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Gutachten Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen

Verwertung im Gerichtsprozess

LG Cottbus – Az.: 3 O 335/14 – Urteil vom 19.10.2016

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.

3. Das Urteil ist für die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils beizutreibenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger nimmt die Beklagten auf Zahlung von Schmerzensgeld und Erstattung materieller Schäden wegen angenommener ärztlicher Behandlungsfehler während einer stationären Behandlung in der Klinik der Beklagten zu 1. in der Zeit vom 09.02.2010 bis 12.02.2010 in Anspruch.

Dem Rechtsstreit liegt folgender Sachverhalt zu Grunde:

Am 09.02.2010 suchte der Kläger auf Grund von seit dem 08.02.2010 vorhanden gewesenen Schmerzen im linken Kniegelenk verbunden mit einer deutlichen Bewegungseinschränkung und nach nächtlichem Schüttelfrost die Notaufnahme der Beklagten zu 1. auf. Dort diagnostizierte man nach der Eingangsuntersuchung eine akute Schleimbeutelentzündung (Bursitis infrapatellaris) bei laborchemisch nachgewiesenen deutlich erhöhten Entzündungswerten. Noch am selben Tag wurde – weil man den genauen Erreger noch nicht kannte – eine Antibiose mit einem Breitspektrumantibiotikum (Avalox) begonnen und der Schleimbeutel operativ entfernt. Anschließend wurden eine antibiotikahaltige Kette sowie eine Drainage eingelegt und die Wunde verschlossen. Postoperativ wurde, nachdem der Infektionserreger per Abstrich mittlerweile bestimmt worden war (Streptokokken), die Antibiose gezielt auf Penicillin umgestellt.

Laut der Pflegedokumentation bei der Beklagten zu 1. war der anschließende weitere Heilungsverlauf unauffällig (in der Pflegedokumentation wurde am 10.02.2010 dokumentiert, dass der Patient beschwerdefrei sei).

Am 12.02.2010 wurden bei – dokumentiert – reizlosen Wundverhältnissen und einem lokal danach deutlich gebessertem Befund die eingebrachte Antibiotikakette sowie die eingelegte Drainage entfernt. Der Beklagte zu 2., der schließlich die Abschlussuntersuchung beim Kläger durchführte, ordnete am selben Tag die Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung an. Im Entlassungsbrief wurden weitere klinische Kontrollen, insbesondere Wundkontrollen, und die Fortführung der Antibiose mit Penicillin empfohlen.

Nur einen Tag später, nämlich am 13.02.2010, begab sich der Kläger wegen Beschwerden in die ……..-Kliniken ……….. GmbH, wo er am selben Tag abermals stationär aufgenommen wurde, nachdem in der dortigen Eingangsuntersuchung eine deutliche Rötung und Schwellung im Bereich des linken Unterschenkels im Sinne einer Phlegmone sowie paraklinisch deutlich erhöhte Entzündungszeichen festgestellt worden waren.

Noch am 13.02.2010 erfolgte eine sofortige chirurgische Sanierung bei anschließender zunächst postoperativer offener Wundbehandlung nebst antibiotischer Therapie. Nach weiterem Wundmanagement und Anlegung eines Vakuumverbandes wurde wegen Rückganges der Entzündungszeichen am 15.02.2010 die Wunde verschlossen. Nach unkompliziertem weiteren Heilungsverlauf wurde der Kläger am 23.02.2010 aus der …….. Klinik entlassen (vgl. insoweit den vom Kläger als Anlage K 1 mit der Klageschrift vom 09.12.2014 zur Gerichtsakte gereichten Bericht der …….. Kliniken …………… vom 23.02.2010, Bl. 19 – 20 d.A.).

Der Kläger hält die Behandlungen der Beklagten im Zeitraum vom 09.02. bis zum 12.02.2010 für fehlerhaft.

Hierzu behauptet er, dass er, der Kläger, nicht nur nach der Operation am 10.02.2010 unter starken Schmerzen im linken Bein gelitten habe, sondern dass diese sowie die Rötungen und Schwellungen am Bein auch anschließend nicht bis zur Abschlussuntersuchung am 12.02.2010 zurückgegangen seien. Auch zu diesem Zeitpunkt sei der Unterschenkel noch gerötet und erheblich angeschwollen gewesen und habe er, der Kläger, im Bereich des rechten Knöchels ein Taubheitsgefühl verspürt. Dies sei auch im Rahmen der Abschlussuntersuchung dem Beklagten zu 2. mitgeteilt worden, was dieser jedoch damit abgetan habe, dass es sich insoweit um „einen normalen Vorgang“, da nur um Wundschmerzen, handeln würde und es daher genüge, wenn der Kläger sich am 15.02.2010 bei seinem Hausarzt zur ambulanten Nachbehandlung vorstelle.

Das sei aber – so der Kläger – ungenügend gewesen. Schon nach den am 12.02.2010 vorliegenden Laborbefunden, bei denen „massenhaft Streptokokken“ festgestellt worden seien, habe Anlass zu weiteren Befunderhebungen und Einleitung weiterer erforderlicher Medikationen bestanden. Bei diesen Ergebnissen hätte er, der Kläger, am 12.02.2010 auch nicht entlassen werden dürfen. Wären die Beklagten insoweit angemessen vorgegangen, wären die operativen Folgemaßnahmen in der …….. Kliniken ……………nicht erforderlich gewesen, sondern mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit vermieden worden. Als fehlerhaft sei auch zu kritisieren, dass er, der Kläger, „blutig“ entlassen worden sei, also trotz eben noch nicht abgeschlossener komplizierter Wundheilung. Den Beklagten sei weiter vorzuwerfen, dass trotz bekannt gewesener Penicillinallergie des Klägers ein Penicillinpräparat verabreicht worden sei. Ebenso habe nach der operativen Wunderstversorgung am 09.02.2010 noch kein definitiver Wundverschluss, wie geschehen, mittels besonders fest schließender „Donati-(Rück-)Stichnähte“ erfolgen dürfen, weil hierdurch erst der dadurch eingetretene Wundsekretverhalt die sich anschließende Wundinfektion (Phlegmone) regelrecht provoziert worden sei.

Der Kläger geht in der Summe der vorgeworfenen Behandlungsfehler insgesamt von einer grob fehlerhaften Behandlung durch die Beklagten aus und hält diese daher für verpflichtet, ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen (wobei ein solches von 10.000,00 Euro für im Mindesten angemessen gehalten wird) und die Kosten zu erstatten, die dem Kläger durch die anschließende Aufnahme und Behandlung im …….. Klinikum entstanden sind (vgl. dazu Anlage K 6 zur Klage vom 09.12.2014, Bl. 35 – 37 d.A.).

Des Weiteren begehrt er die Verurteilung der Beklagten zur Erstattung vorgerichtlich angefallener Rechtsanwaltskosten und die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn ein in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld nebst Zinsen in Höhe von 5 %Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2012 sowie 649,74 Euro vorgerichtlich entstandene Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen, sowie

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an ihn 123,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.02.2012 zu zahlen und

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche weiteren materiellen und immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihm infolge der stationären Behandlung vom 09.02.2010 bis 12.02.2010 durch die Beklagten entstehen, soweit Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten treten dem Vorwurf, den Kläger ärztlich fehlerhaft behandelt zu haben, entgegen. Sie halten die gesamte Behandlung unter Berücksichtigung der jeweils konkreten Situationen, insbesondere auch bei dem postoperativen konkreten Heilungsverlauf entsprechend dem Inhalt der Dokumentationen für jederzeit sach- und fachgerecht. Folglich sei ihnen, den Beklagten, auch nicht mit Erfolg vorzuwerfen, dass sie den Kläger am 12.02.2010 in die ambulante Nachbehandlung entlassen hätten. Sie bestreiten einen kausalen Zusammenhang zwischen der Entlassung des Klägers aus der stationären Behandlung am 12.02.2010 und der weiteren Behandlung des Klägers im …….. Klinikum. Der Verlauf sei insgesamt schicksalhaft und nicht vorhersehbar gewesen.

Der Kläger hätte auch dann die anschließend im …….. Klinikum durchgeführten Folgemaßnahmen hinnehmen müssen, wenn er nicht am 12.02.2010 entlassen worden wäre.

Vorprozessual wurde zwischen den Parteien ein Schlichtungsverfahren bei der Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen der Norddeutschen Ärztekammern durchgeführt.

In diesem Verfahren erstellte der damit beauftragte Unfallchirurg und Orthopäde Dr. med. ……… mit Datum vom 11.02.2013 ein schriftliches fachchirurgisch/orthopädisches Gutachten, auf dessen Inhalt verwiesen wird (Anlage K 4 zur Klage vom 09.12.2014, Bl. 26 – 32 d.A.).

Im Ergebnis verneint der Schlichtungs-Gutachter sowohl einen ärztlichen Behandlungsfehler der Beklagten als auch eine Kausalität zwischen der Behandlung in der Klinik der Beklagten zu 1. und den weiteren operativen Folgemaßnahmen in dem …….. Klinikum ab dem 13.02.2010.

Gegen dieses Gutachten erhob der Kläger innerhalb des Schlichtungsverfahrens über seinen Prozessbevollmächtigten mit Schreiben vom 02.05.2013 Einwendungen, auf die inhaltlich verwiesen wird (Anlage K 5 zur Klage vom 09.12.2014, Bl. 33 – 34 d.A.).

Diese wies schließlich die Schlichtungsstelle mit Schreiben vom 13.06.2013 (vgl. Anlage zum Schriftsatz der Beklagten vom 03.06.2016, Bl. 97 – 101 d.A.) zurück.

Der Kläger meint, das Schlichtungsgutachten sowie das abschließende Schreiben der Schlichtungsstelle könnten vorliegend nicht als Urkunde verwertet werden, weil das Gutachten nicht alle Fragen beantworte und das Schreiben der Schlichtungsstelle keinen gutachterlichen Charakter aufweise.

Folglich müsse das Gericht zur Klärung erst ein eigenes Sachverständigengutachten einholen.

Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf das übrige schriftsätzliche Vorbringen der Parteien und den von ihnen im Übrigen noch zur Gerichtsakte gereichten Anlagen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

Dabei geht die Kammer insgesamt von der Zulässigkeit der Klage aus.

Insbesondere ergibt sich nach Auffassung der Kammer aus dem für die Beurteilung der Zulässigkeit des gestellten Feststellungsantrages allein maßgeblichem Sachvortrag des Klägers das nach § 256 Abs. 1 erforderliche Feststellungsinteresse, weil nach den Darlegungen des Klägers insoweit derzeit noch nicht absehbare Spätfolgen, wie z.B. erneut auftretende massive Entzündungsvorgänge im Knie, möglich sein sollen, beruhend dabei auf der als fehlerhaft angenommenen Behandlung der Beklagten in der Zeit vom 09.02. bis zum 12.02.2010, was – die Richtigkeit des Klagevorbringens unterstellt – weitere künftige immaterielle Ansprüche, wie auch materielle Ansprüche (z.B. in Form von dadurch bedingten weiteren Zuzahlungen zu notwendig werdenden weiteren medizinischen Behandlungen) denkbar erscheinen lassen, was zur Begründung eines Feststellungsinteresses genügt.

In der Sache selbst bleibt die Klage aber erfolglos.

Dem Kläger stehen gegen die Beklagten Schmerzensgeld- bzw. materielle Schadensersatzansprüche – wie geltend gemacht – gegen die Beklagten aus §§ 280 Abs. 1, 278, 249, 253 Abs. 2, 611 BGB bzw. – inhaltsgleich – aus §§ 823 Abs. 1, 831 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2 BGB – als den hier in Betracht kommenden Anspruchsgrundlagen – nicht zu, weil die Kammer nach Heranziehung und Verwertung des Schlichtungsgutachtens wie auch der abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle als Urkunden einen ärztlichen Behandlungsfehler der Beklagten, der zudem auch kausal für vom Kläger vorgetragene Nachteile geworden wäre, nicht für nachgewiesen hält.

Im Einzelnen:

Der Kläger hat nicht den Beweis erbracht, dass dem Beklagten zu 2. und den weiteren Mitarbeitern der Beklagten zu 1. im Zusammenhang mit der Behandlung des Klägers in der Zeit vom 09.02.2010 bis 12.02.2010 vorwerfbare ärztliche Behandlungsfehler unterlaufen sind, die zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen beim Kläger geführt haben.

Zu diesem Ergebnis gelangt die Kammer jedenfalls in Auswertung und Würdigung des Schlichtungsgutachtens von ……….. vom 11.02.2013 und der abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle vom 13.06.2013, durch die in ihrer Gesamtheit inhaltlich plausibel alle maßgebenden Fragen hinreichend und überzeugend beantwortet werden, so dass die Kammer die vorbezeichneten gutachterlichen und in einem formell ordnungsgemäßen Schlichtungsverfahren getroffenen Feststellungen heranzieht und als Urkunde verwertet.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. z. B. BGH NJW 1987, 2300, Rn 9, zitiert nach Juris) kann der Tatrichter von der Einholung eines zusätzlichen gerichtlichen Sachverständigengutachtens absehen, wenn ihm ein früher erstattetes Gutachten über die Beweisfrage vorliegt, wie eben unter Umständen ein medizinisches Sachverständigengutachten in einem Schlichtungsverfahren, welches alle maßgebenden Fragen umfassend und überzeugend beantwortet.

Gutachten Schlichtungsstelle für Arzthaftpflichtfragen
(Symbolfoto: Santyaga/Shutterstock.com)

Dabei können nach Ansicht der Kammer und damit wohl entgegen der Auffassung des Klägers, der insbesondere der abschließenden schriftlichen Stellungnahme der Schlichtungsstelle den „gutachterlichen Charakter“ abspricht, sämtliche auf Veranlassung der Schlichtungsstelle eingeholte oder selbst abgegebene medizinische Stellungnahmen einheitlich als Urkunde verwertet werden, wenn sie von entsprechend medizinisch ausgebildeten Ärzten stammen, die in einem neutralen Verhältnis gegenüber sämtlichen am Schlichtungsverfahren beteiligten Parteien stehen, sofern diese Stellungnahmen gerade auch der medizinisch-fachlichen Beantwortung und Klärung von im konkreten Schlichtungsverfahren maßgebenden Fragen dienen sollten. Insoweit macht es keinen Unterschied, ob der bestellte Schlichtungsgutachter nochmals auf Einwände und Nachfragen der am Schlichtungsverfahren beteiligten Parteien sachverständig erwidert oder – statt seiner – die Schlichtungsstelle selbst, wenn und soweit an der Stellungnahme der Schlichtungsstelle auch Personen mitwirken, die kraft ihrer Ausbildung über hinreichende medizinische Fachkenntnisse verfügen, um – wie der Schlichtungsgutachter selbst – sach- und fachgerecht sowie kompetent zu den Einwendungen und Fragen der Parteien Stellung beziehen zu können, da sämtliche sachverständige Angaben durch neutrale Dritte in einem Schlichtungsverfahren als eine einheitliche medizinische Bewertung verstanden werden müssen, bei der die zeitlich spätere Stellungnahme die vorhergehende lediglich ergänzt und keine eigene, vom vorhergehenden Gutachten losgelöste, weitere gutachterliche Stellungnahme darstellen soll.

Nur wenn aber Gründe vorgetragen werden oder ersichtlich sind, die gegen die Verwertbarkeit des vorgerichtlich erstatteten Gesamtgutachtens als Urkunde sprechen, wie z.B. eine nicht hinreichende Sachkunde des Schlichtungsgutachters (bzw. nach hier vertretener Auffassung: und/oder des an einer ergänzenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle mitwirkenden Arztes) oder eine unvollständige oder gar falsche Tatsachengrundlage für die Gutachtenerstellung bzw. wenn das Gutachten aus sich selbst heraus lückenhaft und widersprüchlich bzw. nicht nachvollziehbar erscheint, schließlich auch bei Nichtbeantwortung aller maßgebenden Fragen (vgl. dazu auch BGH MDR 2008, 915, Rn. 6 – zitiert nach Juris – m.w.N.), ist zwingend von einer Verwertung des Schlichtungsgutachtens als Urkunde abzusehen und stattdessen ein „weiteres“, nunmehr erstmals gerichtliches Sachverständigengutachten einzuholen.

Vorliegend sind aber keine Anhaltspunkte, die gegen die Heranziehung und Verwertung des Schlichtungsgutachtens inklusive der darauf aufbauenden ergänzenden abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle als Urkunde sprechen könnten, vom Kläger dargetan oder anderweitig ersichtlich geworden:

Der Kläger meint, das im Schlichtungsverfahren erstellte Gutachten beantworte nicht alle Fragen. Der Kläger berücksichtigt aber zu Unrecht nur das Gutachten des im Schlichtungsverfahren als solchen bestellt gewesenen Sachverständigen. Der Kläger übersieht, dass die abschließende Stellungnahme der Schlichtungsstelle Teil des gesamten im Schlichtungsverfahren erstellten Gutachtens ist.

Es gibt nämlich keinen Hinweis darauf, dass der mit der Erstellung des Schlichtungsgutachtens beauftragt gewesene ……….. wesentliche Fragen nach der Auswertung der vollständigen Patientenunterlagen erkennbar offengelassen hat, obwohl nach den jeweiligen gutachterlichen Feststellungen ersichtlich Anlass bestanden hätte, auf diese Punkte näher einzugehen. Aus dem Inhalt des Gutachtens selbst ergeben sich jedenfalls derartige Anhaltspunkte nicht. Dass der Schlichtungssachverständige sich nicht zu einer Grobheit von Behandlungsfehlern geäußert hat, ist kein Indiz für eine Lückenhaftigkeit des Gutachtens, sondern plausibel, wenn nach den Feststellungen des Schlichtungsgutachters sich aus den Behandlungsunterlagen kein Behandlungsfehler der Beklagten ergibt.

Dass der Schlichtungsgutachter darüber hinaus auch nicht ausdrücklich auf die vom Kläger angesprochene Penicillinallergie eingegangen ist, ist ebenfalls unerheblich, weil sich aus dem vom Kläger angesprochenen Umstand kein Hinweis auf eine kausal gewordene gesundheitliche Beeinträchtigung beim Kläger ergibt (eine derartige allein hierauf beruhende besondere nachteilige konkrete Folge für den Kläger wird von diesem selbst nicht vorgetragen, weder im Schlichtungsverfahren noch im hiesigen gerichtlichen Verfahren).

Dass die Verabreichung von Penicillin dagegen irgendeinen Einfluss auf die spätere weitere operative Behandlung des Klägers im …….. Klinikum gehabt haben könnte, ist dagegen mit dem Schlichtungsgutachter wie auch der Schlichtungsstelle sogar auszuschließen, da hiernach weder die spätere Gabe von Penicillin (wie alles andere auch) noch eine unterstellte Nichtgabe von Penicillin die weitere Behandlung im …….. Klinikum entbehrlich gemacht hätte. Folglich verhält sich das Gesamtgutachten daher auch zu dieser Frage abschließend.

Dass – wie der Kläger im Prozess vorträgt – die Abschlussuntersuchung des Klägers durch den Beklagten zu 2. mit etwaigen hierbei noch erhobenen Befunden in den Patientenunterlagen nicht dokumentiert worden seien, ließe sich zudem auch nicht näher in einem gerichtlich in Auftrag gegebenen Sachverständigengutachten klären. Abgesehen davon argumentieren der Schlichtungsgutachter wie auch die Schlichtungsstelle durchaus mit während der Behandlung dokumentierten labortechnischen Befunden, auch was die die Entzündung verursachenden Erreger betrifft, und leiten daraus klare Schlussfolgerungen im Hinblick auf das Vorliegen oder Nichtvorliegen einer Kausalität ab. Die Frage der Kausalität wäre erkennbar nicht anders zu beurteilen, wenn der Beklagte zu 2. die an dem Tag der Entlassung am 12.02.2010 bekannt gewesenen oder die am 13.02.2010 in der ……..-Klinik erhobenen und dokumentierten Laborparameter als Befundungsergebnisse im Rahmen der Abschlussbesprechung bereits als festgestellt dokumentiert hätte. Soweit der Kläger möglicherweise rügen will, dass der Beklagte zu 2. etwaige noch selbst im Rahmen der Abschlussbesprechung erhobenen Befunde nicht dokumentarisch festgehalten habe, würde dies im übrigen auch nur dazu führen, dass infolge der fehlenden Dokumentation eben von der Nichterhebung entsprechender Befunde auszugehen wäre. Es steht im Ergebnis also nichts fest, wozu auf der Grundlage der im Schlichtungsverfahren getroffenen medizinischen Feststellungen und Ergebnisse noch gesondert hätte weiter Stellung genommen werden müssen, weil diese Frage hier konkret am kausalen Verlauf nichts geändert hätte.

Da auch im Übrigen entweder im Schlichtungsgutachten oder in der abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle auf alle sonstigen Punkte eingegangen worden ist, die der Kläger als Beleg für Behandlungsfehler und kausale Ursache im Prozess anführt, stellt sich aus Sicht der erkennenden Kammer insgesamt die Gesamtbegutachtung im Schlichtungsverfahren als vollständig dar, weshalb die Einbeziehung und Verwertung der gutachterlichen Stellungnahmen im Schlichtungsverfahren als Urkunde möglich und sachgerecht ist, zumal die gutachterlichen Stellungnahmen in ihrer Gesamtheit inhaltlich getragen sind von plausiblen, nachvollziehbaren und überzeugenden Auswertungen der Unterlagen.

Nach dem Inhalt des Schlichtungsgutachtens i.V.m. der abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle ergeben sich aus den Unterlagen zum einen bereits keine hinreichenden Nachweise auf das Vorliegen von ärztlichen Behandlungsfehlern; selbst wenn man an der einen oder anderen Stelle doch einen Behandlungsfehler als gegeben annehmen wollte, fehlt jedenfalls die Kausalität für bei dem Kläger im Anschluss an die Behandlung bei der Beklagten zu 1 aufgetretene nachteilige gesundheitliche Folgen.

Im Zusammenhang mit der operativen Ausräumung des Schleimbeutels am 09.02.2010 sind – wie der Schlichtungsgutachter nach Auswertung der vollständigen Patientenunterlagen feststellen konnte – sämtliche erforderlichen Befunde erhoben worden. Die Operation selbst war indiziert und wurde fachgerecht durchgeführt. Dass die Wunderstversorgung mittels Naht verschlossen wurde, ist – entgegen der Annahme des Klägers – aus medizinischer ex ante Sicht nicht fehlerhaft, weil es in der Medizin kein einheitliches Behandlungsregime gibt, sondern dieses von einem entsprechenden direkten Verschluss, z.B. über einem antibiotikahaltigen Schwamm, bis hin zu einer offenen Nachbehandlung reicht, so dass den Beklagten nichts vorzuhalten ist, wenn sie eine von mehreren in der Medizin anerkannten möglichen Behandlungsform gewählt haben, die auch unter Berücksichtigung der konkreten Einzelumstände im Schlichtungsverfahren nicht als kontraindiziert bezeichnet wurde.

Nach dem hier zu Grunde zu legenden Inhalt der Patientenunterlagen stellt sich auch die postoperative Behandlung des Klägers bis zur Entlassung am 12.02.2010 nicht als fehlerhaft dar, weil bei den zumindest dokumentierten reizlosen Wundverhältnissen und offenbar danach positivem Heilungsverlauf nichts gegen eine Entlassung des Klägers am 12.02.2010 aus medizinischer Sicht gesprochen hat.

Zwar könnte man auf der Grundlage der Darlegungen des Klägers – was die tatsächlichen Wundverhältnisse bei Entlassung am 12.02.2010 angeht – auch möglicherweise zu anderen Ergebnissen kommen (wozu sich ausdrücklich weder im Schlichtungsgutachten noch in der abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle geäußert wird). Aber selbst wenn man zu Gunsten des Klägers bei unterstelltem nachgewiesenen Sachverhalt davon ausgehen wollte, dass der Kläger tatsächlich „blutig“ entlassen wurde und dies u.U. nicht de lege artis gewesen sein könnte, wäre ein derartiges Fehlverhalten vorliegend nicht kausal für die weitere erforderlich gewordene operative Versorgung des Klägers im …….. Klinikum gewesen, weil der Wundraum danach schicksalhaft trotz Antibiotikabehandlung nicht nur von Streptokokken – wie die Auswertung eines Abstriches vom 09.02.2010 ergeben hatte – sondern mittlerweile zusätzlich auch von Staphylokokken befallen worden war, wie der bakteriologische Befund in der ……..-Klinik am 13.02.2010 ergeben hatte, die sich zwischenzeitlich zusätzlich „aufgephropft“ hatten. Dieses – so die Schlichtungsstelle in ihrer abschließenden Stellungnahme – hätte im Ergebnis aber auch schon einen Tag vorher, nämlich am 12.02.2010, bereits befundet den weiteren Behandlungsverlauf und -bedarf, wie er in der ……..-Klinik gegeben war, nicht verhindert, so dass selbst dann, wenn der Kläger am 12.02.2010 nicht entlassen worden wäre, der Kläger wegen der Infektion mit nun mehreren Erregern wiederum operativ hätte behandelt werden müssen.

Angesichts des damit eindeutigen Kausalausschlusses im Sinne eines Nachweises einer fehlenden Kausalität ist es folglich irrelevant, ob eine (an dieser Stelle zu Gunsten des Klägers lediglich als wahr unterstellte) fehlerhafte zu frühe Entlassung des Klägers am 12.02.2010 trotz ungünstigen Wundheilungsverlaufs und nicht engmaschig genug erhobenen Laborparametern als „grob fehlerhaft“ bewertet werden müsste, da selbst eine etwaige Beweislasterleichterung bis hin zu einer Beweislastumkehr zu Gunsten des Klägers nicht zu einem für diesen positiven Beweisergebnis bei der Kausalität führen kann, wenn sich diese Frage – wie hier – medizinisch eindeutig und zwar zum Nachteil des Klägers beantworten lässt.

Mithin kommt auf der Grundlage der schlüssigen, in sich widerspruchsfreien und überzeugenden Ausführungen in dem Schlichtungsgutachten und der abschließenden Stellungnahme der Schlichtungsstelle, in der zudem die bereits im Schlichtungsverfahren erhobenen Einwände des Klägers gegen den Inhalt des Schlichtungsgutachtens ausreichend berücksichtigt wurden, keine Haftung der Beklagten in Betracht mit der Folge, dass die Klage ohne Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens als unbegründet abgewiesen werden kann.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht nach § 709 ZPO.

Streitwert: Der Streitwert wird entsprechend den Angaben des Klägers in der Klageschrift festgesetzt auf: 11.723,50 Euro.

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