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Fehlerhafte Revisionsoperation – Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch

Verfehlte Operation führt zu Ansprüchen auf Schmerzensgeld und Schadensersatz

Im Zentrum eines jüngst abgeschlossenen Falls des Oberlandesgerichts Brandenburg standen Forderungen auf Schmerzensgeld und Schadensersatz. Ausgelöst wurden diese durch eine verpfuschte Brustvergrößerungsoperation und eine darauffolgende Revisionsoperation, die in den Räumlichkeiten einer Belegklinik stattfanden. Die Klägerin, als Empfängerin der Operationen, argumentierte, dass die beiden Eingriffe fehlerhaft durchgeführt wurden, was zu anhaltenden gesundheitlichen Problemen und Schäden führte – darunter eine Asymmetrie ihrer Brüste.

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Verantwortlichkeit und Vorwürfe

Die Klägerin verlangte die Zahlung von Schmerzensgeld und Ersatz für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden. Zentraler Streitpunkt war hierbei die Frage der Passivlegitimation des Beklagten und der behaupteten Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Zusammenhang mit den durchgeführten Operationen.

Gerichtliches Urteil und Schadensersatzanspruch

Das Gericht hat entschieden, dass die Beklagten in der Pflicht sind, der Klägerin Schmerzensgeld sowie materielle und immaterielle Schäden zu erstatten. Besonders hervorgehoben wurde die Tatsache, dass die Schäden als direkte Folge der fehlerhaften Revisionsoperation entstanden sind. Die Ansprüche, die auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden, wurden allerdings von dieser Entscheidung ausgeschlossen.

Folgen des Urteils und Optionen der Beklagten

Die Berufungen der Beklagten sollen gemäß § 522 Abs. 2 ZPO abgewiesen werden. Die Beklagten erhielten jedoch die Möglichkeit, Stellung zu beziehen und gegebenenfalls ihre Berufungen zurückzuziehen. Dies würde eine Reduzierung der Kosten für das Berufungsverfahren mit sich bringen.

Dieser Fall ist ein Paradebeispiel dafür, welche rechtlichen Konsequenzen medizinische Fehler nach sich ziehen können. Die strittigen Punkte des Falles – Behandlungsfehler, Aufklärungsfehler und die Frage der Passivlegitimation – verdeutlichen die Komplexität von Arzthaftungsfällen und die Wichtigkeit einer fundierten juristischen Beratung.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Brandenburg – Az.: 12 U 124/20 – Beschluss vom 22.04.2021

Der Senat beabsichtigt, die Berufungen der Beklagten durch einstimmig gefassten Beschluss gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen.

Die Beklagten erhalten Gelegenheit zur Stellungnahme und gegebenenfalls auch zur Rücknahme der Berufungen mit der damit verbundenen Reduzierung der Kosten für das Berufungsverfahren binnen 4 Wochen ab Zugang dieses Beschlusses.

Gründe

I.

fehlerhafte Revisionsoperation - Schmerzensgeld- und Schadensersatzanspruch
(Symbolfoto: Robert Kneschke/Shutterstock.com)

Die Klägerin verlangt von den Beklagten die Zahlung von Schmerzensgeld und Feststellung einer Ersatzpflicht für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die ihr aus der nach Ansicht der Klägerin fehlerhafte Brustvergrößerungsoperation vom …2014 und der Revisionsoperation …2015 entstanden sind bzw. entstehen, soweit die Ansprüche nicht auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden. Beide Eingriffe führte der Beklagte zu 2. in den Räumlichkeiten der Beklagten zu 1. durch, bei der es sich nach Vortrag der Beklagten zu 1. um eine Belegklinik handelt, mit der der Beklagte zu 2. eine Belegarztvereinbarung getroffen hatte. Im Ergebnis der Operationen liegt bei der Klägerin nach ihren Angaben eine Asymmetrie ihrer Brüste vor. Die Parteien streiten zum einen über die Passivlegitimation der Beklagten zu 1. und zum anderen über Behandlungs- und Aufklärungsfehler im Zusammenhang mit der Durchführung der beiden Operationen, wobei Gegenstand der Berufungsinstanz nur noch die Fehlerhaftigkeit der Revisionsoperation vom …2015 ist. Wegen der Einzelheiten des erstinstanzlichen Sachvortrages wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Mit am 15.04.2020 verkündetem Urteil, teilweise berichtigt durch Beschluss vom 19.06.2020, hat das Landgericht unter Klageabweisung im Übrigen die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld i. H. v. 5.000,00 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 23.01.2018 zu zahlen sowie vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.000,55 € zuzüglich Zinsen i. H. v. 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 02.11.2016 – Beklagte zu 1. – bzw. seit dem 24.01.2018 – Beklagter zu 2. – und festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die auf die Revisionsoperation vom …2015 zurückzuführen sind, mit Ausnahme der Ansprüche, die auf Dritte übergegangen sind oder übergehen werden. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, der Klägerin stehe gegen die Beklagten ein Anspruch aus §§ 823 Abs. 1, 280, 249, 253 BGB bzw. aus §§ 630 a ff BGB zu. Die Passivlegitimation der Beklagten zu 1. sei gegeben. Insoweit griffen die Grundsätze einer Rechtsscheinhaftung ein. Der Beklagte zu 2. sei im Zeitraum beider Operationen Geschäftsführer der Beklagten zu 1. gewesen und daher im Außenverhältnis bevollmächtigt gewesen, einen Vertrag zwischen der Beklagten zu 1. und der Klägerin zu schließen. Der Beklagte zu 2. habe gegenüber der Klägerin auch angegeben, er sei Klinikleiter der Beklagten zu 1. und habe damit konkludent einen Vertretungswillen und eine Vertretungsbefugnis hinsichtlich der Beklagten zu 1. gegenüber der Klägerin geäußert. Ein Rechtsschein für einen Vertragsschluss durch die Beklagte zu 1. folge auch aus deren Internetauftritt, in dem die Beklagte zu 1. die Praxisräume des Beklagten zu 2. als ihre Repräsentanz in B… bezeichne. Auch sonst sei dem Internetauftritt nicht zu entnehmen, dass die Beklagte zu 1. eine reine Belegklinik sei. Auch die Aufklärungsbögen seien neben dem Stempel des Beklagten zu 2. mit dem Stempel der Beklagten zu 1. versehen. Es ließe sich daher aus dem maßgeblichen Empfängerhorizont der Klägerin nicht entnehmen, dass ein sogenannter gespaltener Krankenhausvertrag habe geschlossen werden sollen. Nicht zu folgen sei der Auffassung der Beklagten zu 1., auch ein juristischer Laie würde den Unterschied zwischen einem Aufnahmeantrag und einem Behandlungsvertrag kennen. Da es an einem weiteren schriftlichen Vertrag fehle, habe die Klägerin als juristische Laiin vielmehr annehmen müssen, mit der Entgegennahme des schriftlichen Aufnahmeantrags am …2014 durch einen Klinikmitarbeiter auch einen Beratungsvertrag hinsichtlich der Schönheitsoperation zu schließen. Auch im Rahmen der vorgerichtlichen Inanspruchnahme durch die Klägerin habe die Beklagte zu 1., die allein in Anspruch genommen worden sei, nicht eine fehlende Passivlegitimation gerügt. Vielmehr habe die Beklagte zu 1. auf „ihre Haftpflichtversicherung“ verwiesen und deren Korrespondenz mit der Klägerseite zugelassen. Auch lasse sich dem Anspruchsschreiben der Versicherung nicht eindeutig entnehmen, dass Versicherungsnehmer nur der Beklagte zu 2. sei. Es stelle daher einen Verstoß gegen § 242 BGB in der Form eines widersprüchlichen Verhaltens dar, wenn die Beklagte zu 1. sich nunmehr auf ihre fehlende Passivlegitimation berufe. Auch insoweit habe sie zurechenbar den Rechtsschein gesetzt, Schuldner der behaupteten Forderung zu sein.

Im Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme stehe zwar ein Behandlungsfehler im Rahmen der Erstoperation vom…2014 nicht fest. Die Revisionsoperation vom …2015 sei indes nicht entsprechend dem fachärztlichen Standard durchgeführt worden. So fehle es bereits an hinreichenden präoperativen Befunden, wie die gerichtlich bestellte Sachverständige Dr. med. K… P… im Rahmen der mündlichen Erläuterung ihres Gutachtens ausgeführt habe. Die vom Beklagten zu 2. vorgelegten Lichtbilder seien nicht ausreichend, um das Ausmaß der Asymmetrie und beispielsweise den Abstand der beiden Brustwarzen und die weiteren Positionen beurteilen zu können. Der Beklagte zu 2. habe auch nicht vorgetragen, dass die nach seiner Darstellung verloren gegangenen Bilder eine solche Bewertung ermöglicht hätten. Auch das Vorliegen der erforderlichen exakten Planung und Überprüfung des Operationsergebnisses während der Revisionsoperation sei nach den überzeugenden Feststellungen der Sachverständigen nicht erfolgt und vom hierzu angehörten Beklagten zu 2. ebenfalls nicht vorgetragen worden. Die unzureichende Planung und darauf aufbauende fehlerhafte Durchführung der Revisionsoperation habe sich auch ausgewirkt, da die durch die erste Operation eingetretene Asymmetrie der Brüste nicht behoben worden sei. Kein Behandlungsfehler liege hingegen in der Wiederverwendung des Implantats in der Revisionsoperation. Auch könne nicht festgestellt werden, dass die Beschränkung der Revisionsoperation auf die Verkleinerung der rechten Implantattasche fehlerhaft gewesen sei. Ferner könnten die von der Klägerin angegebenen postoperativen Wundheilungsstörungen nicht sicher auf die Wiederverwendung des Implantates zurückgeführt werden. Es fehle allerdings an einer wirksamen Einwilligung der Klägerin in die Revisionsoperation vom …2015. Die Sachverständige habe nachvollziehbar ausgeführt, dass die Wiederverwendung eines Implantates im Hinblick auf die eingeschränkten Reinigungsmöglichkeiten unter der Operation aufklärungspflichtig sei. Eine solche Aufklärung sei nicht erfolgt. Die Klägerin habe zudem überzeugend dargelegt, dass sie mit ihrem Wissen als Krankenschwester auf einer Intensivstation der Wiederverwertung eines Implantates niemals zugestimmt habe und unter diesen Bedingungen die Revisionsoperation vom …2015 nicht hätte durchführen lassen. Nicht hinreichend sei insoweit, dass der Klägerin ein neuer Implantatpass nicht ausgestellt worden sei, und sie deshalb nach Ansicht des Beklagten zu 2. auf die Weiterverwendung des Implantates habe schließen müssen. Dieser Umstand sei nämlich erst nach Durchführung der Revisionsoperation für die Klägerin erkennbar gewesen. Für die ohne Einwilligung durchgeführte Revisionsoperation, die zudem im Ergebnis erfolglos gewesen sei und zu Wundheilungsstörungen geführt habe, sei ein Schmerzensgeld von 5.000,00 € angemessen. Auch der Feststellungsantrag der Klägerin sei im Hinblick auf mögliche Folgen der ohne Einverständnis durchgeführten Revisionsoperation begründet. Ferner habe die Klägerin einen Anspruch auf Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten nach einem Streitwert von 7.500,00 € unter Ansatz von 1,8 Gebührensätzen. Wegen der weitergehenden Begründung wird auf die Entscheidungsgründe des landgerichtlichen Urteils verwiesen.

Die Beklagte zu 1. hat gegen das ihr am 22.04.2020 zugestellte Urteil mit am 22.05.2020 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz Berufung eingelegt und das Rechtsmittel mit am 22.06.2020 eingegangenem Schriftsatz begründet. Der Beklagte zu 2. hat gegen das ihm am 29.04.2020 zugestellte Urteil mit am 26.05.2020 beim Brandenburgischen Oberlandesgericht eingegangenem Schriftsatz ebenfalls Berufung eingelegt und das Rechtsmittel nach Verlängerung bis zum 29.07.2020 mit am 12.07.2020 eingegangenem Schriftsatz begründet.

Die Beklagte zu 1. bezieht sich auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten. Sie ist weiterhin der Ansicht, die Klage ihr gegenüber sei bereits mangels Passivlegitimation abzuweisen. Es liege ein gespaltener Behandlungsvertrag vor, wobei sie mit der Klägerin ausschließlich einen Krankenhausaufnahmevertrag betreffend deren Unterbringung geschlossen habe, wie sich auch aus den in den Vertrag einbezogenen AVB ergebe. Sie, die Beklagte zu 1., sei hingegen nicht verantwortlich für die operativen Leistungen der in ihren Räumlichkeiten tätigen Belegärzte, wie auch aus der von ihr mit dem Beklagten zu 2. geschlossenen Vereinbarung vom 04.07.1996 folge. Sie habe keinen Rechtsschein für einen Vertragsschluss gesetzt. Ein Vertrag mit dem Beklagten zu 2. sei vielmehr schon aufgrund der Vorbehandlung und Voruntersuchung entstanden. Dies folge auch daraus, dass die Klägerin die Kosten für die Operation i. H. v. 4.800,00 € direkt auf das Konto des Beklagten zu 2. überwiesen habe. Dies belege, dass die Klägerin davon ausgegangen sei, der Beklagte zu 2. sei ihr Vertragspartner. Die Klägerin verhalte sich daher auch widersprüchlich, wenn sie nunmehr vertragliche Ansprüche gegen sie, die Beklagte zu 1., geltend mache. Der Beklagte zu 2. sei im Zeitpunkt der Operationen der Klägerin auch lediglich Geschäftsführer ihrer Komplementärin, der … Verwaltungs GmbH gewesen. Auch die Werbeaktion bei Radio …, durch die die Klägerin auf die Beklagten aufmerksam geworden sei, sei allein vom Beklagten zu 2. veranlasst worden. Dieser sei zudem von ihr darauf hingewiesen worden, dass er den Eindruck zu vermeiden habe, dass es sich um eine Aktion von ihr, der Beklagten zu 1., handele. Der Beklagte zu 2. habe auch nicht als Vertreter gehandelt. Er habe bereits keinen Rechtsbindungswillen hinsichtlich einer Verpflichtung von ihr, der Beklagten zu 1., gehabt. Ferner habe die Klägerin bei Vertragsschluss keine Kenntnis gehabt, dass der Beklagte zu 2. Geschäftsführer der Komplementärgesellschaft gewesen sei. Darüber hinaus hält die Beklagte zu 1. an ihrer Ansicht fest, es sei auch für einen juristischen Laien erkennbar, dass ein Aufnahmeantrag nicht mit einem Behandlungsvertrag gleichgesetzt werden könne. Dem Aufnahmeantrag sei kein Hinweis auf Abschluss eines Behandlungsvertrages zu entnehmen. Auch sei der Antrag vom Annehmenden nicht unterschrieben worden. Gegen die Annahme einer Rechtsscheinhaftung spreche ferner, dass vorgerichtlich von der Klägerin allein Ansprüche gegen den Beklagten zu 2. geltend gemacht worden seien. Dies belege, dass die Klägerin selbst davon ausgegangen sei, ihr Vertragspartner sei der Beklagte zu 2.. Erklärungen der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 2. im Rahmen der außergerichtlichen Verhandlungen mit der Klägerin seien ihr ohnehin nicht zuzurechnen. Zudem ergebe sich aus der E-Mail der Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 2. vom 28.07.2016, dass es allein um dessen Haftung gegangen sei.

Der Beklagte zu 2. bezieht sich ebenfalls auf sein erstinstanzliches Vorbringen nebst Beweisangeboten. Unzutreffend habe das Landgericht einen Behandlungsfehler aufgrund unzulänglicher Dokumentationsfotos angenommen. Er habe hierzu vorgetragen, dass die weiteren von ihm angefertigten Lichtbilder aufgrund eines Computerabsturzes nicht mehr vorgelegt werden könnten. Eine Haftung könne allenfalls im Falle einer Vorwerfbarkeit des Unvermögens zur Vorlage der Lichtbilder angenommen werden. Hierzu hätte ihm indes zunächst rechtliches Gehör gewährt werden müssen. Es könne auch nicht unterstellt werden, dass angesichts der Vielzahl der weiteren angefertigten Dokumentationsfotos nur unergiebige Lichtbilder erstellt worden seien. Ein Behandlungsfehler folge auch nicht aus einer unzureichenden Überprüfung des Operationsergebnisses während der Revisionsoperation. Vielmehr sei eine solche Überprüfung im OP-Bericht festgehalten. Gleiches gelte für die erforderliche Operationsplanung. Auch ein Aufklärungsfehler sei ihm nicht anzulasten. Die Verwendung des bisherigen Implantates unter sterilen Operationsbedingungen begründe kein spezifisches Eingriffsrisiko und sei daher nicht aufklärungsbedürftig. Zudem sei die Klägerin im Gespräch darauf hingewiesen worden, dass ein Implantatwechsel erfolgen würde, soweit sich während der Operation die Notwendigkeit einer Auswechslung ergebe. Entsprechendes habe er, der Beklagte zu 2., im Rahmen seiner persönlichen Anhörung erklärt. Er habe nämlich dargestellt, die vorgesehene Wiederverwendung des Implantates folge schon daraus, dass nicht über den Einsatz eines neuen Implantats gesprochen worden sei. Die Wiederverwendung des Implantates sei auch nach den Feststellungen der Sachverständigen nicht ohne weiteres ein Behandlungsfehler. Zu Unrecht habe das Landgericht zudem seinen Vortrag im Schriftsatz vom 02.11.2019 als verspätet angesehen. Tatsächlich habe er, der Beklagte zu 2., bereits im Rahmen seiner Anhörung im Verhandlungstermin am 16.10.2019 angegeben, dass er immer auf die einzuhaltende Schonfrist von sechs Wochen hinweise. Insoweit sei es fehlerhaft, dass das Landgericht lediglich von der Empfehlung einer zehntägigen Schonung ausgegangen sei. Die Verpflichtung der Klägerin zur Schonung und zum Tragen eines straff sitzenden BHs ergebe sich auch bereits aus dem Aufklärungsbogen. Widersprüchlich seien die Ausführungen des Landgerichts zum Aufklärungsfehler im Übrigen auch deshalb, weil es zum einen ausführe, ausweislich der Angaben im Aufklärungsbogen sei die Aufklärung korrekt erfolgt, dann aber eine Einschränkung der Risikoaufklärung im nachträglich geführten Aufklärungsgespräch angenommen habe. Tatsächlich seien solche Einschränkungen nicht erfolgt und auch nicht plausibel. Vielmehr wäre eine Änderung des Aufklärungsbogen vorgenommen worden, wenn dieser hinsichtlich der Schonfrist zu weitgehende Vorgaben gemacht hätte.

Die Beklagten haben angekündigt zu beantragen, die Klage unter Abänderung des erstinstanzlichen Urteils des Landgerichts Potsdam vom 15.04.2020, Az. 11 O 48/17, abzuweisen, hilfsweise, die Sache unter Aufhebung des Urteils erster Instanz an das Landgericht Potsdam zur neuen Verhandlung zurückzuweisen (gemeint: zurückzuverweisen).

Die Klägerin hat angekündigt zu beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Klägerin bezieht sich ebenfalls auf ihren erstinstanzlichen Vortrag nebst Beweisangeboten und verteidigt das landgerichtliche Urteil. Zu Recht habe das Landgericht die Passivlegitimation der Beklagten zu 1. bejaht. Es werde bereits bestritten, dass die Beklagte zu 1. eine reine Belegklinik sei. Dies ergebe sich aus dem Internetauftritt der Beklagten zu 1. nicht. Dort werde vielmehr der Eindruck erweckt, zumindest angestellte Ärzte seien bei der Beklagten zu 1. tätig. Zudem werde weiterhin die Anschrift in B… als Repräsentanz der Beklagten zu 1. aufgeführt. Maßgeblich sei ohnehin der vom Beklagten zu 2. gesetzte Rechtsschein eines Handelns für die Beklagte zu 1., nicht aber die Abreden der Beklagten im Innenverhältnis. Zutreffend habe das Landgericht eine Bevollmächtigung des Beklagten zu 2. als damaligen Geschäftsführers der Beklagten zu 1. zum Abschluss von Behandlungsverträgen angenommen. Jedenfalls habe die Beklagte zu 1. den Rechtsschein einer solchen Bevollmächtigung durch ihren Internetauftritt gesetzt. Auch ergebe sich ein Rechtsschein aus dem Stempelaufdruck der Beklagten zu 1. auf den Aufklärungsbögen. Die Zahlung der Behandlungskosten auf ein Konto des Beklagten zu 2. rechtfertige eine andere Beurteilung nicht. Es sei für sie, die Klägerin, nicht erkennbar gewesen, dass der Beklagte zu 2. die Zahlung nicht im Namen der Beklagten zu 1. vereinnahmt habe, da er zu diesem Zeitpunkt deren Geschäftsführer gewesen sei. Nicht zu berücksichtigen sei das erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Bestreiten der Geschäftsführerstellung des Beklagten zu 2. und der Verantwortlichkeit der Beklagten zu 1. für die Werbeaktion beim Radiosender …, durch die sie, die Klägerin, auf die Beklagte zu 1. aufmerksam geworden sei. Ebenso sei eine Rechtsscheinhaftung aufgrund des weiteren außergerichtlichen Verhaltens der Beklagten zu 1. begründet. Sie, die Klägerin, habe vorgerichtlich lediglich die Beklagte zu 1. in Anspruch genommen, die ohne jegliche Klarstellung in Bezug auf die zweifelhafte Passivlegitimation die Korrespondenz mit ihr geführt habe bzw. durch die Haftpflichtversicherung des Beklagten zu 2. habe führen lassen. Das Bestreiten der Passivlegitimation im Rechtsstreit verstoße daher gegen das Verbot widersprüchlichen Verhaltens und sei nicht zu berücksichtigen.

Zu Recht habe das Landgericht einen der Behandlungsfehler des Beklagten zu 2. bei der Revisionsoperation als bewiesen angesehen. Die gerichtlich bestellte Sachverständige habe überzeugend ausgeführt, vor dem Eingriff seien die nötigen präoperativen Befunde nicht erhoben worden.

II.

Die Berufungen haben in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Da die Sache im Übrigen auch nicht von grundsätzlicher Bedeutung ist, die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts nicht erfordert und auch ansonsten eine mündliche Verhandlung nicht geboten ist, ist die Zurückweisung der Berufungen gem. § 522 Abs. 2 ZPO beabsichtigt.

Die Klage ist in dem vom Landgericht zuerkannten Umfang begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. einen Anspruch auf Zahlung von Schmerzensgeld i. H. v. 5.000,00 € wegen der am …2015 durch den Beklagten zu 2. durchgeführten Revisionsoperation aus §§ 280 Abs. 1, 253, 630 a BGB in Verbindung mit dem zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. im März 2014 geschlossenen Behandlungsvertrag betreffend die Durchführung eines operativen Eingriffs zur Brustvergrößerung. Zutreffend hat das Landgericht die Passivlegitimation der Beklagten zu 1. bejaht. Diese und nicht der Beklagte zu 2. ist Vertragspartner der Klägerin hinsichtlich des operativen Eingriffs geworden. Die Klägerin hat unwidersprochen vorgetragen, sie sei auf die Beklagte zu 1. durch ein Gewinnspiel bei dem Radiosender … aufmerksam geworden und habe, nachdem sie im Rahmen dieses Gewinnspiels ihre Anschrift hinterlassen habe, später eine E-Mail mit einem Rabattangebot betreffend die Schönheitsoperation erhalten, die sie der Beklagten zu 1. zugeordnet habe. Bei der von ihr vorgenommenen Terminsvereinbarung sei ihr mitgeteilt worden, sie könne sich sowohl in den Räumen der Klinik der Beklagten zu 1. in P… als auch in der Repräsentanz der Beklagten zu 1. in B… vorstellen, da der Geschäftsführer der Beklagten zu 1., der Beklagte zu 2., an mehreren Tagen in der Woche an jedem der Standorte erreichbar sei. Bei dem Termin in den Räumlichkeiten in B… habe sich der Beklagte zu 2. dann als Klinikleiter der Beklagten zu 1. vorgestellt. In dieser Situation musste die Klägerin die weiteren Erklärungen des Beklagten zu 2. im Rahmen des sich anschließenden Gesprächs, in dem auch der Behandlungsvertrag betreffend die auf den …2014 terminierte Operationen mündlich geschlossen worden ist, so verstehen, dass diese vom Beklagten zu 2. für die Beklagte zu 1. abgegeben wurden, während sich ihre Erklärungen im Zusammenhang mit dem Vertragsschluss ebenso an die Beklagte zu 1. richteten. Ein anderes Ergebnis ist auch nicht unter Berücksichtigung des vom Beklagten zu 2. in diesem Termin der Klägerin überreichten Aufklärungsbogen betreffend die operative Brustvergrößerung gerechtfertigt. Vielmehr weist auch der auf dem Aufklärungsbogen angebrachte Stempel der Beklagten zu 1. auf diese als Vertragspartner hin. Zwar findet sich darüber hinaus auch der Stempelabdruck des Beklagten zu 2. auf dem Aufklärungsbogen. Unter Berücksichtigung von dessen Angaben, er sei der Klinikleiter der Beklagten zu 1., konnte aus der maßgebenden Sicht eines objektiven Empfängers mit dem Wissen der Klägerin hieraus jedoch nicht geschlossen werden, der Beklagte zu 2. wolle im eigenen Namen den Behandlungsvertrag schließen. Gleiches gilt für die der Klägerin mitgeteilte Kontoverbindung, auf der sie die Kosten für den Eingriff entrichtet hat. Auch wenn dieses Konto auf den Beklagten zu 2. persönlich lautete, musste die Klägerin hieraus nicht folgern, dass der Vertrag tatsächlich nicht von der Beklagten zu 1., sondern vom Beklagten zu 2. geschlossen werden sollte. Vielmehr konnte sie auch insoweit von einer Entgegennahme der Gelder durch den Beklagten zu 2. als Geschäftsführer/Klinikleiter für die Beklagte zu 1. ausgehen. Ohnehin bleibt unklar, ob die Klägerin eine entsprechende Rechnung bzw. Zahlungsaufforderung nicht ohnehin erst nach Vertragsschluss erhalten hat, sodass etwaige Anhaltspunkte für ein Eigengeschäft des Beklagten zu 2. ohne Auswirkung auf einen bereits zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. geschlossenen Behandlungsvertrag geblieben wären. Unerheblich sind aus diesem Grund ebenso der Internetauftritt der Beklagten zu 1. sowie der vom Beklagten zu 2. genutzte Briefkopf der Beklagten zu 1., etwa bei den von ihm nach den operativen Eingriffen verfassten Arztbriefen. Es ist bereits nicht ersichtlich, dass die Klägerin den Internetauftritt der Beklagten zu 1. vor Vertragsschluss zur Kenntnis genommen hat oder um die Nutzung des Briefkopfes der Beklagten zu 1. durch den Beklagten zu 2. gewusst hat. Allerdings weist der Senat darauf hin, dass der vom Beklagten zu 2. bei den Arztbriefen vom 13.08.2014 und 05.01.2015 genutzte Briefkopf allein so zu verstehen ist, dass die darin enthaltenen Erklärungen vom Beklagten zu 2. bzw. vom unterschreibenden Assistenzarzt im Namen der Beklagten zu 1. abgegeben werden, wobei der Briefkopf zugleich den Eindruck erweckt, dass der Beklagte zu 2. im damaligen Zeitpunkt Geschäftsführer der Beklagten zu 1. und nicht lediglich der Komplementärgesellschaft der Beklagten zu 1. gewesen ist. Zutreffend weist die Klägerin im Übrigen darauf hin, dass sich auch aus dem Internetauftritt der Beklagten zu 1. nicht entnehmen lässt, dass es sich lediglich um eine Belegklinik handelt, die die aufgeführten operativen Eingriffe nicht aufgrund eigener Behandlungsverträge erbringt. Ohne Auswirkung auf das Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 2. bleiben auch die von der Klägerin unterzeichneten Aufnahmeanträge im Rahmen ihrer stationären Aufnahme in der Klinik der Beklagten zu 1.. Dabei kann dahinstehen, ob die Klägerin allein aufgrund des Aufnahmeantrages darauf schließen konnte, dass seitens der Beklagten zu 1. keine eigenständigen ärztlichen Behandlungsleistungen im Rahmen der operativen Eingriffe erbracht werden sollten, denn zu diesem Zeitpunkt war der Behandlungsvertrag zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. bereits geschlossen. Ohnehin vermag der Senat nicht nachzuvollziehen, dass sich für einen juristischen Laien aus dem Umstand, dass er bei Krankenhausaufnahme lediglich einen Aufnahmeantrag unterschreibt und ihm eine private Vertragsurkunde nicht ausgehändigt wird, ergeben soll, das Krankenhaus wolle nur den im Rahmen eines gespaltenen Krankenhausaufnahmevertrages zu Stande kommenden Vertragsteil betreffend die Leistungen der Belegklinik schließen. Auch in einem solchen Fall liegt ein privatrechtlicher Vertrag vor, der in gleicher Weise formfrei geschlossen werden kann wie ein sonstiger Behandlungsvertrag, hinsichtlich dessen aber ebenso eine von beiden Seiten unterzeichnete Vertragsurkunde möglich ist. Zudem verweist der Senat darauf, dass sich aus der Formulierung des Aufnahmeantrages ebenfalls nicht eindeutig ergibt, dass ein eigenständiger Vertrag neben dem mit dem Belegarzt geschlossen Behandlungsvertrag geschlossen werden soll. So werden vom Patienten etwa Angaben zu der Bezahlung der anfallenden Behandlungskosten verlangt und es wird darauf verwiesen, dass Leistungen, die der behandelnde Belegarzt nicht selbst erbringt, von den durchführenden Ärzten bzw. Krankengymnasten selbst liquidiert werden. Eine deutliche Trennung der Vertragsverhältnisse zwischen dem Belegarzt einerseits und der Klinik ist mithin auch dem Aufnahmeantrag nicht zu entnehmen. Der zwischen der Klägerin und der Beklagte zu 1. geschlossene Behandlungsvertrag umfasst neben dem Ersteingriff vom …2014 auch die Revisionsoperation vom …2015, die im Ergebnis der ersten Operation notwendig wurde, wie von der Beklagten zu 1. ausdrücklich eingeräumt worden ist. Auch bei Annahme eines eigenständigen Vertragsschlusses hinsichtlich der Revisionsoperation, wäre der Vertrag wiederum zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. zustande gekommen. Es ist nicht ersichtlich, dass der Klägerin bei dem Gespräch am 04.11.2014, in dem die Durchführung der Revisionsoperation vereinbart worden ist, von dem Beklagten zu 2. verdeutlicht worden ist, dass dieser nicht im Namen der Beklagten zu 1., sondern im eigenen Namen handeln wollte. Vielmehr war aufgrund des Arztbriefes vom 13.08.2014 auf dem Briefkopf der Beklagten zu 1. der Eindruck verstärkt worden, die Behandlung sei bislang aufgrund eines Vertrages zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. erbracht worden. Weiterhin zeigt auch das spätere vorgerichtliche Verhalten der Klägerin, dass sie von einem Vertragsschluss mit der Beklagten zu 1. und nicht mit dem Beklagten zu 2. ausgegangen ist, denn sie hat – entgegen der Annahme der Beklagten zu 1. – vorgerichtlich allein diese durch das Schreiben vom 25.01.2016 in Anspruch genommen.

Der Wirksamkeit eines Vertragsschlusses zwischen der Klägerin und der Beklagten zu 1. steht auch nicht das Fehlen einer Vertretungsbefugnis des Beklagten zu 2. für die Beklagte zu 1. entgegen. Die Beklagte zu 1., die hinsichtlich der Befugnisse ihrer Vertreter eine erhöhte Darlegungslast trifft, hat bereits nicht dargetan, dass der Beklagte zu 2., der auch nach ihrem Vortrag zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses mit der Klägerin Geschäftsführer ihrer Komplementärgesellschaft gewesen ist, entgegen den Regelungen in § 164 HGB und § 35 GmbHG nicht berechtigt gewesen ist, sie rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Zudem greifen hinsichtlich der Vertretungsbefugnis des Beklagten zu 2. jedenfalls die Regeln einer Rechtsscheinvollmacht ein. Dabei liegt eine Duldungsvollmacht dann vor, wenn der Vertretene es wissentlich geschehen lässt, dass ein anderer für ihn wie ein Vertreter auftritt und der Geschäftsgegner dieses Dulden nach Treu und Glauben dahin versteht oder verstehen darf, dass der als Vertreter Handelnde bevollmächtigt ist (BGH WM 2011, S. 1148, NJW 2002, S. 2325; Ellenberger in Palandt, BGB, Kommentar, 80. Aufl., § 172, Rn. 8). Eine Anscheinsvollmacht ist gegeben, wenn der Vertretene das Handeln des Scheinvertreters zwar nicht kennt, es aber bei pflichtgemäßer Sorgfalt hätte erkennen und verhindern können und der andere Teil annehmen durfte, der Vertretene dulde und billige das Handeln des Vertreters (BGH WM 2011, a. a. O., NJW 2007, S. 987; Ellenberger, a. a. O., Rn. 11). Vorliegend sind bereits die Voraussetzungen einer Duldungsvollmacht erfüllt, denn selbst für den Fall, dass der Beklagte zu 2. zum Abschluss von Behandlungsverträgen nicht berechtigt gewesen ist, muss sich die Beklagte zu 1. dessen Wissen um sein Überschreitung seiner Befugnisse aufgrund seiner Stellung als Geschäftsführer und mithin als Organ der Komplementärgesellschaft der Beklagten zu 1. zurechnen lassen. Entgegen der Ansicht der Beklagten zu 1. ist es schließlich unerheblich, ob der Beklagte zu 2. mit dem Willen gehandelt hat, die Beklagte zu 1. und nicht sich selbst rechtsgeschäftlich zu verpflichten. Die Erklärungen des Beklagten zu 2. waren vielmehr aus der Sicht des Empfängers, mithin der Klägerin auszulegen. Danach durfte die Klägerin – wie dargelegt – davon ausgehen, dass die Erklärungen des Beklagten zu 2. für die Beklagte zu 1. erfolgten, der Beklagte zu 2. also als deren Vertreter handelte.

Zu Recht hat das Landgericht auch einen Behandlungsfehler des Beklagten zu 2. bei Durchführung der Revisionsoperation am …2015 im Anschluss an die überzeugenden Ausführungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. med. K… P… in ihrem Gutachten vom 13.01.2019 sowie bei dessen Erläuterungen im Termin zur mündlichen Verhandlung an 16.10.2019 bejaht. Die Sachverständige hat nachvollziehbar dargestellt, dass die Durchführung der Revisionsoperation bereits deshalb fehlerhaft gewesen ist, weil sie unzureichend geplant worden ist. Diesbezüglich hat die Sachverständige ausgeführt, dass vom Beklagten zu 2. gefertigte und einzig vorliegende Lichtbild sei für eine hinreichende Operationsplanung bereits deshalb nicht ausreichend, weil das Ausmaß der Asymmetrie, insbesondere der Abstand der Brustwarzen zum oberen Rand des Brustbeins sich dem Lichtbild nicht entnehmen lässt. Dies stellen auch die Beklagten nicht in Abrede. Ebenso legen sie nicht substantiiert dar, dass eine weitergehende Planung durch den Beklagten zu 2. in bestimmter Weise erfolgt ist. In den Behandlungsunterlagen der Beklagten finden sich entsprechende Feststellungen nicht, wobei die Sachverständige ausgeführt hat, es sei grundsätzlich erforderlich gewesen, die Maße aufzunehmen. Auch entsprechende Lichtbilder, die solche Messungen ersetzen können, befinden sich in den Unterlagen nicht. Zugleich ist gemäß 630 h Abs. 3 BGB zu vermuten, dass entsprechende hinreichende Feststellungen seitens des Beklagten zu 2. nicht getroffen worden sind. Nicht ausreichend ist insoweit der Vortrag des Beklagten zu 2., er habe weitere Lichtbilder gefertigt, die aufgrund von Computerschwierigkeiten nicht zugänglich seien. Die Behauptung des Beklagten zu 2., aufgrund der Vielzahl der gefertigten Lichtbilder sei davon auszugehen, dass die von der Sachverständigen geforderten Feststellungen hieraus abgeleitet werden könnten, genügt nicht, um die Vermutung, dass die Operationsplanung pflichtwidrig unterblieben ist, zu widerlegen, vielmehr haben die Beklagten den Beweis des Gegenteils zu erbringen, also nachzuweisen, dass hinreichende Lichtbilder tatsächlich gefertigt worden sind (vgl. Weidenkaff in Palandt, a. a. O., § 630h, Rn. 6). Überzeugend hat die Sachverständige darüber hinaus ausgeführt, dass auch die vom Beklagten zu 2. geschilderten Anzeichnungen auf dem Körper der Klägerin als Operationsplanung nicht ausreichend waren, da bereits nicht dargestellt ist, dass die Lage der Ränder des Implantates festgehalten worden ist.

Zutreffend hat das Landgericht darüber hinaus eine fehlerhafte Aufklärung der Klägerin vor der Revisionsoperation festgestellt. Ist eine ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten nicht gegeben und mithin eine wirksame Einwilligung in die Behandlung nicht erfolgt, so ist der konkrete Eingriff – also die Durchführung der Operation vom …2015 – als rechtswidrige Körperverletzung zu werten (vgl. hierzu BGH VersR 1990, S. 1010; VersR 1989, S. 253; Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Teil C, Rn. 1 f). Vor Durchführung eines Eingriffs ist der Patient über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken aufzuklären, um unter Wahrung seiner Entscheidungsfreiheit wirksam in den Eingriff einwilligen zu können. Die Aufklärung hat dem Patienten einen zutreffenden allgemeinen Eindruck von der Schwere des Eingriffs und der Art der Belastung zu vermitteln, die sich für seine körperliche Integrität und seine Lebensführung aus dem Eingriff ergeben können (Brandenburgisches OLG – 1. Zivilsenat – VersR 2000, S. 1283; Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. 5). Im Rahmen der Aufklärung ist auch das Risiko zu erörtern, inwieweit trotz fehlerfreier medizinischer Behandlung Schadensrisiken bestehen, seien es mögliche Komplikationen während des Eingriffs oder sonstige schädliche Nebenfolgen (BGH VersR 2005, S. 1238; Geiß/Greiner, a. a. O., Rn. 41; vgl. auch BGH VersR 1982, S. 147; OLG Oldenburg VersR 1986, S. 69). Nicht erforderlich ist die exakte medizinische Beschreibung der in Betracht kommenden Risiken, es genügt eine Aufklärung „im Großen und Ganzen“ über Chancen und Risiken der Behandlung (BGH VersR 2006, S. 838; Brandenburgisches OLG – 1. Zivilsenat -, a. a. O.). Zur Behandlungsaufklärung gehört ferner, dass der Arzt dem Patienten Kenntnis von Behandlungsalternativen verschafft, wenn gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden mit wesentlich unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten begründen (BGHZ 102, S. 17; NJW 2005, S. 1718; NJW 2006, S. 2477; Geiß/Greiner a. a. O., Rn. 22). Darlegungs- und beweispflichtig für eine richtige und vollständige Aufklärung ist dabei der behandelnde Arzt (BGH VersR 1992, S. 960 und S. 747).

Vorliegend steht eine hinreichende Aufklärung der Klägerin auch zur Überzeugung des Senats nicht fest. Der Senat folgt dabei den Ausführungen der Sachverständigen, dass die Klägerin vor Durchführung der Revisionsoperation darüber hätte informiert werden müssen, dass beabsichtigt war, das Brustimplantat wieder zu verwenden. Die Sachverständige hat darauf verwiesen, dass zwar die Wiederverwendung eines Implantates grundsätzlich möglich und daher auch nicht behandlungsfehlerhaft ist. Allerdings hätte die Klägerin auf die erhöhten Risiken bei der Weiterverwendung wegen der unter der Operation nur eingeschränkt gegebenen Desinfektionsmöglichkeiten hingewiesen werden müssen. Zugleich hätten die zusätzlichen Materialkosten bei der Verwendung eines neuen Implantates im Rahmen der Aufklärung angesprochen werden müssen. Der Senat folgt dieser Wertung der Sachverständigen. Die von der Sachverständigen geschilderten denkbaren Komplikationen im Hinblick auf eine Bakterienbesiedlung des Implantats und den daraus folgenden Schäden stellen erhebliche Gefahren dar, hinsichtlich derer dem Patienten die Entscheidung überlassen werden muss, ob er bereit ist, diese einzugehen, oder ob er stattdessen die erhöhten Kosten bei der Verwendung eines neuen Implantates übernehmen will. Eine entsprechende Aufklärung unter Verdeutlichung der Risiken bei der Wiederverwendung des Implantates einerseits und Angabe der zusätzlichen Kosten bei Verwendung eines neuen Implantats werden von den Beklagten nicht aufgezeigt. In keiner Weise hinreichend ist der vom Beklagten zu 2. behauptete Hinweis, dass ein Implantatswechsel erfolgen würde, soweit sich während der Operation die Notwendigkeit einer Auswechslung ergäbe. Eine Verdeutlichung der Vor- und Nachteile bei Weiterverwendung des Implantates gegenüber einem Implantatwechsel ist hiermit nicht erfolgt.

Schließlich ist ergänzend darauf zu verweisen, dass die Klägerin auch nachvollziehbar dargetan hat, dass sie bei entsprechender Aufklärung die Wiederverwendung des Implantats abgelehnt hätte, da sie aufgrund ihrer Erfahrungen als Krankenschwester auf einer Intensivstation die entsprechenden Risiken gescheut hätte.

Ohne Auswirkung auf die Entscheidung des Rechtsstreits sind die Ausführungen des Beklagten zu 2. zu seinen weiteren Angaben gegenüber der Klägerin hinsichtlich der einzuhaltenden Schonfrist von sechs Wochen.

Zutreffend hat das Landgericht den Schmerzensgeldanspruch der Klägerin mit 5.000,00 € bemessen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist in erster Linie dessen Ausgleichsfunktion zu beachten. Insoweit kommt es auf die Höhe und das Maß der Lebensbeeinträchtigung an. Maßgeblich sind Größe, Heftigkeit und Dauer der Schmerzen, Leiden, Entstellungen und psychischen Beeinträchtigungen, wobei Leiden und Schmerzen wiederum durch die Art der Primärverletzung, die Zahl und Schwere der Operationen, die Dauer der stationären und der ambulanten Heilbehandlungen, den Zeitraum der Arbeitsunfähigkeit und die Höhe des Dauerschadens bestimmt werden. Im Rahmen der Genugtuungsfunktion ist insbesondere die Schwere des Verschuldens des Schädigers in Ansatz zu bringen (BGH NJW 1955, S. 1675; NJW 1982, S. 985; VersR 1992, S. 1410; Küppersbusch/Höher, Ersatzansprüche bei Personenschaden 13. Aufl., Rn 274 ff). Einzubeziehen ist auch die absehbare künftige Entwicklung des Schadensbildes (BGH VersR 2004, S. 1334; BGHZ 18, S. 149). Weiterhin hat sich das Schmerzensgeld an Urteilen für vergleichbare Fälle zu orientieren (vgl. BGH VersR 1996, S. S. 382, VersR 1976, S. 967, VersR 1970, S. 134; Küppersbusch/Höher, a. a. O., Rn. 281). Die Zuerkennung eines Schmerzensgeldes von 5.000,00 € für eine ohne hinreichende Einwilligung vorgenommene Schönheitsoperation entspricht den in der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen zuerkannten Schmerzensgeldern (vgl. OLG Frankfurt, Urteil vom 12.05.2009, Az. 8 O 255/08; veröffentlicht in juris; OLG Koblenz NJW-RR 2005, S. 815; LG München I, Urteil vom 06.03.2002, Az. 9 O16100/94, zitiert nach Hacks/Wellner/Häcker/Offenloch, Schmerzensgeld-Beträge 2021, 39. Aufl., lfd. Nr. 2427). Auch die Beklagten wenden sich gegen die Höhe des vom Landgericht zuerkannten Schmerzensgeldes nicht.

Der Beklagte zu 2. haftet der Klägerin neben der Beklagten zu 1. wegen der von ihm durchgeführten und – wie dargelegt – rechtswidrigen Revisionsoperation vom …2015 auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i. H. v. 5.000,00 € aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 BGB, § 223 Abs. 1 StGB.

Aus den vorgenannten Gründen hat das Landgericht zudem zu Recht eine Ersatzpflicht der Beklagten als Gesamtschuldner hinsichtlich sämtlicher weiterer materieller und immaterieller Schäden der Klägerin festgestellt, die auf die Revisionsoperation vom …2015 zurückzuführen sind, soweit solche Ansprüche nicht auf Dritte, insbesondere Versicherungen oder Sozialversicherungsträger, übergegangen sind oder übergehen werden.

Ebenfalls hat das Landgericht einen aus §§ 280 Abs. 1, 253, 630 a BGB in Verbindung mit dem Behandlungsvertrag bzw. aus §§ 823 Abs. 1, Abs. 2, 253 BGB, § 223 Abs. 1 StGB folgenden Anspruch der Klägerin auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten i. H. v. 1.055,00 € ausgehend von einem Streitwert von 7.500,00 € sowie unter Ansatz von 1,8 Gebührensätzen zugesprochen.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 291, 288 Abs. 1 BGB.

Schließlich weist der Senat darauf hin, dass beabsichtigt ist, den Streitwert für das Berufungsverfahren auf 7.500,00 € festzusetzen, §§ 47 Abs. 1, 48 Abs. 1 S. 1 GKG, § 3 ZPO (Schmerzensgeldforderung: 5.000,00 €; Feststellungsanspruch: 2.500,00 €).

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