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Diagnoseirrtum und Befunderhebungsfehler in Bezug auf einen Leberfleck

Hautärzte gewinnen Prozess um vermeintlichen Diagnoseirrtum bei Leberfleckuntersuchung. Kein Behandlungsfehler bei Untersuchung im Jahr 2018 festgestellt, urteilt das Oberlandesgericht Dresden und weist Berufung des Patienten ab. Patient muss nun für Kosten des Verfahrens aufkommen.

Das Wichtigste: Kurz & knapp

  • Es geht um Schadensersatzansprüche aus einer fehlerhaften Behandlung eines Leberflecks durch einen Hautarzt.
  • Der Kläger behauptet, dass die Untersuchung und Diagnose seines Leberflecks nicht ordnungsgemäß durchgeführt wurden.
  • Schwierigkeiten ergaben sich durch die vermeintlich falsche Diagnose und die darauf basierende unzureichende Behandlung.
  • Das Gericht entschied, die Berufung des Klägers gegen das vorherige Urteil abzuweisen.
  • Das Gericht legte dar, dass keine fehlerhafte Befunderhebung oder Diagnose nachzuweisen war.
  • Die Entscheidung bedeutet, dass der Kläger die Kosten des Verfahrens tragen muss und keine Schadensersatzansprüche durchsetzen konnte.
  • Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
  • Die Auswirkungen sind, dass medizinische Behandlungsfehler detailliert und konkret nachgewiesen werden müssen, um Schadensersatzansprüche erfolgreich geltend zu machen.

Gerichtsurteil: Hautärzte nicht für angeblichen Diagnosefehler bei Leberfleckbehandlung haftbar

Leberflecken, auch bekannt als Muttermale, sind häufige Hautveränderungen, die meist harmlos sind. In seltenen Fällen können sie jedoch Hinweise auf Hautkrebs sein. Die korrekte Diagnose eines Leberflecks ist daher von großer Bedeutung. Kommt es zu einem Fehler bei der Befunderhebung oder der Diagnose, kann dies schwerwiegende Folgen haben. Ein sogenannter Diagnoseirrtum liegt dann vor, wenn der Arzt eine Krankheit falsch diagnostiziert oder den Befund falsch einschätzt. Ein Befunderhebungsfehler hingegen bezeichnet eine fehlerhafte oder unvollständige Untersuchung des Leberflecks.

Sowohl der Diagnose- als auch der Befunderhebungsfehler können zu einer falschen Behandlung führen. Im schlimmsten Fall kann die Krankheit durch die fehlerhafte Behandlung sogar verschlimmert werden. Die Folgen eines solchen Fehlers können sowohl physische als auch psychische Schäden nach sich ziehen.

Im Folgenden wird ein Gerichtsurteil vorgestellt, das sich mit einem konkreten Fall eines Diagnose- und Befunderhebungsfehlers im Zusammenhang mit einem Leberfleck auseinandersetzt. Dieses Urteil verdeutlicht die komplexen rechtlichen Aspekte, die bei solchen Fehlern auftreten können.

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Der Fall vor Gericht


Diagnoseirrtum bei Leberfleck führt zu Schadensersatzklage gegen Hautärzte

Arzthaftung bei Leberfleckbehandlung
Oberlandesgericht bestätigt: Keine Haftung für Hautärzte trotz Diagnoseirrtum und Befunderhebungsfehler bei Leberfleck-Untersuchung.(Symbolfoto: romanzaiets – 123rf.com)

Der Fall dreht sich um einen mutmaßlichen Diagnoseirrtum und Befunderhebungsfehler bei der Untersuchung eines Leberflecks. Ein 1953 geborener Patient stellte sich am 28. August 2018 außerplanmäßig in einer dermatologischen Praxis vor. Er bat die behandelnde Ärztin, einen Leberfleck auf seinem Bauch zu untersuchen. Der Patient war seit 2005 in dieser Praxis in Behandlung und nahm regelmäßig an Hautkrebsvorsorgeuntersuchungen teil.

Nach der Untersuchung des Leberflecks kam es in der Folge zu einer rechtlichen Auseinandersetzung zwischen dem Patienten und den behandelnden Ärzten. Der Patient verklagte die Hautarztpraxis und die untersuchende Ärztin auf Schadensersatz. Er warf ihnen vor, bei der Untersuchung des Leberflecks Fehler gemacht zu haben. Konkret ging es um einen möglichen Diagnoseirrtum sowie einen Befunderhebungsfehler.

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall besteht darin zu klären, ob tatsächlich ein Behandlungsfehler vorlag und ob dieser für eventuelle gesundheitliche Folgen beim Patienten ursächlich war. Es muss geprüft werden, ob die Ärztin bei der Untersuchung des Leberflecks die erforderliche Sorgfalt hat walten lassen oder ob ihr Versäumnisse vorzuwerfen sind.

Berufung des Patienten vom Oberlandesgericht abgewiesen

Das Oberlandesgericht Dresden hat in seinem Urteil vom 26. März 2024 die Berufung des klagenden Patienten zurückgewiesen. Damit bestätigte es die Entscheidung des Landgerichts Leipzig vom 15. September 2023. Das Gericht sah keinen Grund, von der Einschätzung der Vorinstanz abzuweichen.

In der Urteilsbegründung wird deutlich, dass das Gericht keinen Behandlungsfehler der Hautärztin feststellen konnte. Die Richter kamen zu dem Schluss, dass die Untersuchung des Leberflecks lege artis, also nach den Regeln der ärztlichen Kunst, durchgeführt wurde. Ein Diagnoseirrtum oder Befunderhebungsfehler lag nach Ansicht des Gerichts nicht vor.

Das Oberlandesgericht musste in seiner Entscheidung sorgfältig zwischen den Interessen des Patienten und denen der behandelnden Ärzte abwägen. Einerseits hat der Patient ein Recht auf eine sorgfältige und fehlerfreie Behandlung. Andererseits können Ärzte nicht für jede später auftretende Erkrankung haftbar gemacht werden, solange sie bei der Untersuchung die gebotene Sorgfalt haben walten lassen.

Kostenfolgen und Vollstreckbarkeit des Urteils

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts hat für den klagenden Patienten auch finanzielle Konsequenzen. Das Gericht hat festgelegt, dass er die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen hat. Dies umfasst sowohl die Gerichtskosten als auch die Anwaltskosten der beklagten Ärzte für das Berufungsverfahren.

Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das bedeutet, dass die Beklagten die ihnen zugesprochenen Kosten bereits jetzt vom Kläger einfordern können, auch wenn das Urteil noch nicht rechtskräftig ist. Allerdings hat der Kläger die Möglichkeit, die Vollstreckung abzuwenden. Dafür müsste er eine Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages hinterlegen.

Umgekehrt können auch die beklagten Ärzte die Vollstreckung gegen sich verhindern, indem sie ihrerseits eine Sicherheitsleistung in gleicher Höhe erbringen. Diese Regelung soll beide Parteien vor finanziellen Nachteilen schützen, falls das Urteil in einer höheren Instanz noch geändert werden sollte.

Streitwert und Revisionsmöglichkeit

Das Oberlandesgericht hat den Streitwert des Verfahrens auf bis zu 85.000 Euro festgesetzt. Diese Summe gibt einen Hinweis auf die Höhe der vom Kläger geltend gemachten Ansprüche. Der hohe Streitwert zeigt, dass der Patient von erheblichen gesundheitlichen und möglicherweise auch finanziellen Folgen des vermeintlichen Behandlungsfehlers ausging.

Eine weitere wichtige Entscheidung des Gerichts betrifft die Möglichkeit der Revision. Das Oberlandesgericht hat die Revision nicht zugelassen. Das bedeutet, dass der Fall grundsätzlich nicht vor dem Bundesgerichtshof verhandelt werden kann. Diese Entscheidung trifft das Gericht in der Regel dann, wenn es die Rechtssache nicht für grundsätzlich bedeutsam hält oder keine Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung vorliegt.

Für den klagenden Patienten bedeutet dies, dass seine rechtlichen Möglichkeiten, gegen das Urteil vorzugehen, stark eingeschränkt sind. Er könnte zwar noch eine Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof einreichen, die Erfolgsaussichten einer solchen Beschwerde sind jedoch in der Regel gering.

Die Schlüsselerkenntnisse


Das Urteil bekräftigt, dass Ärzte nicht automatisch für negative Behandlungsverläufe haften, solange sie lege artis gehandelt haben. Die Entscheidung unterstreicht die hohe Beweishürde für Patienten bei Arzthaftungsklagen und die Notwendigkeit, einen tatsächlichen Behandlungsfehler nachzuweisen. Zugleich wird deutlich, dass Gerichte sorgfältig zwischen Patienteninteressen und ärztlicher Handlungsfreiheit abwägen müssen, um eine ausgewogene Rechtsprechung im komplexen Feld der Arzthaftung zu gewährleisten.


Was bedeutet das Urteil für Sie?

Dieses Urteil zeigt, dass es für Patienten schwierig sein kann, Schadenersatzansprüche wegen eines vermeintlichen Fehlers bei der Untersuchung von Leberflecken durchzusetzen. Auch wenn Sie vielleicht Zweifel an der Diagnose oder Behandlung haben, müssen Sie nachweisen können, dass der Arzt einen Fehler gemacht hat und dieser Fehler zu einem Schaden geführt hat. Das Gericht hat in diesem Fall entschieden, dass die Untersuchung des Leberflecks korrekt durchgeführt wurde und kein Behandlungsfehler vorlag. Dies bedeutet nicht, dass Ärzte niemals Fehler machen, sondern dass die Beweislast bei Ihnen als Patient liegt. Wenn Sie den Verdacht haben, dass ein Fehler bei der Untersuchung oder Behandlung Ihres Leberflecks vorliegt, sollten Sie sich unbedingt an einen spezialisierten Anwalt wenden, um Ihre rechtlichen Möglichkeiten zu besprechen.


FAQ – Häufige Fragen

Leberflecke, die kleinen, meist harmlosen Makel auf unserer Haut, können manchmal auch Anlass zur Sorge geben. Arzthaftung bei Leberfleckbehandlung ist ein komplexes Thema, das viele Fragen aufwirft. Ist eine Fehldiagnose möglich? Welche Risiken birgt eine Operation? Was sind meine Rechte, wenn es zu Komplikationen kommt? Antworten auf diese und weitere wichtige Fragen finden Sie in unserer FAQ-Rubrik.


Welche rechtlichen Schritte kann ich unternehmen, wenn ich einen Diagnosefehler bei einem Leberfleck vermute?

Bei einem Verdacht auf einen Diagnosefehler bezüglich eines Leberflecks stehen Patienten verschiedene rechtliche Möglichkeiten zur Verfügung. Der erste Schritt besteht darin, die vollständigen Behandlungsunterlagen vom behandelnden Arzt oder der Klinik anzufordern. Patienten haben ein gesetzlich verankertes Recht auf Einsicht in ihre Patientenakte und können Kopien davon verlangen. Diese Unterlagen sind für die weitere Überprüfung des Behandlungsverlaufs unerlässlich.

Im nächsten Schritt empfiehlt sich die Einholung einer ärztlichen Zweitmeinung. Ein Facharzt für Dermatologie kann den betreffenden Leberfleck erneut begutachten und eine unabhängige Einschätzung abgeben. Dies dient der Klärung, ob tatsächlich ein Diagnosefehler vorliegen könnte.

Erhärtet sich der Verdacht auf einen Behandlungsfehler, kann die Einschaltung der Gutachterkommission oder Schlichtungsstelle der zuständigen Ärztekammer in Betracht gezogen werden. Diese Stellen bieten ein kostenloses und unverbindliches Verfahren zur Überprüfung von Behandlungsfehlern an. Ein unabhängiger medizinischer Sachverständiger erstellt dabei ein Gutachten zur fraglichen Behandlung.

Alternativ oder ergänzend können sich Patienten an ihre Krankenkasse wenden. Gesetzliche Krankenkassen sind verpflichtet, ihre Versicherten bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen wegen Behandlungsfehlern zu unterstützen. Sie können ebenfalls ein medizinisches Gutachten in Auftrag geben.

Führen diese Schritte zu keinem zufriedenstellenden Ergebnis, bleibt die Möglichkeit einer zivilrechtlichen Klage gegen den behandelnden Arzt oder die Klinik. Hierfür ist die Beauftragung eines auf Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalts ratsam. Der Anwalt kann die Erfolgsaussichten einer Klage einschätzen und den Patienten im gerichtlichen Verfahren vertreten.

Im Rahmen einer Arzthaftungsklage muss der Patient grundsätzlich beweisen, dass ein Behandlungsfehler vorliegt und dieser kausal für einen eingetretenen Gesundheitsschaden ist. Bei Diagnosefehlern kann unter Umständen eine Beweiserleichterung greifen, wenn ein grober Behandlungsfehler vorliegt. In diesem Fall kehrt sich die Beweislast um, und der Arzt muss beweisen, dass der Schaden nicht auf seinem Fehler beruht.

Für eine erfolgreiche Klage ist die Dokumentation des Krankheitsverlaufs von großer Bedeutung. Patienten sollten daher alle Beschwerden, Arztbesuche und Behandlungen sorgfältig notieren. Auch Fotos des betreffenden Leberflecks im Zeitverlauf können als Beweismittel dienen.

Es ist zu beachten, dass für Schadensersatzansprüche wegen Behandlungsfehlern Verjährungsfristen gelten. Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre, beginnend mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstanden ist und der Patient von den anspruchsbegründenden Umständen Kenntnis erlangt hat.

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Wie erkenne ich, ob ein Befunderhebungsfehler bei meiner Leberfleckuntersuchung vorliegt?

Bei der Untersuchung von Leberflecken können Befunderhebungsfehler auftreten, die für Patienten schwerwiegende Folgen haben. Ein mögliches Anzeichen für einen solchen Fehler ist, wenn der Arzt einen auffälligen Leberfleck nicht gründlich untersucht oder dokumentiert. Dies kann der Fall sein, wenn beispielsweise die sogenannte ABCDE-Regel nicht konsequent angewendet wird. Diese Regel dient dazu, verdächtige Hautveränderungen systematisch zu beurteilen.

Ein weiterer Hinweis auf einen Befunderhebungsfehler kann sein, wenn der Arzt trotz Auffälligkeiten keine weiterführende Diagnostik wie eine Probeentnahme oder dermatoskopische Untersuchung veranlasst. Gerade bei Veränderungen von Form, Größe oder Farbe eines Leberflecks ist eine sorgfältige Abklärung unerlässlich. Unterlässt der Arzt diese notwendigen Schritte, kann dies auf einen Fehler in der Befunderhebung hindeuten.

Auch eine mangelhafte oder fehlende Dokumentation der Untersuchungsergebnisse kann auf einen Befunderhebungsfehler hinweisen. Eine lückenlose Dokumentation ist wichtig, um Veränderungen im Zeitverlauf nachvollziehen zu können. Fehlt diese oder ist sie unvollständig, erschwert dies die Früherkennung von bösartigen Hautveränderungen erheblich.

Patienten sollten besonders aufmerksam sein, wenn der Arzt Beschwerden oder Bedenken bezüglich eines Leberflecks nicht ernst nimmt oder bagatellisiert. Werden Symptome wie Juckreiz, Blutungen oder Schmerzen im Bereich eines Leberflecks vom Arzt nicht angemessen berücksichtigt, kann dies ebenfalls auf einen Befunderhebungsfehler hindeuten.

Ein gravierender Fehler liegt vor, wenn der Arzt einen verdächtigen Leberfleck entfernt, aber keine histologische Untersuchung des entnommenen Gewebes veranlasst. Die feingewebliche Untersuchung ist essenziell, um gutartige von bösartigen Veränderungen sicher unterscheiden zu können. Unterbleibt diese Untersuchung, kann eine mögliche Krebserkrankung übersehen werden.

Patienten sollten zudem misstrauisch werden, wenn der Arzt trotz auffälliger Befunde keine regelmäßigen Kontrolluntersuchungen empfiehlt. Gerade bei Risikopatienten oder verdächtigen Hautveränderungen sind engmaschige Nachkontrollen wichtig, um Veränderungen frühzeitig zu erkennen.

Ein weiteres Indiz für einen möglichen Befunderhebungsfehler ist, wenn der Arzt die Familienanamnese außer Acht lässt. Eine erhöhte familiäre Vorbelastung für Hautkrebs erfordert besondere Aufmerksamkeit bei der Untersuchung von Leberflecken. Wird dieser Aspekt vom Arzt nicht berücksichtigt, kann dies zu Fehleinschätzungen führen.

Patienten sollten auch hellhörig werden, wenn der Arzt offensichtlich veraltete Untersuchungsmethoden anwendet oder moderne diagnostische Möglichkeiten wie die digitale Dermatoskopie nicht nutzt, obwohl diese verfügbar wären. Die Verwendung aktueller und präziser Untersuchungstechniken ist für eine zuverlässige Befunderhebung von großer Bedeutung.

Ein deutliches Warnsignal für einen Befunderhebungsfehler liegt vor, wenn der Arzt eine zunächst als gutartig eingestufte Hautveränderung trotz Größenzunahme, Blutungen oder Geschwürbildung nicht erneut untersucht. In solchen Fällen ist eine umgehende Abklärung durch eine Biopsie zwingend erforderlich.

Patienten sollten sich nicht scheuen, bei Unsicherheiten eine zweite Meinung einzuholen. Weichen die Einschätzungen verschiedener Ärzte deutlich voneinander ab, kann dies auf mögliche Fehler in der Befunderhebung hindeuten. Eine sorgfältige Zweitmeinung kann helfen, Fehldiagnosen zu vermeiden und die bestmögliche Behandlung sicherzustellen.

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Welche ärztlichen Sorgfaltspflichten bestehen bei der Untersuchung eines Leberflecks?

Bei der Untersuchung eines Leberflecks unterliegen Ärzte umfassenden Sorgfaltspflichten. Sie müssen den Leberfleck gründlich und fachgerecht untersuchen, um mögliche Anzeichen für Hautkrebs frühzeitig zu erkennen. Dazu gehört eine visuelle Inspektion des gesamten Hautorgans einschließlich schwer einsehbarer Körperstellen. Der Arzt muss verdächtige Hautveränderungen nach der ABCDE-Regel beurteilen, die Asymmetrie, Begrenzung, Farbe, Durchmesser und Entwicklung des Leberflecks berücksichtigt.

Zur fachgerechten Untersuchung zählt auch der Einsatz eines Dermatoskops. Dieses Auflichtmikroskop ermöglicht eine detaillierte Betrachtung der Hautoberfläche und tieferer Hautschichten. Bei Auffälligkeiten muss der Arzt eine Gewebeprobe entnehmen und histologisch untersuchen lassen.

Die ärztliche Sorgfaltspflicht umfasst zudem eine ausführliche Anamnese. Der Arzt muss den Patienten nach Risikofaktoren wie familiärer Vorbelastung, Sonnenempfindlichkeit und früheren Hautveränderungen befragen. Auch die Dokumentation der Untersuchungsergebnisse gehört zu den Sorgfaltspflichten.

Eine Verletzung dieser Pflichten liegt vor, wenn der Arzt offensichtliche Anzeichen für Hautkrebs übersieht oder notwendige Untersuchungsschritte unterlässt. Versäumt er etwa die Entnahme einer Gewebeprobe bei einem verdächtigen Leberfleck, kann dies als Befunderhebungsfehler gewertet werden. Auch eine fehlerhafte Beurteilung eindeutiger Befunde stellt eine Pflichtverletzung dar.

Der Arzt muss den Patienten über das Ergebnis der Untersuchung aufklären und bei Verdacht auf Hautkrebs über die erforderlichen weiteren Schritte informieren. Unterlässt er dies, verletzt er seine Aufklärungspflicht.

Ärzte müssen sich bei der Leberfleck-Untersuchung am aktuellen medizinischen Standard orientieren. Dazu gehört die Kenntnis aktueller Leitlinien zur Hautkrebsdiagnostik. Eine veraltete oder unzureichende Untersuchungsmethode kann als Behandlungsfehler gewertet werden.

Die Sorgfaltspflichten erstrecken sich auch auf die Nachsorge. Bei Patienten mit erhöhtem Hautkrebsrisiko muss der Arzt regelmäßige Kontrolluntersuchungen empfehlen und durchführen. Versäumt er dies, kann es zu einer verspäteten Diagnose kommen.

Ein Beispiel verdeutlicht die Bedeutung der ärztlichen Sorgfaltspflichten: Ein Patient stellt bei seinem Hautarzt einen veränderten Leberfleck vor. Der Arzt betrachtet diesen nur kurz mit bloßem Auge und erklärt ihn für harmlos. Einige Monate später wird bei dem Patienten ein fortgeschrittenes malignes Melanom diagnostiziert. In diesem Fall hätte eine gründliche dermatoskopische Untersuchung und Gewebeentnahme den Tumor möglicherweise früher erkannt. Das Versäumnis des Arztes könnte als Verletzung seiner Sorgfaltspflicht gewertet werden.

Die Einhaltung der ärztlichen Sorgfaltspflichten bei der Leberfleck-Untersuchung ist entscheidend für eine frühzeitige Hautkrebsdiagnose. Patienten können erwarten, dass Ärzte diese Pflichten gewissenhaft erfüllen und im Zweifelsfall weitere diagnostische Schritte einleiten.

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Was kann ich tun, wenn meine Berufung gegen ein Urteil in einem Arzthaftungsfall abgewiesen wurde?

Wenn eine Berufung gegen ein Urteil in einem Arzthaftungsfall abgewiesen wurde, stehen dem Betroffenen noch einige rechtliche Möglichkeiten offen. Eine wichtige Option ist die Einlegung einer Nichtzulassungsbeschwerde beim Bundesgerichtshof. Diese muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des Berufungsurteils eingereicht werden. Mit der Nichtzulassungsbeschwerde wird überprüft, ob das Berufungsgericht die Revision zu Unrecht nicht zugelassen hat.

Für eine erfolgreiche Nichtzulassungsbeschwerde müssen bestimmte Zulassungsgründe vorliegen. Dazu gehören grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache, Abweichung von höchstrichterlicher Rechtsprechung oder Verfahrensmängel. Ein häufiger Grund ist die Verletzung des rechtlichen Gehörs. Dies kann etwa der Fall sein, wenn das Berufungsgericht wesentliches Vorbringen oder Beweisanträge nicht berücksichtigt hat.

Bei Arzthaftungsfällen spielt die Unterscheidung zwischen Diagnoseirrtum und Befunderhebungsfehler eine wichtige Rolle. Ein Diagnoseirrtum liegt vor, wenn der Arzt erhobene Befunde falsch interpretiert. Ein Befunderhebungsfehler hingegen ist gegeben, wenn medizinisch gebotene Untersuchungen unterlassen wurden. Diese Differenzierung kann entscheidend für den Ausgang des Verfahrens sein.

Wird die Nichtzulassungsbeschwerde vom Bundesgerichtshof als begründet erachtet, wird das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung an das Berufungsgericht zurückverwiesen. In diesem Fall erhält der Betroffene eine weitere Chance, seine Ansprüche durchzusetzen.

Alternativ zur Nichtzulassungsbeschwerde kann in bestimmten Fällen auch eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht in Betracht kommen. Dies setzt jedoch voraus, dass eine Verletzung von Grundrechten geltend gemacht werden kann. Die Hürden für eine erfolgreiche Verfassungsbeschwerde sind allerdings sehr hoch.

Es ist dringend zu empfehlen, sich bei der Prüfung weiterer rechtlicher Schritte von einem spezialisierten Rechtsanwalt beraten zu lassen. Dieser kann die Erfolgsaussichten einer Nichtzulassungsbeschwerde oder anderer Rechtsmittel einschätzen und bei der Formulierung der rechtlichen Argumente unterstützen.

Die Kosten für weitere Rechtsmittel sollten ebenfalls berücksichtigt werden. Bei geringen finanziellen Mitteln besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Diese wird gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.

Neben den rechtlichen Möglichkeiten kann in manchen Fällen auch eine außergerichtliche Einigung mit der Gegenseite sinnvoll sein. Hierfür können Mediationsverfahren oder Vergleichsverhandlungen genutzt werden. Dies kann eine kostengünstigere und schnellere Alternative zu weiteren gerichtlichen Auseinandersetzungen darstellen.

Bei der Entscheidung über das weitere Vorgehen sollten auch die psychischen Belastungen eines fortgesetzten Rechtsstreits bedacht werden. Manchmal kann es sinnvoller sein, einen Schlussstrich zu ziehen und die Energie auf die Bewältigung der gesundheitlichen Folgen zu richten.

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Welche finanziellen Konsequenzen muss ich im Falle einer verlorenen Arzthaftungsklage tragen?

Bei einer verlorenen Arzthaftungsklage können erhebliche finanzielle Belastungen auf den Kläger zukommen. Die unterlegene Partei muss grundsätzlich sämtliche Kosten des Rechtsstreits tragen. Dies umfasst zunächst die Gerichtskosten, die sich nach dem Streitwert richten. Je höher die geltend gemachten Ansprüche, desto höher fallen auch die Gerichtsgebühren aus.

Neben den Gerichtskosten muss der unterlegene Kläger auch die Anwaltskosten beider Seiten übernehmen. Dies beinhaltet sowohl die Gebühren des eigenen Rechtsanwalts als auch die des gegnerischen Anwalts. Bei Arzthaftungsprozessen mit hohen Streitwerten können diese Kosten schnell in den fünfstelligen Bereich steigen.

Ein weiterer bedeutender Kostenfaktor sind die Ausgaben für medizinische Sachverständigengutachten. In Arzthaftungsverfahren werden regelmäßig Gutachter hinzugezogen, um die medizinischen Sachverhalte zu klären. Die Kosten für ein einzelnes Gutachten belaufen sich häufig auf 2.000 bis 3.000 Euro, können aber je nach Komplexität des Falles auch deutlich höher ausfallen.

Bei Verfahren gegen mehrere Beklagte, etwa wenn neben einem Arzt auch ein Krankenhaus verklagt wird, multiplizieren sich die Anwaltskosten entsprechend. Zudem können weitere Beteiligte in den Prozess einbezogen werden, was zusätzliche Kosten verursacht.

Besonders problematisch kann die finanzielle Situation werden, wenn der Kläger Prozesskostenhilfe erhalten hat. Zwar werden in diesem Fall die Gerichtskosten und die Gebühren des eigenen Anwalts vom Staat übernommen. Die Kosten des gegnerischen Anwalts muss der unterlegene Kläger jedoch trotzdem aus eigener Tasche bezahlen.

Die Gesamtkosten eines verlorenen Arzthaftungsprozesses können sich schnell auf mehrere zehntausend Euro summieren. Bei sehr hohen Streitwerten im Millionenbereich sind sogar Kosten im sechsstelligen Bereich möglich.

Um dieses finanzielle Risiko abzumildern, ist der Abschluss einer Rechtsschutzversicherung ratsam. Diese übernimmt im Regelfall die Kosten für Anwälte, Gericht und Sachverständige, sofern die vereinbarte Versicherungssumme ausreichend hoch ist.

Für Patienten ohne Rechtsschutzversicherung und mit geringem Einkommen besteht die Möglichkeit, Prozesskostenhilfe zu beantragen. Allerdings deckt diese, wie bereits erwähnt, nicht alle Kosten ab und wird häufig nur gegen Ratenzahlung gewährt.

Bei der Entscheidung für oder gegen eine Arzthaftungsklage sollten Patienten das finanzielle Risiko sorgfältig abwägen. Dies gilt insbesondere in Fällen, bei denen die Erfolgsaussichten unsicher sind, wie beispielsweise bei komplexen medizinischen Sachverhalten im Zusammenhang mit Diagnoseirrtümern oder Befunderhebungsfehlern. Eine gründliche rechtliche Beratung im Vorfeld kann helfen, die Risiken besser einzuschätzen und eine fundierte Entscheidung zu treffen.

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Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

  • Diagnoseirrtum: Ein Diagnoseirrtum liegt vor, wenn ein Arzt trotz sorgfältiger Untersuchung und Abwägung aller Befunde zu einer falschen Diagnose kommt. Dies kann passieren, wenn Symptome mehrdeutig sind oder atypisch auftreten. Im Gegensatz zum Behandlungsfehler ist ein Diagnoseirrtum nicht per se vorwerfbar, solange der Arzt alle gebotenen diagnostischen Maßnahmen ergriffen hat. Beispielsweise könnte bei der Untersuchung eines Leberflecks dessen bösartige Natur übersehen werden, obwohl alle üblichen Untersuchungsmethoden angewandt wurden. Für einen Schadensersatzanspruch muss der Patient beweisen, dass der Arzt die Standarddiagnostik nicht eingehalten hat (§ 630h Abs. 5 BGB).
  • Befunderhebungsfehler: Ein Befunderhebungsfehler liegt vor, wenn der Arzt notwendige Untersuchungen zur Feststellung des Gesundheitszustandes des Patienten unterlässt oder nicht sachgerecht durchführt. Im Gegensatz zum Diagnoseirrtum ist dies ein Verstoß gegen die ärztliche Sorgfaltspflicht. Bei einem Leberfleck könnte dies bedeuten, dass der Arzt eine erforderliche Gewebeprobe nicht entnimmt oder eine notwendige dermatoskopische Untersuchung unterlässt. Gemäß § 630h Abs. 5 BGB wird bei einem groben Befunderhebungsfehler vermutet, dass dieser für den Gesundheitsschaden ursächlich war, was die Beweislast zugunsten des Patienten umkehrt.
  • Lege artis: Der Begriff „lege artis“ bedeutet „nach den Regeln der ärztlichen Kunst“ und beschreibt den medizinischen Standard, an dem sich ärztliches Handeln messen lassen muss. Er ist ein zentraler Begriff im Arzthaftungsrecht und wird oft in Gerichtsurteilen verwendet, um zu beurteilen, ob ein Behandlungsfehler vorliegt. Bei der Untersuchung eines Leberflecks würde lege artis beispielsweise bedeuten, dass alle aktuell anerkannten diagnostischen Methoden wie visuelle Inspektion, Dermatoskopie und gegebenenfalls Biopsie angewandt werden. Die Einhaltung des lege artis Standards schützt Ärzte vor Haftungsansprüchen (§ 630a Abs. 2 BGB).
  • Vorläufige Vollstreckbarkeit: Die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils bedeutet, dass es sofort vollstreckt werden kann, auch wenn es noch nicht rechtskräftig ist. Im Arzthaftungsprozess kann dies erhebliche finanzielle Folgen für den unterlegenen Kläger haben, da er möglicherweise hohe Prozesskosten tragen muss, bevor alle Rechtsmittel ausgeschöpft sind. Das Gericht kann die vorläufige Vollstreckbarkeit anordnen, um eine zügige Durchsetzung des Urteils zu ermöglichen (§ 708 Nr. 10 ZPO). Zum Schutz des Schuldners kann das Gericht die Vollstreckung von einer Sicherheitsleistung abhängig machen (§ 711 ZPO).
  • Nichtzulassungsbeschwerde: Die Nichtzulassungsbeschwerde ist ein Rechtsmittel gegen die Nichtzulassung der Revision durch ein Berufungsgericht. Sie gibt dem Kläger die Möglichkeit, die Zulassung der Revision beim Bundesgerichtshof zu erwirken, wenn das Berufungsgericht diese nicht zugelassen hat. In Arzthaftungsprozessen wie dem vorliegenden Fall kann dies die letzte Chance des Patienten sein, eine höchstrichterliche Überprüfung zu erreichen. Die Nichtzulassungsbeschwerde muss innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils eingelegt werden (§ 544 Abs. 1 ZPO) und hat nur Erfolg, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder zur Fortbildung des Rechts erforderlich ist.
  • Ärztliche Sorgfaltspflicht: Die ärztliche Sorgfaltspflicht ist ein zentraler Begriff im Arzthaftungsrecht und beschreibt den Maßstab, an dem das Handeln eines Arztes gemessen wird. Sie verlangt, dass der Arzt die nach den Umständen des Einzelfalls gebotene Sorgfalt anwendet und nach dem aktuellen medizinischen Standard handelt. Bei der Untersuchung eines Leberflecks umfasst dies beispielsweise die gründliche visuelle Inspektion, die Verwendung eines Dermatoskops und gegebenenfalls die Entnahme einer Gewebeprobe. Die Verletzung der Sorgfaltspflicht kann zu einer Haftung des Arztes führen (§ 276 BGB in Verbindung mit § 630a BGB). Dabei wird nicht der bestmögliche Standard verlangt, sondern der zum Zeitpunkt der Behandlung geltende medizinische Standard eines sorgfältigen Facharztes.

Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht): Dieser Paragraph regelt die grundsätzliche Haftung für Schadensersatz bei Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit, des Eigentums oder eines sonstigen Rechts. Im vorliegenden Fall beruft sich der Kläger auf diesen Paragraphen, da er aufgrund eines vermeintlichen Diagnose- oder Befunderhebungsfehlers einen Schaden erlitten haben könnte.
  • § 630h Abs. 1 BGB (Behandlungsvertrag): Dieser Paragraph definiert den Behandlungsvertrag als einen Vertrag zwischen Arzt und Patient, der den Arzt zur medizinischen Behandlung des Patienten verpflichtet. Der Behandlungsvertrag ist die Grundlage für die rechtliche Beziehung zwischen Arzt und Patient und bildet den Rahmen für die Prüfung, ob ein Behandlungsfehler vorliegt.
  • § 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Dieser Paragraph regelt den Schadensersatzanspruch bei Verletzung einer Pflicht aus einem Schuldverhältnis. Im Kontext des Behandlungsvertrags kann ein Arzt schadenersatzpflichtig werden, wenn er seine Pflichten verletzt, z.B. durch einen Diagnose- oder Befunderhebungsfehler.
  • § 611 BGB (Dienstvertrag): Dieser Paragraph regelt den Dienstvertrag, der auch für das Arbeitsverhältnis zwischen dem angestellten Arzt (Beklagte zu 2) und der Hautarztpraxis (Beklagte zu 1) relevant ist. Im vorliegenden Fall ist zu prüfen, ob die angestellte Ärztin ihre Pflichten aus dem Dienstvertrag verletzt hat und ob die Hautarztpraxis dafür verantwortlich gemacht werden kann.
  • § 831 BGB (Haftung für Verrichtungsgehilfen): Dieser Paragraph regelt die Haftung des Geschäftsherrn für das Verschulden seiner Verrichtungsgehilfen. Im vorliegenden Fall ist die Hautarztpraxis (Beklagte zu 1) der Geschäftsherr und die angestellte Ärztin (Beklagte zu 2) die Verrichtungsgehilfin. Die Hautarztpraxis kann für einen Behandlungsfehler der Ärztin haftbar gemacht werden, wenn diese in Ausführung ihrer dienstlichen Verrichtungen gehandelt hat.

Das vorliegende Urteil

OLG Dresden – Az.: 4 U 1718/23 – Urteil vom 26.03.2024

1. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 15.09.2023, Az. 8 O 1824/21, wird zurückgewiesen.

2. Der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von 110% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

4. Die Revision wird nicht zugelassen.

Beschluss: Der Streitwert wird auf bis zu 85.000,00 EUR festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien streiten um Schadensersatzansprüche aus einer vermeintlich fehlerhaften Behandlung des Klägers in der Hautarztpraxis der Beklagten zu 1 durch die dort angestellte Beklagte zu 2 am 28.08.2018.

Der im Jahr 1953 geborene Kläger war seit dem Jahr 2005 Patient in der Praxis der Beklagten zu 1 und stellte sich dort regelmäßig zum Hautcheck vor. Am 28.08.2018 stellte er sich außerhalb eines Routinetermins bei der Beklagten zu 2 vor und bat um Untersuchung eines auf dem Bauch befindlichen Leberflecks.

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Die Beklagte zu 2 diagnostizierte an diesem Tag: „Bauch mitte 1×1 cm, gr. dunkel-braun glänzende Plaque eher hae ad Ko in 3 Mo“, d.h am ehesten ein (thrombosiertes) Hämangiom (Blutschwämmchen) mit Anordnung einer Kontrolluntersuchung in 3 Monaten. Eine Gewebeprobe wurde nicht veranlasst.

Bei dem nächsten Termin am 14.11.2018 wurde die Hautveränderung herausgeschnitten und histopathologisch untersucht. Der Untersuchungsbericht vom 20.11.2018, der der Beklagten zu 2 am 22.11.2018 vorlag, enthielt die Diagnose „noduläres malignes Melanom 4,5 mm“ und wurde dem Kläger am 26.11.2018 eröffnet. Auf Grund der Größe des Tumors fand eine klinische Nachexzision am 11.12.2018 statt; hier wurde auch in einem Lymphknoten eine Metastase festgestellt. Aus der Klinik entlassen wurde der Kläger am 13.12.2018. In der Folge erhielt er eine adjuvante Therapie mit Pembrolizumab, beginnend ab dem 07.03.2019, die bei dem Kläger zu starken Nebenwirkungen führte, weshalb sie nach der zwölften Therapie im November 2019 abgebrochen wurde.

Das sachverständig beratene Landgericht hat die auf Schmerzensgeld und Feststellung einer Einstandspflicht für zukünftige Schäden gerichtete Klage mit Urteil vom 15.09.2023 abgewiesen. Auf die Feststellungen dieses Urteils und die Begründung der Ablehnung wird Bezug genommen. Das Urteil wurde dem Kläger am 20.09.2023 zugestellt. Der Kläger hat am 16.10.2023 Berufung eingelegt und diese am 20.11.2023 begründet.

Der Kläger ist der Ansicht, dass es sich bei der unzutreffenden Diagnose durch die Beklagte zu 2 um einen vorwerfbaren Diagnosefehler, der i. S. des § 630h Abs. 5 Satz 1 BGB als grob qualifiziert werden müsse, gehandelt habe. Unabhängig von der (grob) fehlerhaften Diagnose eines Hämangioms sei zudem die therapeutische Sicherungsaufklärung grob fehlerhaft gewesen, da ihm von der Beklagten zu 2 im Rahmen der streitgegenständlichen Behandlung nicht angeboten worden sei, umgehend den auffälligen Leberfleck herauszuschneiden und histopathologisch untersuchen zu lassen. Zudem sei der Beklagten zu 2 vorzuwerfen, dass sie die notwendigen medizinischen Befunde nicht erhoben und dadurch einen reaktionspflichtigen Befund nicht erkannt habe. Insoweit seien auch die Voraussetzungen des § 630h Abs. 5 Satz 2 BGB gegeben.

Die grob fehlerhafte Diagnose werde durch die Sachverständigen bestätigt. Die gegenteilige Ansicht des Landgerichts sei nicht haltbar und nicht ausreichend begründet und nehme keinen Bezug auf die Ausführungen der Privatgutachterin P……. Dies insbesondere vor dem Hintergrund, dass ein Gefäßtumor als Differentialdiagnose durch einen Glasspateldruck oder durch die Auflichtmikroskopie problemlos hätte ausgeschlossen werden können.

Der Kläger behauptet, der Termin am 28.08.2018 sei kein normaler Routinetermin gewesen, weshalb die Beklagte zu 2 schon deshalb besonders aufmerksam hätte sein müssen. Der Fleck sei 2017 noch nicht dokumentiert worden, so dass sich schon daraus ergebe, dass weitere Untersuchungen veranlasst gewesen wären. Eine Beratung zu der Frage, ob umgehend herausgeschnitten oder weiter abgewartet werden solle, sei nicht dokumentiert und habe nicht stattgefunden. Wäre ein entsprechendes Gespräch geführt und dem Kläger in diesem Zusammenhang angeboten worden, den Fleck herauszuschneiden und histopathologisch untersuchen zu lassen, hätte er diesem Vorgehen umgehend zugestimmt.

Der Kläger ist weiter der Ansicht, dass Landgericht habe nur infolge fehlerhafter Beweiswürdigung zu dem Ergebnis gelangen können, dass am 28.08.2018 ein Dermatoskop für die Auflichtmikroskopie verwendet worden sei; tatsächlich sei eine „große Lupe“ verwendet worden. Aus den Angaben der Beklagten zu 2 und der Abrechnungsziffer EBM 32045 sei die Verwendung eines Dermatoskops nicht nachvollziehbar. Aus der Stellungnahme der Kassenärztlichen Vereinigung ergebe sich eindeutig, dass die Gebührenposition 32045 EBM keine zutreffende Gebührenposition für eine Auflichtmikroskopie darstelle, auch nicht in kurativen Fällen. Die Abrechnungskennziffer beschreibe eine Laborleistung (Bl. 53 d.A.), namentlich „Mikroskopische Untersuchung eines Körpermaterials“. Zudem sei die Verwendung keine Kassenleistung, so dass eine Verwendung eine private Abrechnung nach sich gezogen hätte, was nicht erfolgt sei. Wegen der fehlenden Dokumentation der Verwendung eines Dermatoskops greife gemäß § 630h Abs. 3 BGB eine Beweislastumkehr zu seinen Gunsten. Die Nichtverwendung des Dermatoskops sei eine erhebliche Abweichung von dem fachärztlich geschuldeten Behandlungsstandard. Wäre ein Dermatoskop/Glasspatel verwendet worden, wäre die falsche Diagnose nicht gestellt und mit hinreichender Wahrscheinlichkeit das Vorliegen einer Auffälligkeit mit dem Erfordernis einer histopathologischen Untersuchung festgestellt worden.

Aus dieser fehlerhaften Behandlung sei ihm kausal ein Schaden entstanden; insbesondere unter dem Blickpunkt des erheblichen Wachstums des nodulären malignen Melanoms. Die weitere Therapie habe bei ihm zu einem Funktionsverlust der Hirnanhangdrüse bzgl. der ACTH-Bildung geführt, einhergehend mit neurologischen Problemen und der Symptomatik eines paraneoplastischen Syndroms. Das schnelle Wachstum des malignen Melanoms habe innerhalb der fast dreimonatigen Behandlungsverzögerung zu einer erheblichen Verschlechterung der Prognose geführt und damit eine adjuvante Therapie notwendig gemacht.

Der Kläger beantragt:

1. Unter Abänderung des am 15. September 2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, Az. 08 O 1824/21, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an den Kläger ein angemessenes Schmerzensgeld, welches der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, einen Betrag in Höhe von 75.000,00 EUR jedoch nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen hieraus i.H.v. 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB ab Klagezustellung zu zahlen.

2. Unter Abänderung des am 15. September 2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, Az. 08 O 1824/21 festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche bisher entstandenen und in Zukunft entstehenden materiellen und sämtliche immateriellen Zukunftsschäden zu ersetzen, die ihm aus der fehlerhaften Behandlung durch die Beklagte zu 2) resultieren, sofern nicht diese Ansprüche auf einen Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen und nicht von dem Klageantrag zu 1. mitumfasst ist.

3. Unter Abänderung des am 15. September 2023 verkündeten Urteils des Landgerichts Leipzig, Az. 08 O 1824/21, die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, den Kläger gegenüber den Klägervertretern, den Rechtsanwälten Dr. S……, M…… und Kollegen wegen vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltsgebühren i.H.v. 4.242,35 EUR freizustellen.

Die Beklagten beantragen jeweils die Berufung zurückzuweisen.

Das Landgericht habe zu Recht angenommen, dass die Beklagte zu 2 die Hauterscheinung makroskopisch und dermatoskopisch sorgfältig untersucht habe und die Untersuchung mittels Dermatoskop durchgeführt worden sei. Sie habe die ABCDE-Regel zur Erkennung von Hautkrebs vorgenommen und sei nach der Musteranalyse von Prof. Kittler vorgegangen. Die Beklagte zu 2 habe nach Anamnese und Klinik keinerlei Anhaltspunkte für ein malignes Geschehen feststellen können. Hiermit korrespondiere deren Dokumentation, in der üblicherweise nur Auffälligkeiten notiert würden. Es habe keine eindeutigen Malignitätszeichen gegeben, differentialdiagnostisch sei sie von einer seborrhoischen Keratose ausgegangen, weswegen weiteres nicht veranlasst gewesen sei. Deshalb sei kein weiteres Gespräch vonnöten gewesen, die vereinbarte Nachkontrolle in drei Monaten sei vornehmlich zur Beruhigung des Klägers erfolgt. Nach der Diagnose vom 22.11.2018 sei das Notwendige umgehend veranlasst worden. Die Verzögerung vom 22.11.2018 bis 26.112018, dem regulären nächsten Termin des Klägers zur Nachsorge, sei zu vernachlässigen, zumal die Diagnose ein persönliches Gespräch gebiete.

Der Senat hat die Beklagte zu 2 und den Kläger in der mündlichen Verhandlung vom 05.03.2024 ergänzend informatorisch gehört.

Wegen der Einzelheiten des Vorbringens der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf ihre Schriftsätze nebst Anlagen sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung verwiesen.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet. Das Landgericht hat die geltend gemachten Ansprüche im Ergebnis zu Recht abgewiesen.

Dem Kläger stehen die aus eigenem Recht geltend gemachten Ansprüche auf Schmerzensgeld und Feststellung der zukünftigen Einstandspflicht weder aus §§ 630 a ff., 823 Abs. 1, 280, 253, 278 BGB noch aus anderen rechtlichen Gründen gegen die Beklagten zu.

1.

Dem Kläger ist unter Berücksichtigung der Ausführungen des Sachverständigen T…… der Nachweis eines behandlungsfehlerhaften Vorgehens weder in Form eines Diagnoseirrtums noch eines Befunderhebungsfehlers gelungen.

Ein Befunderhebungsfehler ist gegeben, wenn die Erhebung medizinisch gebotener Befunde unterlassen wird und die Erhebung und/oder die Sicherung medizinisch gebotener Befunde mit hinreichender Wahrscheinlichkeit ein positives und deshalb aus medizinischer Sicht reaktionspflichtiges Ergebnis gehabt hätte (Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 8. Aufl., Abschnitt B, Rn. 296). Im Unterschied dazu liegt ein Diagnoseirrtum vor, wenn der Arzt erhobene oder sonst vorliegende Befunde falsch interpretiert und deshalb nicht die aus der berufsfachlichen Sicht seines Fachbereichs gebotenen therapeutischen oder diagnostischen Maßnahmen ergreift (vgl. BGH, Urteil vom 21.12.2010 – VI ZR 284/09 – Rn. 13; Senat, Urteil vom 7.11.2023 – 4 U 675/23, Rn. 11). Ein Diagnoseirrtum setzt dabei voraus, dass der Arzt die medizinisch notwendigen Befunde überhaupt erhoben hat, um sich eine ausreichende Basis für die Einordnung der Krankheitssymptome zu verschaffen. Hat dagegen die unrichtige diagnostische Einstufung einer Erkrankung ihren Grund bereits darin, dass der Arzt die nach dem medizinischen Standard gebotenen Untersuchungen erst gar nicht veranlasst hat – er mithin aufgrund unzureichender Untersuchungen vorschnell zu einer Diagnose gelangt, ohne diese durch die medizinisch gebotenen Befunderhebungen abzuklären – dann ist dem Arzt ein Befunderhebungsfehler vorzuwerfen. Denn bei einer solchen Sachlage geht es im Kern nicht um die Fehlinterpretation von Befunden, sondern um deren Nichterhebung (vgl. BGH, Urteil vom 26.1.2016 – VI ZR 146/14, Rn. 6).

a)

Ein Befunderhebungsfehler ist durch den Kläger nicht hinreichend dargelegt.

Insoweit ist auch der Senat nach der ergänzenden informatorischen Anhörung von Kläger und Beklagter zu 2 zweifelsfrei überzeugt, dass eine fach- und leitliniengerechte Untersuchung am 28.08.2018 vorgenommen wurde und eine Gewebeprobe oder Exzision des Flecks am 28.08.2018 nicht veranlasst war.

(1)

Die Beklagte zu 2 schilderte in der ergänzenden Anhörung den Ablauf der Untersuchung so, wie das Landgericht diesen schon festgestellt hat, weshalb darauf Bezug genommen wird (Urteil des Landgerichts, Seite 8, unter b)). Der Senat hat an der Glaubwürdigkeit der Beklagten zu 2 und der Glaubhaftigkeit des Mitgeteilten, trotz des erheblichen Zeitablaufs, keine Zweifel.

Insbesondere konnte die Beklagte zu 2 nachvollziehbar erläutern, dass sie bei der Untersuchung ein Dermatoskop verwendete. Sie schilderte detailliert, dass sie ein solches im Arbeitsalltag immer in der Kitteltasche mit sich führe und ohne dessen Verwendung eine Diagnose an einer Hautveränderung gar nicht stellen könne, weswegen sie bspw. auch im Privatbereich keine solche „mal schnell“ erstelle. Zusätzlich sei ihr von der Beklagten zu 1 bei der Einweisung in die Arbeitsstelle aufgegeben worden, bei der Verwendung des Dermatoskops die Abrechnungsziffer 32045 EBM zu notieren, soweit dessen Verwendung nicht, wie bspw. bei einem Hautkrebsscreening, schon Bestandteil einer anderen Ziffer sei. Daher schließt der Senat auch aus der Dokumentation dieser Ziffer in der Behandlungsdatei am 28.08.2018, dass ein Dermatoskop verwendet wurde. Indiziell ergibt sich dies auch daraus, dass der Kläger behauptet, die Beklagte zu 2 habe eine „große Lupe“ verwendet, weil damit zumindest auch die Verwendung eines Befunderhebungsinstruments umfasst ist und die Beklagte zu 2 die Verwendung einer Lupe nachvollziehbar verneinte.

Insoweit ist durch die tatsächliche Verwendung des Dermatoskops auch die möglicherweise aus einem unterstellten Verstoß gegen Dokumentationspflichten gemäß § 630f Abs. 2 BGB folgende Vermutung aus § 630h Abs. 3 BGB widerlegt i.S. des § 292 ZPO, weil die Beklagte zu 2 den Gegenbeweis führen konnte.

(2)

Weitere Maßnahmen zur Diagnosestellung waren am 28.08.2018 bzw. in der Folge nicht angezeigt, weil, wie das sachverständig beratene Landgericht ebenfalls festgestellt hat, keine eindeutigen Malignitätszeichen vorlagen und daher weitere differentialdiagnostische Maßnahmen nicht zwingend waren. Nachvollziehbar und durch den Sachverständigen T…… bestätigt entspricht es dem medizinischen Standard in der Hautarztpraxis, nur diagnostische Auffälligkeiten zu notieren.

(aa)

Insbesondere ergab sich zweifelsfrei aus der Anhörung der Beklagten zu 2, dass diese nicht nur einen Verdacht hinsichtlich ihrer Diagnose hatte, sondern diese dahingehend stellte, dass entweder ein thrombosiertes Hämangiom oder eine seborrhoische Keratose vorgelegen habe. Weitere Unsicherheiten hätten nicht bestanden, so dass auch bzgl. beider Diagnosen weitere diagnostische Maßnahmen im Einklang mit dem Sachverständigen T…… nicht angezeigt waren. Eine Unsicherheit der Beklagten zu 2 bei der Befunderhebung ist auch nicht aus der eigentlich nicht notwendigen Anordnung einer Kontrolluntersuchung in drei Monaten abzuleiten, weil diese vor allem vereinbart wurde, um dem Kläger Sicherheit zu geben.

(bb)

Im Anschluss an die informatorische Anhörung beider Parteien geht der Senat gemäß § 286 ZPO davon aus, dass der Kläger bei der Untersuchung am 28.08.2018 nicht auf eine aktuelle Größenveränderung hingewiesen hat, was nach Einschätzung der Privatgutachterin und des Sachverständigen Anlass für eine ergänzende Befunderhebung oder eine sofortige Exzision geboten hätte.

Eine solche Angabe ist zunächst nicht dokumentiert. Auch ist auf dem Oberbauch in der Behandlungsdokumentation vor der Untersuchung am 28.08.2018 keine Pigmentierung dokumentiert, so dass sich aus einer Größenveränderung im Vergleich kein Anhalt für die Beklagte zu 2 hätte ergeben können. Dass der Kläger seit vielen Jahren einen Leberfleck medial im Oberbauchbereich mit einer Größe von 5 mm gehabt und im Juli 2018 selber eine Größenveränderung auf 10 mm festgestellt hat, ändert daran nichts, weil er diese Informationen am 28.08.2018 der Beklagten zu 2 gerade nicht mitgeteilt hat.

Die entgegenstehenden Angaben des Klägers im Senatstermin vom 05.03.2024 hält der Senat auch deshalb für nicht glaubhaft, weil der Kläger angegeben hat, an dieses Gespräch keine Erinnerung mehr zu haben und sich insoweit allein auf sein Gedächtnisprotokoll vom 19.04.2019 stützt, aus dem sich eine solche Angabe aber nicht entnehmen lässt. Dort heißt es vielmehr:

„Ich habe in diesem Gespräch am 28.8.2018 darauf verwiesen, dass ich seit vielen Jahren regelmäßig die Hautarztpraxis Dr. K…… zum Hautcheck aufsuche (letztmaliger planmäßiger Hautcheck am 17.5.2017) und dass sie doch bitte die Ergebnisse des letzten Hautchecks mit dem gegenwärtigen Zustand vergleichen sollen. Darauf antwortete Fr. Dr. F…… mit der Feststellung, dass sie mich aktuell, d.h. also am 28.8.2018, zum ersten Mal sehen würde und daher keinen Vergleich ziehen könne (abgesehen vom Besuch im Jan. 2018, der hier nicht relevant ist)“.

Dies steht im Einklang mit der Erinnerung der Beklagten zu 2, die vor dem Landgericht angegeben hat, der Kläger habe ihr auf die Nachfrage nach dem Entstehungszeitpunkt des Flecks lediglich entgegnet, sie „solle einfach ihre Arbeit tun“.

Der Kläger selber hat vor dem Landgericht ausgeführt (vgl. Protokoll):

Sie fragte mich, wie lange das schon besteht und ich sagte, dass ich das nicht genau weiß.

Auf die Frage von Frau F…… sagte ich, ich habe den Ablauf nicht beobachtet. Aber lange kann ich den Fleck noch nicht haben. Ich habe auch gesagt, dass ich da vorher einen Leberfleck hatte.

Diese Angaben decken sich sodann mit denen der Beklagten zu 2 im Arztbrief vom 14.01.2019 an die Hausärztin des Klägers, in welchem Sie ausführt, dass der Patient angab, die Hautveränderung würde vermutlich schon länger bestehen und eine Größen- und Farbveränderung nicht festgestellt wurde bzw. dass der Patient keine sichere Angabe dazu machen konnte, wie lange die Hautveränderung wirklich besteht.

b)

Ein vorwerfbarer Diagnoseirrtum liegt ebenfalls nicht vor.

(1)

Dabei ist zu beachten, dass Irrtümer bei einer Diagnosestellung oft nicht die Folge eines vorwerfbaren Versehens des Arztes [sind]. Die Symptome einer Erkrankung sind nämlich nicht immer eindeutig, sondern können auf die verschiedensten Ursachen hinweisen (BGH, Urteil vom 08.07.2003 – VI ZR 304/02 – juris Rn. 10). Ein Diagnoseirrtum ist also nicht stets als Behandlungsfehler zu werten, sondern selbst eine objektive Fehlerhaftigkeit einer Diagnose dann nicht vorwerfbar, wenn es sich um eine in der gegebenen Situation vertretbare Deutung der Befunde handelt (OLG Brandenburg Urteil vom 21.7.2011 – 12 U 9/11, BeckRS 2011, 20921, beck-online).

(2)

Im Anschluss an die Anhörung der Beklagten zu 2 steht zwar fest, dass diese auf der Grundlage einer ausreichenden Befunderhebung zu einer Diagnose gelangte, die zwar zwei verschieden Krankheitsbilder beinhaltet, ein bösartiges Geschehen jedoch abschließend ausschloss. Die von ihr gestellte Diagnose thrombosiertes Hämangiom oder seborrhoische Keratose stellt indes keinen aus objektiver Sicht nicht mehr verständlichen Fehler im Sinne eines fundamentalen Diagnoseirrtums dar.

Dies folgt bereits aus den Angaben des Sachverständigen vor dem Landgericht. Die Privatgutachterin P…… beurteilte die Diagnose Hämangiom in dieser Größenausdehnung als eher unwahrscheinlich und der Sachverständige T…… als selten bzw. unwahrscheinlich, bei einem 60jährigen Patienten als klinisch äußerst außergewöhnlich. Darauf kommt es jedoch auch nicht an. Entscheidend ist vielmehr, dass beide es für vertretbar gehalten haben, dass die Beklagte zu 2 ein bösartiges Geschehen sicher ausgeschlossen hat. Dass das im November 2018 festgestellte Melanom drei Monate zuvor hätte diagnostiziert werden müssen, hat der Sachverständige T…… auch bei Benutzung des Auflichtdermatoskops verneint, vielmehr die Einschätzung einer Gutartigkeit der Hautveränderung durch die Beklagte zu 2 auf Grund der objektiven Befundlage als vertretbar eingeschätzt.

Aus den glaubhaften Angaben der Beklagten zu 2, keine Pigmentauffälligkeiten und Malignitätszeichen festgestellt und deshalb auch nichts dahingehend notiert zu haben, folgt auch im Einklang mit dem Sachverständigen T……, dass das weitere Vorgehen der Beklagten zu 2 keinen Verstoß gegen den fachärztlichen Standard darstellt. Insbesondere war deshalb auch die kurzfristige Exzision nicht angezeigt. Die Ausführungen der Privatgutachterin P……, die Beklagte zu 2 hätte einen klinisch suspekten Naevus mit in die Überlegungen einbeziehen und deshalb kurzfristig eine Exzision ansetzen müssen, beruhen allein auf der unbewiesenen Annahme, der Kläger habe am 28.08.20218 eine rasche Größenveränderung der Hautstelle angegeben.

c)

Aus dem unter a) und b) Dargelegten ergibt sich keine Verletzung der Pflicht zur therapeutischen Sicherungsaufklärung nach § 630e Abs. 1 BGB am 28.08.2018, weil eine solche nicht notwendig war.

d)

Die Verzögerung zwischen dem Eingang des Befundes der histopathologischen Untersuchung am 22.11.2018 bei der Praxis der Beklagten zu 1 und dessen Eröffnung am 26.11.2018 gegenüber dem Kläger stellt, wie der Sachverständige T…… bestätigt hat, keinen Fehler im Behandlungsablauf dar, weil insoweit schon auf Grund der Diagnose eine persönliche Mitteilung angezeigt ist und sich aus der Behandlungsdokumentation ergibt, dass schon am 23.11.2018 bei der Universitätshautklinik in L…… eine Einordnung des Befundes in ein Stadium der Erkrankung erbeten wurde (Tumor-Staging), weitere Maßnahmen zeitnah und dem Behandlungsstandard entsprechend eingeleitet wurden.

2.

Mangels Hauptanspruch ergibt sich auch kein Anspruch auf Feststellung der Einstandspflicht für zukünftige Schäden sowie auf eine Kostenfreistellung (Ziffer 3) für die außergerichtliche Tätigkeit oder Rechtshängigkeitszinsen aus § 291 ZPO.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Ein Grund für die Zulassung der Revision gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO war nicht gegeben.

Die Streitwertfestsetzung erfolgt nach § 48 GKG i.V.m. §§ 3 ff ZPO. Insoweit folgt der Senat den Ausführungen des Klägers aus der Klageschrift vom 10.08.2021.

 


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