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Eingliederung von Zahnersatz – Behandlungsfehler eines Zahnarztes

Fehlbehandlungsvorwürfe gegen Zahnarzt abgewiesen

Eine Klägerin forderte Schmerzensgeld und die Rückzahlung von Kosten für zahnärztliche Behandlungen und Nachbehandlungen wegen einer mutmaßlichen Fehlbehandlung durch einen Zahnarzt. Das Landgericht wies die Klage jedoch ab, da es der Klägerin nicht gelang, den Nachweis eines Behandlungsfehlers zu erbringen. Die Berufung der Klägerin wurde ebenfalls abgewiesen, da keine Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder rechtlichen Würdigung des Landgerichts festgestellt wurden.

Die Klägerin warf dem Beklagten vor, bei mehreren Zähnen eine fehlerhafte zahnprothetische Versorgung vorgenommen zu haben. Sie konnte jedoch nicht nachweisen, dass die von ihr vorgelegten Zustandsdokumentationen tatsächlich das unmittelbare Behandlungsergebnis des Beklagten darstellten. Zudem konnte sie nicht beweisen, dass die Arbeiten des Beklagten bereits behandlungsfehlerhaft gewesen wären.

Das Gericht verwies darauf, dass die Eingliederung von Zahnersatz ein mehrstufiger Prozess sei und dass Anpassungsmaßnahmen notwendig sein können, bei denen der Patient mitwirken muss. Die Klägerin konnte die erforderliche Beweislast für eine behandlungsfehlerhafte zahnprothetische Versorgung nicht erfüllen, weshalb die Klage abgewiesen wurde.

OLG Dresden – Az.: 4 U 2562/21 – Beschluss vom 09.05.2022


1. Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin ohne mündliche Verhandlung durch Beschluss zurückzuweisen.

2. Die Klägerin hat Gelegenheit, innerhalb von drei Wochen Stellung zu nehmen. Sie sollte allerdings auch die Rücknahme der Berufung in Erwägung ziehen.

3. Der auf Dienstag, 24.05.2022, 13.30 Uhr bestimmte Termin zur mündlichen Verhandlung wird aufgehoben.

4. Es ist beabsichtigt, den Streitwert für die Berufungsinstanz auf 30.230,99 € festzusetzen.

Gründe

I.

Eingliederung von Zahnersatz - Behandlungsfehler eines Zahnarztes
(Symbolfoto: studio2sim/Shutterstock.com)

Die Klägerin verlangt vom Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld, Rückzahlung des von ihr verauslagten Eigenanteils für eine zahnärztliche Behandlung beim Beklagten und Ersatz der von ihr verauslagten Kosten für Nachbehandlungen wegen einer behaupteten Fehlbehandlung durch den Beklagten im Zeitraum zwischen dem 13.09.2012 bis Dezember 2015.

Zuvor war die Klägerin im Zeitraum Juli 2011 bis August 2012 wegen teilweiser gleicher Beschwerden zur Behandlung in der Zahnarztpraxis N…. Der gegen diese Zahnärztin geführte Rechtsstreit endete vor dem hiesigen Senat unter dem Aktenzeichen 4 U 1110/16 in der Verhandlung vom 17.01.2017 durch Vergleich.

Parallel zur hier streitgegenständlichen Behandlung wurde die Klägerin im Uniklinikum … einer langwierigen und umfangreichen Funktionsbehandlung bei Prof. J… unterzogen. Nachdem dieser aus seiner und wohl auch aus der klägerischen Sicht zufriedenstellende Ergebnisse erzielt hatte, wurde die Behandlung beim Beklagten fortgesetzt. Wegen der Einzelheiten des Behandlungsablaufs wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen.

Das Landgericht hat nach Einholung eines schriftlichen Gutachtens nebst mündlicher Anhörung der Sachverständigen Dr. med. dent. S… die Klage abgewiesen.

Gestützt auf die Ausführungen der Sachverständigen kam es zu dem Ergebnis, der Klägerin sei bereits der Nachweis eines Behandlungsfehlers nicht gelungen. Selbst aber bei unterstelltem Behandlungsfehler wären die geltend gemachten Nachbehandlungskosten als „Sowieso-Kosten“ anzusehen.

Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin, mit der sie ihr ursprüngliches Klageziel uneingeschränkt weiterverfolgt. Sie rügt eine fehlerhafte Tatsachenfeststellung durch das Erstgericht in der Weise, dass das Gericht die Ausführungen der Sachverständigen fehlinterpretiert habe und zu Unrecht von einem noch bestehenden Nachbesserungsrecht des Beklagten im Falle des Vorhandenseins tatsächlicher Mängel ausgegangen war.

Insgesamt habe das Landgericht die Ausführungen der Sachverständigen fehlinterpretiert. Dies gelte auch für die Ausführungen hinsichtlich des Zahnes 17. Zumindest hätte sich angesichts der Ausführungen des Sachverständigen hier weitere Nachfrage bzw. Aufklärungsbedarf ergeben.

Die Klägerin beantragt,

1.)

Der Beklagte wird verurteilt, ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes, angemessenes Schmerzensgeld, welches einen Betrag von EUR 6.000,00 nicht unterschreiten sollte, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 25.09.2018 an die Klägerin zu zahlen.

2.)

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin EUR 20.230,99 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit 25.09.2018 zu zahlen.

3.)

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin sämtliche weiteren entstandenen und künftig noch entstehenden materiellen Schäden, welche aus der fehlerhaften Behandlung der Klägerin in der Zeit von Juli 2014 bis Januar 2016 entstanden sind, zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger, übergegangen sind.

4.)

Der Beklagte wird verurteilt, die Klägerin von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von EUR 1.698,13 (1,5 Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG aus einem Gegenstandswert in Höhe von EUR 30.230,99 zuzüglich Postpauschale und Umsatzsteuer) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit freizustellen.

5.)

Die Kosten des Rechtsmittels werden dem Beklagten auferlegt.

Die Beklagte beantragt,

I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 22.10.2021 wird zurückgewiesen.

II. Die Klägerin trägt auch die Kosten der Berufung

Die Beklagte verteidigt das erstinstanzliche Urteil.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen und die Sitzungsniederschrift vor dem Landgericht verwiesen.

II.

Der Senat beabsichtigt, die zulässige Berufung nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen. Die zulässige Berufung der Klägerin bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht den Nachweis eines Behandlungsfehlers durch die Klägerin als nicht geführt angesehen und daher Ansprüche auf Schadensersatz und Schmerzensgeld aus § 280 BGB in Verbindung mit dem Behandlungsvertrag verneint. Die hiergegen gerichteten Angriffe der Berufung greifen nicht durch, denn diese zeigt keine Fehler bei der Tatsachenfeststellung oder rechtlichen Würdigung auf, die es dem Senat in dem ihm durch § 529 ZPO gesetzten Grenzen gebieten würden, eine andere Entscheidung zu treffen oder auch nur eine erneute oder ergänzende Beweisaufnahme durchzuführen.

1.

Zu Recht ist das Landgericht davon ausgegangen, dass die Aussagen der Sachverständigen zur Feststellung eines Behandlungsfehlers im Hinblick auf die Zähne 37 und 47 nicht ausreichen, selbst wenn die Sachverständige aus den von der Klägerin vorgelegten Modellen abgeleitet hat, dass die zungenseitigen Höcker dieser Kronen zu lang ausgeführt worden seien (Seite 4 f. des schriftlichen Gutachtens). Die Sachverständige hat nämlich im Zusammenhang mit dieser Feststellung auch ausgeführt, dass die zungenseitigen Höcker der Krone 37 die Transversalkurve zwar um ca. 1 mm überragten und dass unter anderem die Krone 47 noch nicht ausgearbeitete und polierte Einschleifspuren auf dem von der Klägerin gezeigten Modell aufweise, auf dem Gipsmodell könne aber die Schichtstärke der Krone nicht beurteilt werden, weshalb es nicht möglich sei, mit Sicherheit zu entscheiden, ob die Kronen 47 und 37 noch hätten eingeschleift werden müssen oder einschleifbar waren ohne „durchgeschliffen“ zu werden. Allerdings seien auf sämtlichen von der Klägerin vorgezeigten Modellen keine „ernsthaften“ Abweichungen vom Standard zu erkennen und es sei auch zu berücksichtigen, dass die Versorgung in ein sogenanntes Abrasionsgebiss, also in bereits abgenutzte Funktionsflächen eingefügt werden musste. Weiter hat die Sachverständige sinngemäß ausgeführt, dass nach der nunmehr vergangenen langen Zeit kein hinreichender Beleg für eine ursprüngliche Fehlerhaftigkeit des Ansatzes mehr vorhanden sei. Insbesondere lässt sich nicht mehr klären, welchen Zustand die vorgelegten Modelle darstellen und ob die in das Verfahren eingeführte Videodokumentation überhaupt die vom Beklagten vorgenommene Versorgung zeigt. Da aber die Klägerin die volle Beweislast mit dem Beweismaß des § 286 ZPO für eine behandlungsfehlerhafte zahnprothetische Versorgung führen muss, hat das Landgericht zu Recht ausgeführt, die Feststellungen der Sachverständigen reichten für die Annahme eines Behandlungsfehlers nicht aus. Zu berücksichtigen ist hierbei auch, dass ihm Rahmen einer zahnprothetischen Versorgung ein Behandlungsfehler des Arztes nicht bereits dann angenommen werden kann, wenn der Zahnersatz nicht bereits beim ersten Mal „sitzt“. Grundsätzlich gilt nämlich, dass die Eingliederung von Zahnersatz ein mehrstufiger Prozess ist, der es erforderlich macht, unter Umständen Anpassungsmaßnahmen vorzunehmen, bei denen der Patient auch mitwirken muss (vgl. Senat, Beschluss vom 21.01.2008 – 4 W 28/08; OLG Oldenburg, Urteil vom 11.02.1997, 5 U 164/96; Senat, Urteil vom 06.12.2016, 4 U 1119/16). Vorliegend hat die Klägerin zwar 30 Nachbesserungstermine behauptet, in den Behandlungsunterlagen findet dies aber keine Stütze. Nach dem insoweit konkreten aber nicht bestrittenem Vortrag des Beklagten hat die Klägerin sich tatsächlich in Bezug auf die Krone 47 lediglich dreimal zu minimalen Politurmaßnahmen eingefunden, nämlich am 29.04., 02.07. und 14.08.2015 (Seiten 5/6 der Klageerwiderung vom 07.04.2019). In Bezug auf die Krone 37 hat sie demnach keine störenden Frühkontakte oder Ähnliches geäußert. Ähnliches gilt für die Zähne 16 und 17. Den Vorwurf, die Krone in Regio 16 sei unter anderem „verdreht“ eingesetzt worden, hat die Klägerin im Verlaufe der ersten Instanz fallen lassen (Seite 2 des Schriftsatzes vom 17.05.2021, Bl. 131). Auch hier hat der Beklagte in der Klageerwiderung dargelegt, wie viele Nachbearbeitungstermine in Bezug auf diese Zähne durchgeführt wurden, nämlich am 29.04., 06.05. und 18.05.2015, wobei es sich jeweils nur um minimale Polituren handelte. Am Zahn 17 wurde zusätzlich am 10.06.2015 eine vorhandene Kunststofffüllung minimal eingeschliffen. Der Schilderung dieses Behandlungsablaufes hat die Klägerin im Nachgang nicht mehr widersprochen, sondern lediglich in der Berufung pauschal ihren ursprünglichen Vorwurf von „30“ Nachbehandlungen wiederholt, die aber offensichtlich auch Termine bei den Nachbehandlern beinhalten. Im Übrigen gilt in Bezug auf den Zahn 17, dass die Sachverständige im Hinblick auf ihre zunächst festgestellte nicht korrekte Einschleifsituation des Zahnes 17 in der mündlichen Anhörung ausgeführt hat, sie habe bei dieser Einschätzung nicht berücksichtigt, dass die Kronen nur provisorisch eingegliedert waren, was bedeute, dass sie ohne größere Probleme noch hätten nachgearbeitet werden können. Die Ausführungen der Sachverständigen lassen sich insgesamt dahingehend verstehen, das selbst unter der Prämisse, dass die von der Klägerin vorgelegten Modelle und gezeigten Videos tatsächlich den Zustand unmittelbar nach der Behandlung durch den Beklagten darstellten, zwar einige Kronenbeschaffenheiten noch nicht korrekt waren, aber ohne Weiteres noch hätten nachbearbeitet werden können.

Die Klägerin hat insgesamt weder beweisen können, dass die von ihr vorgelegten Zustandsdokumentationen tatsächlich das unmittelbare Behandlungsergebnis des Beklagten darstellen, noch für den Fall, dass dies zutreffend wäre, dass die Arbeiten des Beklagten bereits behandlungsfehlerhaft gewesen wären.

Hinzu kommt, dass sie selbst in ihrer Anhörung vor der Kammer ausgeführt hat, sie habe den Beklagten nicht um Nachbesserung gebeten (Seite 5 des Protokolls vom 01.10.2021, Bl. 160 d. A.). Ansprüche aus der unterstellt noch nicht korrekten Herstellung der Kronen kann sie damit nicht ableiten (vgl. die vorzitierten Senatsurteile, a.a.O.).

Angesichts all dessen rät der Senat zu einer Berufungsrücknahme, die zwei Gerichtsgebühren spart.

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