1. Die Berufung der Klägerin gegen das am 13.07.2022 verkündete Urteil der 3. Zivilkammer des Landgerichts Cottbus, Az. 3 O 13/17, wird zurückgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
3. Dieses und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung der Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des nach dem Urteil vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.
4. Die Revision wird nicht zugelassen.
5. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf bis zu 260.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Klägerin macht Schmerzensgeld von mindestens 80.000 € sowie eine monatlich zu zahlende Schmerzensgeldrente, Verdienstausfall, Haushaltsführungsschaden und die Feststellung der weiteren Ersatzpflicht mit der Behauptung einer fehlerhaften ärztlichen Behandlung ab Juni 2013 geltend.
Im Juni 2013 suchte sie ihre Hausärztin, die Beklagte zu 1., auf, da sie blaue Flecken und Einblutungen in den Armen und Beinen hatte. Sie litt seit 2010 unter Bluthochdruck. Anlass für einen weiteren Arztbesuch im August 2013 waren ein Kribbelgefühl und Unterbauchbeschwerden, woraufhin eine am 03.09.2013 durchgeführte Koloskopie – im Ergebnis ohne Befund – veranlasst wurde. Daraufhin überwies die Beklagte zu 1. die Klägerin an den Beklagten zu 2. (Nephrologen), den sie erstmalig am 17.09.2013 aufsuchte.
Am 05.11.2013 und bei Folgeuntersuchungen am 06.11., 12.12.2013 und 06.01.2014 stellte der Beklagte zu 2. bei der Klägerin einen leicht erhöhten Cortisolspiegel fest. Die am 24.03.2014 veranlasste Duplexsonographie ergab keine Auffälligkeiten.
Am 28.03.2014 schlug der Beklagte zu 2., jedenfalls im Zusammenhang mit einem zusammenfassenden Bericht an die Beklagte zu 1., ein CT des Oberbauches zur Frage eines Nebennierenadenoms bei Hypercortisolismus vor. In dem Bericht ist eine Wiedervorstellung in einem Monat angesprochen.
Am 31.03.2014 stellte sich die Klägerin erneut bei der Beklagten zu 1. vor und klagte über Schwächen und Missempfindungen in den Beinen sowie spastische Fußkrämpfe. Die Beklagte zu 1. überwies die Klägerin daher zu einem Neurologen, sowie zu einem C-MRT.
Im Weiteren verschlechterte sich der Zustand der Klägerin, die deshalb wiederholt die Beklagte zu 1. aufsuchte.
Im März 2015 wurden verschiedene Knochenbrüche, ein Nebennierenadenom und eine degenerative Skelettveränderung festgestellt. Der Cortisolwert der Klägerin betrug am 03.03.2015 718 nmol/l. Im März 2015 riet der Beklagte zu 2. der Klägerin nochmals zum Absetzen der von ihr eingenommenen Antibabypille (Zoely), was sie umsetzte.
Im April 2015 erfolgte eine basale Bestimmung des Cortisols, die den Nachweis eines hormonaktiven Adenoms erbrachte. Es folgten mehrere Krankenhausaufenthalte der Klägerin, bei denen das Nebennierenadenom am 10.06.2015 entfernt wurde.
Seit dem 01.08.2015 bezieht die Klägerin Erwerbsunfähigkeitsrente gemäß Bescheid vom 01.03.2016. Am 07.04.2016 wurde ein Grad der Behinderung von 30 und wegen einer Stoffwechselschädigung am 04.08.2016 ein GdB von 40 und am 07.04.2017 ein GdB von 60 festgestellt.
Die Klägerin hat vorgetragen, die unstreitig bei ihr bestehende Erkrankung Morbus Cushing hätte früher festgestellt und behandelt werden müssen. Die Beklagte zu 1. habe es nach Vorlage des Befundes vom 28.03.2014 unterlassen, selbst eine entsprechende Testung bzw. ein CT zu veranlassen oder eine Überweisung zu einem Endokrinologen vorzunehmen. Angesichts der Nachricht des Beklagten zu 2. sei das Unterlassen vollkommen unverständlich. Auch die weiteren Krankheitssymptome wie auch die später festgestellten Knochenbrüche hätten auf die Diagnose des Morbus Cushing hingewiesen. Der Beklagte zu 2. habe zwar erkannt, dass ein CT des Oberbauches erforderlich sei. Dies wäre jedoch erst der zweite Schritt gewesen. Primär wäre ein Dexamethason Hemmtest oder eine 24-Stunden-Urinkontrolle erforderlich und erst in einem zweiten Schritt ein CT vorzunehmen gewesen. Der Beklagte zu 2. habe ihr am 28.04.2014 – entgegen der Patientenakte – nicht mitgeteilt, dass ein Hypercortisolismus vorläge und sie sich innerhalb eines Monats wieder bei ihm vorstellen müsse. Er habe auch keinen Kontakt mehr mit ihr aufgenommen. Zwar habe er sich mit ihr über einen Zoely-Auslassversuch besprochen. Dies habe jedoch allein mit der Bluthochdruckproblematik im Zusammenhang gestanden und sei deshalb für sie nicht so wichtig gewesen. Dies habe auch die Beklagte zu 1. nicht veranlasst, nachdem sie festgestellt haben musste, dass eine Vorstellung beim Beklagten zu 2. nicht mehr erfolgt sei. Darin lägen mehrere grobe Behandlungsfehler. Das anders lautende MDK-Gutachten (Anlage K 6) sei nicht verwertbar, weil die Gutachterin von im Einzelnen benannten falschen Prämissen ausgehe. Insbesondere sei der erhöhte Cortisolspiegel nicht auf die Einnahme der Antibabypille zurückzuführen. Auch der festgestellte Hypercortisolismus hätte Anlass zur Untersuchung auf einen möglichen Morbus Cushing sein müssen.
Aufgrund der unterlassenen Behandlung sei es unter anderem zu einer erhöhten Inhibierung des Vitamins D3 und zu einer deutlichen Knochenschwächung, zu einer Osteomalazie/Osteoporose und in deren Folge zu einem Bandscheibenvorfall, einer Beckenring- und mehreren Sitzbeinfrakturen sowie einem Bruch eines Lenden- und Brustwirbels gekommen.
Die wegen der verspäteten Behandlung resultierende Berufsunfähigkeit, die Beeinträchtigungen des täglichen Lebens wie keine Hobbys und keinen Sport mehr ausüben, nicht mehr in den Urlaub sowie weder mit öffentlichen Verkehrsmitteln noch mit dem Auto fahren zu können, das Vorliegen eines Fatigue-Syndroms und die äußerlichen Beeinträchtigungen und Schmerzen rechtfertigten ein Schmerzensgeld in Höhe von 80.000,00 Euro sowie eine monatliche Schmerzensgeldrente in Höhe von 500,00 Euro ab Juni 2014. Darüber hinaus begehrt sie des Ersatz eines Verdienstausfall- sowie Haushaltsführungsschadens.
Die Beklagte zu 1. hat die Einrede der Verjährung in Bezug auf Ansprüche ab dem Jahr 2016, insbesondere anteilig erst mit der Klageerweiterung geltend gemachte Forderungen erhoben. Sie habe als Hausärztin die Klägerin an spezialisierte Fachmediziner überwiesen. Auf dessen sachgerechte Behandlung habe sie vertrauen dürfen. Nachdem die Beklagte zu 1. am 06.05.2013 bei der Klägerin einen erhöhten Blutdruck festgestellt habe, habe sie der Klägerin geraten, die von ihr eingenommene Antibabypille (Zoely) abzusetzen, da diese einen ungünstigen Einfluss auf den Bluthochdruck habe. Trotz Aufforderung, sich nach dem Besuch beim Nephrologen erneut vorzustellen, sei sie erst am 17.03.2014 wegen eines Infekts wieder erschienen. Dabei habe sie angegeben, dass sie einen Termin beim Beklagten zu 2. am 24.03.2014 habe. Dass die Klägerin sich entgegen dem Arztbrief vom 28.04.2014 im Anschluss an den Termin vom 24.03. dann erst am 23.02.2015 wieder beim Beklagten zu 2 vorgestellt habe, sei ihr nicht bekannt gewesen.
Der Beklagte zu 2. hat vorgetragen, er habe der Klägerin am 12.12.2013 die Empfehlung, das Medikament Zoely abzusetzen, umfangreich begründet, auch in Anbetracht der Tragweite des Befundes eines Hypercortisolismus als mögliche Hypotonus-Ursache. Nachdem am 06.01.2014 Hypercortisolismus dreimal nachgewiesen worden sei, habe die Klägerin eingeräumt, das Medikament nicht abgesetzt zu haben. Gleiches sei am 24.03.2014 erfolgt. In einem Telefonat am 28.03.2014 habe er auf die Wiedervorstellung in einem Monat gedrängt. Sie habe jedoch einen festen Wiedervorstellungstermin abgelehnt. Wenn die Klägerin sich an seine Empfehlung gehalten hätte, wäre es noch im Mai 2014 zu einem CT der Nebenniere gekommen. Eine nochmalige Erinnerung sei mangels akutem Krankheitsbild nicht zu erwarten gewesen, sondern habe allein in der Verantwortung der Klägerin gelegen. Auch bei der erst im Februar 2015 erneut erfolgten Vorstellung habe die Klägerin das Medikament noch nicht abgesetzt. Dazu habe er dringend angeraten und eine CT-Untersuchung veranlasst. Im Übrigen sei die Osteomalazie Ursache für die Frakturen. Diese beruhe jedoch nicht auf Morbus Cushing, sondern auf einem Vitamin-D-Mangel.
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Zwar läge ein Befunderhebungsfehler vor, weil die Beklagten den notwendigen Dexamethason-Hemmtest nicht erhoben hätten. Dieser Test und – je nach Ergebnis – die sich dann anschließende weiterführende Diagnostik wären nach den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. med. Z… notwendig gewesen, um das Morbus Cushing bereits im Januar 2015 bzw. März 2015 zu erkennen. Entgegen den Annahmen der Beklagten sei es nicht ausreichend gewesen, auf das Absetzen der von der Klägerin eingenommen Antibabypille (Zoely) abzustellen. Die Beklagte zu 1. hätte – auch als Hausärztin -, nachdem sie im März 2014 von den erhöhten Cortisolwerten der Klägerin Kenntnis erlangt hatte, die Klägerin zumindest entweder zu einem Spezialisten überweisen oder der Patientin jedenfalls sagen müssen, dass die notwendigen Tests durch den Spezialisten durchgeführt werden müssen. Der Beklagte zu 2. habe bereits ab dem 06.01.2014 Kenntnis von den erhöhten Cortisolwerten gehabt. Ab diesem Zeitpunkt hätte er den Dexamethason-Hemmtest selbst durchführen oder dafür sorgen müssen, dass dieser durchgeführt wird. Beides sei durch die Beklagten nicht erfolgt. Allerdings stehe nicht zur Überzeugung der Kammer fest, dass sich dieser Befunderhebungsfehler mit Sicherheit nachteilig für die Klägerin ausgewirkt habe, da die von der Klägerin behaupteten negativen Folgen nicht auf das Morbus Cushing zurückzuführen seien. Die Osteomalazie, an der die Klägerin leide, stelle keine kausale Folge des Morbus Cushing dar. Zwar sei es grundsätzlich möglich, dass eine kausale Folge des Morbus Cushing eine Osteoporose sei. Diese könne auch zu Frakturen führen. Vorliegend sei aber tatsächlich keine Osteoporose entstanden. Auch ein früheres Erkennen des Morbus Cushing und eine damit verbundene frühere Operation des Nebennierenadenoms hätten die Beckenringfraktur nicht verhindert. Auch könnten das von der Klägerin behauptete Fatigue-Syndrom sowie der Vitamin-D-Mangel nicht auf Morbus Cushing zurückgeführt werden. Schließlich sei es die Klägerin selbst, die mit ihrem Nichterscheinen zum Folgetermin zum 24.04.2014 die weitere Diagnostik verhindert habe. Dies sei nicht dem Beklagten zu 2. anzulasten. Im Übrigen wird wegen der tatsächlichen Feststellungen und rechtlichen Ausführungen auf das Urteil Bezug genommen.
Die Klägerin hat gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 19.07.2022 zugestellte Urteil mit einem am 12.08.2022 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenen Schriftsatz Berufung eingelegt und diese am letzten Tage der bis zum 19.10.2022 verlängerten Berufungsbegründungsfrist begründet. Insbesondere bzgl. der entstandenen Gesundheitsfolgen hätten sich weder der Sachverständige noch das Landgericht mit der Krankenakte und mit dem Klägervortrag auseinandergesetzt. Die am 21.08.2013 erhöhte Anzahl an roten Blutkörperchen habe bereits abklärungsbedürftig auf eine Nierenerkrankung hingewiesen. Vor allem aber der am 14.10.2013 erhöhte Renin-Wert von 41,5 weise auf eine krankhaft erhöhte Cortisol-Produktion in der Nebenniere und damit auf ein Cushing-Syndrom hin. Bereits hier hätte der Schluss auf einen primären Hyperaldosteronismus durch den Beklagten zu 2. gezogen werden müssen. Die Diagnose, dass dieser nicht vorgelegen habe, sei grob falsch. Die pathologischen Werte seien im Folgenden am 06.11. und am 31.12.2013 grob fehlerhaft nicht überprüft worden. Erst durch diese Erkrankung sei es zu Hyperkortisolismus gekommen, der dann zum Cushing-Syndrom geführt habe. Bei einer dann frühzeitig möglichen Behandlung wäre es nicht zu der späteren schweren Ausprägung des Cushing gekommen. Auch der am 28.03.2014 vom Beklagten zu 2. niedergelegten Verdachtsdiagnose „Nierenadenom bei Hyperkortisolismus“ sei trotz des Wissens um den Hyperkortisolismus nicht nachgegangen worden. Auch die Beklagte zu 1. habe durch den Arztbericht hiervon gewusst und hätte ab dem 31.03.2014 handeln müssen. Das gelte auch für das Unterlassen des CTs. Denn, so der Sachverständige, das CT hätte den diagnostischen Prozess zumindest beschleunigt. Da mit dem Aldosteron-Wert bereits ein pathologischer Wert vorgelegen habe, wäre hier zugleich auch labortechnisch der Nachweis geführt gewesen.
Unbeachtet geblieben seien Aufklärungsfehler über den Hyperkortisolismus, das CT und das Nebennierenadenom.
Das Landgericht sei zudem nicht der Frage nachgegangen, ob das Unterlassen des gebotenen Dexamethason-Hemmtests grob fehlerhaft gewesen sei. Deshalb gehe es auch fehlerhaft von der Beweislast der Klägerin aus. Den Beweisangeboten sei es zudem nicht nachgegangen.
Die Klägerin beantragt, die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen,
1. an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.05.2016 zu zahlen,
2. an sie 500,00 Euro pro Monat beginnend ab Juni 2014, also bis jetzt (einschließlich Oktober 2016) 14.500,00 Euro und bis einschließlich Dezember 2019 weitere 19.000,00 Euro, für den Zeitraum Januar 2020 bis Dezember 2021 weitere 12.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit sowie fortlaufend ab Januar 2022 500,00 Euro monatlich zu zahlen,
3. an sie Verdienstausfallschaden in Höhe von 5.991,73 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 20.05.2016 zu zahlen,
4. an sie weitere 27.756,38 Euro Verdienstausfallschaden für die Zeit vom 01.05.2016 bis 30.11.2019 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
5. an sie weitere 11.651,84 Euro Verdienstausfallschaden für die Zeit vom 01.12.2019 bis 31.12.2021 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
6. an sie für das Jahr 2018 weitere Verdienstausfallschäden in Höhe von 490,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
7. an sie einen Haushaltsführungsschaden bis einschließlich Oktober 2016 in Höhe von 17.587,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 14.070,00 Euro seit dem 20.05.2016 und Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 3.517,50 Euro seit Rechtshängigkeit zu zahlen,
8. an sie einen weiteren Haushaltsführungsschaden für die Zeit vom 01.12.2019 bis zum 31.12.2021 in Höhe von 8.442,00 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu zahlen,
9. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr aus der von Juni 2013 bis Juni 2015 stattgehabten ärztlichen Behandlung sämtliche künftigen materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, soweit diese nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger übergegangen sind bzw. übergehen werden,
10. die Beklagte zu 1. zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 3.607,37 Euro nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.
Die Beklagte zu 1. führt aus, sie sei allein als Fachärztin für Allgemeinmedizin tätig geworden und habe zutreffend und ausreichend die Klägerin an den Beklagten zu 2. überwiesen. Unstreitig sei dieser auch mit den erhöhten Cortisolwerten befasst gewesen. Auf dessen lege artis durchgeführte Behandlung habe sie sich im Rahmen der horizontalen Arbeitsteilung verlassen dürfen. Ob sich die Klägerin dort wieder vorstelle, müsse sie nicht überprüfen. Zudem habe der Sachverständige ausgeführt, dass sie den Morbus Cushing nicht unbedingt hätte erkennen können und müssen. Fehl gehe der – nicht fachgleiche – Gutachter in der Annahme, auch sie hätte den Hemmtest veranlassen müssen. Nicht nachvollziehbar sei i.Ü. die Darstellung des Sachverständigen, dass der wegen der oralen Einnahme von Kontrazeptiva verfälschte Test vorrangig zur Bildgebung sei. Einem Test hätte sich auch nach dem Privatgutachter eine Bildgebung angeschlossen. Dies habe der Beklagte zu 2. jedoch – letztlich vergeblich – in die Wege geleitet. Ihre Verjährungseinrede hält sie aufrecht.
Der Beklagte zu 2. führt aus, der Hinweis auf eine angebliche Falschdiagnose des Hyperaldosteronismus sei präkludiert. Zudem könne sich die Klägerin nicht auf das mit der Berufung vorgelegte Privatgutachten stützen, da dieses durch einen Internisten, mithin fachfremd erstellt worden sei. Sowohl die MDK-Gutachterin wie auch der Gerichtsgutachter hätten den vorliegenden Werten einen Diagnosefehler entnommen. Der Aldosteron-Renin-Quotient von 41,5 dürfte auf die Blutdruckmedikamente zurückzuführen sein. Zu Recht habe er deshalb lediglich Anlass gesehen, den erhöhten Cortiosol-Wert mehrfach zu überprüfen. Er bleibe zudem bei seiner Auffassung, der Dexamethason-Hemmtest hätte bei Einnahme von Zoely keine Aussagekraft besessen.
Der Senat hat die Klägerin und den Beklagten zu 2. persönlich zum Inhalt der Arzt-/Patientengespräche angehört.
II.
Die form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung der Klägerin bleibt in der Sache ohne Erfolg.
Die Klage ist unbegründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld gegen die Beklagten zu 1. und 2. aus dem jeweils angeschlossenen Behandlungsvertrag der Parteien oder deliktischen Ansprüchen, §§ 630a ff, 280, 823 BGB i.V.m. § 253 BGB.
1. Dem Beklagten zu 2. ist weder ein für die Entwicklung und Behandlung der Erkrankung der Klägerin mit Morbus Cushing kausaler Befunderhebungsfehler noch ein Behandlungsfehler in Bezug auf eine fehlerhafte Aufklärung vorzuwerfen.
a) Der Beklagte zu 2. ist aufgrund der Überweisung durch die Beklagte zu 1. tätig geworden. Nach dem Arztbrief des Beklagten zu 2. vom 28.03.2014 erfolgte die Überweisung wegen „Erythrozyturie unkl. Genese, Mikrohämaturie“; gemäß dem Attest der Beklagten zu 1. wegen „Erythrozyturie und schlecht einstellbarem Hypertonus“. Insoweit übernahm der Beklagte zu 2. die Behandlung zunächst nicht wegen erhöhter Cortisolwerte bzw. dem Verdacht auf Morbus Cushing. Dabei ist für den Umfang der übernommenen Tätigkeiten im Rahmen der horizontalen Arbeitsteilung, wie sie hier vorliegt, zunächst an die dem jeweiligen Haftungsschuldner zugewiesene Aufgabe anzuknüpfen (Pauge/Offenloch, Arzthaftungsrecht, 14. Aufl., B 283). Allerdings ist der Hypertonus auch ein Merkmal des Morbus Cushing, so dass die Behandlungsübernahme auch in diese Richtung verstanden werden kann.
Jedenfalls hat der Beklagte zu 2. einen kontrollbedürftigen Befund festgestellt. Wie sich dem Arztbrief vom 28.03.2014 entnehmen lässt, hat er im Ergebnis der Blutuntersuchung bereits am 05.11.2013 einen erhöhten Cortisol-Spiegel festgestellt. Am 06.01.2014 hat sich der Hypercortisolismus dreimal bestätigt. Hierbei handelt es sich nach dem Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. Z… um einen Befund, der wegen der zwar äußerst seltenen (0,2 – 5 Fälle pro Million Einwohner pro Jahr), jedoch denkbaren und erheblichen Erkrankung Morbus Cushing der weiteren Abklärung bedurfte. Selbst wenn es sich dabei um einen Befund handelte, der nicht von der ursprünglichen Behandlungsübernahme erfasst gewesen sein sollte und nach dem Sachverständigen Prof. Dr. Z… „eigentlich nicht … dem Fachbereich des Nephrologen“, sondern dem des endokrinologischen Spezialisten zuzuordnen ist, hat der Beklagte zu 2. dafür Sorge zu tragen, dass entweder der behandelnde Arzt (Hausarzt) hierüber eindeutig in Kenntnis gesetzt und veranlasst wird, weitere Schritte einzuleiten, oder selbst einen Arzt der entsprechenden Fachrichtung hinzuziehen bzw. selbst die entsprechende Diagnostik zu übernehmen. Hier hat er sich – wie dem Arztbrief vom 28.03.2014 zu entnehmen ist und er im Rahmen seiner Anhörung bestätigt hat – dazu entschieden, die weitere Befunderhebung selbst zu übernehmen. Insoweit ist die Weiterbehandlung von dem zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2. geschlossenen Behandlungsvertrag erfasst.
b) Im Unterlassen der weiteren Abklärung / Befunderhebung der erhöhten Cortisolwerte durch einen Dexamethason-Hemmtest oder einen 24-Stunden-Sammelurintest liegt jedoch kein Befunderhebungsfehler.
aa) Zwar ist der medizinisch begründeten Stellungnahme des Sachverständigen Prof. Dr. Z… zu folgen, dass der Test grundsätzlich medizinisch geboten ist, um die „normale Cortison-Produktion“ zu unterdrücken und die pathologische Produktion im Rahmen des Morbus Cushing festzustellen. Der Test ist nach den Leitlinien auch der bildgebenden Diagnostik vorrangig. Allerdings führt der Sachverständige weiter aus, dass es sich bei dem Dexamethason-Hemmtest um einen Screeningtest handelt, der durch verschiedene Faktoren wie z.B. Stress oder Fettleibigkeit, aber auch durch verschiedene Medikamente (z.B. Antikonzeptiva) beeinflusst werden kann; so auch die Anmerkung des Labors in den von der Klägerin vorgelegten Laborberichten zur Feststellung der Blutwerte. Der Test diene deshalb lediglich dazu festzustellen, ob ein Cushing-Syndrom ausgeschlossen ist oder ob eine weitere, intensivere Diagnostik erfolgen muss.
bb) Hier lagen bei verschiedenen Laboruntersuchungen erhöhte Cortisolwerte vor, die den Verdacht auf Morbus Cushing begründen konnten. Zugleich kann jedoch – so der Sachverständige in seiner Anhörung vor dem Landgericht – auch die von der Klägerin eingenommene Zoely-Medikamentation zu entsprechenden (dann ggf. fehlerhaften) positiven Werten führen. Nicht anderes ergibt sich aus den von der Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2023 vorgelegten Unterlagen, insbesondere der Anlage BK 13. Mithin hätte der Screeningtest ohne vorheriges Absetzen der Zoely-Medikamente für die weitere Diagnostik keine entscheidende Aussagekraft besessen. Denn selbst dann, wenn dieser – erwartbar – ebenfalls positiv gewesen wäre, könnte die Ursache dafür sowohl in der ernsthaften Erkrankung, aber auch in der Medikamentation liegen. Vor diesem Hintergrund führt der Sachverständige bereits in seinem Gutachten auch die Möglichkeit an, das Hormonpräparat für einige Wochen abzusetzen und dann die Cortisolbestimmung zu wiederholen. Da – wie er in der Anhörung weiter ausführt – ein falsch negatives Testergebnis nicht zu erwarten gewesen wäre, hätte das Absetzen des Zoely auch die erste Maßnahme sein können. Nachdem der Beklagte zu 2. wiederholt auf das Absetzen des Medikaments gedrängt hatte, um unverfälschte Werte zu erhalten, liegt mithin im Unterlassen des Dexamethason-Hemmtests kein Befunderhebungsfehler.
cc) Gleiches gilt im Ergebnis für den ebenfalls diagnostisch denkbaren 24-Stunden-Sammelurintest, wie ihn später das C…-T…-Klinikum im Jahr 2015 durchgeführt hat. Unabhängig von der Frage, ob dieser Test unter Zoely-Medikamentation eine belastbare Grundlage für die Diagnostik bilden kann, was der Beklagte zu 2. in Frage stellt und vom Sachverständigen nicht betrachtet wurde, handelt es sich hierbei lediglich um eine weitere Möglichkeit des diagnostischen Vorgehens. Mangels akuter weiterer Krankheitssymptome bis zum 28.03.2014 ist es jedenfalls dem Beklagten zu 2. nicht vorwerfbar, wenn er zunächst auf die einfachste und am wenigsten belastende Methode eines Fehlerausschlusses, hier das vorübergehende Absetzen der Zoely-Medikamentation, abstellt.
dd) Anderes ergibt sich nicht aus der erstmals mit der Berufungsbegründung vorgetragenen Behauptung der Klägerin, dem Beklagten zu 2. hätten sich bereits am 14.10.2013 pathologische Laborwerte offenbart, da der Aldosteron Renin Quotient mit 41,5 stark erhöht gewesen sei. Dieser habe auf ein Adenom der Nebenniere und damit auf ein Morbus Cushing hingewiesen. Dieser Vortrag ist bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil der Aldosteron Renin Quotient nach dem eigenen Vortrag der Klägerin auf einen Hyperaldosteronismus hingewiesen hätte und damit auf ein Conn-Syndrom. Zwar steht ein solches im Zusammenhang mit dem bei der Klägerin bereits sei 2010 diagnostizierten Bluthochdruck, wird jedoch wegen eines erhöhten Schlaganfallrisikos relevant. Insoweit erschließt sich bereits ein Zusammenhang mit dem hier relevanten Morbus Cushing und der damit im Zusammenhang stehenden Diagnostik nicht. Auch der von der Klägerin herangezogene Sachverständige Dr. G… stellt einen solchen Zusammenhang nicht her. Denn er zitiert die Leitlinie zum Nebennieren-Inzidentalom (2017) wie folgt: „Bei gleichzeitigem Vorliegen einer arteriellen Hypertonie wird anhand des zu bestimmenden Aldosteron-Renin-Quotienten zusätzlich auch nach einem primären Hyperaldosteronismus gefahndet.“ Es handelt sich daher um eine Erkrankung, die primär oder auch neben einem Cushing-Syndrom auftreten kann. Im Übrigen hat auch Dr. G… den Ausschluss eines Hyperaldosteronismus nicht beanstandet. Der Sachverständige Prof. Dr. Z… dem diese Laborwerte bei der Begutachtung ebenfalls vorlagen, hat darin keinen Anlass für eine weitere Pflicht zur Befunderhebung des behandelnden Arztes über das bereits geschilderte hinaus gesehen. Im Übrigen räumt die Klägerin mit Schriftsatz vom 20.09.2023 selbst ein, dass in der Konsequenz dieses Wertes ebenfalls ein CT erforderlich geworden wäre, wie es der Beklagte zu 2. ausweislich seines Arztberichtes plante. Mithin liegt auch hier kein vorwerfbares Verhalten des Beklagten zu 2. vor.
ee) Selbst wenn hier – wovon der Senat nach dem dargestellten nicht ausgeht – ein Befunderhebungsfehler gesehen werden könnte, handelt es sich lediglich um einen einfachen Befunderhebungsfehler, der für die weitere Behandlung nicht kausal geworden ist. Denn ein grober Behandlungsfehler liegt nur dann vor, wenn der Arzt eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen und einen Fehler begangen hat, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil er einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf (BGH, Urteil vom 20. September 2011 – VI ZR 55/09 –, Rn. 10, juris). Ein solcher schwerwiegender Verstoß gegen die ärztlichen Regeln ist dem Beklagten zu 2. nicht vorzuwerfen. Die Klägerin wies zu diesem frühen Zeitpunkt über den Hypertonus und die leicht erhöhten Cortisolwerte hinaus keine klinischen Anzeichen für ein Morbus Cushing auf. Sie befand sich in einem relativ guten Allgemeinzustand, so dass es an einer besonderen Dringlichkeit für die weitere Befunderhebung fehlte. Die von ihr geschilderten schweren gesundheitlichen Beeinträchtigungen datieren erst auf Mitte 2014, mithin auf einen Zeitpunkt, der außerhalb der vom Beklagten zu 2. erfolgten Behandlung lag. Zudem handelt es sich bei Morbus Cushing um eine sehr seltene Erkrankung.
Folge eines Screeningtests wäre die weitere Abklärung durch ein CT gewesen. Letztlich beabsichtigte der Beklagte zu 2. – nachdem die Klägerin das Zoely trotz ärztlichem Rat wiederholt nicht abgesetzt hatte – ein CT durchzuführen. Insoweit hat der Sachverständige Prof. Dr. Z… nachvollziehbar ausgeführt, dass es im Falle eines positiven Screeningtests der weiteren Diagnostik bedarf. Hierzu gehören gemäß der Leitlinie und dem Sachverständigen die Diagnostik, ob ein Adenom der Hirnanhangsdrüse (80 bis 85 % der Fälle) oder ein Adenom der Nebenniere (durch Oberbauch-CT) vorliegt. Zwar mag es sein, dass der Beklagte zu 2. danach den zweiten Schritt vor dem ersten gemacht hätte, und auch bei einem positiven Befund des CT eine (erstmalige) labortechnische Abklärung erforderlich gewesen wäre. Jedoch hätte das CT hier einen positiven Befund ergeben, der neben dem bereits festgestellten positiven Befund bzgl. der Cortisolwerte getreten wäre und eine dringliche weitere Abklärung begründet hätte, wie sie – auch im Ablauf – im Jahr 2015 erfolgt ist. Mithin war in den Planungen des Beklagten zu 2. ein Behandlungsablauf vorgesehen, der nach einem etwaigen einfachen Befunderhebungsfehler durch Unterlassen eines Screeningtests genau die Konsequenz vorsah, die ohnehin geplant wurde. Damit fehlt es an der Kausalität.
Dass der Beklagte zu 2. entsprechende Maßnahmen geplant hatte, ergibt sich aus der vorliegenden Dokumentation. Denn eine ärztliche Dokumentation indiziert in der Regel, dass darin genannte Behandlungsmaßnahmen durchgeführt wurden, wenn und soweit sie zeitnah erstellt wird (KG Berlin, Urteil vom 10. Januar 2013 – 20 U 225/10 –, Rn. 7 – 8, juris). Das Gericht kann ihr grundsätzlich – bis zum Beweis des Gegenteils – Glauben schenken (Staudinger/Gutmann (2021) BGB § 630h, Rn. 130; BGH, Urteil vom 14. März 1978 – VI ZR 213/76 –, Rn. 24, juris). Dies gilt genauso für die Frage, welche weiteren Behandlungsschritte geplant sind. Der Beklagte zu 2. hat in seinem Arztbrief seine Tätigkeiten und Planungen zeitnah dokumentiert und an die Beklagte zu 1. übermittelt. Auch in seiner Behandlungsdokumentation finden sich entsprechende Eintragungen. Es gibt weder Anlass, am korrekten Inhalt zu zweifeln, noch für die Annahme einer aus Anlass einer etwaigen Haftung wegen Arztfehlern nachträglich geänderten Dokumentation. Die Klägerin hat insoweit auch keinen entgegenstehenden Beweis angetreten.
c) Der Beklagte zu 2. hat auch seiner Pflicht zur Aufklärung der Klägerin über die weiter notwendige Diagnostik hinreichend Genüge getan.
aa) Unterlässt es ein Arzt, den Patienten über die Dringlichkeit der – ihm ansonsten zutreffend empfohlenen – medizinisch gebotenen Maßnahmen zu informieren und ihn vor Gefahren zu warnen, die im Fall des Unterbleibens entstehen können, liegt ein Verstoß gegen die Pflicht zur therapeutischen Beratung des Patienten vor. Denn in diesen Fällen liegt der Schwerpunkt der Vorwerfbarkeit ärztlichen Fehlverhaltens regelmäßig nicht in der unterbliebenen Befunderhebung als solcher, sondern in dem Unterlassen von Warnhinweisen zum Zwecke der Sicherstellung des Behandlungserfolgs (BGH NJW 2016, 563 Rn. 18; NJW 2018, 621 Rn. 15, beck-online; Pauge/Offenloch, a.a.O., Rn. 383). Erfolgte hingegen kein Hinweis auf die bisherigen Befundergebnisse und die Notwendigkeit einer weiteren Befunderhebung, liegt ein Befunderhebungsfehler vor. Die Beweislast dafür, dass eine gebotene Sicherheitsaufklärung unterblieben oder unzureichend war, liegt ebenso wie bei einem Behandlungsfehler bei der Klägerin (Pauge/Offenloch, a.a.O., Rn. 637; BGH, Urteil vom 27. April 2021 – VI ZR 84/19 –, BGHZ 229, 331-344, Rn. 11). Die anderweitige Beweislastverteilung des § 630h Abs. 2 BGB kommt dem Patienten in diesem Bereich nicht zugute (Trost in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, jurisPK-BGB, 10. Aufl., § 630c BGB Stand: 01.02.2023, Rn. 21). Selbst ein Befunderhebungsfehler läge in der Beweislast der Klägerin. Dieser wird im Rahmen von § 630h Abs. 5 Satz 2 BGB nicht vermutet (Lafontaine/Trost in: Herberger/Martinek/Rüßmann/Weth/Würdinger, a.a.O, § 630h BGB, Rn. 256).
bb) Für die Klägerin streitet insoweit auch aus den allgemeinen Grundsätzen zur Dokumentationspflicht keine Beweiserleichterung. Aufzuzeichnen sind nur die für ärztliche Diagnose und die Therapie wesentlichen medizinischen Fakten in einer für den Fall hinreichend klaren Form. Die ärztliche Dokumentation dient vor allem therapeutischen Belangen. Maßnahmen sind nur dann in den Krankenunterlagen zu dokumentieren, wenn dies erforderlich ist, um Ärzte und Pflegepersonal über den Verlauf der Krankheit und die bisherige Behandlung im Hinblick auf medizinische Entscheidungen ausreichend zu informieren. Inhalt und Umfang der ärztlichen Dokumentationspflicht richten sich indes nicht danach, wie am besten Beweise für einen späteren Arzthaftungsprozess zu sichern sind. Regelmäßig ist der Arzt auch nicht gehalten, detailgetreu an jeder Stelle festzuhalten, dass er sämtliche in Betracht kommenden Fehler und Versäumnisse vermieden hat. Unabhängig davon besteht die Pflicht zur Dokumentation der Aufklärung regelmäßig nur dann, wenn der Patient sich für den Arzt erkennbar weigert, dem Rat zu folgen (OLG Braunschweig, Urteil vom 18. November 2021 – 9 U 67/18 –, Rn. 108, juris). Dies war hier allenfalls im Zusammenhang mit dem Absetzen von Zoely, nicht jedoch hinsichtlich einer etwaigen Wiedervorstellung und eines CT der Fall. Die Klägerin selbst führt aus, sie hätte sich bei Kenntnis der Sachlage einer weiteren Diagnostik nicht verweigert. Zudem war die Problematik des Bluthochdrucks noch nicht geklärt und erst am 24.03.2014 ist eine Veränderung der Medikamentation vorgenommen worden. Insoweit bestand auch für den Beklagten zu 2. kein Anhalt für die Annahme, die Klägerin würde die Behandlung zu diesem Zeitpunkt abbrechen. Danach ist die Dokumentation vorliegend ausreichend.
cc) Im Ergebnis der persönlichen Anhörung der Klägerin und des Beklagten zu 2. ist der Senat nicht davon überzeugt, dass der Beklagte zu 2. die Klägerin nicht hinreichend aufgeklärt hat.
Die Klägerin ist sich in ihrer Darstellung zunächst sicher, nicht auf die Problematik des Hyperkortisolismus, des beabsichtigten CT und einer Wiedervorstellung hingewiesen worden zu sein. Aus Sicht des Senates mag diese Darstellung subjektiv den Erinnerungen der Klägerin entsprechen. Zweifel entstehen jedoch bereits daraus, dass sie selbst bereits für den Sommer 2014 „Gedächtnisausfälle – erhielt schon Abmahnung“ und „Denken fällt schwer“ anführt. Die letzten zwei Monate vor der Operation sei sie hochgradig dement gewesen. Dass das Erinnerungsvermögen subjektiv geprägt ist, ergibt sich auch aus dem Vortrag, der neue Hausarzt Dr. K… habe entgegen dem Beklagten zu 2. sofort die Problematik des Morbus Cushing erkannt und das Notwendige veranlasst. Tatsächlich ist – wie auch die MDK-Gutachterin festgestellt hat – der Beklagte zu 2. bereits am 24.02.2015 auf die Überweisung der Beklagten zu 1. hin tätig geworden, hat ein CT veranlasst und erneut von der Einnahme des Zoely dringend abgeraten. Dass die Medikation in der ärztlichen Dokumentation im Zusammenhang mit dem Hypertonus steht, mag der doppelten Relevanz geschuldet sein und dem Umstand, dass nunmehr die Klärung durch ein CT veranlasst war. Eine Klinikeinweisung im Zeitraum 16.03. bis 27.03.2015 im CTK ist nach der MDK-Gutachterin und dem von der Klägerin ausgefüllten Ergänzungsblatt zum Vordruck R210 zunächst im Fachbereich Orthopädie erfolgt. Eine entsprechende Empfehlung zur orthopädischen Abklärung nahm nach dem Arztbericht vom 16.03.2015 (Bl. 102 GA) bereits der Beklagte zu 2. vor. Aus diesem Arztbericht geht ebenfalls hervor, dass, nachdem nunmehr die Klägerin das Zoely abgesetzt hatte, der Beklagte zu 2. eine Hormon-Verlaufskontrolle in einem Monat vorsah. Auch die stationäre Einweisung durch Dr. K… am 16.03.2015 (Anl. BK 12) erfolgte lediglich in die Orthopädie. Die Diagnose Morbus Cushing wurde lediglich mit genannt. Die MDK-Gutachterin vermerkte in Auswertung der ihr vorliegenden Arztunterlagen, dass auch Dr. K… lediglich von einem fraglichen Morbus Cushing ausging. Dabei lag dem Hausarzt Dr. K… bereits der Befund des vom Beklagten zu 2. veranlassten CT vor. Die Urinkontrolle erfolgte, entgegen dem von der Klägerin in ihrem Verlaufsbericht (Anl. K5, Bl. 116) dargestellten dringenden Anraten des Dr. K…, die Cortisol-Problematik bereits bei dem stationären Aufenthalt wegen der Brüche durchführen zu lassen, erst während der weiteren stationären Behandlung zur Diagnostik wegen Morbus Cushing im Zeitraum 14.04.2015 bis 17.04.2015, wobei nach den vorgelegten Unterlagen unklar bleibt, wer dafür die Überweisung ausstellte. Mithin fallen hier zeitlich die weitere Diagnostik im CTK und die Planung des Beklagten zu 2., die Hormonkontrolle Anfang April 2015 durchzuführen, zusammen. Zugleich wird dadurch deutlich, dass die Klägerin der von ihr vorgetragenen, durch Dr. K… angeblich vermittelten besonderen Dringlichkeit, nicht Rechnung getragen hat. Ebenso lehnte die Klägerin bereits am 28.02.2016 eine planmäßige stationäre Einweisung zur Blutdruck-Einstellung trotz vorheriger Entgleisung ab. Auch dem von ihr vorgetragenen, bereits am 28.03.2014 geführten Rat des Beklagten zu 2., sich bei Änderungen des Blutdruckes wieder bei ihm vorzustellen, folgte sie nicht. Selbst wenn aus ihrer Sicht die Zoely-Medikamentation allein auf den Blutdruck nur geringfügige Auswirkungen haben sollte, erschließt sich nicht, warum sie entgegen ärztlichem Rat des Beklagten zu 2. das Medikament spätestens bei der späteren Blutdruckentgleisung im September 2014 nicht absetzte. Es wird mithin deutlich, dass die Klägerin nicht durchgehend ärztlichem Rat folgte und – wie ihre Aufzeichnungen insbesondere mit der Bemerkung: „Ich bat ihn mit Dr. R. zu telefonieren, da er irgendetwas wegen der Pille vermutet.“ zeigen – auch die Intention der Behandler nicht umfassend verarbeitet hat. Offenbar war – auch dies wird in ihren Aufzeichnungen und ihrer Darstellung während der persönlichen Anhörung vor dem Senat deutlich – ihr Verhalten geprägt von der von ihr selbst mittels „google“ recherchierten Angst vor der Erkrankung mit Multipler Sklerose, in deren Folge sie andere Aspekte als nicht so wichtig verstand. Vor diesem Hintergrund hat der Senat bereits Zweifel, ob die Erinnerungen der Klägerin hinsichtlich der Behandlung durch den Beklagten zu 2. noch vollständig und richtig sind.
Der Darstellung der Klägerin stehen die Angaben des Beklagten zu 2. entgegen. Dieser hat sich zwar primär auf seine Dokumentation gestützt und vor allem allgemeine Ausführungen zu der Behandlung gemacht. Ob und wie genau er die Klägerin auf die weitere Aufklärungsbedürftigkeit, insbesondere auf das beabsichtigte CT hingewiesen hat, wird nicht klar dargestellt. Dies erscheint jedoch nach einem Zeitraum von nunmehr 10 Jahren durchaus verständlich. Bei der Vielzahl der zu behandelnden Patienten kann vom Arzt nicht erwartet werden, dass er sich im Detail an ein Telefonat oder auch die vorangegangenen Gespräche erinnert. Insoweit ist es nachvollziehbar, wenn er aus seiner Dokumentation und den dort unter Fettdruck erfolgten Eintragungen zum 06.01.2014: „Der Hypercortisolismus hat sich insgesamt 3 x bestätigt. Auffälligkeit auch gering erhöhte Transaminasen und GGT. Eine Besprechung mit Gynäkologin ist lt. Patn. geplant zur ggf. Therapieänderung der Zoely-Therapie.“ schließt, dass er diese Problematik auch wegen der notwendigen weiteren Aufklärungsbedürftigkeit des Befundes mit der Klägerin erörtert hat. Auch der Sachverständige Prof. Dr. Z… hat dazu ausgeführt, diese Dokumentation mache nur Sinn, wenn auch tatsächlich darüber gesprochen worden sei. Jedenfalls sind diese Ausführungen geeignet, Zweifel am von der Klägerin geschilderten Geschehen / behaupteten Unterlassen zu wecken, die einer Überzeugungsbildung durch den Senat im Rahmen des § 286 ZPO entgegen stehen.
d) Dem Beklagten zu 2 kann es auch nicht zum Vorwurf gereichen, dass er die Klägerin nicht nochmals an die Wiedervorstellung erinnert hat. Die Klägerin zeigte zum Zeitpunkt des Abbruchs der Behandlung – wie aus den Behandlungsunterlagen der verschiedenen Behandler wie auch aus den vorliegenden Sachverständigengutachten hervorgeht – keine Symptome, die auf eine unmittelbare Lebensgefahr oder bestehende schwere gesundheitliche Beeinträchtigung schließen ließen. Vielmehr war aus Sicht des Beklagten zu 2. das Procedere erörtert; die Klägerin zeigte zu diesem Zeitpunkt keine kognitiven Beeinträchtigungen, die Zweifel an der Möglichkeit offenbarten, dass sie nicht in der Lage sei, das Gehörte zu verstehen und entsprechend eigenverantwortlich zu entscheiden. Die Beklagte zu 1. als Hausärztin war ebenfalls über die bisherigen Befunde informiert. Mithin hat er alles Notwendige getan, eine weitergehende Pflicht bestand nicht.
2. Im Ergebnis haftet auch die Beklagte zu 1. nicht für etwaige gesundheitliche Schäden der Klägerin oder eine verzögerte Behandlung auf Schadensersatz und Schmerzensgeld.
a) Die Beklagte zu 1. war die Hausärztin der Klägerin. Wie der Sachverständige in seinem Gutachten nachvollziehbar dargelegt hat, hätte sie wegen der Seltenheit der Erkrankung und mit Blick auf die üblicherweise bestehende erhebliche Verzögerung zwischen Symptombeginn und Diagnosestellung den Morbus Cushing nicht unbedingt erkennen können und müssen. Der Beklagte zu 2. hat die richtungsweisenden Blutwerte erhoben, die der Beklagten zu 1. erst mit dem Arztbrief vom 28.03.2014 bekannt wurden. Bis zu diesem Zeitpunkt kann mangels anderweitiger Anhaltspunkte nicht davon ausgegangen werden, dass die Beklagte zu 1. vorwerfbar Befunde nicht erhoben oder eine fehlerhafte Diagnose erstellt hätte. Vielmehr hat sie in zutreffender Weise eine Überweisung an einen Facharzt vorgenommen, der mit Blick auf die bei der Klägerin maßgebenden Beeinträchtigungen des Blutdruckes auch zuständig war.
b) Aber auch nach Vorlage des Arztbriefes des Beklagten zu 2. am 28.03.2014 kann der Beklagten zu 1. zunächst kein Behandlungsfehler zur Last gelegt werden. Zwar mag man noch mit dem Sachverständigen davon ausgehen können, dass es auch für die Beklagte zu 1. möglich gewesen wäre, die weiteren Befunde entweder selbst oder durch einen weiteren Facharzt einzuholen. Allerdings konnte sie nach dem Arztbrief davon ausgehen, dass der Beklagte zu 2. auch diesbzgl. die weitere Behandlung übernommen hat. Denn nach dem Arztbrief war klar erkennbar, dass er die Klägerin zur Wiedervorstellung erwartete und ein CT des Oberbauches veranlassen wollte. Damit war die Beklagte zu 1. aus der entsprechenden eigenen Behandlung entlassen und durfte sich – jedenfalls im allgemeinen – darauf verlassen, dass der Beklagte zu 2. die Klägerin weiter richtig behandelt und berät. Anders ist es nur dann, wenn die Beklagte zu 1. ohne besondere weitere Untersuchungen aufgrund der bei ihr vorauszusetzenden Kenntnisse und Erfahrungen erkennt oder erkennen muss, dass ernste Zweifel an der Richtigkeit der Behandlung bestehen. Dasselbe muss gelten, wenn sie nach den bei ihr vorauszusetzenden Erkenntnissen und Erfahrungen jedenfalls gewichtige Zweifel und Bedenken hat, ob die Behandlung richtig ist. Auch diese hat sie, ggf. nach Rücksprache mit dem Kollegen, mit der Patientin zu erörtern. Kein Arzt, der es besser weiß, darf sehenden Auges eine Gefährdung seines Patienten hinnehmen, wenn ein anderer Arzt seiner Ansicht nach etwas falsch gemacht hat oder er jedenfalls den dringenden Verdacht haben muss, es könne ein Fehler vorgekommen sein. Das gebietet der Schutz des dem Arzt anvertrauten Patienten (BGH, Urteil vom 8. November 1988 – VI ZR 320/87 –, Rn. 22 – 24, juris; BGH NJW 1991, 1539; BGHZ 140, 309 [313] = NJW 1999, 1779). Eine gegenseitige Überwachungspflicht besteht insoweit nicht (BGH, Urteil vom 26. Mai 2020 – VI ZR 213/19 –, Rn. 13, juris).
Auch dafür bestanden zunächst keine Anhaltspunkte. Vielmehr durfte die Beklagte zu 1. darauf vertrauen, dass der Beklagte zu 2. die weitere Diagnostik vornehmen und die Klägerin über etwaige Gefahren auch bzgl. der Zoely-Problematik hinweisen werde. Charakteristische Leitsymptome für Morbus Cushing fehlten zu diesem Zeitpunkt bzw. waren anderweitig erklärbar.
Es fehlt hier auch nicht an der notwendigen Arbeitsteilung. Denn die Beklagte zu 1. hat den Beklagten zu 2. ausdrücklich in die Behandlung einbezogen (vgl. dazu BGH NJW 2020, 2467 Rn. 13, 14, beck-online). Dieser hat mit seinem Arztbrief deutlich gemacht, auch die weitere Behandlung bzgl. der festgestellten Auffälligkeiten weiter zu betreuen. Auf der Hand liegende Fehler des Beklagten zu 2. lagen nicht vor und waren der Beklagten zu 1. auch nicht ersichtlich.
c) Allerdings hat sich die Klägerin ab Juni 2014 wegen verschiedener Beschwerden bei der Beklagten zu 1. vorgestellt. Die MDK-Gutachterin Dr. Sch… führt insoweit zwar aus, der Hausärztin habe sich wegen des Fehlens eines „typischen Habitus“ für Morbus Cushing auch bis September 2014 nicht aufdrängen müssen, dass in diese Richtung eine weitere Diagnostik erfolgen müsste. So weist die Epikrise des Klinikums B…S… vom 12.06.2014 ein konstantes Gewicht und einen unauffälligen internistischen Status aus. Auch der Entlassungsbefund der Klinik O… vom 21.07.2014 vermerkt „keine Ödeme“, „Patientin rasch beschwerdefrei, sodass wir sie am 21.07.2014 in gutem Allgemeinzustand … entlassen können“. Erst nachfolgend lag eine Verschlechterung des Allgemeinzustandes der Klägerin vor, aufgrund dessen die Klägerin sich erneut am 07.08.2014 bei der Beklagten zu 1. vorstellte. Der Senat geht – insoweit abweichend vom MDK-Gutachten – deshalb davon aus, dass zu diesem Zeitpunkt weiterer Klärungsbedarf bestand. Auch wenn von der Beklagten zu 1. keine speziellen Kenntnisse in Bezug auf die Erkrankung von Morbus Cushing erwartet werden müssen, hatte sie aufgrund des Arztbriefes vom 28.03.2014 bereits Kenntnis von den erhöhten Cortisolwerten und des vom Beklagten zu 2. geäußerten Verdachts eines Nebennierenadenoms. Nach Vorliegen der weiteren Probleme, auch wenn sie nicht zwingend auf die Erkrankung Morbus Cushing, sondern auch auf neurologische Probleme hinwiesen, wäre es die Pflicht der Beklagten zu 1. gewesen, entweder die Klägerin nach dem Stand der Behandlung bei dem Beklagten zu 2. zu fragen oder mit diesem selbst Kontakt aufzunehmen. Denn auch bei einer Arbeitsteilung bleibt die Beklagte zu 1. die Behandlerin der Klägerin und hat bei Auftreten weiterer Beschwerden sicherzustellen, dass eine sachgerechte Behandlung erfolgt. Tatsächlich überwies sie die Klägerin erst am 20.02.2015 erneut unter anderem an den Nephrologen, bei dem diese sich am 23.02.2015 vorstellte und der die Behandlung in Richtung Morbus Cushing fortführte. Insoweit liegt eine der Beklagten zu 1. vorwerfbare Verzögerung der Diagnostik von etwa 6 bis 7 Monaten vor.
d) Die Klägerin hat jedoch nicht den Nachweis führen können, dass und wenn ja, welche Beschwerden gerade durch die verzögerte Behandlung entstanden sind. Dabei geht der Senat davon aus, dass, nachdem trotz der Anfang 2015 festgestellten Dringlichkeit die operative Entfernung des Adenoms erst am 10.06.2015 erfolgte, auch bei pflichtgemäßem Handeln der Beklagten zu 1. am 07.08.2014 die Operation frühestens in der ersten Dezemberwoche 2014 durchgeführt worden wäre. Es besteht kein Grund für die Annahme, dass – anders als zum späteren Zeitpunkt im Jahr 2015 – im Jahr 2014 eine besondere Dringlichkeit zur Verkürzung des Zeitrahmens geführt hätte. Zu diesem Zeitpunkt wären die für die von der Klägerin geschilderten Gesundheitsbeeinträchtigungen – soweit sie überhaupt mit dem Morbus Cushing im Zusammenhang stehen – ohnehin eingetreten.
aa) Hinsichtlich der eingetretenen Skelett-Beschwerden als wesentliche Ursache für die Beschwerden der Klägerin ist nach dem Sachverständigengutachten des Prof. Dr. Z… zu differenzieren. So habe die Spinalkanalstenose in aller Regel ihre Ursache in einem Bandscheibenvorfall und sei nicht auf das Morbus Cushing zurückzuführen. Theoretisch sei es zwar auch möglich, dass die Schwächung des Knochens bis zum Zerfall führen könne. Dazu müsse man jedoch konkrete Anhaltspunkte haben, die hier nicht vorlägen. Bereits im Ausgangsgutachten hat der Sachverständige weiter ausgeführt, auch die beschriebenen Prolapse der Bandscheiben stellten keine typische Folge einer Osteoporose dar. Letztlich wird auch in den von der Klägerin vorgelegten Unterlagen ein Zusammenhang zwischen einem Bandscheibenvorfall und Morbus Cushing nur als selten beurteilt. Dies genügt selbst im Anwendungsbereich des reduzierten Beweismaßes des § 287 ZPO nicht als Kausalitätsnachweis.
Auch ein Zusammenhang mit der Beckenringfraktur ließe sich nicht zweifelsfrei herstellen. Zwar könne diese auf einer Osteoporose beruhen, die für den Morbus Cushing typisch sei. Insoweit hielt der Sachverständige zunächst eine Zurechnung zur Osteoporose und damit zum Morbus Cushing für wahrscheinlicher. Unter Berücksichtigung der Werte der Knochendichtemessung aus April 2015, die die Klägerin in ihrer Anhörung bestätigte, und der von der MDK-Gutachterin beurteilten Werte ergäben sich allerdings keine sicheren Hinweise auf eine Osteoporose, sondern allenfalls auf eine Vorstufe hierzu, nämlich eine Osteopenie. Den entsprechenden Befund legt die Klägerin nunmehr mit nicht nachgelassenem Schriftsatz vom 20.09.2023, der auch im Übrigen zur Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung (§ 156 ZPO) keinen Anlass gibt, als Anlage BK 14 vor. Danach liegen die gemessenen Werte der Knochendichte im Bereich der LWK1 bis LWK 4 genau im Grenzbereich zwischen einer Osteopenie und Normalbefund. Das linke Hüftgelenk wies einen Normalbefund auf. Das entspricht den Angaben, die die MDK-Gutachterin ihrer Bewertung zugrunde gelegt hat. Mithin ist noch im April 2015 eine Osteoporose nicht nachgewiesen. Der Senat hält es deshalb für überzeugend, wenn der Sachverständige einen Zusammenhang zwischen den Frakturen und dem Morbus Cushing nicht als überwiegend wahrscheinlich ansieht.
Eher ist ein Zusammenhang zwischen den Skelettveränderungen und der bei der Klägerin bestehenden ausgeprägten Osteomalazie aufgrund eines schweren Vitamin D – Mangels anzunehmen. Nach dem Sachverständigen ist es nicht ausgeschlossen, dass auch diese zu Knochen(spontan)frakturen führt. Der Sachverständige führt insoweit aus, die Annahme in dem Arztbericht der C… träfe am ehesten zu: „Knochendichteminderung kombinierter Genese bei Cushing-Syndrom und Vitamin D-Mangel.“ Damit sei ausgedrückt, dass sowohl das Cushing-Syndrom (in Form einer Osteoporose) als auch der Vitamin D-Mangel (in Form der Osteomalazie) zu den Knochenveränderungen beigetragen haben. In welchem Umfang, lässt sich danach nicht klären. Nachdem auch lediglich eine Osteopenie im Grenzbereich zum Normalbefund vorlag, ist der Nachweis der Kausalität unter keinem Gesichtspunkt geführt.
Jedenfalls ist der Vitamin D-Mangel und die darauf fußende Osteomalazie nicht sicher auf die Erkrankung Morbus Cushing zurückzuführen. So sei – nach den Ausführungen des Sachverständigen ebenso wie der MDK-Gutachterin – ein Zusammenhang wissenschaftlich zwar diskutiert worden; der Nachweis sei jedoch nicht geführt.
bb) Die weiteren Beeinträchtigungen wie Mondgesicht, Schwäche, Ödeme, Konzentrations- und Erinnerungsschwierigkeiten, diabetes mellitus haben jedenfalls nach dem Vortrag der Klägerin bereits zu diesem Zeitpunkt vorgelegen, können daher nicht kausal auf der Verzögerung beruhen.
cc) Letztlich ist auch der Nachweis für die weiteren Beeinträchtigungen, insbesondere das Fatigue-Syndrom nicht geführt. Worauf die Klägerin die Vermutung, sie leide an einem Fatigue-Syndrom stützt, erschließt sich nach dem Vortrag nicht. Insbesondere fehlt konkreter Vortrag im Zusammenhang mit einer solchen Diagnose. Wie dem Senat aufgrund gutachterlicher Beratung in anderen Verfahren bekannt ist, handelt es sich insoweit um ein belastungsabhängiges Erschöpfungssyndrom, dass sich durch Kraftlosigkeit, Erschöpfung und schnelle Ermüdung auszeichnet. Hierbei handelt es sich jedoch um Symptome, die allgemein und durchweg bereits im Jahr 2014 von der Klägerin geschildert werden. Der Sachverständige hat insoweit klargestellt, dass – sollte es überhaupt bestehen, was er bezweifle – ein Zusammenhang mit Morbus Cushing nicht besteht. Das wird letztlich dadurch getragen, dass die Ursachen für das Fatigue-Syndrom vielfältig sein können. So hatte die Klägerin in 2014 erhebliche familiäre Probleme und psychische Belastungen sowie Schmerzen wegen der nicht der Erkrankung Morbus Cushing zurechenbaren Skelettveränderungen. Hinzu kommt, dass die Grunderkrankung bestand und hier lediglich ein Verzögerungsschaden geltend gemacht werden könnte. Schließlich beschreibt die Klägerin persönlich ein plötzliches Eintreten der Symptome. Dies bewertet der Sachverständige in seiner Anhörung eher als gegen einen Zusammenhang mit Morbus Cushing sprechenden Umstand. Mithin kann nicht klar abgegrenzt werden, wo und worin die Ursache für ein angebliches Fatigue-Syndrom gesehen werden kann. Einer neurologischen/psychologischen Begutachtung bedarf es nicht. Denn, soweit man die Erkrankung unterstellt, kann auch ein Endokrinologe wie der Sachverständige zur hier allein maßgebenden Kausalität zwischen der in sein Fachgebiet fallenden Erkrankung Morbus Cushing und den daraus ableitbaren Folgeerkrankungen belastbare Aussagen machen.
dd) Auch der von Dr. G… angesprochene Gesichtspunkt, dass ein früheres Erkennen einer Erkrankung regelmäßig zu einer schnelleren Heilung führen könne, führt zu keinem anderen Ergebnis. Denn in welchem Maße diese allgemeine Erkenntnis anzusetzen wäre, kann, erst recht, wenn man entgegen dem Gutachter lediglich von einer Verzögerung von etwa 6 bis 7 Monaten bei bereits eingetretenen erheblichen Beeinträchtigungen ausgeht, nicht verlässlich eingeschätzt werden. Dies gilt auch für eine etwaige Verlängerung der Leidenszeit.
ee) Nachdem wesentliche, nicht kausal auf Morbus Cushing beruhende Krankheitsbilder, wie z.B. die Skelettveränderungen oder die daraus folgenden psychischen Beeinträchtigungen, als auch diejenigen, die aufgrund der familiären Situation eingetreten sind, parallel zur Grunderkrankung getreten sind, ist auch hier keine Abgrenzung zu den der Verzögerung zuzurechnenden Beeinträchtigungen möglich.
e) Beweiserleichterungen streiten auch hier nicht zu Gunsten der Klägerin. Denn das Unterlassen der Nachfrage durch die Beklagte zu 1. stellt sich aus Sicht des Senates nicht als grober Fehler dar.
Die Erkrankung Morbus Cushing stellt – wie ausgeführt – eine seltene Erkrankung dar, die ein Hausarzt nicht unbedingt erkennen können muss. Wie vor allem die MDK-Gutachterin und letztlich auch der Sachverständige Prof. Dr. Z… ausführen, können die bei der Klägerin festgestellten Symptome zugleich auch mit anderen Erkrankungen in Zusammenhang gestellt werden und wiesen nicht eindeutig auf Morbus Cushing hin. Die Beklagte zu 1. hat dementsprechend auch Spezialisten zu den verschiedenen denkbaren Ursachen herangezogen und durfte im Übrigen auch weiterhin davon ausgehen – jedenfalls war diese Annahme nicht völlig ohne Grund und unverständlich -, dass die Behandlung durch den Beklagten zu 2 fortgeführt werde und sie einen entsprechenden positiven Befund in der Form des Arztbriefes vom 28.03.2014 übermittelt bekäme, so er denn vorläge. Denn die Klägerin drängte nach ihren Angaben selbst auf die Klärung durch Fachärzte. Auch der Sachverständige Prof. Dr. Z… sieht deshalb die Behandlung durch die Beklagte zu 1. – wenn auch auf einen Diagnosefehler bezogen – nicht als grob fehlerhaft an.
3. Soweit die Klägerin anregt, einen weiteren endokrinologischen Gutachter beizuziehen, sieht der Senat dafür keinen Anlass. Der Sachverständige Prof. Dr. Z… hat die an ihn gestellten Fragen fachlich kompetent und überzeugend beantwortet und erläutert. Die Ausführungen sind nachvollziehbar und liegen als Internist, Nephrologe und Endokrinologe in seinem Fachgebiet. Auch grundsätzliche Abweichungen zu den gutachterlichen Ausführungen des Dr. G… sind nicht erkennbar, wobei Dr. G… im Tätigkeitsbereich als Internist, Sozialmedizin Hämatologie, Internistische Onkologie und Gastroenterologie nicht fachgleich tätig wurde.
4. Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.
Die Streitwertfestsetzung folgt §§ 47 Abs. 1 Satz 1, 48 Abs. 1 Satz 1 GKG, §§ 3, 9 ZPO.