es bedeutet vereinfacht gesagt: Wer an einem Gerichtsverfahren beteiligt ist, muss die Möglichkeit haben, sich zu äußern, Argumente vorzubringen und Beweise anzubieten. Und – das ist der entscheidende Punkt hier – das Gericht muss dieses Vorbringen zur Kenntnis nehmen und bei seiner Entscheidung in Erwägung ziehen. Es reicht nicht, wenn das Gericht die Argumente nur entgegennimmt; es muss sich gedanklich damit auseinandersetzen. Stellen Sie es sich vor, wie in einem Gespräch: Rechtliches Gehör bedeutet, dass Ihnen nicht nur zugehört wird, sondern dass das Gesagte auch bedacht wird – Sie reden nicht gegen eine Wand.
Warum war das Verhalten des OLG eine Gehörsverletzung?
Der BGH stellte klar: Gerichte müssen sich nicht zu jedem einzelnen Detail äußern, das eine Partei vorträgt. Aber wenn es um den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags zu einer zentralen Frage des Verfahrens geht, und dieser Vortrag nicht offensichtlich irrelevant oder völlig aus der Luft gegriffen (unsubstantiiert) ist, dann muss das Gericht darauf eingehen.
Genau das war hier der Fall:
- Zentrales Vorbringen: Der Hinweis auf die geplante VAS-Schmerzerfassung im „Pflegeprozess“ war ein Kernargument von Frau S. für die Existenz des Protokolls.
- Zentrale Frage: Die Frage, ob das Protokoll überhaupt erstellt wurde, war die entscheidende Frage, an der die Klage bisher gescheitert war.
- Nicht unerheblich: Der Eintrag im „Pflegeprozess“ war alles andere als irrelevant – er stammte aus den eigenen Unterlagen der Klinik und sprach erheblich für die Version von Frau S.
Indem das OLG Hamm diesen Punkt in seiner Beweiswürdigung komplett ignorierte, erweckte es den Anschein, diesen wichtigen Aspekt „jedenfalls aus den Augen verloren“ zu haben, so der BGH. Auch der Hinweis, dass der Pflegeprozess-Auszug im Tatbestand des landgerichtlichen Urteils erwähnt wurde (auf den das OLG verwies), änderte daran nichts. Entscheidend ist, dass das OLG sich in seiner eigenen Begründung nicht damit auseinandersetzte, welche Bedeutung dieser Eintrag für die Beweisfrage hat.
Die Kernaussage des BGH lautet also: Das Übergehen eines zentralen und erheblichen Arguments einer Partei kann eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör darstellen.
Einordnung und Hintergrund: Mehr als nur ein Einzelfall
Die Bedeutung des Urteils für das Prozessrecht
Diese Entscheidung des BGH ist keine juristische Spitzfindigkeit, sondern hat erhebliche praktische Bedeutung. Sie schärft die Konturen des Rechts auf rechtliches Gehör und mahnt die Gerichte zur Sorgfalt.
- Klarere Regeln für Gehörsverletzung: Der Beschluss macht deutlicher, wann eine Gehörsverletzung vorliegt, nämlich auch dann, wenn ein Gericht zu einem zentralen Punkt einfach schweigt.
- Pflicht zur Auseinandersetzung: Gerichte werden daran erinnert, dass sie sich aktiv mit dem Kernvorbringen der Parteien auseinandersetzen müssen, wenn es für die Entscheidung relevant ist. Ein bloßes Ignorieren reicht nicht aus.
- Stärkung der Fairness: Das Urteil stärkt die prozessuale Fairness, da es sicherstellt, dass wesentliche Argumente und Beweismittel nicht einfach unter den Tisch fallen können.
Der Blick auf Arzthaftungsprozesse
Gerade in Arzthaftungsprozessen ist diese Entscheidung von großer Relevanz. Hier geht es oft um komplexe medizinische Sachverhalte, und die Behandlungsdokumentation spielt eine zentrale Rolle. Patienten sind dabei häufig im Nachteil, da sie auf die Vollständigkeit und Richtigkeit der vom Krankenhaus oder Arzt geführten Unterlagen angewiesen sind.
- Wichtigkeit der Behandlungsunterlagen: Das Urteil unterstreicht erneut, wie wichtig eine sorgfältige Prüfung und Würdigung aller relevanten Behandlungsunterlagen durch das Gericht ist.
- Patientenrechte gestärkt: Die Entscheidung reiht sich ein in eine Entwicklung der Rechtsprechung, die die Rechte von Patienten im Prozess stärkt. Dazu gehört auch das Recht auf Einsicht in die vollständigen Behandlungsunterlagen.
Das Recht auf Einsicht in die Patientenakte (§ 630g BGB)
Unabhängig von der Frage einer Gehörsverletzung berührt der Fall auch einen weiteren wichtigen Aspekt des Patientenrechts: das Recht auf Einsicht in die eigene Patientenakte gemäß § 630g Bürgerliches Gesetzbuch (BGB). Dieses Gesetz gibt Patienten grundsätzlich das Recht, unverzüglich Einsicht in ihre vollständigen Behandlungsunterlagen zu verlangen. Auf Wunsch müssen ihnen auch Kopien gegen Kostenerstattung ausgehändigt werden.
Dieser Anspruch besteht unabhängig davon, ob der Patient einen Behandlungsfehler vermutet oder einen Prozess führen will. Es dient der Transparenz und ermöglicht es Patienten, sich über ihre Behandlung zu informieren. Der Fall von Frau S. zeigt: Dieses Recht umfasst auch die Herausgabe spezifischer Dokumente wie eines Schmerzprotokolls, sofern es erstellt wurde. Der BGH stellte klar, dass dieser Herausgabeanspruch ein eigenständiger Anspruch ist, der auch neben einer bereits laufenden Schadensersatzklage bestehen kann. Das Argument des OLG, die Klage auf Herausgabe sei möglicherweise unzulässig, weil bereits eine Schadensersatzklage lief, wies der BGH zurück.
Was bedeutet das jetzt konkret für mich? – Die praktischen Konsequenzen
Dieser BGH-Beschluss hat handfeste Auswirkungen für jeden, der möglicherweise einmal vor Gericht steht oder mit medizinischen Behandlungen zu tun hat.
Wenn Sie vor Gericht stehen:
- Ihr Recht auf Gehör: Sie haben das Recht, dass das Gericht Ihre zentralen Argumente und Beweise zur Kenntnis nimmt und berücksichtigt. Fühlen Sie sich oder Ihr Anwalt in einer Verhandlung oder in einem Urteil mit wichtigen Punkten übergangen, kann dieser BGH-Beschluss eine Grundlage sein, um dagegen vorzugehen.
- Präzise Argumentation ist entscheidend: Der Fall zeigt, wie wichtig es ist, dass Sie oder Ihr Anwalt alle relevanten Fakten und Beweise klar und deutlich vortragen. Nur was vorgetragen wird, kann das Gericht berücksichtigen.
- Beharrlichkeit kann sich lohnen: Frau S. hat nicht nachgegeben, obwohl zwei Gerichte gegen sie entschieden hatten. Ihre Hartnäckigkeit und die Konzentration auf den Verfahrensfehler führten schließlich zum Erfolg beim BGH.
Wenn es um Ihre Gesundheitsdaten geht:
- Ihr Recht auf Ihre Akte: Denken Sie an § 630g BGB. Sie haben ein Recht auf Einsicht und Kopien Ihrer vollständigen Behandlungsunterlagen. Machen Sie von diesem Recht Gebrauch, wenn Sie Informationen benötigen.
- Dokumentieren Sie selbst: Der Fall unterstreicht indirekt den Wert eigener Notizen. Auch wenn das Gedächtnisprotokoll von Frau S. vom OLG zunächst gering geschätzt wurde, kann eine zeitnahe eigene Dokumentation von Ereignissen, Gesprächen oder dem eigenen Befinden später hilfreich sein.
- Fehlende Unterlagen: Wenn Unterlagen fehlen, die nach den Umständen oder internen Vorgaben (wie dem „Pflegeprozess“) hätten existieren müssen, sollten Sie hellhörig werden. Der BGH hat deutlich gemacht, dass Gerichte Indizien für die Existenz solcher Unterlagen ernst nehmen müssen.
Hinweise für das weitere Vorgehen im Fall von Frau S.
Der BGH hat den Fall an das OLG Hamm zurückverwiesen. Dieses muss nun neu entscheiden und dabei den Eintrag im „Pflegeprozess“ berücksichtigen. Es muss prüfen, ob dieser Eintrag – zusammen mit anderen Beweisen – doch dafür spricht, dass das Schmerzprotokoll erstellt wurde.
Der BGH gab dem OLG auch noch einen weiteren Hinweis mit auf den Weg: Sollte Frau S. bei einem späteren Krankenhausaufenthalt (im Mai 2017) tatsächlich ein Schmerzprotokoll ausgefüllt haben (was sie offenbar behauptet hatte), könnte auch dies ein Indiz dafür sein, dass dies auch beim ersten Aufenthalt üblich war und getan wurde. Auch das muss das OLG nun prüfen.
Ob Frau S. am Ende das Protokoll erhält oder Schadensersatz zugesprochen bekommt, ist damit noch nicht entschieden. Aber sie hat nun die Gewissheit, dass ihr zentrales Argument gehört und gewürdigt werden muss. Das ist ein wichtiger Sieg für das Recht auf ein faires Verfahren.
- Rechtliches Gehör (Art. 103 Abs. 1 GG): Das grundgesetzlich garantierte Recht jedes Verfahrensbeteiligten, sich zu äußern und dass sein wesentliches Vorbringen vom Gericht zur Kenntnis genommen und erwogen wird. Eine Verletzung liegt vor, wenn das Gericht zentrale Argumente ignoriert.
- § 630g BGB (Einsichtsrecht in die Patientenakte): Das gesetzliche Recht von Patienten, ihre vollständigen Behandlungsunterlagen einzusehen und Kopien zu erhalten. Dieser Anspruch ist eigenständig und dient der Transparenz.
- Nichtzulassungsbeschwerde: Ein Rechtsmittel zum Bundesgerichtshof, wenn ein Oberlandesgericht die Revision (Berufung zum BGH) nicht zugelassen hat. Der BGH prüft dann, ob Gründe für eine Zulassung vorliegen, z.B. grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache oder eine Verletzung des rechtlichen Gehörs.
Dieser Fall zeigt eindrücklich: Das Rechtssystem funktioniert nicht immer reibungslos, aber es bietet Mechanismen zur Korrektur von Fehlern. Der Bundesgerichtshof hat mit seiner Entscheidung die Bedeutung des fundamentalen Rechts auf rechtliches Gehör bekräftigt und die Position von Bürgern – insbesondere auch von Patienten – gegenüber Gerichten gestärkt, die wesentliche Argumente und Beweise berücksichtigen müssen. Es ist eine Erinnerung daran, dass Fairness im Verfahren bedeutet, dass alle relevanten Stimmen gehört und erwogen werden müssen.
Häufig gestellte Fragen zum Thema; ignorierte Beweise und rechtliches Gehör im Zivilprozess
Nachfolgend beantworten wir die häufigsten Fragen zu unserem Artikel über das BGH-Urteil zur Verletzung des rechtlichen Gehörs und dessen Auswirkungen, insbesondere im Kontext von Arzthaftungsfällen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was bedeutet die Verletzung des „rechtlichen Gehörs“ ganz praktisch?
Heißt das BGH-Urteil jetzt, dass Frau S. das Schmerzprotokoll definitiv bekommt?
Was passiert, wenn das Krankenhaus auch nach der BGH-Entscheidung behauptet, das Protokoll wurde nie erstellt?
Wie hängt dieser Fall mit meinem allgemeinen Recht zusammen, meine Patientenakte einzusehen?
Ich bin selbst in einem Rechtsstreit. Was kann ich tun, wenn ich glaube, das Gericht ignoriert meine Argumente?
Ignorierte Beweise, gestärktes Gehör: Wenn Gerichte hinsehen müssen
Der BGH-Beschluss ist ein klares Signal: Das Recht auf rechtliches Gehör verlangt mehr als bloßes Anhören. Gerichte sind verpflichtet, sich mit dem Kern des Vortrags aktiv auseinanderzusetzen und dürfen zentrale, substantiierte Beweisangebote nicht übergehen. Diese Entscheidung stärkt die prozessuale Fairness fundamental, weit über den Arzthaftungsprozess hinaus.
Für Betroffene, insbesondere Patienten im Ringen um Aufklärung und ihre Rechte, unterstreicht das Urteil die Bedeutung von Hartnäckigkeit und präziser Argumentation. Es bestärkt sie darin, auf vollständige Informationen zu pochen und kritisch zu prüfen, ob Gerichte wirklich alle relevanten Fakten würdigen. Die Kernbotschaft: Ihr Recht auf Gehör ist ein essenzieller Schutzmechanismus im Rechtsstaat.