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Fehlerhafte Brustoperation – Schmerzensgeld und Rückzahlung Arzthonorar

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 74/21 – Beschluss vom 17.05.2022

Der Senat beabsichtigt, die Berufung der Klägerin durch einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls auch zur Rücknahme der Berufung mit der damit verbundenen Reduzierung der Kosten für das Berufungsverfahren binnen 4 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Gründe

I.

fehlerhafte Brustoperation – Schmerzensgeld und Rückzahlung Arzthonorar
(Symbolfoto: Satyrenko/Shutterstock.com)

Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Zahlung von Schmerzensgeld, Rückzahlung von Arzthonorar sowie auf Feststellung einer Verpflichtung der Beklagten in Anspruch, ihr sämtliche materiellen und zukünftige immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der nach ihrer Ansicht fehlerhaften Brustoperation im Krankenhaus der Beklagten am 25.11.2015 entstanden sind oder entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind. Bei der Klägerin bestand aufgrund einer im Jahre 1984 durchgeführten Mamareduktion ein sehr unbefriedigendes optisches Ergebnis – beidseits lateral ausladende Brust ohne Brustwarzen und ohne ästhetische Form -, weshalb sich die Klägerin erstmals am 25.09.2015 bei der Beklagten vorstellte, um die Möglichkeit einer Rekonstruktion der Brüste abzuklären. Bei dem daraufhin am 25.11.2015 durchgeführten Eingriff wurden bei der Klägerin ausweislich des Operationsberichts 800 ml Fettgewebe abgesaugt, ferner wurde das Fettgewebe im Brustbereich beidseits mobilisiert und nach innen geschlagen, wodurch sich zwei gut durchblutete Fettgewebslappen bildeten. Schließlich wurde im oberen Brustbereich jeweils 200 ml Eigenfett eingespritzt. Am 19.05.2016 wurde im Rahmen einer ambulanten Operation eine Gewebeverschiebung zur Brustwarzenrekonstruktion durchgeführt. Hinsichtlich der ebenfalls gewünschten Rekonstruktion der Brustwarzenhöfe wurde die Klägerin auf die Möglichkeit einer Tätowierung verwiesen. Im weiteren zeitlichen Verlauf bildeten sich die Brüste der Klägerin durch Resorption des eingebrachten Fettgewebes teilweise zurück. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz in erster Linie über einen Aufklärungsfehler sowie über das Vorliegen eines Behandlungsfehlers im Hinblick darauf, dass der gewünschte Operationserfolg, nämlich eine dauerhafte und erhebliche Vergrößerung der Brüste, mit dem durchgeführten Verfahren nicht zu erreichen gewesen sei. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 08.04.2021 verkündetem Urteil hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, die Klägerin habe weder aus Vertrag noch aus Delikt einen Anspruch auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld. Ein Behandlungsfehler sei nicht bewiesen. Nach den Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen sei die am 20.11.2015 durchgeführte Brustoperation ordnungsgemäß verlaufen, soweit die Klägerin nicht zuvor den Wunsch nach einer deutlichen Volumenzunahme mit starker Projektion hinter den Brustwarzen angegeben habe. Für ein solches Ergebnis wäre das gewählte Verfahren nämlich nicht geeignet gewesen. Im Ergebnis der Beweisaufnahme stehe indes nicht fest, dass die Klägerin eine deutlich sichtbare Brustvergrößerung gewünscht habe. Vielmehr habe die Klägerin angegeben, sie habe eigentlich nur wieder fraulich aussehen wollen. Dies sei auch von der als Zeugin vernommenen Mutter der Klägerin bestätigt worden. Hinzu komme, dass sich in der Beweisaufnahme herausgestellt habe, dass die Klägerin den Einsatz von Implantaten möglichst habe vermeiden wollen. Aus dem bei der Klägerin später eingetretenen Volumenverlust der Brüste durch eine Resorption des eingespritzten Eigenfettes könne ebenso wie aus der später entstandenen Asymmetrie der Brüste nach den Feststellungen der Sachverständigen nicht auf ein fehlerhaftes Behandlungsgeschehen rückgeschlossen werden. Vielmehr könne auch bei sorgfältigem Vorgehen und Ausmessen ein solches Ergebnis nicht unbedingt vermieden werden. Es sei nach den Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen mit einem gewissen Volumenverlust von bis zu 50 % des eingespritzten Fettes zu rechnen. Zugleich bedeute dies, dass durch die Fettunterspritzung eine Volumenzunahme durchaus verblieben sei, wobei die eigentliche Brustrekonstruktion durch die Verlagerung der Fettgewebelappen von den Flanken her erreicht worden sei. Auch eine unzureichende Aufklärung der Klägerin stehe im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme nicht fest. Die Vorstellungen der Klägerin seien ermittelt worden. Diese sei auch über die Methode der Eigenfetttransplantation und das bestehende Resorptionsrisiko informiert worden. Ebenso sei hinsichtlich der operativen Ausbildung neuer Brustwarzen am 19.05.2016 ein fehlerhaftes Vorgehen der Mitarbeiter der Beklagten nicht bewiesen, insbesondere sei die neue Position der Brustwarzen vor dem Eingriff ordnungsgemäß eingezeichnet worden. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des Urteils verwiesen.

Die Klägerin hat gegen das ihr am 08.04.2021 zugestellte Urteil mit am 27.04.2021 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 08.07.2021 mit an diesem Tage eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Klägerin vertieft ihren erstinstanzlichen Vortrag teilweise. Sie ist weiterhin der Auffassung, eine ordnungsgemäße Aufklärung seitens der Beklagten liege gerade auch unter Berücksichtigung der gesteigerten Aufklärungsintensität bei kosmetischen Operationen ohne medizinische Indikation nicht vor. So sei sie nicht darüber informiert worden, dass bei dem vorgenommenen Brustaufbau mittels dem eigenen Körper entnommenen Fettgewebes (Fettunterspritzung) mit einem Volumenverlust von etwa 50 % in den ersten Wochen nach der Operation zu rechnen sei und das Risiko der Resorption der eingebrachten Flüssigkeit bestehe. Allein eine Aufklärung über den zu erwartenden Volumenverlust sei aber geeignet gewesen, ihr, der Klägerin, eine zutreffende Vorstellung von den Erfolgsaussichten der beabsichtigten Operation zu vermitteln, sodass hierüber hätte aufgeklärt werden müssen. Tatsächlich sei sie nicht darüber in Kenntnis gesetzt worden, dass sich die Brust nach der Operation zurückbilden könne. Das sei sowohl von ihr im Rahmen ihrer Anhörung durch das Landgericht als auch von ihrer als Zeugin vernommenen Mutter A… C… bekundet worden. Die von der Beklagten benannten Zeuginnen Dr. med. U… T… und Dr. med. A… J…-K… hätten hingegen nicht angegeben, über die Erfolgsaussichten bzw. den Verlust von 20 – 30 % des verpflanzten Fettgewebes aufgeklärt zu haben, sondern jeweils bekundet, die entsprechende Aufklärung erfolge in dem von der anderen Zeugin durchgeführten Aufklärungsgespräch. Auch die schriftliche Aufklärungsdokumentation enthalte einen Hinweis auf den zu erwartenden Volumenverlust nicht. Fehlerhaft sei sie auch nicht über Behandlungsalternativen aufgeklärt worden, obwohl ein Brustaufbau mit Implantaten nach den Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen eine in Betracht kommende Behandlungsalternative dargestellt habe. Unzutreffend habe das Landgericht in diesem Zusammenhang ausgeführt, sie, die Klägerin, habe den Einsatz von Implantaten abgelehnt. Entsprechende Angaben hätten weder sie selbst noch die Zeugin C… gemacht. Vielmehr sei lediglich wegen der damit entstehenden Mehrkosten über Implantate nicht gesprochen worden. Zugleich ergebe sich aus ihren Angaben sowie den Bekundungen der Zeugin C… ihr erheblicher Leidensdruck und eine große Motivation, das Volumen der Brüste dauerhaft vergrößern zu lassen, was bei der Feststellung eines Aufklärungsmangels hätte berücksichtigt werden müssen. Zu Unrecht habe das Landgericht zudem einen Behandlungsfehler verneint. Es sei vorgetragen und unter Beweis gestellt worden, dass der gewünschte Operationserfolg mit dem durchgeführten Verfahren nicht zu erreichen gewesen sei und das Verfahren daher als fehlerhaft einzuordnen sei. Diesem unter Beweis gestellten Vortrag sei das Landgericht fehlerhaft nicht nachgegangen. Dabei ergebe sich aus ihren Angaben im Rahmen ihrer Anhörung durch das Landgericht, dass sie eine ihrer Körpergröße und ihrem Gewicht angepasste Brust habe erhalten wollen. Zugleich folge aus ihrer Zufriedenheit mit dem Ergebnis unmittelbar nach der Operation, dass sie eine deutlich erkennbare Vergrößerung der Brüste gewünscht habe. Nach den Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen sei das verwendete Verfahren indes nicht geeignet gewesen, eine deutliche Brustvergrößerung dauerhaft herbeizuführen. Fehlerhaft habe die Beklagte zudem eine Abklärung der von ihr, der Klägerin, verfolgten Ziele etwa durch Vorlage von Bildern, Computersimulationen oder Ähnliches zu keinem Zeitpunkt unternommen.

Die Klägerin beantragt,

1. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 08.04.2021, Az. 32 O 148/18, die Beklagte zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt werde, nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.01.2018 zu zahlen,

2. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 08.04.2021, Az. 32 O 148/18, die Beklagte zu verurteilen, an sie 2.600,00 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 08.01.2018 zu zahlen,

3. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 08.04.2021, Az. 32 O 148/18 festzustellen, dass die Beklagte verpflichtet ist, ihr sämtliche materiellen und alle künftigen immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Operation im Krankenhaus der Beklagten am 25.11.2015 entstanden sind oder entstehen werden, soweit diese Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind,

4. unter Aufhebung des Urteils des Landgerichts Neuruppin vom 08.04.2021, Az. 32 O 148/18, die Beklagte zu verurteilen, an sie außergerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.184,05 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz ab Rechtshängigkeit zu zahlen.

Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagte bezieht sich auf ihr erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisangeboten und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Die Klägerin sei ordnungsgemäß aufgeklärt worden. Eine hinreichende Aufklärung ergebe sich aus den Bekundungen der Zeugin Dr. T…, die ausgeführt habe, es werde in jedem Aufklärungsgespräch gesagt, dass bei Eigenfettverpflanzungen etwa 70 – 80 % des verpflanzen Fettes dauerhaft verbleibe und im Übrigen das Risiko der Resorption bestehe. Soweit die gerichtlich bestellte Sachverständige einen Volumenverlust von bis zu 50 % angegeben habe, handele es sich nicht um ein normales Ergebnis des Eingriffs. Auch sei nicht bewiesen, dass sich ein solches Risiko im konkreten Fall realisiert habe. Nicht zu folgen sei auch der Behauptung der Klägerin, sie hätte der Operation nicht zugestimmt, wenn sie um die Möglichkeit eines Fehlschlages gewusst habe. Die Klägerin habe die Operation nämlich in Kenntnis deutlich gravierenderer Risiken durchführen lassen. Eine unzureichende Aufklärung über alternative Behandlungsmethoden sei ihr, der Beklagten, ebenfalls nicht vorzuwerfen. Die Möglichkeit einer Implantateinbringung sei gegenüber dem gewählten Eingriff wegen der deutlich höheren Komplikationsrisiken infolge der Verwendung von Fremdmaterialien schon nicht gleichwertig. Zudem hätten die beiden von ihr benannten Zeuginnen bekundet, dass eine entsprechende Aufklärung gleichwohl erfolgt sei. Ferner folge aus den Angaben der Klägerin und der von ihr benannten Zeugin C…, dass die Klägerin einer Implantateinbringung eher ablehnend gegenübergestanden habe. Unzutreffend sei auch die Behauptung der Klägerin, der gewählte Eingriff sei zur Erzielung des gewünschten Ergebnisses von vornherein ungeeignet gewesen. Die gerichtlich bestellte Sachverständige habe im Gegenteil festgestellt, dass die durchgeführte Operation zur Herstellung einer ästhetischen Brustform sehr gut geeignet sei. Etwas anderes gelte nur dann, wenn eine sehr große Volumenzunahme der Brüste gewünscht werde, was von der Klägerin gegenüber den Zeuginnen indes nicht zum Ausdruck gebracht worden sei.

II.

Die Berufung hat in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da der Rechtsstreit auch im Übrigen nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und auch ansonsten eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, ist die Zurückweisung der Berufung gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.

Die Klage ist unbegründet. Ansprüche der Klägerin gegen die Beklagte auf Zahlung eines Schmerzensgeldes bestehen weder aus §§ 280 Abs. 1, 253, 630 a BGB in Verbindung mit dem von der Klägerin mit dem Beklagten geschlossenen Behandlungsvertrag vom 16.11.2015 noch aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 BGB, § 229 StGB.

Zutreffend hat das Landgericht einen Behandlungsfehler bei der Operation vom 25.11.2015 wie auch bei der operativen Ausbildung neuer Brustwarzen am 19.05.2016 verneint. Das Landgericht ist dabei zu Recht den detaillierten und nachvollziehbaren Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. K… P… in ihrem Gutachten vom 09.05.2020 sowie im Rahmen von dessen Erläuterung im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht am 18.03.2021 gefolgt. Die Sachverständige hat überzeugend ausgeführt, dass weder aus dem postoperativ eingetretenen Volumenverlust durch eine teilweise Resorption des eingespritzten Eigenfettes noch aus der von der Sachverständigen als geringfügig eingestuften Asymmetrien der Brüste ein Behandlungsfehler beim Vorgehen der Mitarbeiter der Beklagten abzuleiten ist. Vielmehr hat die Sachverständige das Operationsergebnis unter plastisch-chirurgischer Sicht als gut bis sehr gut bewertet. Auch die Klägerin wendet sich gegen diese Feststellungen der Sachverständigen nicht. Ein Behandlungsfehler liegt ferner nicht deshalb vor, weil die von den Mitarbeitern der Beklagten angewandte Behandlungsmethode zur Erzielung des vereinbarten Behandlungserfolges bereits ungeeignet gewesen ist. Dabei hängt bei rein kosmetischen Operationen – mangels medizinischer Indikation – die Feststellung eines fehlerhaften operativen Vorgehens davon ab, welche (ästhetischen) Operationsziele die Parteien vertraglich vereinbart haben (OLG Hamm GesR 2016, S. 513). Die Klägerin hat nicht bewiesen, dass nicht lediglich eine Korrektur der Form ihrer Brüste mit maßvoller Verstärkung der Brustprojektion, sondern eine deutlich sichtbare Brustvergrößerung als Behandlungsziel vereinbart worden ist, wozu nach den Feststellungen der Sachverständigen die gewählte Vorgehensweise des Einspritzens von Eigenfett in Kombination mit einer Verlagerung von Fettgewebslappen von den Flanken nicht ausreichend, sondern das Einbringen von Brustimplantaten erforderlich gewesen wäre. Die Klägerin hat im Rahmen ihrer Anhörung durch das Landgericht eingeräumt, bei den Gesprächen im Vorfeld der Operation sei es um die Wiederherstellung einer ästhetisch ansprechenden Brust gegangen. Sie habe hingegen selbst angegeben, keine Brust „wie Dolly Buster“, also besonders große Brüste haben zu wollen. Bereits nach dem eigenen Vortrag der Klägerin war damit aber gerade nicht eine Brustvergrößerung, sondern vielmehr ein ästhetisch ansprechender Brustaufbau Gegenstand der Vereinbarung der Parteien betreffend das Operationsziel. Gleiches ergibt sich aus den Angaben der als Zeugin vernommenen Mutter der Klägerin, A… C…, die ebenfalls angegeben hat, Gegenstand der Gespräche sei die Herstellung einer ansehnlichen Brust gewesen, nicht aber deren Größe, wobei es der Klägerin auch nicht um eine Brustvergrößerung gegangen sei. Auch die gegenbeweislich vernommene Zeugin Dr. U… T…, die für die Beklagte eines der Aufklärungsgespräche geführt hat, hat angegeben, es sei nie um die Vergrößerung der Brust gegangen, sondern allein um deren Form. Ein anderes Ergebnis ist auch nicht im Hinblick auf den Vortrag der Klägerin in der Berufungsbegründung gerechtfertigt, sie habe eine ihrer Körpergröße und ihrem Gewicht angepasste Brust erhalten wollen. Es lässt sich bereits nicht feststellen, dass dieses – maßgeblich von den jeweiligen Vorstellungen des Beurteilenden abhängende – Ziel durch die seitens der Mitarbeiter der Beklagten durchgeführte Operation nicht eingetreten ist. Jedenfalls hat die gerichtlich bestellte Sachverständige diesbezüglich ein unzureichendes Ergebnis nicht festgestellt. Auch eine konkrete von den Parteien getroffene Vereinbarung lässt sich aus diesem Vortrag der Klägerin nicht ableiten. Schließlich folgt auch nicht aus dem Umstand, dass die Klägerin mit dem zunächst erzielten Operationsergebnis, das durch den später einsetzenden teilweisen Fettabbau indes nicht von Dauer gewesen ist, zufrieden gewesen ist, dass die Parteien vor der Operation eine Vereinbarung dahingehend getroffen haben, es solle eine entsprechende Brustvergrößerung erfolgen.

Auch ein Aufklärungsfehler ist nicht nachgewiesen. Ist eine ordnungsgemäße Aufklärung nicht gegeben und mithin eine wirksame Einwilligung der Klägerin in die Behandlung nicht erfolgt, so sind die konkreten Eingriffe als rechtswidrige Körperverletzungen zu werten (vgl. hierzu BGH VersR 1990, S. 1010; VersR 1989, S. 253; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 8. Aufl., Teil C, Rn. 1 f). Vor Durchführung eines Eingriffs ist der Patient über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken aufzuklären, um unter Wahrung seiner Entscheidungsfreiheit wirksam in den Eingriff einwilligen zu können. Die Aufklärung hat dem Patienten einen zutreffenden allgemeinen Eindruck von der Schwere des Eingriffs und der Art der Belastung zu vermitteln, die sich für seine körperliche Integrität und seine Lebensführung aus dem Eingriff ergeben können (Brandenburgisches OLG – 1. Zivilsenat – VersR 2000, S. 1283; Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. 5). Dabei muss der Patient über die Erfolgsaussichten und etwaige schädliche Folgen umso ausführlicher und eindrücklicher informiert werden, je weniger der Eingriff medizinisch geboten ist. Das gilt in besonderem Maße für kosmetische Operationen, die nicht – jedenfalls nicht in erster Linie – der Heilung eines körperlichen Leidens dienen, sondern eher einem psychischen und ästhetischen Bedürfnis. Der Patient muss in diesen Fällen darüber unterrichtet werden, welche Verbesserungen er günstigenfalls erwarten kann, und ihm müssen etwaige Risiken deutlich vor Augen gestellt werden, damit er genau abwägen kann, ob er einen etwaigen Misserfolg des ihn belastenden Eingriffs und darüber hinaus sogar bleibende Entstellungen oder gesundheitliche Beeinträchtigungen in Kauf nehmen will, selbst wenn diese auch nur entfernt als eine Folge des Eingriffs in Betracht kommen (BGH VersR 1991, S. 227; OLG Hamm, a. a. O.; Geiß/Greiner, a. a. O. Rn. 8 f). Im Rahmen der Aufklärung ist auch das Risiko zu erörtern, inwieweit trotz fehlerfreier medizinischer Behandlung Schadensrisiken bestehen, seien es mögliche Komplikationen während des Eingriffs oder sonstige schädliche Nebenfolgen (BGH VersR 2005, S. 1238; Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. 41; vgl. auch BGH VersR 1982, S. 147; OLG Oldenburg VersR 1986, S. 69). Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken, es genügt eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung (BGH VersR 2006, S. 838; Brandenburgisches OLG – 1. Zivilsenat -, a. a. O.). Zur Behandlungsaufklärung gehört es dabei auch, dass der Arzt dem Patienten Kenntnis von Behandlungsalternativen verschafft, wenn gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden mit wesentlich unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten begründen (BGHZ 102, S. 17; NJW 2005, S. 1718; NJW 2006, S. 2477; Geiß/Greiner a. a. O., Rn. 22; so auch der Senat im Urteil vom 15.07.2010, Az. 12 U 232/09; veröffentlicht etwa in VersR 2011, S. 267). Darlegungs- und beweispflichtig für eine richtige und vollständige Aufklärung ist dabei der behandelnde Arzt (BGH VersR 1992, S. 960 und S. 747).

Nach den genannten Grundsätzen ist eine fehlerhafte Aufklärung der Klägerin nicht festzustellen. Zwar hat die gerichtlich bestellte Sachverständige ausgeführt, im Rahmen der Auswahl der anzuwendenden Operationsmethode sei aus medizinischer Sicht mit dem Patienten zu klären, welche Volumenzunahme und damit welches optische Ergebnis mit welcher Methode zu erreichen sei, wobei zu berücksichtigen sei, dass mit der gewählten Methode der Eigenfetteinspritzung in Kombination mit Verlagerung von Fettgewebslappen von den Flanken zur Brustvergrößerung lediglich eine moderate Volumenzunahme möglich war. Wie oben ausgeführt ging es der Klägerin jedoch schon nach ihrem eigenen Vorbringen nicht um eine deutliche Vergrößerung der Brust, sondern um die Wiederherstellung einer ästhetisch ansprechenden Brustform. Schon aus diesem Grunde war eine weitergehende Aufklärung, dass eine deutliche Volumenzunahme nur durch die Verwendung von Brustimplantaten zu erreichen gewesen wäre, nicht veranlasst. Für das gewählte Ziel einer ästhetisch ansprechenden Brustgestaltung ohne deutliche Volumenzunahme war nach den Feststellungen der Sachverständigen das gewählte Verfahren indes geeignet und deutlich risikoärmer als eine Behandlung, die das Einbringen von Brustimplantaten beinhaltet hätte. Eine solche Behandlung stellt daher gegenüber dem gewählten Eingriff keine gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethode dar, hinsichtlich der – bezogen auf das angeführte Behandlungsziel – eine echte Wahlmöglichkeit bestanden hat. Auch vor dem Hintergrund der Behandlungsrisiken war daher eine weitere Aufklärung der Klägerin nicht geboten. Zudem war der Klägerin die grundsätzliche Möglichkeit des Einbringens von Implantaten durchaus bewusst, wie sich sowohl aus ihren eigenen Angaben gegenüber dem Landgericht als auch aus der Aussage der Zeugin C… ergibt (zur eingeschränkten Aufklärungspflicht des Arztes bei Vorkenntnissen des Patienten vgl. Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. 112). Entgegen der Ansicht der Klägerin war es auch nicht fehlerhaft, dass die Beklagte durch Vorlage von Bildern, Computersimulationen oder ähnlichen Mitteln die Ziele der Klägerin hinsichtlich der Operation nicht noch weiter abgeklärt hat. Die gerichtlich bestellte Sachverständige hat im Rahmen ihrer Anhörung vielmehr ausdrücklich festgestellt, dass der im damaligen Zeitpunkt zu beachtende ärztliche Standard derartige Maßnahmen, insbesondere das Zeigen von Lichtbildern, nicht erforderte. Warum die Ausführungen der Sachverständigen insoweit unzutreffend sein sollen, zeigt die Klägerin nicht auf.

Der Senat vermag auch einen Aufklärungsfehler nicht darin zu sehen, dass die Klägerin ihrer Behauptung nach nicht darüber informiert worden ist, dass bei dem vorgenommenen Brustaufbau mittels dem eigenen Körper entnommenen Fettgewebes mit einem Volumenverlust von etwa 50 % in den ersten Wochen nach der Operation zu rechnen sei und das Risiko der Resorption der eingebrachten Flüssigkeit bestehe. Es handelt sich insoweit nicht um eine aufklärungspflichtiges Risiko der Operation, sondern um Besonderheiten des angewendeten Verfahrens, bei dem nach den Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen immer ein Volumenverlust in Höhe von bis zu 50 % der eingespritzten Volumenzunahme bzw. von 20 % bis 30 % des verpflanzten Fettgewebes eintritt, mithin das Erscheinungsbild der Brüste unmittelbar nach der Operation immer nur ein vorübergehender Zustand ist. Der Senat hat durchaus Verständnis für die Enttäuschung der Klägerin, dass das von ihr zunächst als äußerst zufriedenstellend empfundene Operationsergebnis nicht von Dauer war, vermag aber wiederum im Hinblick auf das angestrebte Operationsziel nicht zu ersehen, dass aus rechtlicher Sicht eine weitergehende Information der Klägerin hätte erfolgen müssen, ohne die die von der Klägerin erklärte Operationseinwilligung unwirksam gewesen wäre. Entscheidend war allein, dass die Klägerin der vorgeschlagenen Operationsmethode mit dem Ziel einer Wiederherstellung einer ästhetisch ansprechenden Brust ohne deutliche Volumenvergrößerung als Endergebnis des Eingriffs zugestimmt hat.

Aus den vorgenannten Gründen bestehen ferner Ansprüche der Klägerin auf Rückzahlung des an die Beklagte geleisteten Honorars sowie auf Zahlung von materiellem Schadensersatz (Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten) nicht. Ebenso ist der Feststellungsantrag unbegründet.

Schließlich weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 13.600,00 € festzusetzen, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO (Schmerzensgeldforderung: 8.000,00 €, Rückzahlung Honorar: 2.600,00 €, Feststellungsantrag: 3.000,00 €).

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