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Invasive kosmetische Behandlungen erfordert ärztliche Approbation oder Heilpraktikerlaubnis

OLG Köln – Az.: 5 U 126/18 – Urteil vom 13.05.2020

Auf die Berufung der Klägerin wird das am 29. August 2018 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 399/14 – unter Zurückweisung des weitergehenden Rechtsmittels teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten zu 1) und 3) werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin sämtliche materiellen und weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der Körperverletzungshandlungen durch den Beklagten zu 1) an ihren Knien im Jahre 2010 in der Vergangenheit bereits entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Es wird zur Insolvenztabelle festgestellt, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 als Insolvenzforderung ein Schmerzensgeldanspruch von 15.000 EUR zusteht.

Es wird zur Insolvenztabelle festgestellt, dass der Klägerin in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 als Insolvenzforderung ein Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden von 5.000 EUR zusteht.

Die Beklagten zu 1) und 3) haften zusammen mit der Insolvenzmasse des Insolvenzverfahrens AG Köln 75 IN 443/16 als Gesamtschuldner.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden gegeneinander aufgehoben.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch die jeweils andere Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A.

Die am xx.xx.1975 geborene Klägerin nimmt die Beklagen mit der Begründung in Anspruch, dass der Beklagte zu 1) eine der Fettreduktion dienende kosmetische Behandlung an den Knien sowie die Nachbehandlung eines Infekts ohne ärztliche Approbation durchgeführt habe.

Der Arzt Dr. A unterhielt bei der Beklagten zu 3) eine Berufshaftpflichtversicherung für seine Tätigkeit als niedergelassener Arzt mit der Fachgebietsbezeichnung Allgemeinmedizin. Ihr lagen die Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung Ärzte, Medizinstudenten, Medizinstudenten im praktischen Jahr (MPJ), Zahnärzte, Stand 07.2006, und die Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB), Stand 11.2007, der Beklagten zu 3) zugrunde (SH II unter 1). Die Beklagte zu 3) hat die Versicherung mit Schreiben vom 25.10.2010 mit Wirkung zum 1.2.2011 gekündigt.

In einem an Dr. A gerichteten Schreiben vom 17.12.2008 (SH I unter 7) führte die Ärztekammer B aus, dass dieser in einem gemeinsamen Gespräch geschildert habe, dass er vom Beklagten zu 1) vertreten werde, wenn er nicht anwesend sei. Die Recherchen der Ärztekammer hätten ergeben, dass der Beklagte zu 1) nicht über die Approbation als Arzt verfüge und daher nicht ärztlich tätig sein dürfe. Wie aus der amtlichen Auskunft vom 8.3.2011 (SH I unter 9) hervorgeht, stellte die Bezirksregierung C mit Verfügung vom 8.6.2009 die Approbation von Dr. A wegen gesundheitlicher Nichteignung unter gleichzeitiger Anordnung der sofortigen Vollziehung ruhend. In der Praxis von Dr. A war daraufhin nach seiner Aussage vom 4.3.2011 (SH I unter 4) insbesondere der Arzt Dr. D als Vertreter tätig.

Nach ihrer Darstellung in der Klageschrift, die sich im Wesentlichen mit ihrer Aussage vom 26.5.2011 im Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Köln deckt (SH I unter 5), lernte die Klägerin den am xx.xx.1975 geborenen Beklagten zu 1) Anfang des Jahres 2010 in einem Imbisslokal kennen. Er habe ihr – so der streitige Vortrag – empfohlen, sich zur Korrektur von Fettpolstern im Bereich der Knie von ihm behandeln zu lassen. Der Beklagte zu 1) habe als Angestellter in der Praxis von Dr. A gearbeitet. Sie habe sich im Februar 2010 in seine Wohnung, in der er ein Behandlungszimmer eingerichtet gehabt habe, begeben. Er habe ihr auf der Innenseite des linken und des rechten Knies jeweils eine „Fett-weg-Spritze“ mit einem ihr unbekannten Inhalt gesetzt. Die Vergütung habe sie in bar an den Beklagten zu 1) gezahlt. An beiden Knien habe sich eine großflächige Hautinfektion entwickelt. Der Beklagte zu 1) habe die Nachbehandlung in der Praxis von Dr. A, teils mit diesem zusammen, vorgenommen.

In der Patientenkartei der Klägerin, die die Praxisnachfolger von Dr. A, die Ärztinnen Dr. E und Dr. F, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin übermittelt haben (SH I unter 2), ist unter dem 29.5.2010 die Verordnung von Medikamenten, insbesondere eines Kortisonpräparats und eines Antibiotikums, unter dem 30.5.2010 die Verordnung einer Kompressionsstrumpfhose und eine Überweisung Innere Medizin mit der Diagnose „Pyoderma Nekrosum, sekundäre Wundheilung, autoimmune Wundheilungsstörung Knieinnenseiten bds.“, unter dem 17.8.2010 die Verordnung eines speziellen Pflasters und unter dem 3.9.2010 eine Überweisung an „Poliklinik Dermatologie“ dokumentiert.

Nach den vom Universitätsklinikum G an das Landgericht übermittelten Behandlungsunterlagen (SH III) stellte sich die Klägerin am 2.6.2010 in der dortigen Klinik und Poliklinik für Dermatologie vor. An den Knieinnenseiten fanden sich Ulkusflächen von 4 x 2,5 cm rechts und 3 x 5,5 cm links. Zur Dokumentation wurden Fotos gefertigt (SH III Bl. 13 und 14). Wundabstriche ergaben den Nachweis von staphylococcus aureus. Die Ärzte ordneten ein Ausschleichen der Kortisonbehandlung und eine Lokaltherapie an. Am 6.9.2010 entnahm der Oberarzt Prof Dr. H Spalthaut aus dem rechten Oberschenkel und setzte sie in die Ulcera ein. Bei einer Verlaufskontrolle am 15.9.2010 waren die Ulcera an beiden Knien regredient.

Die Staatsanwaltschaft Köln hat gegen den Beklagten zu 1), Dr. A und den Apotheker I im Jahr 2012 Anklage beim Landgericht Köln wegen Abrechnungsbetrugs erhoben (109 KLs 9/12 LG Köln). Dem Beklagten zu 1) wird im Rahmen des Verfahrens auch zur Last gelegt, durch die streitgegenständliche Behandlung gegen das Heilpraktikergesetz verstoßen zu haben. Die große Strafkammer hat das internistische Gutachten des Privatdozenten Dr. J vom 20.12.2019 eingeholt, der auch zur Behandlung der Klägerin durch den Beklagten zu 1) Stellung genommen hat (Bl. 1143, 1178 ff. d.A.). Bis zu dem Zeitpunkt, der im vorliegenden Verfahren dem Schluss der mündlichen Verhandlung entspricht, ist es zu einer Hauptverhandlung nicht gekommen.

Mit ihrer am 29.12.2014 eingegangenen Klage hat die Klägerin den Beklagten zu 1) und Dr. A auf ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000 EUR und Feststellung der Ersatzpflicht in Anspruch genommen. Die Klage ist dem Beklagten und Dr. A am 10.2.2015 zugestellt worden. Dr. A ist am 22.4.2015 verstorben und von seiner Ehefrau allein beerbt worden. Auf ihren Antrag wurde zunächst Nachlassverwaltung angeordnet und Rechtsanwalt K zum Nachlassverwalter bestellt. Durch Beschluss vom 31.3.2017 eröffnete das Amtsgericht Köln (75 IN 433/16) das Insolvenzverfahren über den Nachlass von Dr. A und bestellte den Beklagten zu 2) zum Insolvenzverwalter. Mit anwaltlichem Schreiben vom 30.5.2017 hat die Klägerin ihre Forderungen angemeldet. Der Beklagte zu 2) hat die angemeldeten Forderungen bestritten. Die Klägerin hat daraufhin die Klage mit Schriftsatz vom 10.8.2017 gegen die Beklagte zu 3) erweitert und mit Schriftsatz vom 13.12.2017 den Rechtsstreit gegen den Beklagten zu 2) aufgenommen.

Die Klägerin hat behauptet, dass die Behandlung so, wie es bereits oben dargestellt worden ist, verlaufen sei. Der Beklagte zu 1) habe vorgespiegelt, Arzt zu sein. Er sei nach außen als Vertreter und Assistent von Dr. A aufgetreten. Die Injektion sei fehlerhaft durchgeführt worden. Dies gelte insbesondere für die Auswahl und die Dosis der Injektionslösung. Über die Risiken der kosmetischen Behandlung habe sie der Beklagte zu 1) nicht aufgeklärt. In die Behandlung durch einen Nichtarzt habe sie nicht eingewilligt. Die sich entwickelnde Infektion sei fehlerhaft behandelt worden. Es sei erforderlich gewesen, sie sofort an einen Dermatologen zu überweisen. Kenntnis von der fehlenden Approbation habe sie im Jahr 2011 aus einem Zeitungsbericht erlangt. Infolge der fehlerhaften Behandlung sei es zu einer Infektion, einer langwierigen Wundheilungsstörung und der Hauttransplantation gekommen. Sie habe Narben an beiden Knien. Die Kortisonbehandlung habe zu Haarausfall geführt. Sie habe sich deshalb geschämt und Traurigkeit und Depressionen entwickelt. Sie hat ein Schmerzensgeld von mindestens 20.000 EUR für angemessen gehalten.

Invasive kosmetische Behandlungen erfordert ärztliche Approbation oder Heilpraktikerlaubnis
(Symbolfoto: Von PICADORPICTURES/Shutterstock.com)

Die Klägerin hat beantragt,

1)  die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie aufgrund der Körperverletzungshandlung an ihren Knien durch den Beklagten zu 1) im Jahre 2010 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

2)  festzustellen, dass die Beklagten zu 1) bis 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche materiellen und weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der Körperverletzungshandlungen durch den Beklagten zu 1) an ihren Knien im Jahre 2010 in der Vergangenheit bereits entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden;

sowie – angekündigt mit Schriftsatz vom 17.1.2018 – bezüglich des Beklagten zu 2),

1)  festzustellen, dass ihr in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 gegen den Beklagte zu 2) in gesamtschuldnerischer Haftung mit den Beklagten zu 1) und 3) ein angemessenes Schmerzensgeld aufgrund der Körperverletzungshandlung an ihren Knien durch den Beklagten zu 1) im Jahre 2010 zusteht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

2)  festzustellen, dass ihr in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 gegen den Beklagte zu 2) in gesamtschuldnerischer Haftung mit den Beklagten zu 1) und 3) ein Anspruch auf Ersatz sämtlicher materiellen und weiteren immateriellen Schäden zusteht, die ihr aufgrund der Körperverletzungshandlungen durch den Beklagten zu 1) an ihren Knien im Jahre 2010 in der Vergangenheit bereits entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Die Beklagten haben beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte zu 1) hat mit Nichtwissen bestritten, dass die Klägerin durch ihn oder in der Praxis von Dr. A behandelt worden sei. Für den Fall einer Tätigkeit seien eine Behandlung ohne standesrechtliche Berechtigung, eine dem ärztlichen Standard widersprechende Behandlung und der Kausalzusammenhang zwischen der Behandlung und den Beeinträchtigungen der Klägerin in Abrede zu stellen. Ferner hat sich der Beklagte zu 1) auf Verjährung und Verwirkung berufen.

Der Beklagte zu 2) hat die Auffassung vertreten, dass die in erster Instanz gestellten Klageanträge unzulässig sein. Die Klägerin könne nur die Feststellung ihrer Ansprüche zur Insolvenztabelle begehren. Er hat den gesamten Sachvortrag der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Dies gilt insbesondere für die Behauptungen, dass die Klägerin durch den Beklagten zu 1) und Dr. A behandelt worden sei, dass der Beklagte zu 1) bei Dr. A angestellt gewesen oder für ihn tätig gewesen sei und dass der Beklagte zu 1) keine Approbation gehabt habe und dies Dr. A bekannt gewesen sei. Nachweise über Gehaltszahlungen von Dr. A an den Beklagten zu 1) lägen nicht vor. Der Beklagte zu 2) hat die Einrede der Verjährung erhoben.

Die Beklagte zu 3) hat den gesamten Sachvortrag der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Dies gilt insbesondere für die Behauptungen, dass die Klägerin durch den Beklagten zu 1) und Dr. A behandelt worden sei, dass der Beklagte zu 1) bei Dr. A angestellt gewesen oder für ihn tätig gewesen sei und dass der Beklagte zu 1) keine Approbation gehabt habe und dies Dr. A bekannt gewesen sei. Es müsse davon ausgegangen werden, dass der Beklagte zu 1) eine Approbation der russischen Förderation inne gehabt habe. Ferner werde bestritten, dass Dr. A das Schreiben der Ärztekammer B vom 17.12.2008 zugegangen sei. Die Beklagte zu 3) hat die Einrede der Verjährung erhoben. Der Direktanspruch bestehe nur im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis. Der Beklagte zu 1) sei nach der abgeschlossenen Berufshaftpflichtversicherung und den Versicherungsbedingungen nicht mitversichert gewesen. Für Dr. A habe ebenfalls kein Versicherungsschutz bestanden. Versichert sei die Tätigkeit als niedergelassener Arzt gewesen. Dr. A habe die Approbation im Jahr 2010 jedoch bereits verloren gehabt. Kosmetische Behandlungen im Sinne einer „Fett-weg-Spritze“ seien nicht versichert gewesen. Zudem sei die Haftung für vorsätzliches Verhalten ausgeschlossen.

Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die gegen den Beklagten zu 2) gerichtete Klage sei unzulässig. Sofern der Insolvenzverwalter die Forderung bestreite, müsse der Insolvenzgläubiger nach § 180 InsO Klage auf Feststellung der Forderung zur Insolvenztabelle erheben. Dies habe die Klägerin auch auf gerichtlichen Hinweis hin nicht getan. Die gegen den Beklagten zu 1) gerichtete Klage sei unbegründet. Die Verjährung habe mit dem Ablauf des Jahres 2010 begonnen und sei mit dem Schluss des Jahres 2013 abgelaufen gewesen, so dass eine Hemmung durch Klageerhebung nicht eingetreten sei. Nach dem von ihr dargelegten Sachverhalt hätte die Klägerin jedenfalls ohne grobe Fahrlässigkeit Kenntnis davon erlangen müssen, dass es sich bei dem Beklagten zu 1) nicht um einen Arzt gehandelt habe. Ärzte sprächen nicht in einem Imbisslokal werbend zukünftige Patientinnen an. Sie praktizierten nicht in Privatwohnungen. Die gegen die Beklagte zu 3) gerichtete Klage sei ebenfalls unbegründet. Die behauptete Behandlung sei vom Umfang der Versicherung nicht gedeckt. Eine Therapie mittels „Fett-weg-Spritzen“ könne nicht unter die versicherten Behandlungen aus dem Bereich der kosmetischen Chirurgie subsumiert werden.

Hiergegen wendet sich die Klägerin mit der Berufung. Aus den von ihr vorgetragenen Umständen (Behandlung in der Privatwohnung, Gabe einer „Fett-weg-Spritze“, Unterlassen einer Aufklärung, Barzahlung ohne Quittung, Kennenlernen im Imbiss) folge entgegen der Auffassung des Landgericht nicht, dass sie infolge grober Fahrlässigkeit nicht gewusst habe, dass der Beklagte zu 1) kein Arzt gewesen sei. Der Zeitungsartikel, der ihr die Kenntnis von der fehlenden Approbation des Beklagten zu 1) vermittelt habe, sei am 3.5.2011 veröffentlich worden. Soweit es um die Haftung der Beklagten zu 3) gehe, habe das Landgericht übersehen, dass die Nachbehandlung der Infektion, die in der Praxis von Dr. A stattgefunden habe, keine kosmetische Behandlung dargestellt habe und daher vom Versicherungsumfang umfasst gewesen sei. Dr. A sei Vertragspartner des ab dem 11.5.2010 begründeten Vertragsverhältnisses gewesen. Jedenfalls komme eine Billigkeitshaftung der Beklagten zu 3) in Betracht, weil sie die Praxis von Dr. A versichert habe. In Bezug auf den Beklagten zu 2) hätten die in erster Instanz angekündigten und gestellten Anträge hinreichend zum Ausdruck gebracht, dass die Feststellung begehrt werde, dass der Klägerin als Gläubigerin die Forderung gegen den Insolvenzschuldner, so wie sie angemeldet worden sei, zustehe. Entgegen der Auffassung des Beklagten zu 2) dürfe ein Gläubiger eine unbezifferte Forderung zur Tabelle anmelden und, sofern der Insolvenzverwalter diese bestreite, diesen auf gerichtliche Feststellung derselben in Anspruch nehmen. Das Landgericht habe es in diesem Zusammenhang unterlassen, auf sachdienliche Anträge hinzuwirken.

Die Klägerin beantragt,

1. das angefochtene Urteil aufzuheben und mit dem nachfolgenden Tenor neu zu fassen,

2. die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie aufgrund der Körperverletzungshandlung an ihren Knien durch den Beklagten zu 1) im Jahre 2010 ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

3. festzustellen, dass die Beklagten zu 1) und 3) als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr sämtliche materiellen und weiteren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aufgrund der Körperverletzungshandlungen durch den Beklagten zu 1) an ihren Knien im Jahre 2010 in der Vergangenheit bereits entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden,

4. zur Insolvenztabelle festzustellen, dass ihr in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 als Insolvenzforderung gegen die Insolvenzmasse ein angemessenes Schmerzensgeld aufgrund der Körperverletzung durch den Beklagten zu 1) im Jahr 2010 zusteht, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird,

4a. hilfsweise zur Insolvenztabelle festzustellen, dass ihr in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 als Insolvenzforderung ein angemessenes Schmerzensgeld aufgrund der Körperverletzung durch den Beklagten zu 1) zusteht, in Höhe von 20.000,00 EUR nebst Zinsen ab dem 10.2.2015,

5. zur Insolvenztabelle festzustellen, dass ihr in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 als Insolvenzforderung gegen die Insolvenzmasse ein Anspruch auf Ersatz sämtlicher materiellen und weiteren immateriellen Schäden zusteht, die ihr aufgrund der Körperverletzungshandlungen durch den Beklagten zu 1) an ihren Knien im Jahre 2010 in der Vergangenheit bereits entstanden sind und zukünftig noch entstehen werden, soweit solche Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden,

5a. hilfsweise zur Insolvenztabelle festzustellen, dass ihr in dem Insolvenzverfahren AG Köln 75 IN 443/16 als Insolvenzforderung ein Anspruch auf Ersatz sämtlicher materieller und weiterer immaterieller Schäden zusteht in Höhe von 20.000 EUR,

6. zu erkennen, dass die Beklagten zu 1) und 3) zusammen mit der Insolvenzmasse des Insolvenzverfahrens AG Köln 75 IN 443/16 hinsichtlich ihrer Ansprüche aus vorstehenden Anträgen zu 2) bis 5) als Gesamtschuldner haften,

7. hilfsweise – das heißt unter den auf S. 51 der Berufungsbegründung genannten Voraussetzungen – nach den Schlussanträgen der ersten Instanz zu erkennen,

8. höchst hilfsweise den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Ausgangsgericht zurückzuverweisen.

Die Beklagten beantragen,  die Berufung zurückzuweisen.

Der Beklagte zu 1) verteidigt das angefochtene Urteil. Das Landgericht habe die Klage zu Recht wegen Verjährung abgewiesen.

Der Beklagte zu 2) vertritt die Auffassung, dass die im Schriftsatz vom 17.1.2018 angekündigten Anträge keine Anträge auf Feststellung zur Insolvenztabelle dargestellt hätten, sondern derart sprachlich formuliert gewesen seien, dass eine Feststellung gegenüber ihm – also dem Insolvenzverwalter persönlich – begehrt worden sei. Die Klägerin habe keine unbezifferte Forderung zur Insolvenztabelle angemeldet, sondern die angemeldete Forderung mit 40.000 EUR beziffert. Demzufolge könne der Klageumfang auch nur einen Betrag in Höhe von bis zu 40.000 EUR umfassen. Formuliert habe die Klägerin jedoch einen Anspruch, „dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird“ und einen „Anspruch auf Ersatz sämtlicher materiellen und weiteren immateriellen Schäden“. Ein Klageantrag, der die angemeldete Forderung festgestellt wissen wolle, liege damit nicht vor, so dass die Klageanträge auch aus diesem Grund unzulässig seien. Das Landgericht sei zu Recht davon ausgegangen, dass die Verjährung infolge grob fahrlässiger Unkenntnis der Klägerin von der fehlenden Approbation des Beklagten zu 1) mit dem Schluss des Jahres 2010 begonnen habe.

Die Beklagte zu 3) macht geltend, dass auch nach dem Vorbringen der Klägerin weder in Bezug auf die anfängliche Verabreichung der Spritzen noch in Bezug auf die Behandlung der Infektion ein Vertragsverhältnis zwischen der Klägerin und Dr. A zustande gekommen sei. Ohnehin sei es zweifelhaft, ob die Vorschrift des § 115 VVG für Nachlassinsolvenzverfahren überhaupt gelte. Nach ihrer Kenntnis sei das den Nachlass von Dr. A betreffende Verfahren mittlerweile abgeschlossen. Sie wiederholt ihre erstinstanzlichen Einwendungen zum Umfang des Versicherungsschutzes. Im Übrigen weist sie darauf hin, dass in der Uniklinik G ein gänzlich unabhängiges Krankheitsbild, nämlich eine „Pyoderma gangraenosum“ – das heißt eine Autoimmunkrankheit – diagnostiziert worden sei. Sie wiederholt die Einrede der Verjährung.

Der Senat hat die Klägerin in der mündlichen Verhandlung vom 18.9.2019, in der der Beklagte zu 1) nicht zugegen war, persönlich angehört. Wegen des Inhalts der Anhörung wird auf das Sitzungsprotokoll vom 18.9.2019 Bezug genommen (Bl. 927 ff. d.A.).

Der Beklagte zu 1) hat daraufhin mit Schriftsatz vom 13.12.2019, auf den verwiesen wird (Bl. 1082 ff. d.A.), im Einzelnen zum Ablauf der Behandlung Stellung genommen. Die Beklagten zu 2) und zu 3) haben die Darstellung des Beklagten zu 1) mit Nichtwissen bestritten.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

B.

Die Berufung ist teilweise begründet.

Die Beklagten schulden der Klägerin als Gesamtschuldner ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR und den Ersatz sämtlicher materiellen und weiteren immateriellen Schäden. Soweit es um den Beklagten zu 2) geht, waren die Ansprüche auf die Hilfsanträge zu 4a) und 5a) zur Insolvenztabelle festzustellen. Dabei hat der Senat die weiteren Schäden auf 5.000 EUR geschätzt.

Eine weitere Sachaufklärung ist nicht erforderlich. Dies gilt insbesondere für eine Anhörung oder Vernehmung des Beklagten zu 1), die die Klägerin und dieser, nicht aber die Beklagten zu 2) und 3) beantragt oder angeregt haben, sowie für die Einholung eines medizinischen Gutachtens, etwa zur Frage der Schadenskausalität. Die Gründe ergeben sich im Einzelnen aus der nachfolgenden Darstellung.

I. Klage gegen den Beklagten zu 1)

Die Klägerin kann von dem Beklagten zu 1) wegen der kosmetischen Behandlung die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000 EUR aus §§ 280 Abs. 1, 611, 823 Abs. 1 BGB verlangen. Der Feststellungsantrag ist begründet.

1. Sowohl nach dem Vorbringen der  Klägerin als auch nach der Darstellung des Beklagten zu 1) im Schriftsatz vom 13.12.2019 hat er ihr in seiner Wohnung eine der Fettreduktion dienende Spritze in die Innenseite beider Knie verabreicht.

Er trat dabei nach dem Vortrag beider Parteien als in der Praxis von Dr. A beschäftigter Arzt auf, wo er kurze Zeit zuvor eine Botox-Behandlung der Klägerin in deren Gesicht durchgeführt hatte. Die Gabe der Spritzen erfolgte nach dem Vorbringen der Klägerin im Februar 2010 gegen Barzahlung. Weder den Zeitpunkt noch eine Barzahlung hat der Beklagte zu 1) bestritten. Der Zeitpunkt deckt sich der Größenordnung nach mit den in den Behandlungsunterlagen des Universitätsklinikums G vermerkten anamnestischen Angaben der Klägerin, nach denen „nach Injektion von Soja-Spritzen zum Fettabbau beim Chirurgen Ulcerationen im Bereich der Knieinnenseiten entstanden sind (März 2010).“

Nach den Umständen, das heißt einer Behandlung in der Privatwohnung gegen Barzahlung, handelte der Beklagte zu 1) auf eigene Rechnung und im eigenen Namen, so dass ein vertragliches Behandlungsverhältnis zwischen ihm und der Klägerin zustande kam. Dieses hatte eine invasive kosmetische Behandlung, das heißt eine ärztliche Tätigkeit zum Gegenstand. Die erstmals vom Beklagten zu 1) im Berufungsverfahren im Schriftsatz vom 13.12.2019 aufgestellte Behauptung, dass Dr. A nicht nur – wie die Klägerin angibt – vor der eigentlichen Behandlung aus anderem Grund kurz in dem in der Privatwohnung eingerichteten Behandlungszimmer anwesend gewesen sei, sondern sich das Knie angesehen, die Indikation geprüft und dem Beklagten zu 1) beim Setzen der Spritzen assistiert habe, ist gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht zuzulassen. Die Voraussetzungen, unter denen neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise berücksichtigt werden können, sind weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere hat der Beklagte zu 1) die Verspätung, auch auf den Hinweis des Senats vom 19.2.2020 hin, nicht entschuldigt. An den den Beklagten zu 1) treffenden Pflichten würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn sein Vortrag zugrunde zu legen wäre und zur Annahme eines Behandlungsverhältnisses bezüglich der kosmetischen Behandlung zwischen der Klägerin und Dr. A führen würde. Der Beklagte zu 1) wäre in diesem Fall mit gleichem Inhalt und aus den nachstehenden Gründen deliktsrechtlich verantwortlich. Dies würde auch dann gelten, wenn das zwischen ihm und der Klägerin zustande gekommene Behandlungsverhältnis, etwa wegen eines Verstoßes gegen das Gesetz zur Bekämpfung der Schwarzarbeit oder aus einem anderen Grund, nichtig wäre.

2. Die Gabe der beiden Spritzen war rechts- und pflichtwidrig und stellte einen groben Behandlungsfehler dar.

Nach § 5 HeilPrG macht sich derjenige, der die Heilkunde ausübt, ohne zur Ausübung des ärztlichen Berufs berechtigt zu sein oder eine Erlaubnis nach dem Heilpraktikergesetz zu besitzen, strafbar. Diese grundlegende Pflicht hatte der Beklagte zu 1) auch aufgrund des mit der Klägerin geschlossenen Vertrags ihr gegenüber zu beachten.

Es steht fest, dass der Beklagte zu 1) im Jahr 2010 nicht über eine Approbation oder eine Berufserlaubnis als Arzt verfügte. Dies ergibt sich aus der amtlichen Auskunft, die die Bezirksregierung am 8.3.2011 im Ermittlungsverfahren erteilt hat (SH I unter 9). Danach hat der Beklagte zu 1) am 28.5.2009 einen Antrag auf Erteilung einer Berufserlaubnis gestellt, den er am 11.6.2010 zurückgenommen hat. Dies entspricht seiner Angabe in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht, dass er im Jahr 2010 noch mit dem Medizinstudium befasst gewesen sei.

Eine Heilbehandlung oder eine invasive kosmetische Behandlung ohne ärztliche Approbation stellen sich per se als grob fehlerhaft dar. Eine derartige Vorgehensweise ist unverständlich. Das Wissen und die berufliche Erfahrung, die das Gesetz zum Schutz der Patienten voraussetzt, sind bei einer solchen Sachlage nicht nachgewiesen und gewährleistet. Einer sachverständigen Bewertung dieser Frage bedarf es, anders als in Prozessen gegen einen approbierten Arzt, bei denen es auf bestimmte Abweichungen vom Standard und die in diesem Zusammenhang für eine Beurteilung erforderliche Fachkunde ankommt, nicht. Die besondere Schwere der Pflichtverletzung knüpft vielmehr an einem Sachverhalt an, den ein Richter ohne besondere Sachkunde feststellen und würdigen kann. Ohne dass es entscheidungserheblich wäre, ergibt sich aus dem im Strafverfahren erstatteten Gutachten von Dr. J zudem, dass gerade eine Injektionslipolyse, wie sie der Beklagte zu 1) vorgenommen hat, eine ausreichende Erfahrung des Behandlers mit dem angewandten Mittel und in der Injektionstechnik voraussetzt.

Die erstmals im Berufungsverfahren im Schriftsatz vom 13.12.2019 aufgestellte Behauptung, dass Dr. A nicht nur vor der eigentlichen Behandlung aus anderem Grund kurz in dem in der Privatwohnung eingerichteten Behandlungszimmer anwesend gewesen sei, sondern sich das Knie angesehen, die Indikation geprüft und dem Beklagten zu 1) beim Setzen der Spritzen assistiert habe, ist nicht geeignet, eine Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) oder die Einordnung des ihm anzulastenden Behandlungsfehlers als grob zu verneinen.

Dies gilt schon deshalb, weil das neue Vorbringen und das hierin liegende neue Verteidigungsmittel nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht zuzulassen ist. Es ist streitig, weil Dr. A nach den persönlichen Angaben der Klägerin bei ihrer Anhörung ausschließlich vor der eigentlichen Behandlung in dem Behandlungsraum in der Wohnung des Beklagten zu 1) war und die Wohnung sodann verlassen hat. Der Schriftsatz der Klägerin vom 2.1.2020, in dem die Klägerin erwogen hat, sich den neuen Vortrag des Beklagten zu 1) teilweise zu eigen zu machen, kann daher nur dahin verstanden werden, dass es vor dem Hintergrund möglicher weiterer Haftungsansätze gegen die Beklagten zu 2) und 3) um ein hilfsweises zu eigen machen des neuen Vorbringens des Beklagten zu 1) geht. Diese Auslegung wird dadurch bestätigt, dass die Klägerin die Hinweise des Senats vom 19.2.2020, die von diesem Ausgangspunkt ausgehen, mit Schriftsatz vom 19.3.2020 als zutreffend bezeichnet hat. Die Voraussetzungen, unter denen neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise zu berücksichtigen sind, sind weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere ist die Verspätung vom Beklagten zu 1), auch auf den gerichtlichen Hinweis vom 19.2.2020 hin, nicht entschuldigt worden.

Im Übrigen entlastet das neue Vorbringen den Beklagten zu 1) in der Sache nicht, weil er auch unter Aufsicht nicht tätig werden durfte. Er war nicht als Arzt approbiert. Ein Ausbildungsstand, bei dem eine Tätigkeit unter Aufsicht zulässig gewesen wäre, lässt sich seinem Vorbringen nicht entnehmen. Aus dem Inhalt der Akten, insbesondere aus den aus dem Strafverfahren eingereichten Ermittlungsergebnissen, ist er ebenfalls nicht erkennbar.

3. Die Verabreichung der einem Fettabbau dienenden Spritzen und der hierin liegende grobe Behandlungsfehler haben eine gesundheitlichen Beeinträchtigung der Klägerin in Gestalt einer Entzündung an beiden Knieinnenseiten, einer langwierigen Wundheilungsstörung und einer beidseitigen Spalthauttransplantation verursacht.

Der Primärschaden der Klägerin steht aufgrund der vom Universitätsklinikum G übersandten Dokumentation fest. Danach hatte diese am 2.6.2010 zwei Ulcera an der Innenseite des rechten und linken Knies, die fotografisch dokumentiert und im September 2010 mittels einer Spalthauttransplantation vom rechten Oberschenkel behandelt wurden. Den Erfolg der Operation bestreitet die Klägerin nicht.

Unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstandes haben alle Beklagten einen Kausalzusammenhang schon nicht in beachtlicher Weise bestritten. Sie haben nicht ansatzweise aufgezeigt, dass eine andere Ursache für den Schadensverlauf maßgeblich gewesen sein kann.

Dr. J ist in seinem im Strafverfahren eingeholten Gutachten vom 20.12.2019 nach Wiedergabe des Inhaltes der Behandlungsdokumentation des Universitätsklinikums G zu dem Ergebnis gelangt, dass in der Zusammenschau die Entzündung mit ausgedehntem Haut- und Gewebedefekt mit Sicherheit auf die Injektionsbehandlung zurückzuführen ist. Sofern von den im Universitätsklinikum G gestellten Differentialdiagnosen einer abszedierenden Entzündung und eines Pyoderma gangraenosum, das heißt einer Autoimmunerkrankung, letztere zutreffen sollte, wäre deren Entwicklung, wie aus den Ausführungen von Dr. J hervorgeht, durch die Injektionsbehandlung mitverursacht und durch eine bei der Klägerin vorhandene Prädisposition begünstigt worden. Ohnehin hat es sich nach der Einschätzung des behandelnden Arztes Prof. Dr. H und von Dr. J eher um eine abszedierende Entzündung gehandelt. Rechtlich würde die eine Entwicklung eines Pyoderma gangraenosum begünstigende Prädisposition nichts an einem Kausalzusammenhang und der Zurechnung des gesamten Schadens ändern, weil der Schädiger eine Schadensdisposition hinzunehmen hat und diese ihn nicht entlastet. Die Ausführungen von Dr. J überzeugen. Es ist fernliegend und eine allenfalls äußerst theoretisch denkbare Möglichkeit, dass sich der Infekt und die Wundheilungsstörung ohne einen ausschlaggebenden Einfluss der Injektion infolge einer völlig anderen Ursache bei einer jungen und zuvor gesunden Patientin zur Zeit und am Ort der Injektion entwickelt haben.

Jedenfalls ist durch das Gutachten von Dr. J, das im Wege des Urkundenbeweises verwertet werden kann, der Vollbeweis der Kausalität der Injektionsbehandlung für die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Kläger geführt.

Selbst wenn der Vollbeweis eines Kausalzusammenhangs nicht  erbracht wäre, wäre im vorliegenden Rechtsstreit zu Lasten des Beklagten zu 1) von einer Schadensverursachung auszugehen. Der Beklagte zu 1), dem infolge des groben Behandlungsfehlers die Beweislast obliegt, vermag die äußerste Unwahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs nicht nachzuweisen. Dass sich der Infekt und die Wundheilungsstörung infolge einer völlig anderen Ursache zur Zeit und am Ort der Injektion entwickelt haben, behauptet der Beklagte zu 1) schon nicht und könnte er nicht beweisen. Zwar haben die behandelnden Ärzte am 2.6.2010 im Universitätsklinikum G neben einer abszedierenden Entzündung und einer Nekrose nach Injektion ein Pyoderma gangraenosum – das heißt eine Autoimmunerkrankung – als Differentialdiagnose in Betracht gezogen. Es fehlt aber an Anknüpfungstatsachen für eine sachverständige Begutachtung, die zu einem dem Beklagten zu 1) günstigen Ergebnis und zu einer abschließenden Klärung führen könnten, welche der Differentialdiagnosen richtig war und ist. Die Vorstellungen der Klägerin beim Beklagten zu 1) zwischen der kosmetischen Erstbehandlung im Februar oder März 2010 und September 2010, die dabei erhobenen Befunde und die getroffenen Maßnahme sind – abgesehen von den im Sachverhalt wiedergegebenen punktuellen Eintragungen in der von den Praxisnachfolgerinnen von Dr. A übermittelten Karteikarte – weder dokumentiert noch konkret vorgetragen und unter Beweis gestellt. Es fehlt daher jede Grundlage, um zu klären, ob sich das Schadensbild unabhängig und völlig losgelöst von den Injektionen entwickelt hat.

4. Ein Mitverschulden der Klägerin ist nicht festzustellen und fiele im Rahmen der Abwägung der Verursachungsbeiträge gemäß § 254 Abs. 1 BGB gegenüber der grob fehlerhaften Behandlung durch den Beklagten zu 1) nicht ins Gewicht.

Soweit der Beklagte zu 1) im Schriftsatz vom 13.12.2019 erstmals ein Mitverschulden einwendet, weil die Klägerin entgegen den gegebenen Empfehlungen sofort gearbeitet, enge Hosen getragen und nicht zur Verlaufskontrolle erschienenen sei, ist das Vorbringen gemäß § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht zuzulassen. Es ist streitig. Die Klägerin hat bei ihrer Anhörung durch den Senat bekundet, der Beklagte zu 1) habe ihr erklärt, sie könne alles ganz normal weiter machen, beispielsweise Sport. Nachdem die Behandlung an einem Samstag stattgefunden und sich am folgenden Montag eine kleine Wunde gezeigt habe, habe sie den Beklagten zu 1) mehrfach angerufen. Die Voraussetzungen, unter denen neue Angriffs- und Verteidigungsmittel ausnahmsweise zu berücksichtigen sind, sind weder dargetan noch ersichtlich. Insbesondere ist die Verspätung vom Beklagten zu 1), auch auf den Hinweis des Senats vom 19.2.2020 hin, nicht entschuldigt worden.

Im Übrigen würde ein etwaiges Mitverschulden der Klägerin, welches in der Nichtbeachtung von der Sicherungsaufklärung dienenden Hinweisen läge, gegenüber der Pflichtverletzung des Beklagten zu 1) im Rahmen einer Abwägung nach § 254 BGB nicht ins Gewicht fallen. Sein Verursachungsbeitrag ist bei wertender Betrachtung allein als ausschlaggebend anzusehen, weil er unter allen Umständen hätte unterbleiben müssen. Der Beklagte zu 1) hat eine invasive kosmetische Behandlung vorgenommen, obwohl er mangels einer Approbation als Arzt die Heilkunde nicht ausüben durfte. Der gesamte Sachvortrag der Parteien lässt nur den Schluss zu, dass dem Beklagten zu 1) das Verbot und die es begründenden Umstände bekannt waren.

5. Die der Klägerin entstandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und immateriellen Nachteile werden durch ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR angemessen ausgeglichen.

Die Klägerin litt von Februar oder März 2010 bis September 2010 an einer Entzündung und einer langwierigen Wundheilungsstörung. Während dieses Zeitraums musste sich die Klägerin nach ihrer Darstellung und der des Beklagten zu 1) regelmäßig, teils im Abstand von zwei Tagen, zu einer lokalen Wundversorgung vorstellen. Sie hat über einen längeren Zeitraum Kortison eingenommen. Die beiden Ulcera, das heißt die tiefen Substanzdefekte, die durch die im Universitätsklinikum G gefertigten, bei den Akten befindlichen Fotos (im SH III) belegt werden, mussten am 6.9.2010 mittels einer Spalthauttransplantation behandelt werden. Diese war insoweit erfolgreich, als keine Schmerzen oder sonstigen Beschwerden verblieben. Solche behauptet die Klägerin nicht. Es ist nachvollziehbar, dass der mehrmonatige Verlauf die Klägerin erheblich psychisch belastet hat und dass Verstimmungen auftraten. Dies sei nach ihren Angaben vor dem Senat bis zu einem Nervenzusammenbruch wegen der Wunden, der zu erwartenden Narben und des zeitgleich aufgetretenen Haarausfalls gegangen. Sie sei nicht mehr sie selbst gewesen und habe geschrien und geweint. Der Senat hält diese Darstellung nach dem Eindruck, den er von der Klägerin gewonnen hat, und nach den Umständen, denen die auf ihr Äußeres bedachte Klägerin im Jahr 2010 ausgesetzt war, für glaubhaft.

Als die Klägerin beeinträchtigende Dauerfolgen sind Narben an den Innenseiten der Knie verblieben, die im Schriftsatz vom 19.9.2019 (Bl. 900 ff. d. A.) und auf den mit Schriftsatz vom 24.1.2020 eingereichten Fotos (Bl. 1185 f. d.A.) abgebildet sind. Ungeachtet des Bestreitens der Beklagten ist der Senat überzeugt, dass die Fotos den Zustand der Beine der Klägerin wieder gegeben. Die Narben befinden sich dort, wo auf den im Universitätsklinikum G gefertigten und von dort zu den Akten übermittelten Fotos die Ulcera zu sehen sind.

Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes war ferner das Genugtuungsinteresse der Klägerin in besonderer Weise schmerzensgelderhöhend zu berücksichtigen. Anders als in Haftungsprozessen, die sich gegen einen approbierten Arzt richten, steht im Streitfall nicht das Bemühen um den Patienten und um eine Heilung im Vordergrund.  Wie bereits ausgeführt, hätte die schadensverursachende Handlung des Beklagten zu 1) unter allen Umständen unterbleiben müssen. Der Beklagte zu 1) hat eine invasive kosmetische Behandlung ohne Approbation vorgenommen, obwohl ihm das Verbot und die es begründenden Umstände bekannt waren.

6. Der Schmerzgeldanspruch und weitere Schadensersatzansprüche der Klägerin sind entgegen der Auffassung des Landgerichts nicht verjährt.

Hiervon abweichende Tatsachen haben die für die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB darlegungspflichtigen Beklagten nicht behauptet. Die regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren beginnt mit dem Schluss des Jahres, in dem der Anspruch entstandenen ist und der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste (§ 199 Abs. 1 BGB).

Kenntnis von der fehlenden Approbation des Beklagten zu 1) hat die Klägerin nach ihrem Vortrag durch einen Zeitungsartikel vom 3.5.2011 und ihre polizeiliche Vernehmung vom 26.5.2011 erlangt. Für das Jahr 2010 kann nicht von einer grob fahrlässigen Unkenntnis ausgegangen werden. Grundsätzlich darf ein Patient darauf vertrauen, dass derjenige, der als Arzt arbeitet oder ärztlich tätig wird, eine Approbation hat. Anders gelagerte Sachverhalte sind sehr selten und dem ständig mit Arzthaftungsfällen befassten Senat in den letzten Jahren nicht unterbreitet worden. Die vom Landgericht herangezogenen, auch nach dem Klägervortrag ungewöhnlichen und auffälligen Umstände reichen daher schon für sich genommen nicht, um den dringenden Verdacht des Handelns eines Nichtarztes und eine grob fahrlässige Unkenntnis zu begründen. Dass der Beklagte zu 1) die Klägerin in einem Imbiss kennenlernte, ihr dort eine kosmetische Behandlung empfahl, sie in einem in seiner Wohnung eingerichteten Praxisraum behandelte und sich ohne Rechnung und Quittung bar bezahlen ließ, lässt sich bereits durch ein Geschäfts- und Gewinnstreben eines approbierten Arztes erklären. Darüber hinaus sprachen nach dem Vorbringen der Klägerin andere Umstände während der Behandlung im Jahr 2010 für die Eigenschaft des Beklagten zu 1) als Arzt. Er war in der Praxis des Beklagten zu 1) tätig, hatte Zugang zu Rezepten und Überweisungen und wurde von anderen Patienten unbeanstandet als Arzt angesehen.

Die dreijährige regelmäßige Verjährung ist durch die Einreichung der Klage am 29.12.2014 rechtzeitig gehemmt worden, weil die Zustellung der Klage demnächst erfolgt ist (§§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO). Sie ist am 10.2.2015 an den Beklagten zu 1) – und zeitgleich an Dr. A – bewirkt worden. Eine Klage ist nicht mehr demnächst zugestellt, wenn die Partei, der die Fristwahrung obliegt, oder ihr Prozessbevollmächtigter durch fahrlässiges Verhalten zu einer nicht bloß geringfügigen Zustellungsverzögerung beigetragen haben. Als geringfügig sind in der Regel (vorwerfbare) Zustellungsverzögerungen bis zu 14 Tagen anzusehen. Mit Blick auf die Einzahlung des Kostenvorschusses kommt es bei der Berechnung der noch hinnehmbaren Verzögerung von 14 Tagen nicht auf die Zeitspanne zwischen der Aufforderung zur Einzahlung der Gerichtskosten und deren Eingang bei der Gerichtskasse, sondern darauf an, um wie viele Tage sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum infolge der Nachlässigkeit des Klägers verzögert hat (BGH, Urteil vom 10.7.2015 – V ZR 154/14, iuris Rdn. 6 m.w.Nachw., abgedruckt in NJW 2015 2666 f.).

Danach hat die Klägerin nicht zu einer nicht bloß geringfügigen Zeitverzögerung von mehr als 14 Tagen beigetragen. Der Gerichtskostenvorschuss ist mit Gerichtskostenrechnung vom 9.1.2015, einem Freitag, angefordert worden und mit Wertstellung am 30.1.2015 vom Rechtsschutzversicherer der Klägerin eingezahlt worden. Selbst wenn alle Beteiligten äußerst sorgfältig und zügig gehandelt hätten, wäre jedenfalls der Zeitraum bis zum 16.1.2015 für die Einzahlung des Gerichtskostenvorschusses ohnehin erforderlich gewesen, so dass sich der für die Zustellung der Klage ohnehin erforderliche Zeitraum allenfalls um die 14 Tage vom 17.1.2015 bis 30.1.2015 verzögert hat. Dabei legt der Senat einen Zugang der Gerichtskostenrechnung bei der Klägerin am 10.1.2015, eine Weiterleitung an die Rechtsschutzversicherung am ersten darauf folgenden Werktag, das heißt dem 12.1.2015, einen Zugang bei der Rechtsschutzversicherung am 13.1.2015, eine Bearbeitungszeit von zwei Tagen bis zur Vornahme der Überweisung am 15.1.2015 und einen Zahlungseingang bei der Gerichtkasse am 16.1.2015 zugrunde. Bei sorgfältigem und zügigen Handeln aller Beteiligten konnte und durfte der Ablauf ohne weiteres auch noch einige Tage länger dauern.

Darüber hinaus hat die am 30.1.2015 erfolgte Einzahlung des Kostenvorschusses die Zustellung an den Beklagten zu 1) nicht verzögert, weil der Klägerin die zustellungsfähige Anschrift des Beklagten zu 1) bis zum 29.1.2015, als ihr Bevollmächtigter Einsicht in die Ermittlungsakten nahm, unbekannt gewesen ist, ohne dass sie hieran ein Verschulden traf. Dass sie sich mit der gebotenen Sorgfalt um die Ermittlung der zustellungsfähigen Anschrift bemüht hat, folgt aus dem anwaltlichen Schreiben der Klägerin vom 13.11.2014 an die Staatsanwaltschaft Köln (Anlage K 4), dem Schreiben vom 13.11.2014 an die Ärztekammer B (Anlage K 5), dem weiteren Schreiben vom 12.12.2014 an die Staatsanwaltschaft Köln (Anlage K 11) und der in diesem von ihr dargelegten erfolglosen Anfrage beim Einwohnermeldeamt L sowie dem Schreiben vom 17.12.2014 an Dr. A (Anlage K 12). Hierdurch hat sie rechtzeitig die ihr zur Ermittlung der Anschrift des Beklagten zu 1) zur Verfügung stehenden Ansätze verfolgt.

7. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Es ist möglich und stellt keinen völlig entfernt liegenden Geschehensablauf dar, dass der Klägerin künftig materielle oder weitere immaterielle Schäden entstehen. Insbesondere kann sich die Klägerin aus kosmetischen Gründen oder wegen etwa doch noch auftretender Beschwerden zu einer Korrektur der Narben an der Innenseite der Knie entschließen. Die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht liegen, wie aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, vor.

8. Darüber hinaus sind der Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 15.000 EUR und der Feststellungsantrag auch deshalb begründet, weil der Beklagte zu 1) die Nachbehandlung des Infekts im Bereich der Knie grob fehlerhaft ohne ärztliche Approbation vorgenommen hat. Dies ergibt sich im Einzelnen aus den nachstehenden Ausführungen unter B II 3 a bis d. Der die Nachbehandlung betreffende Vortrag des Beklagten zu 1) aus dem Schriftsatz vom 13.12.2019, der ohnehin nach § 531 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 bis 3 ZPO nicht zuzulassen ist, entlastet ihn in der Sache aus den unter B II 3 b dargelegten Gründen nicht. Wie aus den vorstehenden Erläuterungen (vgl. B I 6) folgt, sind die Ansprüche nicht verjährt.

II. Klage gegen den Beklagten zu 2)

Die Klageanträge zu 4) und 5) sind unzulässig. Auf die Klageanträge zu 4a) und 5a) war zur Insolvenztabelle des vom Beklagten zu 2) verwalteten Nachlassinsolvenzverfahrens über das Vermögen von Dr. A festzustellen, dass der Klägerin als Insolvenzforderung ein Schmerzensgeldanspruch von 15.000 EUR und ein Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden von 5.000 EUR zusteht. Der Schmerzensgeldanspruch und der Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden der Klägerin gegen Dr. A folgen zum einen gemäß § 823 Abs. 1 BGB aus einer unterlassenen Warnung Dr. A vor der kosmetischen Behandlung und zum anderen gemäß §§ 280 Abs. 1, 278, 611 BGB und §§ 831, 823 Abs. 1 BGB aus der Nachbehandlung des Infekts durch den Beklagten zu 1) für und als Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe von Dr. A. Den mit dem Antrag zu 6) begehrten Ausspruch einer gesamtschuldnerischen Haftung aller Beklagten hat der Senat im Tenor vorgenommen. Über den Antrag zu 7) war mangels Bedingungseintritts nicht zu entscheiden.

1. Die Klageanträge zu 4) und 5) sind unzulässig, während die auf die Hinweise des Senats in der mündlichen Verhandlung vom 18.9.2019 gestellten Hilfsanträge zu 4a) und 5a) – soweit der Hilfsantrag zu 4a) nicht Zinsen einbezieht – zulässig sind.

Die Berufungsanträge zu 4) und 5) stellen eine klarstellende Berichtigung der mit Schriftsatz vom 17.1.2018 angekündigten Anträge dar. Bereits mit diesen hat die Klägerin, wie sich aus einer Auslegung ihres Begehrens ergibt, entgegen der Auffassung des Landgerichts die Feststellung einer Insolvenzforderung gemäß §§ 179 ff. InsO begehrt. Der Schriftsatz vom 17.1.2018 ist auf den entsprechenden Hinweis des Landgerichts vom 28.12.2017 eingereicht worden. Ferner konnte der Klägerin in dem Insolvenzverfahren nach dem vorgetragenen Lebenssachverhalt nur eine Insolvenzforderung gegen Dr. A zustehen. Eine solche hat sie zur Insolvenztabelle angemeldet, die der Insolvenzverwalter sodann bestritten hat. Es ist fernliegend und kann daher nicht Ergebnis einer interessengerechten Auslegung sein, dass es der Klägerin mit ihren Anträgen um etwas anderes ging.

Der Gläubiger muss eine bezifferte Insolvenzforderung zur Insolvenztabelle anmelden und kann im Falle eines Bestreitens durch den Insolvenzverwalter nur die gerichtliche Feststellung der angemeldeten Insolvenzforderung begehren. Ersteres ergibt sich aus § 45 InsO, nach der Forderungen, deren Geldbetrag unbestimmt ist, mit dem Wert geltend zu machen sind, der für die Zeit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens geschätzt werden kann, und dem Gedanken, dass der Insolvenzverwalter nur eine bezifferte Forderung bei der Verteilung der Insolvenzmasse berücksichtigen kann. Letzteres ergibt sich unmittelbar aus § 181 InsO. Danach kann die Feststellung nur in der Weise begehrt werden, wie die Forderung in der Anmeldung bezeichnet worden ist.

Die Forderungsanmeldung der Klägerin (Bl. 184 f. d.A.) lässt sich dahin auslegen, dass bezifferte oder der Höhe nach geschätzte Insolvenzforderungen geltend gemacht worden sind. Für das Schmerzensgeld ist ein Mindestbetrag von 20.000 EUR angegeben. Der Schätzwert des Anspruchs auf Ersatz sämtlicher materiellen und weiteren immateriellen Schäden lässt sich aus dem hierauf entfallenden Anteil des für die Gerichtskosten maßgeblichen Streitwerts der Klage von 20.000 EUR, der in der Anmeldung angegeben ist, ableiten. Die Berufungsanträge zu 4) und 5) entsprechen jedoch nicht der Forderungsanmeldung der Klägerin, weil sie keine Bezifferung oder Schätzung enthalten. Sie sind ohne Betragsangabe auf ein angemessenes Schmerzensgeld oder auf Ersatz sämtlicher materiellen und weiteren immateriellen Schäden gerichtet.

Der hieraus resultierenden Unzulässigkeit der Berufungsanträge zu 4) und 5) hat die Klägerin Rechnung getragen, indem sie auf den Hinweis des Senats die Hilfsanträge zu 4a) und 5a) gestellt hat, die den vorstehenden Anforderungen entsprechen und eine mit der ausgelegten Forderungsanmeldung übereinstimmende Bezifferung aufweisen. Dies gilt lediglich insoweit nicht, als die Klägerin in den Hilfsantrag zu 4a) Zinsen einbezogen hat, die in der Forderungsanmeldung nicht ausgewiesen sind. In diesem Umfang ist der Hilfsantrag zu 4a) ebenfalls unzulässig. Die Hilfsanträge zu 4a) und 5a) beschränken die mit Schriftsatz vom 17.1.2018 angekündigten Anträge und die die ursprünglichen Anträge klarstellend berichtigenden Berufungsanträge zu 4) und 5) in zulässiger Weise, § 264 Nr. 2 ZPO.

2. Der Klägerin steht gegen Dr. A gemäß § 823 Abs. 1 BGB wegen einer unterlassenen Warnung Dr. A vor der kosmetischen Behandlung ein Schmerzensgeldanspruch von 15.000 EUR und ein Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden von geschätzt 5.000 EUR zu.

a) Dr. A hat vor der kosmetischen Behandlung des Beklagten zu 1) eine Aufklärung und Warnung der Klägerin unterlassen, zu der er aufgrund einer Garantenstellung aus einem vergangenen rechtswidrigen Tun deliktsrechtlich verpflichtet war.

Im Prozessrechtsverhältnis zwischen der Klägerin und dem Beklagten zu 2) – wie auch der Beklagten zu 3) – steht fest, dass Dr. A vor der eigentlichen kosmetischen Behandlung zusammen mit der Klägerin in dem in der Wohnung des Beklagten zu 1) eingerichteten Behandlungszimmer war, mit dem Beklagten zu 1) kurz über ein anderes Thema als die Klägerin und deren anstehende Behandlung sprach und das Zimmer sodann vor Therapiebeginn verließ. Dies entspricht der Darstellung der Klägerin bei ihrer persönlichen Anhörung durch den Senat, die der Senat insgesamt als glaubhaft bewertet.

Sie deckt sich in diesem Punkt im Kern mit der Aussage der Klägerin am 26.5.2011 im Ermittlungsverfahren vor der Polizei, nach der Dr. A ebenfalls anwesend war, ohne sich in irgendeiner Weise an der kosmetischen Behandlung zu beteiligen. Das Vernehmungsprotokoll hat die Klägerin als Anlage zur Klageschrift zu den Akten gereicht und hierdurch ihren Vortrag ergänzt. Im Mai 2011, als die Erinnerung an das etwas über ein Jahr zurück liegende Geschehen notwendiger Weise besser war als in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat vom 18.9.2019, hatte die Klägerin keinen Grund, in Bezug auf die Anwesenheit von Dr. A falsche Angaben zu machen. Sie konnte nicht wissen, dass es auf diesen Punkt in einem späteren Rechtsstreit zwischen ihr und Dr. A bzw. dem Beklagten zu 2) als Nachlassinsolvenzverwalter ankommen würde. Nach dem Verlauf des vorliegenden Rechtsstreits konnte ihr dies nicht einmal bei ihrer Anhörung am 18.9.2019 vor Augen stehen. Nach dem Eindruck, den der Senat gewonnen hat, war die Klägerin bei ihrer Anhörung bestrebt, die damaligen Vorgänge richtig und vollständig zu schildern, soweit sie sich hieran angesichts der zwischenzeitlich vergangenen Zeit erinnerte. Erinnerungslücken hat sie offen eingeräumt, etwa in Bezug auf den Zustand der Wunden an den Knien bei ihrer Vorstellung im Universitätsklinikum G. Sie hat Umstände bekundet, die ihr je nach rechtlichem Ausgangspunkt des Senats hätten nachteilig sein können, beispielsweise, dass sie sich als Patientin des Beklagten zu 1) gefühlt habe. Aus der Sicht eines juristischen Laien hätte diese Angabe ohne weiteres dazu führen können, dass die Klage gegen die Beklagten zu 2) und 3), die Ansprüche gegen Dr. A voraussetzt, abgewiesen worden wäre. Da die Leistungsfähigkeit des Beklagten zu 1) wegen des gegen ihn gerichteten Strafverfahrens wegen Abrechnungsbetrugs und möglicher Regressansprüche der Geschädigten zweifelhaft ist, hätte ihr dies in besonderer Weise nachteilig sein können. Dies spricht für die Bereitschaft und den Willen, wahrheitsgemäß auszusagen. Gewisse Unterschiede zwischen ihren Angaben vor dem Senat im September 2019 und vor der Polizei im Mai 2011 erklären sich durch den erheblichen Zeitablauf oder die unterschiedliche Zielrichtung des Verfahrens und der gestellten Fragen. Dies gilt beispielsweise für die unterschiedliche Angabe der Höhe des in bar entrichteten Entgelts (März 2011: 200 EUR; September 2019: 150 EUR). Während die Klägerin nach dem polizeilichen Vernehmungsprotokoll im Rahmen der Nachbehandlung der Infektion nur wenige Male in der Praxis von Dr. A war, um ein Rezept, eine Überweisung oder ein Pflaster abzuholen, war sie nach ihren Bekundungen vor dem Senat vielfach dort, um den Beklagten zu 1) im Rahmen der Behandlung des Infekts eine lokale Wundbehandlung vornehmen und den Verband oder das Pflaster wechseln zu lassen. Ihre im Termin geäußerte Einschätzung, dass die Polizei diesen Umstand nicht erfragt hat, ist schlüssig, weil es den Ermittlungsbehörden in erster Line auf mögliche Anhaltspunkte für einen Abrechnungsbetrug zu Lasten der Krankenkasse ankam. Das betrügerische Vorgehen soll über Umsätze in der Apotheke des gemeinsam mit dem Beklagten zu 1) angeklagten Apothekers erfolgt sein, setzte also die Ausstellung von Rezepten voraus.

Wegen der rechtswidrigen Beschäftigung des Beklagten zu 1) als Nichtarzt, des hierdurch geschaffenen Anscheins der Arzteigenschaft und der hierdurch  begründeten Gefahren für Dritte war Dr. A, als er die Klägerin im Behandlungszimmer in der privaten Wohnung des Beklagte zu 1) sah und damit um eine Behandlungsabsicht wusste, verpflichtet, die Klägerin zu warnen und eine Behandlung im Rahmen des Möglichen zu verhindern. Aus dem an Dr. A gerichteten Schreiben der Ärztekammer B vom 17.12.2008 (SH I unter 7) ergibt sich, dass Dr. A wusste, dass der Beklagte zu 1) nicht über eine Approbation verfügte und daher nicht ärztlich tätig sein durfte. Das Schreiben hat einen entsprechenden Inhalt. Der Einwand der Beklagten, dass das Schreiben vom 17.12.2008 Dr. A möglicherweise nicht zugegangen sei, bezeichnet eine theoretische und damit für die Beweiswürdigung unerhebliche Möglichkeit. Nach der Lebenserfahrung erreichen amtliche Schreiben von sehr seltenen Ausnahmefällen abgesehen ihren Adressaten. Weder der Beklagte zu 2) noch die Beklagte zu 3) können sich aus eigener Wahrnehmung zu einem Zugang des Schreibens äußern. Insoweit unterscheidet sich die vorliegende Fallgestaltung von denjenigen, in denen Schuldner als Adressaten einer Rechnung, Mahnung oder eines ähnlichen Schreibens aus eigenem Wissen einen Zugang bestreiten. In diesem Fall ist der Einwand – anders als hier – beachtlich.

Einer Anhörung oder Parteivernehmung des Beklagten zu 1) zum Zwecke des Gegenbeweises hat der Beklagte zu 2) – wie die Beklagte zu 3) – nicht beantragt oder angeregt. Insbesondere haben er und die Beklagte zu 3) sich den Vortrag des Beklagten zu 1) aus dem Schriftsatz vom 13.12.2019, dass Dr. A die Indikation geprüft und bei Gabe der Spritze assistiert habe, nicht zu eigen gemacht. Zu einer Anhörung oder Parteivernehmung von Amts wegen sieht der Senat keinen Anlass. Unterstellt man den genannten Vortrag als wahr, würde er an den Dr. A treffenden Pflichten und am Ergebnis nichts ändern. Bei verstärkter Einbeziehung von Dr. A in den Ablauf des Geschehens hätte für diesen erst recht eine Warnpflicht bestanden.

Auf den Antrag der Klägerin, die sich den vorstehend genannten Vortrag des Beklagten zu 1) hilfsweise zu eigen gemacht hat (s. oben B I 2), ist eine Anhörung oder Parteivernehmung des Beklagten zu 1) ebenfalls nicht erforderlich. Die Haftung des Beklagten zu 2) – und der Beklagten zu 3) – dem Grunde nach ergibt sich bereits aus ihrem Hauptvorbringen zur kosmetischen Behandlung in der Wohnung des Beklagten zu 1), aus dem die Warnpflicht von Dr. A folgt.

b) Die Verletzung der Aufklärungs- und Warnpflicht durch Dr. A ist dafür ursächlich, dass sich die Klägerin durch den Beklagten zu 1) an beiden Knien kosmetisch behandeln ließ und hierdurch eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin in Gestalt einer Entzündung an beiden Knieinnenseiten, einer langwierigen Wundheilungsstörung und einer beidseitigen Spalthauttransplantation entstand.

Wäre Dr. A der Aufklärungs- und Warnpflicht nachgekommen, wäre die einem Fettabbau dienende kosmetische Behandlung der Knie unterblieben. Nach dem gewöhnlichen Verlauf der Dinge und der Lebenserfahrung hätte sich die Klägerin aufklärungsrichtig verhalten. Hätte sie gewusst, dass der Beklagte zu 1) kein Arzt war und eine entsprechende Befähigung vorspiegelte, hätte die Klägerin die Behandlung abgelehnt und die Wohnung verlassen.

Soweit es um die Kausalität der Injektionsbehandlung für die gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin in Gestalt einer Entzündung, einer langwierigen Wundheilungsstörung und einer beidseitigen Spalthauttransplantation geht, kann auf die Ausführungen unter B I 3 verwiesen werden. Zum einen ist ein Kausalzusammenhang unter Berücksichtigung des gesamten Sach- und Streitstands von allen Beklagten nicht in beachtlicher Weise bestritten worden und  jedenfalls aufgrund des im Wege des Urkundenbeweises verwertbaren Gutachtens von Dr. J der Vollbeweis eines solchen geführt.

Zum anderen ist auch zu Lasten von Dr. A sowie der Beklagten zu 2) und 3), die für sein Verhalten haften und daher die Beweislastverteilung gegen sich gelten lassen müssen, von einer Beweislastumkehr infolge einer einem groben Behandlungsfehler gleichstehenden Pflichtverletzung auszugehen. Die äußerste Unwahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs zwischen Injektionsbehandlung einerseits und Entzündung, Wundheilungsstörung und Spalthauttransplantation andererseits lässt sich aus den unter B I 3 dargelegten Gründen mangels ausreichender Anknüpfungstatsachen nicht nachweisen.

Eine Beweislastumkehr wegen eines groben Fehlers kommt vor allem im Rahmen eines ärztlichen Behandlungsverhältnisses in Frage. Die Dr. A treffende Aufklärungs- und Warnpflicht ähnelt einer Pflicht aus einem ärztlichen Behandlungsverhältnis in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht so sehr, dass eine Erstreckung der zum groben Fehler entwickelten Grundsätze gerechtfertigt ist. Die Pflicht resultiert aus der ärztlichen Tätigkeit von Dr. A, der in diesem Rahmen erfolgten Beschäftigung des Beklagten zu 1) in der Praxis und der Wahrnehmung, dass der Beklagte zu 1) eine invasive kosmetische Behandlung vornahm, die einem Arzt vorbehalten ist. Schwerwiegend und grob war die Verletzung der Aufklärungs- und Warnpflicht, weil Dr. A wusste, dass der Beklagte zu 1) kein approbierter Arzt war. Das Unterlassen der Warnung war und ist unverständlich. Das Wissen und die berufliche Erfahrung, die das Gesetz zum Schutz der Patienten voraussetzt, sind in der wahrgenommenen Behandlungssituation nicht nachgewiesen und gewährleistet.  Einer sachverständigen Beurteilung dieser Frage bedarf es, anders als in Prozessen gegen einen Arzt, bei denen es auf bestimmte Abweichungen vom Standard in einer konkreten Behandlungssituation und die in diesem Zusammenhang für eine Beurteilung erforderliche Fachkunde ankommt, nicht.

c) Ein Mitverschulden ist der Klägerin nicht anzurechnen. Der Beklagte zu 2) – und die Beklagte zu 3) – haben sich auf diesen Gesichtspunkt nicht berufen. Den Einwand des Beklagten zu 1), dass die Klägerin entgegen den gegeben Empfehlungen sofort gearbeitet, enge Hosen getragen und nicht zur Verlaufskontrolle erschienen sei, haben sie sich nicht zu eigen gemacht. Ohnehin würde ein Mitverschulden der Klägerin auch gegenüber dem schwerwiegenden Verursachungsbeitrag von Dr. A vollständig zurücktreten.

d) Die der Klägerin entstandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und immateriellen Nachteile werden durch ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR angemessen ausgeglichen. Hierzu wird auf die Ausführungen unter B I 5 verwiesen. Auch im Verhältnis zu Dr. A, mithin auch im Verhältnis zu den für sein Verhalten haftenden Parteien, ist der Gesichtspunkt der Genugtuung ebenfalls zu berücksichtigen. Dies folgt aus der Kenntnis von Dr. A von der fehlenden Approbation und dem Umstand, dass die Verletzung der ihn treffenden Aufklärungs- und Warnpflicht als schwerwiegend und grob zu beurteilen ist.

e) Die weiteren Schäden der Klägerin, die vom Hilfsantrag zu 5a umfasst sind, schätzt der Senat gemäß §§ 45 S. 1 InsO, 287 Abs. 1 ZPO auf 5.000 EUR. Dabei setzt er angesichts des Verletzungs- und Beschwerdebildes und der familiären Verhältnisse der Klägerin, die er zu ähnlich gelagerten Fällen in Beziehung setzen kann, für die Zeit von Anfang März 2010 bis Ende September 2010 einen Haushaltsführungsschaden von 3.150 EUR an (1,5 Stunden täglich oder 45 Stunden monatlich für sieben Monate zu je 10 EUR). Ein Verdienstausfallschaden ist nicht dargetan oder erkennbar. Insbesondere hat die Klägerin nicht dargelegt, dass sie über den Lohnfortzahlungszeitraum von sechs Wochen hinaus ihrer beruflichen Tätigkeit im Imbiss nicht nachgegangen ist. Hinzu kommen die Fahrtkosten für mindestens vier Fahrten zum Universitätsklinikum G, die aus den beigezogenen Behandlungsunterlagen hervorgehen. Die Wahrscheinlichkeit, dass sich die Klägerin einer Revision der Narben an den Knieinnenseiten unterziehen und hierdurch durch von ihr selbst zu tragende Behandlungskosten belastet werden wird, bewertet der Senat als gering, weshalb er hierfür nur einen geringen Ersatzbetrag von knapp unter 2.000 EUR im Rahmen der Schadenschätzung ansetzt. Die Klägerin, die keine Beschwerden hat, hat bisher nach ihrem Vorbringen keine konkreten Vorbereitungen für eine Revision aus ästhetischen Gründen getroffen. Insbesondere hat sie sich nicht zu einem plastischen Chirurgen oder einem anderen Arzt begeben, um die Möglichkeiten und Erfolgsaussichten prüfen zu lassen. Soweit der Klägerin Anwaltskosten für die vorgerichtliche Tätigkeit ihres Bevollmächtigten oder für die Vertretung wegen der Nebenklage im Strafverfahren entstanden sind, handelt es sich nicht um einen eigenen Schaden, weil die Ansprüche der Klägerin insoweit auf ihre Rechtsschutzversicherung übergegangen sind. Es ist nicht dargetan oder erkennbar, dass diese nicht eintrittspflichtig war und die Kosten nicht erstattet hat.

f) Der Schmerzensgeldanspruch und der Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden, die sich für die Klägerin aus der Verletzung der Warnpflicht gegen Dr. A ergeben, sind nicht verjährt.

Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen hat die Klägerin nicht vor dem Jahr 2011 erlangt, als sie nach ihrem Vortrag erfuhr, dass der Beklagte zu 1) keine Approbation als Arzt besaß. Die Dr. A vor der kosmetischen Behandlung treffende Warn- und Aufklärungspflicht knüpft hieran an. Eine frühere Kenntniserlangung behauptet der für die Voraussetzungen des § 199 Abs. 1 BGB darlegungs- und beweispflichtige Beklagte zu 2) – wie auch die Beklagte zu 3) – nicht. Von einer grob fahrlässigen Unkenntnis des Umstands, dass der Beklagte zu 1) kein Arzt war und keine Approbation besaß, ist aus den unter B I 6 dargelegten Gründen nicht auszugehen. Begann die regelmäßige Verjährung erst mit dem Schluss des Jahres 2011 wurde sie durch die am 29.12.2014 erfolgte Einreichung der Klage gegen Dr. A gehemmt, weil die Zustellung der Klage demnächst erfolgt ist (§§ 204 Abs. 1 Nr. 1 BGB, 167 ZPO). Wegen der Einzelheiten wird auf die Ausführungen unter B I 6 Bezug genommen, die im Verhältnis zum Beklagten zu 2) – und der Beklagten zu 3) – lediglich insoweit nicht gelten, als es um die für die Klägerin für die Ermittlung der ladungsfähigen Anschrift des Beklagten zu 1) benötigte Zeit und deren Auswirkungen auf die Zustellung der Klage an den Beklagten zu 1) geht. Dieser Gesichtspunkt ist nicht tragend und für die Verneinung einer Verjährung nicht entscheidungserheblich.

3. Der Klägerin steht gegen Dr. A ferner gem. §§ 280 Abs. 1, 278, 611 BGB und §§ 831 Abs. 1, 823 Abs. 1 BGB aus der Nachbehandlung des Infekts durch den Beklagten zu 1) für und als Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe von Dr. A ein Schmerzensgeldanspruch von 15.000 EUR und ein Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden von geschätzt 5.000 EUR zu. Die Ansprüche, die ihnen zugrunde liegenden gesundheitlichen Beeinträchtigungen und die weiteren Schäden decken sich mit denen, die sich bereits aus der unterlassenen Warnung Dr. A ergeben.

a) Hinsichtlich der Nachbehandlung ist ein Behandlungsverhältnis zwischen der Klägerin und Dr. A zustande gekommen. Der Beklagte zu 1) hat nach den Umständen als Vertreter von Dr. A gehandelt und für ihn konkludent die zum Vertragsschluss führende Willenserklärung abgegeben.

Die Klägerin hat bekundet, dass die Nachbehandlung des Infekts, die in der Regel jeden zweiten Tag durch den Beklagten zu 1) stattgefunden habe, teils in dessen Wohnung, teils aber auch in der Praxis von Dr. A erfolgt sei. Der Beklagte zu 1) habe immer ihre Versicherungskarte erbeten. In seiner Wohnung habe er ein Lesegerät gehabt.  In der Praxis von Dr. A sei sie wie jeder andere Patient empfangen worden, habe meist ihre Versicherungskarte der Mitarbeiterin am Empfang überlassen und sei in das Zimmer des Beklagten zu 1) oder in das Wartezimmer geschickt worden. Der Beklagte zu 1) habe ihr unter anderem Kompressionsstrümpfe verschrieben und ihr Medikamente verordnet. Die Rezepte  sind – jedenfalls teilweise – in der Dokumentation, die die Praxisnachfolgerinnen von Dr. A übermittelt haben, vermerkt. Das Gleiche gilt für zwei Überweisungen, die zur Behandlung der Klägerin im Universitätsklinikum G geführt haben.

Wie der Senat bereits dargelegt und im Einzelnen begründet hat, erachtet er die Aussage der Klägerin für insgesamt glaubhaft. Findet eine Behandlung teils in einer ärztlichen Praxis statt, wird die Versicherungskarte genutzt und werden Rezepte und Überweisungen erteilt, bei denen es sich nur um solche auf Vordrucken der Praxis von Dr. A gehandelt haben kann, wird aus der maßgeblichen Sicht des Patienten der zugelassene Vertragsarzt und Inhaber der Praxis vergütungsberechtigt und Vertragspartner.

Da der Beklagte zu 1) mit Einverständnis von Dr. A Patienten in dessen Praxis behandelt hat, hat Dr. A ihm stillschweigend eine Vollmacht zum Abschluss von Behandlungsverträgen erteilt. Das Einverständnis ergibt sich nicht nur mittelbar aus der Aussage der Klägerin – anders lässt sich das bekundete Verhalten der Mitarbeiterinnen am Empfang nicht erklären -, sondern auch aus dem Schreiben der Ärztekammer B vom 17.12.2008. Danach hat Dr. A gegenüber der Ärztekammer angegeben, sich vom Beklagten zu 1) vertreten zu lassen.

Eine Anhörung oder Parteivernehmung des Beklagten zu 1) zum Zwecke des Gegenbeweises hat der Beklagte zu 2) – wie die Beklagte zu 3) – nicht beantragt oder angeregt. Insbesondere haben er und die Beklagte zu 3) sich den Vortrag aus dem Schriftsatz vom 13.12.2019, nach dem Dr. A persönlich an der Nachbehandlung mitgewirkt, die Wunden gesehen und Behandlungsanweisungen gegeben hat, nicht zu Eigen gemacht. Zu einer Parteivernehmung von Amts wegen sieht der Senat keinen Anlass. Unterstellt man den genannten Vortrag als wahr, würde er am Zustandekommen eines Behandlungsverhältnisses zwischen der Klägerin und Dr. A und am Ergebnis nichts ändern. Bei persönlicher Einbeziehung von Dr. A wäre erst recht ein Vertragsverhältnis mit dem Inhaber der Praxis zustande gekommen.

b) Die Nachbehandlung des Infekts durch den Beklagten zu 1) war rechts- und pflichtwidrig und stellte einen groben Behandlungsfehler dar.

Dies ergibt sich aus den Ausführungen des Senats unter B I 2. Eine Heilbehandlung ohne ärztliche Approbation stellt sich per se als grob fehlerhaft dar. Eine derartige Vorgehensweise ist unverständlich. Das Wissen und die berufliche Erfahrung, die das Gesetz zum Schutz des Patienten voraussetzt, sind bei einer solchen Sachlage nicht gewährleistet. Medizinischer Sachkunde bedarf es für diese Beurteilung nicht, so dass es anders als in anderen Fällen, in denen es um eine Abweichung vom fachärztlichen Standard und dessen mögliche Qualifizierung als grob geht, keiner Einholung eines Sachverständigengutachtens bedarf.

An der Bewertung einer Nachbehandlung des Infekts durch den Beklagten zu 1) als grob würde sich nicht einmal dann etwas ändern, wenn man den Vortrag des Beklagten zu 1) aus dem Schriftsatz vom 13.12.2019, dass Dr. A persönlich an der Nachbehandlung mitgewirkt, die Wunden gesehen und Behandlungsanweisungen gegeben habe, zugrunde legen würden. Verfahrensrechtlich gibt es hierfür ohnehin keine Grundlage, weil sich der Beklagte zu 2) – und die Beklagte zu 3) – diesen nicht zu Eigen gemacht haben. Der Beklagte zu 1) war nicht als Arzt approbiert. Einen Ausbildungstand, bei dem eine Tätigkeit unter Aufsicht und nach Anweisungen zulässig gewesen wäre, lässt sich seinem Vorbringen und dem übrigen Akteninhalt, insbesondere den aus dem Strafverfahren vorgelegten Unterlagen, nicht entnehmen.

c) Die Nachbehandlung des Infekts durch den Beklagten zu 1) und der hierin liegende grobe Behandlungsfehler haben eine gesundheitliche Beeinträchtigung der Klägerin in Gestalt der Fortdauer der Entzündung an beiden Knieinnenseiten, einer langwierigen Wundheilungsstörung und einer beidseitigen Spalthauttransplantation verursacht. Der Primärschaden ergibt sich aus den Behandlungsunterlagen des Universitätsklinikums G.

Der Beklagte zu 2) muss – wie die Beklagte zu 3) – infolge des ihm zurechenbaren groben Behandlungsfehlers seines Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfen und der hieraus resultierenden Beweislastumkehr die äußerste Unwahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhangs beweisen. Diesen Beweis kann er nicht führen. Mangels ausreichender Anknüpfungstatsachen lässt sich nicht durch ein ärztliches Gutachten feststellen, dass ein approbierter Arzt in gleicher Weise vorgegangen wäre wie der Beklagte zu 1) oder dass eine andere Vorgehensweise den Schadenseintritt nicht verhindert und die Erkrankung nicht umgehend zur Ausheilung gebracht hätte. Auch eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit eines hypothetischen Verlaufs, welcher der tatsächlichen Entwicklung der Krankheit entspricht, lässt sich nicht erweisen. Die Vorstellungen der Klägerin beim Beklagten zu 1) zwischen der kosmetischen Behandlung im Februar oder März 2010 und September 2010, die dabei erhobenen Befunde und die getroffenen Maßnahmen sind – abgesehen von den im Sachverhalt wiedergegebenen punktuellen Eintragungen in der von den Praxisnachfolgerinnen von Dr. A übermittelten Karteikarte – nicht dokumentiert oder konkret vorgetragen. Es fehlt daher eine Grundlage, um die Richtigkeit der Therapie und die Erfolgsaussichten einer anderen Therapie zu beurteilen.

d) Die der Klägerin entstandenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und immateriellen Nachteile werden durch ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR angemessen ausgeglichen. Hierzu wird auf die Ausführungen unter B I 5 verwiesen. Auch soweit sich der Schmerzensgeldanspruch aus einer grob fehlerhaften Nachbehandlung der Infektion herleitet, sind Genugtuungsgesichtspunkte zu berücksichtigen. Dies folgt daraus, dass der Beklagte zu 1) und Dr. A um die fehlende Approbation und die fehlende Berechtigung zur Durchführung einer jeden Heilbehandlung durch den Beklagten zu 1) wussten.

e) Die weiteren Schäden der Klägerin, die vom Hilfsantrag zu 5a) umfasst sind, schätzt der Senat gemäß §§ 45 S. 1 InsO, 287 Abs. 1 ZPO auf 5.000 EUR. Hierzu wird auf die Darlegungen unter B II 2 e verwiesen.

f) Der Schmerzensgeldanspruch und der Anspruch auf Ersatz weiterer Schäden, die sich für die Klägerin aus der fehlerhaften Nachbehandlung der Infektion durch den Beklagten zu 1) gegen Dr. A ergeben, sind nicht verjährt.

Dies ergibt sich aus den Erläuterungen unter B II 2 f. Auch der aus der Nachbehandlung der Infektion durch den Beklagten zu 1) folgende Anspruch der Klägerin gegen Dr. A knüpft daran an, dass der Beklagte zu 1) keine Approbation als Arzt besaß. Hiervon erlangte die Klägerin vor dem Jahr 2011 keine Kenntnis.

III. Klage gegen die Beklagte zu 3)

Die Klägerin kann von der Beklagten zu 3) gem. §§ 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG wegen der unterlassenen Warnung Dr. A vor der kosmetischen Behandlung und gemäß §§ 280 Abs. 1, 278, 611, 831, 823 Abs. 1 BGB, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG wegen der Nachbehandlung durch den Beklagten zu 1) für und als Gehilfe von Dr. A die Zahlung eines Schmerzensgeldes von 15.000 EUR verlangen. Der Feststellungsantrag ist begründet.

1. Gegenüber der Beklagten zu 3), mit der Dr. A eine Berufshaftpflichtversicherung als Pflichtversicherung geschlossen hatte, besteht, weil Dr. A haftet, nach Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens ein Direktanspruch. Nach § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG kann der Dritte seinen Anspruch auf Schadensersatz im Fall einer Pflichtversicherung auch gegen den Versicherer geltend machen, wenn über das Vermögen des Versicherungsnehmers das Insolvenzverfahren eröffnet worden ist. Der Anspruch besteht nach § 115 Abs. 1 S. 2 VVG im Rahmen der Leistungspflicht des Versicherers aus dem Versicherungsverhältnis und, sofern eine Leistungspflicht nicht besteht, im Rahmen des § 117 Abs. 1 bis 4 VVG. Nach dem Wortlaut der Vorschrift fallen Nachlassinsolvenzverfahren unter § 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 VVG. Auch in diesem Fall wird über das Vermögen einer Person das Insolvenzverfahren eröffnet. Die Schutzwürdigkeit des Dritten ist nicht geringer als bei einem Insolvenzverfahren über das Vermögen eines Lebenden.

2. Aus den Ausführungen unter II 2 und 3 ergibt sich, dass Dr. A der Klägerin wegen der unterlassenen Warnung vor der kosmetischen Behandlung und wegen der Nachbehandlung durch den Beklagten zu 1) als Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe auf ein Schmerzensgeld von 15.000 EUR und auf den Ersatz weiterer Schäden haftet. Soweit die Beklagte zu 3) zu einzelnen Punkten Einwendungen erhoben oder Rechtsauffassungen vorgetragen hat, ist der Senat hierauf im Zusammenhang mit der Klage gegen den Beklagten zu 2) eingegangen. Hierauf wird Bezug genommen.

3. Der Direktanspruch der Klägerin gegen die Beklagte zu 3) ist nicht verjährt. Die von der Beklagten zu 3) erhobene Verjährungseinrede greift nicht durch.

Der Direktanspruch unterliegt der gleichen Verjährung wie der Schadensersatzanspruch gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer. Die Verjährung beginnt mit dem Zeitpunkt, zu dem die Verjährung des Schadenersatzanspruchs gegen den ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer beginnt. Die Hemmung, die Ablaufhemmung und der Neubeginn der Verjährung wirken auch gegenüber dem ersatzpflichtigen Versicherungsnehmer und umgekehrt (§ 115 Abs. 2 S. 1, 2 1. Halbs. und 4 VVG). Danach ist der Direktanspruch nicht verjährt, da der Anspruch der Klägerin gegen Dr. A nach den Erläuterungen unter B  II 2 f und 3 f, die teils auf die Ausführungen unter B I 6 Bezug nehmen, nicht verjährt ist. Dies muss die Beklagte zu 3) nach der vorstehend  dargestellten gesetzlichen Regelung gegen sich gelten lassen.

4. Soweit sich die Beklagte zu 3) auf einen eingeschränkten Umfang des Versicherungsschutzes und eine Freiheit von der Verpflichtung zur Leistung im Verhältnis zum Versicherungsnehmer Dr. A beruft, greifen die Einwendungen nicht durch.

a) Ob der Einwand der Beklagten zu 3) zutrifft, dass der Beklagte zu 1) und die gegen ihn selbst bestehenden Ersatzansprüche der Klägerin nach Ziffer 2 der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Besonderen Bedingungen und Risikobeschreibungen für die Haftpflichtversicherung Ärzte (SH II unter 1) nicht mitversichert sind, weil der Beklagte zu 1) kein approbierter Arzt gewesen sei, kann dahinstehen.

Die Direktansprüche leiten sich aus einem eigenen Verhalten Dr. A, das heißt der unterlassenen Warnung vor der kosmetischen Behandlung, und aus der eigenen Haftung von Dr. A für das Verhalten des Beklagten zu 1) als Verrichtungs- und Erfüllungsgehilfe im Rahmen der Nachbehandlung der Infektion her. In Bezug auf den letzten Punkt kommt es nicht darauf an, dass der Beklagte zu 1) im Jahr 2010 kein approbierter Arzt war. Nach Ziffer 3 a der genannten Bedingungen ist die gesetzliche Haftpflicht des Versicherungsnehmers aus der Beschäftigung von Vertretern, Assistenzärzten, angestellten Ärzten/Zahnärzten und Hilfspersonal mitversichert. Soweit der Beklagte zu 1) bei der Nachbehandlung der Infektion als Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe von Dr. A gehandelt hat, ist er jedenfalls als Hilfspersonal im Sinne der Versicherungsbedingungen tätig geworden. Soweit die Beklagte zu 3) im Schriftsatz vom 2.4.2020 auf die mögliche Nichtigkeit des zwischen dem Beklagten zu 1) und Dr. A bestehenden Beschäftigungsverhältnisses, etwa wegen Verstoßes gegen §§ 134 BGB, 5 HeilPrG verweist, übersieht sie, dass Hilfsperson jeder ist, der mit Wissen und Wollen des anderen in dessen Pflichtenkreis tätig wird. Auf das Bestehen und die Wirksamkeit eines Vertragsverhältnisses kommt es in diesem Zusammenhang nicht an.

b) Für Dr. A bestand Versicherungsschutz. Versichert war ausweislich des Versicherungsscheins vom 20.4.2009 die Tätigkeit als niedergelassener Arzt. Dr. A hatte im Jahr 2010 die Approbation nicht verloren. Vielmehr hatte die Bezirksregierung C mit Verfügung vom 8.6.2009 das Ruhen der Approbation angeordnet. Die Ruhensanordnung bewirkte ein vorübergehendes Berufsausübungsverbot. Der Beklagte konnte und durfte seine Praxis aber durch Vertreter weiter betreiben. Für ihn ist insbesondere der Arzt Dr. D tätig geworden. Für diesen Fall sehen die Versicherungsbedingungen ausdrücklich Versicherungsschutz vor. Eine Regelung des Inhalts, dass sich der Versicherungsschutz im Fall einer Ruhensanordnung auf den Vertreter und weiteres Hilfspersonal beschränkt und eigenes Verhalten des Versicherungsnehmers nicht mehr einschließt, lässt sich den Versicherungsbedingungen nicht entnehmen.

c) Nach dem Versicherungsschein vom 20.4.2009 bestand nur für bestimmte kosmetische Behandlungen Versicherungsschutz, unter die die im Streitfall durchgeführte Injektionslipolyse nicht fiel.

Die Haftung von Dr. A, für die die Beklagte zu 3) einzustehen hat, knüpft aber nicht an einer kosmetischen Behandlung an. Soweit es um die Nichterfüllung der Warnpflicht geht, hat Dr. A nicht eine nicht versicherte kosmetische Behandlung vorgenommen, sondern er hat eine ihm als Arzt obliegende allgemeine Pflicht nicht erfüllt. Die Warnpflicht hätte bei jeder bevorstehenden Behandlung eines möglichen Patienten durch den Beklagten zu 1) gleichermaßen gegolten. Bei der Nachbehandlung der Infektion durch den Beklagten zu 1) als Erfüllungs- und Verrichtungsgehilfe von Dr. A ging es nicht um eine kosmetische Behandlung. Dafür reicht es nicht aus, dass eine sich aus einer kosmetischen Behandlung entwickelnde Komplikation therapiert wird.

d) Ein Haftungsausschluss wegen Vorsatzes, auf den sich die Beklagte zu 3) beruft, greift nicht durch. Es ist weder schlüssig dargelegt noch lässt es sich feststellen, dass Dr. A oder der Beklagte zu 1) den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben.

Nach Ziffer 7.1 der in den Versicherungsvertrag einbezogenen Allgemeinen Versicherungsbedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHB) (im SH II unter 1) besteht allerdings kein Versicherungsschutz für Versicherungsansprüche aller Personen, die den Schaden vorsätzlich herbeigeführt haben. Die Regelung entspricht § 81 Abs. 1 VVG.

Soweit es um das Unterlassen einer Warnung geht, ist für eine vorsätzliche Herbeiführung des Schadens weder etwas dargetan oder erkennbar. Aus dem Vortrag der Klägerin, insbesondere den von ihr eingereichten Vernehmungsprotokollen aus dem Ermittlungsverfahren, ergibt sich, dass der Beklagte zu 1) trotz fehlender Approbation vor Februar/März 2010 bereits vielfach in ähnlicher Weise wie ihr gegenüber tätig geworden ist und kosmetische Behandlungen vorgenommen hat. Das Schreiben der Ärztekammer B vom 17.12.2008 belegt, dass der Beklagte zu 1) jedenfalls seit diesem Zeitpunkt, wenn auch in verbotener Weise und ohne Approbation, eigenständig wie ein Arzt tätig geworden ist. Bis zur Behandlung der Klägerin waren 15 Monate vergangen. Zu Komplikationen ist es bei anderen Personen nach dem Inhalt der Akten nicht gekommen. Auch die Beklagte zu 3) zeigt solche nicht auf. Dr. A konnte daher durchaus annehmen, dass die kosmetische Behandlung, obwohl sie gerade nach dem von Dr. J im Strafverfahren erstatteten Gutachten Erfahrung voraussetzt, gut gehen werde. Dies steht der Annahme entgegen, er habe den eingetretenen Schaden billigend in Kauf genommen und mit Dolus eventualis gehandelt.

Im Rahmen der Nachbehandlung der Infektion ist nichts dafür dargetan oder erkennbar, dass der Beklagte zu 1) oder Dr. A den Schaden vorsätzlich herbeiführten, insbesondere es billigend in Kauf nahmen, dass der Infekt gerade wegen der Behandlung durch einen nicht approbierten Arzt fortbestand und sich die Erforderlichkeit einer Spalthauttransplantation entwickeln würde. Wegen der im vorstehenden Absatz aufgezeigten Umstände konnten und durften sie durchaus annehmen, dass die Nachbehandlung gut gehen und erfolgreich sein würde. Dies steht der Annahme von Dolus eventualis entgegen.

Im Übrigen würde die Leistungspflicht der Beklagten zu 3), selbst wenn sie im Verhältnis zu Dr. A nach Ziffer 7.1 AHB von der Verpflichtung zur Leistung frei sein sollte, im Außenverhältnis zur Klägerin im Rahmen des Direktanspruchs nach der ausdrücklichen Bestimmung des § 117 Abs. 1 VVG bestehen bleiben. Die im Gesetz vorgesehenen Ausnahmen sind nicht einschlägig. Zwar ist der Versicherer nach § 117 Abs. 3 S. 1 VVG nur im Rahmen der vorgeschriebenen Mindestversicherungssumme und der von ihm übernommenen Gefahr zur Leistung verpflichtet. Erstere wird durch den zuerkannten Schmerzensgeldbetrag von 15.000 EUR jedoch nicht überschritten. Die im Versicherungsschein übernommene Gefahr ist vorliegend berührt. Ersatz von einem anderen Schadensversicherer oder einem Sozialversicherungsträger kann die Klägerin, soweit es um das Schmerzensgeld geht, nicht erlangen (§ 117 Abs. 3 S. 2 VVG).

5. Der Feststellungsantrag ist zulässig und begründet. Es ist möglich und stellt keinen völlig entfernt liegenden Geschehensablauf dar, dass der Klägerin künftig materielle oder weitere immaterielle Schäden entstehen. Insbesondere kann sich die Klägerin aus kosmetischen Gründen oder wegen etwa doch noch auftretender Beschwerden zu einer Korrektur der Narben an der Innenseite der Knie entschließen. Die sachlich-rechtlichen Voraussetzungen einer Schadensersatzpflicht liegen, wie aus den vorstehenden Ausführungen hervorgeht, vor.

IV. Nebenentscheidungen

Da alle Parteien auf die Bestimmung einer Schriftsatzfrist gemäß § 128 Abs. 2 S. 2 ZPO verzichtet haben, entspricht im schriftlichen Verfahren der Eingang der letzten Verzichtserklärung dem Schluss der mündlichen Verhandlung. Dies ist der 16.4.2020.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Soweit der Senat dem gegen die Beklagten zu 1) und 3) gerichteten Feststellungsantrag stattgegeben hat, hat er den Unterliegensanteil der Beklagten zu 1) und 3) mit 5.000 EUR bewertet. Wie aus der Schadenschätzung, die in Bezug auf den Beklagten zu 2) und die Feststellung zur Insolvenztabelle vorzunehmen war, hervorgeht, ist die auf den Feststellungsantrag hin erfolgte Verurteilung nur in diesem Umfang werthaltig. Dies hat zur Folge, dass alle Beklagten in einem Umfang, der dem halben Streitwert der Sache entspricht, verurteilt worden sind. Dies erklärt die vom Senat ausgesprochene Aufhebung der Kosten.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind solche des Einzelfalls. Dies gilt auch insoweit, als es sich um Rechtsfragen handelt, die dadurch aufgeworfen werden, dass eine einem Arzt vorbehaltene Behandlung durch einen nicht approbierten Scheinarzt vorgenommen worden ist. Es handelt sich um eine äußerst seltene Fallgestaltung, die dem Senat bisher noch nicht unterbreitet worden ist.

Wert des Berufungsverfahren: 40.000 EUR

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