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Diagnosefehler durch Übersehen einer Fersenbein-Fraktur auf Röntgenbildern

OLG Frankfurt – Az.: 22 U 91/09 – Urteil vom 28.06.2012

Auf die Berufung der Klägerin wird das Urteil der 19. Zivilkammer des Landgerichts Darmstadt vom 18.03.2009 abgeändert.

Der Beklagte zu 2) wird verurteilt, an die Klägerin Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,– € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2005 zu zahlen.

Der Beklagte zu 2) wird weiterhin verurteilt, an die Klägerin 1.760,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 03.04.2005 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin allen zukünftigen auf der ärztlichen Diagnose vom 02.05.2003 beruhenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen werden wie folgt verteilt:

Die Klägerin trägt ¾ der Gerichtskosten, ½ der außergerichtlichen Kosten des Beklagten zu 2) und die gesamten außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1).

Der Beklagte zu 2) trägt ¼ der Gerichtskosten, ¼ der außergerichtlichen Kosten der Klägerin und ¼ der außergerichtlichen Kosten der Streithelferin.

Im Übrigen tragen die Parteien und die Streithelferin ihre außergerichtlichen Kosten selbst.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Parteien können die Vollstreckung des jeweiligen Gegners durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Vollstreckende zuvor Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Diagnosefehler durch Übersehen einer Fersenbein-Fraktur auf Röntgenbildern
Symbolfoto: Von MriMan /Shutterstock.com

Die Klägerin begehrt Schmerzensgeld, Ersatz materiellen Schadens und Feststellung der Schadensersatzpflicht wegen behaupteter ärztlicher Behandlungsfehler nach ihrem Freizeitunfall im X am 02.05.2003. Nach der Notfallversorgung wurde die Klägerin zunächst von ihrer Hausärztin behandelt und später im Klinikum O1 und im Klinikum O2 operiert.

Nachdem die Klägerin zunächst zwei Beklagte, nämlich die sie am 02.05.2003 in der Notfallaufnahme behandelnde Assistenzärztin (Beklagte zu 1) und den Träger des Klinikums O3 (Beklagter zu 2), verklagt hatte, nahm sie in der Berufungsverhandlung von der Weiterverfolgung ihrer Ansprüche gegen die Beklagte zu 1) nach entsprechendem Hinweis des Senats Abstand. Die die Klägerin im Anschluss an die Notfallbehandlung weiterbehandelnde Hausärztin ist der Klägerin nach Streitverkündung durch diese als Streithelferin beigetreten. Die weiteren Streitverkündeten (vgl. den Schriftsatz der Beklagten vom 29.08.2005, Bl. 98 d.A., und den Schriftsatz der Klägerin vom 11.05.2012, Bl. 406 d.A.) haben sich am Rechtsstreit nicht beteiligt.

Wegen des erstinstanzlichen Vorbringens der Parteien, der erstinstanzlich gestellten Anträge und der vor dem Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme wird auf das angefochtene Urteil, durch das die Klage abgewiesen wurde, verwiesen. Das Landgericht hat einen ärztlichen Behandlungsfehler der Beklagten zu 1) wegen Nichterkennens einer Fersenbein-Fraktur auf den am 02.05.2003 angefertigten Röntgenbildern bejaht, jedoch die Kausalität zwischen diesem Behandlungsfehler und den von der Klägerin beklagten Beschwerden und Schäden verneint, da nach Ansicht des Landgerichts durch die von Nachbehandlern vorgenommene nicht indizierte Operation eine eigene Schadensursache gesetzt worden sei. Wegen der Einzelheiten wird auf das angefochtene Urteil Bezug genommen.

Gegen das ihr am 07.04.2009 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 04.05.2009 Berufung eingelegt und diese am 02.06.2009 begründet. Sie vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen und meint, der den Beklagten zuzurechnende Behandlungsfehler vom 02.05.2003 sei kausal für die gesamte nachfolgende Behandlung gewesen.

Die Klägerin hat zweitinstanzlich zunächst beantragt,

1. unter Abänderung des am 18.03.2009 verkündeten Urteils des Landgerichts Darmstadt, Az.: 19 O 35/05, sind die Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld sowie materiellen Schadensersatz von € 16.234,86 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit als Gesamtschuldner zu zahlen;

2. es wird festgestellt, dass die Beklagten verpflichtet sind, der Klägerin auch allen zukünftigen auf die ärztliche Diagnose vom 02.05.2003 zurückzuführenden materiellen und immateriellen Schaden als Gesamtschuldner zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Dritte übergegangen ist.

Nach Rücknahme der Berufung gegen das klageabweisende Urteil, soweit es die Beklagte zu 1) betrifft, und nach teilweiser Rücknahme der die Verurteilung des Beklagten zu 2) verfolgenden Berufung beantragt die Klägerin nunmehr,

1. den Beklagten zu 2) zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld sowie materiellen Schadensersatz von 1.886,42 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen;

2. festzustellen, dass der Beklagte zu 2) verpflichtet ist, der Klägerin auch allen zukünftigen auf die ärztliche Diagnose vom 02.05.2003 zurückzuführenden materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, soweit dieser nicht auf Dritte übergegangen ist.

Die Streithelferin der Klägerin schließt sich den Anträgen der Klägerin an.

Der Beklagte zu 2) beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 2) verteidigt das angefochtene Urteil und verweist insbesondere auf die Verantwortlichkeit der Nachbehandler, weil die Klägerin unstreitig nach der Notfallbehandlung am 02.05.2003 nicht mehr im Klinikum O3 behandelt wurde.

Der Senat hat aufgrund des Beweisbeschlusses vom 27.07.2011 gemäß § 358 a ZPO ein weiteres Sachverständigengutachten eingeholt. Er hat in der Berufungsverhandlung die Klägerin und die Beklagte zu 1) persönlich angehört und den Zeugen A vernommen.

Wegen der Einzelheiten des zweitinstanzlichen Parteivorbringens und der Beweisaufnahme wird auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien, auf das Gutachten des Sachverständigen SV1 vom 15.11.2011 (Bl. 368 ff d.A.) sowie das Protokoll der Berufungsverhandlung vom 21.06.2012 (Bl. 416 ff d.A.) verwiesen.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig und – soweit sie nach Teilrücknahme noch verfolgt wird – überwiegend begründet. Der Beklagte zu 2) schuldet der Klägerin Schadensersatz.

Bei der Diagnosestellung am 02./03.05.2003 ist es zu einem einfachen ärztlichen Behandlungsfehler in der Form eines Diagnosefehlers gekommen. Die bei der Klägerin vorliegende Fraktur des subtalaren Calcaneus-Corpus war auf den am 02.05.2003 gefertigten Röntgenbildern eindeutig erkennbar. Diese Feststellung greifen die Parteien nicht mehr an, nachdem sowohl der erstinstanzlich tätige Sachverständige SV2 in seinem Gutachten vom 05.04.2007 (Bl. 171 a ff d.A.) wie auch der zweitinstanzlich tätige Sachverständige SV1 in seinem Gutachten vom 15.11.2011 (Bl.368 ff, insbesondere Bl. 381) die Fehldiagnose überzeugend dargelegt haben. Die Fraktur zeigte sich auf den im Klinikum O3 gefertigten Aufnahmen sowohl durch Konturunterbrechung in der Knochenbälkchenstruktur wie auch durch eine Verdichtung im Frakturbereich. Auch wenn der Senat in Übereinstimmung mit dem OLG Dresden (Urteil vom 19.07.2001, 4 U 819/01, AHRS III, 1815/307) davon ausgeht, dass angesichts der gegebenen Notfallsituation die Fehlinterpretation des Röntgenbildes durch die Beklagte zu 1) als diensthabende Assistenzärztin am 02.05.2003 noch keinen vorwerfbarer Behandlungsfehler darstellte, ist dem Beklagten zu 2) doch jedenfalls die Fehlbefundung der Röntgenbilder durch den verantwortlichen Chirurgen B in der Frühbesprechung am 03.05.2003 gemäß § 278 BGB zuzurechnen. Bei dieser gebotenen und der Klinikorganisation entsprechenden Überprüfung der in der Notaufnahme erstellten Diagnose hätte der Bruch des Fersenbeins jedenfalls erkannt werden müssen, ohne dass andererseits das Versäumnis des Chirurgen B als grober Behandlungsfehler im Sinne einer gänzlich unverständlichen und unter keinem Gesichtspunkt mehr vertretbaren ärztlichen Fehlleistung angesehen werden könnte. Der Senat schließt sich hier den nachvollziehbaren und überzeugenden Darlegungen des Sachverständigen SV2 an.

Durch den somit festgestellten dem Beklagten zu 2) zuzurechnenden ärztlichen Behandlungsfehler ist es zwar nicht zu einer Verschlechterung des Krankheitsbildes dergestalt gekommen, dass der Bruch sich nach zu früher Belastung verschoben hätte. Wie der Sachverständige SV1 in seinem Gutachten (dort insbesondere S. 11, Bl. 378 d.A.) überzeugend dargelegt hat, geht aus den am 16.07.2003 durch den Radiologen C angefertigten und befundeten Röntgen- und CT-Aufnahmen hervor, dass sekundäre Dislokationen des Bruchs, also solche, die nicht durch den Sturz selbst, sondern durch andere Ereignisse wie z.B. eine zu frühe Belastung, hervorgerufen werden, nicht erkennbar waren. Jedoch hat die fehlende Diagnose des Fersenbeinbruchs dazu geführt, dass die Hausärztin der Klägerin, die Streithelferin, alsbald – nämlich ausweislich des von ihr geführten Krankenblatts K 2 (Anlage zur Klageschrift vom 16.02.2005, Bl. 16 d.A.) bereits am 05.05.2003 – die Anlegung einer Aerocast-Schiene mit Teilbelastung des Fußes anordnete, anstatt den Fuß, wie es bei einem vorliegenden Bruch korrekt gewesen wäre – auf längere Zeit durch Anlegung eines Liegegipses vollständig zu entlasten.

Die Klägerin hat in der Zeit bis zur Stellung der korrekten Diagnose eines Fersenbeinbruchs erhebliche Beschwerden erlitten, was dazu führte, dass sie sich schließlich im Klinikum O1 vorstellte, wo die Indikation zur Operation fälschlicherweise als gegeben angesehen wurde. Der Senat schließt sich den übereinstimmenden und überzeugenden Ausführungen der Sachverständigen SV2 und SV1 an, wonach die Anordnung der operativen Versorgung des Fersenbeinbruchs im Klinikum O1 mangels Vorliegens einer Pseudarthrose angesichts der gegebenen und bei der Klägerin verwirklichten Risiken (vgl. hierzu SV2 im Sachverständigengutachten vom 05.04.2007, dort S. 19, Bl. 171 a ff d.A.) fehlerhaft war. Die Einstandspflicht eines Arztes für einen Behandlungsfehler – hier den Diagnosefehler vom 02./03.05.2003) – umfasst regelmäßig auch die Schadensfolgen, die dadurch entstehen, dass die Zuziehung eines anderen Arztes veranlasst wird, der sich bei der Weiterbehandlung des Patienten seinerseits fehlerhaft verhält (vgl. BGH, Urteil vom 20.09.1988, VI ZR 37/88, Leitsatz 3., zitiert nach juris). Durch die vom Patienten vorgenommene Wahl eines neuen Arztes oder die Einweisung in eine Klinik mit Zustimmung zu einer Operation wird grundsätzlich keine selbständige Kausalkette in Gang gesetzt, die jeglichen Ursachenbeitrag des Vorbehandlers überholt hätte (vgl. BGH, Urteil vom 06.05.2003, VI ZR 259/02, NJW 2003, 2311 ff, zitiert nach juris Rdn. 18). Vielmehr ist eine haftungsrechtliche Zuordnung der Operation selbst dann anzunehmen, wenn die nicht indizierte Maßnahme der Klägerin von der Hausärztin oder den im Klinikum O1 tätigen Ärzten fehlerhaft angeraten worden wäre, denn die Einstandspflicht eines Arztes – hier des für den Beklagten zu 2) tätigen Chirurgen B – umfasst regelmäßig auch die Folgen eines Fehlers des nachbehandelnden Arztes, wenn die Nachbehandlung durch den Fehler des erstbehandelnden Arztes mit veranlasst worden ist (vgl. BGH a.a.O., Rdn. 18). So liegt der Fall hier: Wäre die Klägerin korrekt mit langdauernder vollständiger Entlastung des Fußes konservativ behandelt worden, hätte sie nicht die durch die zu frühe Belastung des Fußes entstandenen erheblichen Beschwerden erlitten und hätte sich nicht in die Behandlung des Klinikums O1 begeben. Adäquate Kausalität ist damit gegeben.

Die Grenze, bis zu der der Erstschädiger dem Patienten für die Folgen einer späteren fehlerhaften ärztlichen Behandlung einzustehen hat, wird nach der Rechtsprechung des BGH (a.a.O., Rdn. 18), der sich der Senat anschließt, in aller Regel erst dann überschritten, wenn es um die Behandlung einer Krankheit geht, die mit dem Anlass für die Erstbehandlung in keinem inneren Zusammenhang mehr steht, oder wenn der die Zweitschädigung herbeiführende Arzt in außergewöhnlich hohem Maße die an ein gewissenhaftes ärztliches Handeln zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und derart gegen alle ärztlichen Regeln und Erfahrungen verstoßen hat, dass der eingetretene Schaden seinem Handeln haftungsrechtlich wertend allein zugeordnet werden muss (BGH a.a.O., Rdn. 18). Ein derartiger Fall der Unterbrechung der gegebenen Kausalkette und der Ingangsetzung einer neuen Kausalkette ist vorliegend nicht gegeben: Alle zugezogenen Ärzte haben den durch den Unfall am 02.05.2003 verletzten Fuß der Klägerin und damit dasselbe Krankheitsbild behandelt. Keiner – auch nicht die die Indikation zur Operation als gegeben ansehenden Ärzte des Klinikums Aschaffenburg – haben die ihnen obliegenden Sorgfaltspflichten in dem vom BGH für maßgeblich gehaltenen außergewöhnlich hohen Maß, das im oberen Bereich eines groben Behandlungsfehlers einzuordnen wäre (vgl. Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 3. Auflage, Rdn. K 49 m.w.N.), verletzt. Dies ergibt sich aus dem Ergänzungsgutachten des SV2 vom 31.07.2008 (dort S. 9, Bl. 249 d.A.), wo ausgeführt ist, dass zwar die Beschwerdesymptomatik der Klägerin und die vorliegende bildgebende Diagnostik den Sachverständigen nicht zu einer operativen Versorgung der Verletzung veranlasst hätten, dies aber im „Einzelfall anderen Ortes anders entschieden werden mag“ (a.a.O., Bl. 249 d.A.). Hieraus schließt der Senat, dass die Empfehlung der – auch nach Auffassung des Sachverständigen SV1 – nicht indizierten Operation jedenfalls nicht in außergewöhnlich hohem Maße gegen ärztliche Sorgfaltspflichten verstieß, sondern einen einfachen Behandlungsfehler darstellte, so dass die vom Beklagten zu 2) in Gang gesetzte Kausalkette weiterhin Bestand hat.

Wie die Verantwortungsanteile der verschiedenen Behandler im Gesamtschuldnerausgleich zu werten sind, hat der Senat hier nicht zu entscheiden; dies bleibt entsprechenden Regressverfahren vorbehalten. Der Klägerin ist es unbenommen, den Beklagten zu 2) als Träger des die Notfallbehandlung vornehmenden Krankenhauses und damit als einen der Behandler auf Ersatz des vollen Schadens in Anspruch zu nehmen.

Dem Senat erscheint bei Abwägung aller bekannten Umstände des hier zu beurteilenden Falles ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,– € als angemessen. Im Vordergrund steht bei der Schmerzensgeldbemessung im Arzthaftungsprozess die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes, also die Schaffung einer gewissen Wiedergutmachung von Schäden nicht vermögensrechtlicher Art. Hierfür kommt es auf das Maß der Lebensbeeinträchtigung der Klägerin an. Die Klägerin musste hier in der Zeit unmittelbar nach dem Unfall durch die wegen der unzutreffenden bzw. unvollständigen Diagnose fehlerhaft angeordneten Anlegung der Aerocast-Schiene mit Teilbelastung mehr Schmerzen ertragen, als dies nach einem Fersenbeinbruch üblicherweise der Fall ist. Außerdem ist sie operiert worden, obwohl dies nach den übereinstimmenden Gutachten der erst- und zweitinstanzlich tätigen Sachverständigen nicht indiziert war, wobei es zudem als Folge der Operation zu erheblichen Komplikationen, insbesondere Wundheilungsstörungen, kam. Folgeoperationen der Klägerin, sogar mit Hauttransplantation, waren erforderlich, die mehrmals zu teils mehrwöchigen Krankenhausaufenthalten führten. Rund zwei Jahre musste die Klägerin mit einer nicht geschlossenen Wunde am Fuß leben, bevor der Heilungsprozess erfolgreich war.

Weiterhin sind die verschiedenen heute noch vorhandenen Beeinträchtigungen der Klägerin, die diese schriftsätzlich und bei ihrer persönlichen Anhörung vor dem Senat glaubhaft geschildert hat und die die Klägerin voraussichtlich lebenslang begleiten werden, berücksichtigt. Die in einem Grad von 50 % schwerbehinderte Klägerin, der das Merkmal „G“ auf Dauer zugeordnet wurde, kann nicht mehr längere Zeit schmerzfrei laufen und muss als Dauermedikation verschiedene Medikamente, darunter auch Schmerzmittel, einnehmen. Die Stelle am Fuß, auf die Haut vom Oberschenkel transplantiert wurde, ist auch heute noch sehr empfindlich und stört die Klägerin beispielsweise beim Schlafen.

15.000,– € sind nach Ansicht des Senats ein Betrag, der geeignet, aber auch ausreichend ist, um die Klägerin in die Lage zu versetzen, sich Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, um die erlittenen Beeinträchtigungen jedenfalls teilweise auszugleichen (vgl. hierzu Palandt/Grüneberg, 71. Auflage, § 253 Rdn. 4 m.w.N.).

Die materiellen Schäden, soweit die Klägerin sie nach der Teilrücknahme ihrer Klage in der Berufungsverhandlung in Höhe von 1.886,42 € (vgl. die Aufstellung in der Klageschrift vom 16.02.2005, dort S. 10, Bl. 10 d.A.) noch verfolgt, sind bis auf den für den Eigenanteil bei den stationären Aufenthalten aufgewandten Betrag von 126,– € erstattungsfähig. Dies entspricht der gemäß § 287 ZPO unter Würdigung aller Umstände gebildeten freien Überzeugung des Senats. Der als Zeuge vernommene Ehemann der Klägerin hat glaubhaft bekundet, er habe die Klägerin nahezu täglich in den verschiedenen Kliniken besucht und dafür die geltend gemachten Fahrtkosten aufgewendet. Die für Arzneimittel und einen Arztbericht aufgewandten Kosten sind ausreichend belegt. Nur den Eigenanteil für die stationären Aufenthalte kann die Klägerin nicht ersetzt verlangen, weil sie beispielsweise Verpflegungskosten in dieser Höhe auch gehabt hätte, wenn sie unbeeinträchtigt zu Hause gewesen wäre.

Die Feststellungsanträge sind zulässig und begründet. Bezüglich der immateriellen Schäden ist allerdings festzuhalten, dass die bis heute bekannten negativen Auswirkungen der ärztlichen Behandlungsfehler in die Bemessung des Schmerzensgelds bereits insgesamt eingeflossen sind, so dass nur heute noch nicht vorhersehbare Beeinträchtigungen zu weiteren Ansprüchen der Klägerin wegen immaterieller Schäden führen können. Weitere materielle Schäden der Klägerin sind möglich und noch nicht abschließend bezifferbar, so dass ein Feststellungsinteresse anzunehmen ist.

Der Zinsanspruch der Klägerin ergibt sich aus §§ 291, 288 I 2 BGB.

Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 92 I, 101, 516 III ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO. Anlass, die Revision zuzulassen, besteht nicht, weil die Voraussetzungen des § 543 I ZPO nicht gegeben sind.

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