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Grober Behandlungsfehler – Kausalzusammenhang Behandlungsfehler und Gesundheitsschaden

Ein tragischer Fall beschäftigt das Oberlandesgericht Köln: Ein Patient stirbt nach einer Gallenblasen-OP an den Folgen einer Covid-19-Infektion. Die Hinterbliebenen sahen die Schuld beim Krankenhaus und klagten auf Schadensersatz, doch das Gericht wies die Klage ab – die Ärzte haben nach Ansicht des Gerichts korrekt gehandelt. Eine schwere Corona-Erkrankung versiegelte das Schicksal des Mannes, die Operation war jedoch unumgänglich.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Oberlandesgericht Köln
  • Datum: 06.11.2024
  • Aktenzeichen: 5 U 2/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren in einem Arzthaftungsprozess
  • Rechtsbereiche: Zivilrecht, Arzthaftungsrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger:
    • Angehörige des verstorbenen Patienten (namentlich nicht angegebene Hinterbliebene): Sie fordern Entschädigung und machen Behandlungsfehler geltend, einschließlich grober Versäumnisse während der Operation und mangelnder Hygiene im Krankenhaus, was zur Corona-Infektion des Patienten beigetragen haben soll.
  • Beklagte:
    • Krankenhaus, in dem der Patient behandelt wurde: Sie streitet jegliche Behandlungsfehler ab und argumentiert, dass die Behandlung des Patienten standardsgemäß erfolgte und er sich bereits vor der Aufnahme mit dem Coronavirus infiziert hatte.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Vater der Kläger wurde wegen Oberbauchbeschwerden im Krankenhaus der Beklagten behandelt und später positiv auf COVID-19 getestet. Nach einer Operation verschlechterte sich sein Zustand, was schließlich zu seinem Tod führte. Die Kläger machen Fehler in der medizinischen Behandlung und Hygienevorwürfe geltend.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage ist, ob die Behandlung durch die Beklagten fehlerhaft war und ob dies zum Tod des Patienten führte. Es besteht Uneinigkeit darüber, ob die Operation zu spät durchgeführt wurde und ob es im Krankenhaus zu Hygieneversäumnissen kam.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung der Kläger wurde zurückgewiesen.
  • Begründung: Das Gericht kam zu dem Schluss, dass kein Behandlungsfehler vorlag. Die Corona-Infektion war präexistent und nicht auf die Behandlung im Krankenhaus zurückzuführen. Die durchgeführte Operation entsprach den medizinischen Standards und war nicht kausal für den Tod des Patienten.
  • Folgen: Die Klage auf Hinterbliebenengeld wurde abgewiesen, und die Kläger tragen die Kosten des Verfahrens. Die Entscheidung ist endgültig, da die Revision nicht zugelassen wurde.

Grundlegende Sorgfaltspflichten: Patientenrechte bei Behandlungsfehlern

Medizinische Behandlungen bergen immer ein gewisses Risiko, und nicht jeder unerwünschte Behandlungsverlauf stellt automatisch einen Arztfehler dar. Von einem groben Behandlungsfehler spricht man erst, wenn ärztliches Handeln fundamental von medizinischen Standards abweicht und die Gesundheit des Patienten konkret gefährdet wird.

Patienten haben einen Rechtsanspruch auf sorgfältige medizinische Behandlung und umfassende Aufklärung. Wenn Ärzte gegen grundlegende medizinische Sorgfaltspflichten verstoßen und ein direkter Kausalzusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und einem Gesundheitsschaden besteht, können Betroffene Anspruch auf Schadensersatz und Schmerzensgeld geltend machen.

Der Fall vor Gericht


Tod nach Gallenblasen-OP: Gericht sieht keine Behandlungsfehler bei Corona-Patient

Patient im Krankenhausflur vor der Gallenblasenoperation, spricht mit einer Krankenschwester. Anzeigetafel: "OP-Vorbereitung".
Kein Behandlungsfehler bei OP | Symbolfoto: Flux gen.

Das Oberlandesgericht Köln hat die Klage von vier Hinterbliebenen auf Hinterbliebenengeld nach dem Tod eines Covid-19-Patienten abgewiesen. Die Kläger hatten der Klinik Behandlungsfehler bei einer Gallenblasenoperation vorgeworfen.

Aufnahme und Operation während Corona-Infektion

Der Patient wurde Anfang 2021 wegen Oberbauchbeschwerden stationär in die Klinik aufgenommen. Nach bildgebender Diagnostik wurde eine Gallenblasenentzündung festgestellt und die Indikation zur operativen Entfernung gestellt. Am 9. Januar 2021 wurde bei dem Patienten eine Corona-Infektion nachgewiesen. Die Gallenblasen-Operation erfolgte am 12. Januar zunächst endoskopisch, musste aber wegen einer Blutung zu einer offenen Operation umgewandelt werden.

Schwerer Krankheitsverlauf nach dem Eingriff

Nach kurzzeitiger Extubation verschlechterte sich der Zustand des Patienten. Eine ausgeprägte Covid-19-Pneumonie machte am 16. Januar eine erneute Intubation erforderlich. Ende Januar kam es zu einer zunehmenden Verschlechterung der Sauerstoffversorgung und schließlich zu einem akuten Lungenversagen. Trotz intensivmedizinischer Maximaltherapie verstarb der Patient am 17. Februar 2021.

Gerichtliche Bewertung der Behandlung

Das Gericht folgte der Einschätzung des medizinischen Sachverständigen, wonach keine Behandlungsfehler vorlagen. Die Operation sei zeitgerecht und fachgerecht durchgeführt worden. Der Tod des Patienten sei auf den schicksalhaften Verlauf der Corona-Infektion zurückzuführen – ein damals häufig beobachteter Verlauf bei nicht immunisierten Patienten mit Vorerkrankungen. Eine Verschiebung der dringlichen Gallenblasen-Operation sei wegen der Gefahr einer Perforation nicht möglich gewesen.

Die Hinterbliebenen hatten argumentiert, die Operation sei zu spät erfolgt und postoperativ seien notwendige chirurgische Maßnahmen unterlassen worden. Der Sachverständige stellte jedoch klar, dass eine frühere Operation die Überlebenschancen nicht verbessert hätte. Im Gegenteil: Die für die Operation notwendige maschinelle Beatmung habe den Verlauf der Corona-Infektion negativ beeinflusst, da Beatmungen eine bestehende Covid-Pneumonie beschleunigen könnten.

Das Gericht wies auch den Vorwurf zurück, die Corona-Infektion sei durch Hygienemängel in der Klinik verursacht worden. Aufgrund der bekannten Inkubationszeit müsse sich der Patient bereits vor der stationären Aufnahme infiziert haben.


Die Schlüsselerkenntnisse

Das Urteil verdeutlicht, dass für erfolgreiche Arzthaftungsansprüche nach einem Todesfall konkrete Behandlungsfehler nachgewiesen werden müssen. Die bloße Vermutung von Hygieneverstößen oder verspäteten Operationen reicht nicht aus. Besonders bei komplexen medizinischen Verläufen mit mehreren möglichen Komplikationsursachen (hier: COVID-19-Infektion und Gallenblasen-OP) müssen die Kläger den kausalen Zusammenhang zwischen Behandlungsfehlern und dem Todesfall schlüssig darlegen können.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Angehörige eines Verstorbenen müssen Sie bei vermuteten Behandlungsfehlern sehr konkret darlegen können, welche Fehler gemacht wurden und wie diese zum Tod geführt haben. Pauschale Vermutungen über Hygienemängel oder zeitliche Verzögerungen reichen vor Gericht nicht aus. Lassen Sie sich daher vor einer Klage unbedingt von einem spezialisierten Anwalt beraten und sammeln Sie alle verfügbaren medizinischen Unterlagen. Bei mehreren möglichen Todesursachen ist es besonders wichtig, den ursächlichen Zusammenhang zwischen Behandlung und Versterben nachweisen zu können.

Benötigen Sie Hilfe?

Verdacht auf Behandlungsfehler? Wir helfen Ihnen.

Der Verlust eines geliebten Menschen ist schwer zu verkraften. Kommt dann noch der Verdacht auf einen Behandlungsfehler hinzu, entsteht oft große Verunsicherung. Gerade in komplexen medizinischen Situationen ist es wichtig, die Rechte der Patienten und ihrer Angehörigen zu kennen.

Wir unterstützen Sie bei der Klärung Ihrer Fragen und helfen Ihnen, den Sachverhalt zu verstehen. Gemeinsam prüfen wir Ihre medizinischen Unterlagen und ermitteln mögliche Anspruchsgrundlagen. Dabei stehen wir Ihnen mit Empathie und juristischer Expertise zur Seite.

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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Welche Voraussetzungen müssen für die Feststellung eines groben Behandlungsfehlers erfüllt sein?

Ein Grober Behandlungsfehler liegt nach der aktuellen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vor, wenn zwei zentrale Voraussetzungen erfüllt sind:

Objektiver Verstoß gegen medizinische Standards

Der Arzt muss eindeutig gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verstoßen haben. Dabei wird der Facharztstandard als Maßstab herangezogen. Der Fehler muss aus objektiver medizinischer Sicht nicht mehr verständlich erscheinen und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen dürfen.

Schwere des Fehlers

Das ärztliche Fehlverhalten muss ein besonders schweres Versagen darstellen. Dies ist der Fall, wenn der Fehler:

  • Aus objektiver ärztlicher Sicht bei Anlegung des für einen Arzt geltenden Ausbildungs- und Wissensmaßstabs nicht mehr verständlich erscheint
  • Gegen das „Fettgedruckte in der Medizin“ verstößt
  • Einem Examenskandidaten nicht passieren dürfte

Beurteilung durch das Gericht

Die Einstufung als grober Behandlungsfehler ist eine juristische Wertung, die dem Gericht und nicht dem medizinischen Sachverständigen obliegt. Das Gericht stützt sich dabei auf die medizinische Bewertung des Behandlungsgeschehens durch den Sachverständigen.

Rechtliche Folgen

Bei Feststellung eines groben Behandlungsfehlers tritt eine Beweislastumkehr ein. Der Arzt muss dann beweisen, dass der Gesundheitsschaden nicht auf seinem Fehler beruht. Diese Beweislastumkehr gilt für die Primärschäden, also die unmittelbaren Folgen des Fehlers. Bei Sekundärschäden greift sie nur, wenn diese typische Folgen des Primärschadens sind.

Die Beweislastumkehr entfällt ausnahmsweise, wenn:

  • Der Kausalzusammenhang äußerst unwahrscheinlich ist
  • Sich nicht das Risiko verwirklicht hat, dessen Nichtbeachtung den Fehler als grob erscheinen lässt
  • Der Patient durch sein Verhalten wesentlich zur Schadensverursachung beigetragen hat

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Wie können Angehörige nach einem Todesfall mögliche Behandlungsfehler nachweisen?

Sicherung der Behandlungsunterlagen

Nach einem Todesfall haben Angehörige das Recht auf Einsicht in die vollständige Patientenakte des Verstorbenen gemäß § 630g BGB. Dies umfasst sämtliche Behandlungsunterlagen wie Operations- und Pflegeberichte, Laborwerte und die ärztliche Dokumentation.

Die Dokumentationspflicht der Ärzte ist gesetzlich vorgeschrieben. Verweigert ein Arzt die Herausgabe der Behandlungsdokumentation, wird dies zu seinen Lasten ausgelegt.

Beweissicherung und Dokumentation

Für den Nachweis eines Behandlungsfehlers ist es wichtig, folgende Unterlagen zusammenzustellen:

  • Ein detailliertes Gedächtnisprotokoll des Behandlungsverlaufs
  • Krankenunterlagen aller beteiligten Ärzte und Krankenhäuser
  • Namen und Anschriften der behandelnden Ärzte sowie möglicher Zeugen

Unterstützung durch die Krankenkasse

Die Krankenkassen sind gesetzlich verpflichtet, ihre Versicherten bei der Aufklärung von Behandlungsfehlern zu unterstützen. Der Medizinische Dienst erstellt im Auftrag der Krankenkasse kostenlose Gutachten zur Beurteilung möglicher Behandlungsfehler.

Beweislast und Beweiserleichterungen

Grundsätzlich müssen Angehörige drei Punkte nachweisen:

  • Das Vorliegen eines Behandlungsfehlers
  • Den eingetretenen Gesundheitsschaden
  • Den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden

Bei groben Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast um. Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn elementare Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse verletzt wurden. In diesem Fall muss der Arzt beweisen, dass der Fehler nicht zum Tod geführt hat.

Die Gutachterkommissionen und Schlichtungsstellen der Ärztekammern können ebenfalls zur Klärung beitragen, ob ein Behandlungsfehler vorlag. Diese Verfahren sind ähnlich einem Gerichtsverfahren aufgebaut und beziehen unabhängige medizinische Gutachter ein.


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Welche Rolle spielt die Dokumentationspflicht des Krankenhauses bei Behandlungsfehlern?

Die Dokumentationspflicht des Krankenhauses ist eine gesetzlich verankerte Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag und seit dem Patientenrechtegesetz 2013 im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) festgeschrieben.

Umfang der Dokumentationspflicht

Das Krankenhaus muss sämtliche aus fachlicher Sicht wesentlichen Maßnahmen und deren Ergebnisse dokumentieren. Dazu gehören insbesondere:

  • Anamnese und Diagnosen
  • Untersuchungen und deren Ergebnisse
  • Therapien und deren Wirkungen
  • Eingriffe und deren Wirkungen
  • Einwilligungen und Aufklärungen

Die Dokumentation muss in unmittelbarem zeitlichen Zusammenhang mit der Behandlung erfolgen. Nachträgliche Änderungen müssen als solche erkennbar sein.

Bedeutung bei Behandlungsfehlern

Eine lückenhafte oder fehlende Dokumentation führt zu wichtigen Beweiserleichterungen für den Patienten. Wenn eine dokumentationspflichtige Maßnahme nicht aufgezeichnet wurde, wird vermutet, dass diese Maßnahme nicht stattgefunden hat.

Die mangelhafte Dokumentation allein begründet jedoch noch keinen Schadenersatzanspruch. Der Patient muss weiterhin die Ursächlichkeit zwischen dem vermuteten Behandlungsfehler und seinem Gesundheitsschaden nachweisen.

Einsichtsrecht in die Dokumentation

Sie haben als Patient das Recht auf unverzügliche und vollständige Einsicht in Ihre Patientenakte. Das Krankenhaus darf die Einsicht nur verweigern, wenn erhebliche therapeutische Gründe oder Rechte Dritter entgegenstehen.

Im Falle Ihres Todes können Ihre Erben zur Wahrnehmung vermögensrechtlicher Interessen und Ihre nächsten Angehörigen zur Geltendmachung immaterieller Interessen Einsicht verlangen. Dies gilt nicht, wenn Sie zu Lebzeiten der Einsichtnahme widersprochen haben.

Die Dokumentationspflicht dient nicht nur der Therapiesicherung, sondern auch der Beweissicherung bei späteren Rechtsstreitigkeiten. Bei einem Behandlungsfehlervorwurf kann eine mangelhafte Dokumentation zu einer Beweislastumkehr führen – das bedeutet, nicht Sie als Patient, sondern das Krankenhaus muss dann beweisen, dass kein Fehler vorlag.


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Welche Ansprüche haben Hinterbliebene nach einem tödlichen Behandlungsfehler?

Nach einem tödlichen Behandlungsfehler stehen den Hinterbliebenen mehrere Anspruchsarten zu.

Ererbte Ansprüche des Verstorbenen

Die Schmerzensgeldansprüche des Verstorbenen gehen auf die Erben über. Diese können geltend gemacht werden, wenn der Patient nach dem Behandlungsfehler noch eine Zeit lang gelebt und Schmerzen erlitten hat. Tritt der Tod dagegen sofort ein oder war der Patient bewusstlos, besteht kein vererbbarer Schmerzensgeldanspruch.

Eigene Ansprüche der Hinterbliebenen

Hinterbliebenengeld steht nahen Angehörigen für ihr seelisches Leid zu. Ein besonderes Näheverhältnis wird bei Ehegatten, Lebenspartnern, Eltern und Kindern des Getöteten gesetzlich vermutet. Diese Regelung gilt für Todesfälle seit dem 22.07.2017.

Beerdigungskosten müssen vom Schädiger ersetzt werden. Die Höhe richtet sich nach den Kosten einer standesgemäßen Beerdigung.

Weitere Schadensersatzansprüche

Bei einem Schockschaden können Hinterbliebene eigenes Schmerzensgeld fordern, wenn die Trauer zu einer eigenen Gesundheitsverletzung wie Depression oder Trauma führt. Der krankhafte Zustand muss nachgewiesen werden.

Unterhaltsansprüche können geltend gemacht werden, wenn der Verstorbene Unterhaltsverpflichtungen hatte, etwa gegenüber Kindern oder Ehepartnern.

Beweislast und Verjährung

Bei einem groben Behandlungsfehler wird die Beweislast umgekehrt – der Arzt muss dann nachweisen, dass der Tod nicht auf seinem Fehler beruht.

Die Verjährungsfrist für Schadensersatzansprüche beträgt drei Jahre ab Kenntnis des Schadens und der Person des Schädigers. Durch einen Feststellungsantrag beim Gericht kann die Frist für zukünftige Schäden auf 30 Jahre verlängert werden.


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Wann ist eine medizinische Operation trotz bekannter Risiken rechtlich geboten?

Eine medizinische Operation ist rechtlich geboten, wenn eine medizinische Notwendigkeit vorliegt und die Behandlung dem anerkannten medizinischen Standard entspricht. Die medizinische Notwendigkeit setzt zwei Faktoren voraus: Eine behandlungsbedürftige Erkrankung und eine geeignete Maßnahme zur Heilung oder Linderung.

Voraussetzungen für die rechtliche Zulässigkeit

Der behandelnde Arzt muss vor der Operation eine Nutzen-Risiko-Abwägung vornehmen. Die Operation ist dann rechtlich geboten, wenn die zu erwartenden Vorteile die möglichen Risiken deutlich überwiegen. Dabei müssen die diagnostischen Maßnahmen objektiv geeignet sein, die Krankheit zu erkennen und Behandlungsmöglichkeiten aufzuzeigen.

Aufklärungspflicht und Einwilligung

Auch bei medizinisch notwendigen Operationen muss der Arzt den Patienten umfassend über sämtliche wesentliche Umstände aufklären. Dies umfasst:

  • Art und Umfang des Eingriffs
  • Zu erwartende Folgen und Risiken
  • Erfolgsaussichten
  • Mögliche Behandlungsalternativen

Ausnahmen von der Aufklärungspflicht

In Notfallsituationen kann eine Operation auch ohne vorherige Aufklärung und Einwilligung durchgeführt werden. Dies gilt, wenn:

Der Eingriff unaufschiebbar ist Eine Aufklärung zeitlich nicht möglich ist Die Maßnahme zur Abwendung lebensbedrohlicher Zustände erforderlich ist

Ein Unterlassen der medizinisch gebotenen Operation kann als grober Behandlungsfehler gewertet werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn trotz eindeutiger Diagnose und klarer Indikation eine notwendige Operation nicht durchgeführt wird.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Grober Behandlungsfehler

Ein schwerwiegender Verstoß gegen anerkannte medizinische Standards, bei dem Ärzte elementare Behandlungsregeln missachten. Im Unterschied zu einem einfachen Behandlungsfehler muss das ärztliche Handeln aus objektiver Sicht unverständlich erscheinen, weil es gegen grundlegende und allgemein bekannte Behandlungsregeln verstößt. Gemäß § 630h BGB führt ein grober Behandlungsfehler zur Beweislastumkehr – der Arzt muss dann beweisen, dass der Schaden nicht durch seinen Fehler entstanden ist. Beispiel: Ein Chirurg vergisst nach einer Operation ein Instrument im Körper des Patienten.


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Kausalzusammenhang

Die nachweisbare ursächliche Verbindung zwischen einer Handlung und einem eingetretenen Schaden. Im Arzthaftungsrecht muss der Patient grundsätzlich beweisen, dass der Behandlungsfehler tatsächlich zu seinem Gesundheitsschaden geführt hat. Nach §§ 823, 249 BGB ist dieser Nachweis Voraussetzung für Schadensersatzansprüche. Beispiel: Eine falsche Medikamentendosis führt nachweislich zu einer Organschädigung.


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Sorgfaltspflicht

Die rechtliche Verpflichtung von Ärzten, bei der Behandlung nach den anerkannten fachlichen Standards und mit der erforderlichen Sorgfalt vorzugehen. Diese Pflicht ergibt sich aus dem Behandlungsvertrag (§ 630a BGB) und dem Berufsrecht. Sie umfasst die Diagnose, Therapie, Aufklärung und Dokumentation. Verstöße können zu Schadensersatzansprüchen führen. Beispiel: Ein Arzt muss vor einer Operation über wesentliche Risiken aufklären.


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Hinterbliebenengeld

Ein finanzieller Ausgleich für den seelischen Schmerz naher Angehöriger beim Tod eines Menschen durch ein haftungsbegründendes Ereignis. Dieser Anspruch wurde 2017 in § 844 Abs. 3 BGB eingeführt. Anders als beim klassischen Schmerzensgeld geht es hier um die Entschädigung der Hinterbliebenen für ihren immateriellen Schaden. Beispiel: Ehepartner erhalten Hinterbliebenengeld nach einem tödlichen Behandlungsfehler.


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Pneumonie

Eine akute oder chronische Entzündung des Lungengewebes, die durch Viren, Bakterien oder andere Erreger verursacht wird. Im medizinrechtlichen Kontext ist die korrekte Diagnose und Behandlung einer Pneumonie Teil der ärztlichen Sorgfaltspflicht nach § 630a BGB. Bei COVID-19 kann eine schwere Pneumonie zu akutem Lungenversagen führen. Beispiel: Eine nicht erkannte Lungenentzündung entwickelt sich zu einer lebensbedrohlichen Situation.


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Intensivmedizinische Maximaltherapie

Die umfassendste Form der medizinischen Behandlung mit allen verfügbaren technischen und personellen Ressourcen zur Lebenserhaltung. Dies umfasst u.a. künstliche Beatmung, Kreislaufunterstützung und kontinuierliche Überwachung. Die Entscheidung für oder gegen eine Maximaltherapie muss nach § 630d BGB mit Einwilligung des Patienten oder seines Vertreters erfolgen. Beispiel: Einsatz von ECMO-Therapie bei schwerem COVID-19-Verlauf.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 823 Abs. 1 BGB: Dieser Paragraph regelt die allgemeine Schadenersatzpflicht. Er besagt, dass jemand, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet ist. Im vorliegenden Fall könnten Behandlungsfehler im Krankenhaus, die zum Tod des Patienten geführt haben, eine Grundlage für Schadensersatzansprüche der Kläger darstellen.
  • § 630f BGB: Dieser Paragraph beschreibt die Aufklärungs- und Informationspflichten des Arztes gegenüber dem Patienten. Der Arzt muss den Patienten umfassend über geplante Eingriffe, deren Risiken und Alternativen informieren. Die Kläger rügen, dass der Patient nicht ordnungsgemäß über die Risiken der endoskopischen Gallenblasenoperation aufgeklärt wurde, was eine Verletzung dieser Pflicht darstellen könnte.
  • § 630i BGB: Dieser Paragraph regelt die Schriftformerfordernis der Einwilligung des Patienten. Eine ordnungsgemäße Dokumentation der Aufklärung und Einwilligung ist unerlässlich. Die Kläger behaupten, dass die erforderliche schriftliche Aufklärung über die Risiken der Operation nicht ordnungsgemäß erfolgt sei, was die Wirksamkeit der Einwilligung in Frage stellt.
  • Infektionsschutzgesetz (IfSG) §§ 23-30: Das IfSG enthält Bestimmungen zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten sowie zu Hygienevorschriften in medizinischen Einrichtungen. Die Kläger machen geltend, dass gegen Hygienevorschriften verstoßen wurde, was zur Infektion des Patienten mit dem Coronavirus und weiteren Keimen geführt haben könnte.
  • Sozialgesetzbuch V § 46: Dieser Paragraph regelt die Ansprüche auf Hinterbliebenenrente und finanzielle Unterstützung für die Hinterbliebenen eines verstorbenen gesetzlich versicherten Mitglieds. Die Kläger fordern Hinterbliebenengelder, um die finanziellen Folgen des Todes des Patienten abzufangen, und stützen ihre Ansprüche auf die entsprechenden Bestimmungen des SGB V.

Das vorliegende Urteil


OLG Köln – Az.: 5 U 2/24 – Urteil vom 06.11.2024


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