Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Kleidung weg im Krankenhaus: Wer haftet, wenn persönliche Dinge in der Notaufnahme verschwinden?
- Der Notfall: Eine 95-jährige Patientin und ihre verschwundenen Wertsachen
- Vor Gericht: Was genau war passiert und was forderte die Patientin?
- Die entscheidende Frage: Musste das Krankenhaus für den Verlust aufkommen?
- Das Urteil des Landgerichts: Ein Teil des Schadens wird ersetzt
- Die Begründung des Gerichts: Warum das Krankenhaus haften muss
- Zinsen und Kosten: Die finanziellen Folgen des Urteils
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann ist ein Krankenhaus verpflichtet, auf persönliche Gegenstände von Patienten aufzupassen?
- Kann ein Krankenhaus seine Haftung für verlorene Patientensachen durch eine Hausordnung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen ausschließen?
- Was sollte ich tun, wenn meine persönlichen Gegenstände im Krankenhaus abhandenkommen?
- Welche Arten von Schäden kann ich geltend machen, wenn meine Sachen im Krankenhaus verloren gehen und das Krankenhaus haftet?
- Wer muss beweisen, dass die persönlichen Gegenstände im Krankenhaus verloren gegangen sind?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 04 O 84/22 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht Detmold
- Datum: 20.12.2022
- Aktenzeichen: 04 O 84/22
- Verfahrensart: Zivilklage
- Rechtsbereiche: Haftungsrecht, Vertragsrecht (insbesondere Behandlungs- und Verwahrungsvertrag), AGB-Recht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Eine 95-jährige Patientin, die wegen Atembeschwerden notfallmäßig in das Klinikum eingeliefert wurde und deren persönliche Gegenstände dort abhandenkamen. Sie forderte Schadensersatz für die verlorenen Gegenstände.
- Beklagte: Der Träger des Klinikums, in dem die Klägerin behandelt wurde. Das Klinikum bestritt die Haftung und verwies auf vertragliche Haftungsbeschränkungen.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Eine 95-jährige Patientin wurde notfallmäßig ins Klinikum der Beklagten eingeliefert. Während der Untersuchungen in der Notaufnahme kamen ihre persönlichen Gegenstände abhanden. Die Patientin forderte daraufhin Schadensersatz.
- Kern des Rechtsstreits: Zentral war die Frage der Haftung des Krankenhausträgers für abhandengekommenes Patienteneigentum bei einem Notfallaufenthalt. Dabei ging es um die Reichweite der Verwahrungspflichten aus dem Behandlungsvertrag und die Wirksamkeit von Haftungsbeschränkungen.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Landgericht Detmold verurteilte die Beklagte zur Zahlung von 1.955,97 Euro zuzüglich Zinsen an die Klägerin. Die weitergehende Klage der Patientin wurde abgewiesen.
- Begründung: Das Gericht sah eine Verletzung der Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag durch unzureichende Verwahrung der abgelegten Gegenstände. Haftungsbeschränkungsklauseln wurden als unwirksam angesehen, da der Schaden vor Vertragsunterzeichnung eintrat oder sie zu überraschend bzw. unwirksam waren. Das Abhandenkommen der Gegenstände im Klinikum wurde als erwiesen angesehen, und die Schadenshöhe geschätzt.
- Folgen: Die Beklagte muss der Klägerin den zugesprochenen Schadensersatz zahlen. Das Urteil verdeutlicht die Verantwortung von Krankenhausträgern für Patienteneigentum, auch bei Notfallaufnahmen und wenn keine explizite Verwahrungsvereinbarung besteht.
Der Fall vor Gericht
Kleidung weg im Krankenhaus: Wer haftet, wenn persönliche Dinge in der Notaufnahme verschwinden?
Jeder kann unerwartet in die Situation kommen, als Notfall ins Krankenhaus eingeliefert zu werden. In solch einem Moment zählt vor allem die medizinische Versorgung, und persönliche Gegenstände treten in den Hintergrund. Doch was geschieht, wenn Kleidung, Wertsachen oder sogar die Brille im Trubel der Notaufnahme verloren gehen? Wer kommt für den Schaden auf? Mit genau diesen Fragen musste sich das Landgericht Detmold in einem Urteil vom 20. Dezember 2022 (Aktenzeichen: 04 O 84/22) auseinandersetzen.
Der Notfall: Eine 95-jährige Patientin und ihre verschwundenen Wertsachen

Stellen Sie sich vor: Eine ältere Dame, Frau S., zu diesem Zeitpunkt 95 Jahre alt, bekommt plötzlich Atembeschwerden. Ihre Hausärztin, Dr. A., zögert nicht lange und veranlasst, dass Frau S. mit einem Rettungswagen in das Klinikum E., betrieben vom Krankenhausträger K., gebracht wird. Dort wird sie um kurz vor zehn Uhr morgens in der Notaufnahme aufgenommen. Frau S. trug normale Alltagskleidung: Leibwäsche, einen Wollpullover, eine Stoffhose und Lederschuhe.
In der Notaufnahme folgten verschiedene Untersuchungen. Ein EKG wurde geschrieben, Blut abgenommen, und ein sogenannter Pflegeanamnesebogen, ein Fragebogen zum pflegerischen Zustand, wurde ausgefüllt. Frau S. wurde während der gesamten Zeit liegend transportiert, zunächst zu einer Röntgenuntersuchung des Brustkorbs (Thorax-Röntgen) und dann wieder zurück in die Notaufnahme. Gegen Mittag, etwa um 12:15 Uhr, wurde sie schließlich auf die Station 2C verlegt. Doch einige ihrer persönlichen Dinge, die zwischenzeitlich in spezielle Patienteneigentumstüten mit ihrem Namen verpackt worden waren, kamen nicht mit ihr auf der Station an. Wann genau diese Tüten verschwanden, konnte nicht mehr geklärt werden.
Frau S., die nun ein Krankenhausnachthemd trug (warum, war zunächst unklar), bemerkte den Verlust und fragte im Laufe des Nachmittags mehrfach beim Pflegepersonal nach ihren Sachen. Leider blieben ihre Kleidung und andere persönliche Gegenstände unauffindbar. Noch am selben Abend berichtete sie ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn am Telefon und später bei einem Besuch im Krankenhaus von dem Verlust. Interessanterweise unterschrieb Frau S. erst am nächsten Tag, dem 19. November 2021, einen schriftlichen Behandlungsvertrag mit dem Klinikum K. Dieser Vertrag enthielt auch Hinweise auf die Hausordnung und die Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) – das oft umfangreiche „Kleingedruckte“ eines Vertrages.
Vor Gericht: Was genau war passiert und was forderte die Patientin?
Die Tochter und der Schwiegersohn von Frau S. bemühten sich in den folgenden Tagen, die verschwundenen Sachen aufzutreiben und sprachen mit verschiedenen Mitarbeitern des Klinikums K., erhielten aber unterschiedliche Auskünfte. Schließlich teilte das Klinikum K. mit, dass der Verlust zwar dem Haftpflichtversicherer gemeldet worden sei, dieser aber keine rechtliche Verantwortung des Klinikums sehe. Auch auf ein Schreiben des Anwalts von Frau S. blieb das Klinikum bei seiner Haltung: Man sehe keinen Anspruch und verwies auf den Klageweg. Daraufhin reichte Frau S. Klage ein.
Aber was genau war denn nun verschwunden und welchen Wert hatten diese Dinge? Frau S. gab an, dass folgende Gegenstände abhandengekommen seien: eine Daunenjacke (Wert damals noch 100 €), eine Stoffhose (44,98 €), ein Wollpullover (69,99 €), Leibwäsche (100 €), eine Wollmütze (20 €), Lederschuhe (80 €), eine Geldbörse (44,95 €), eine City-Tasche (129,99 €), eine Brille (1.400 €) und Hörgeräte (2.799,80 €). In der Geldbörse hätten sich zudem 50 € Bargeld, ihr Personalausweis (Ersatzbeschaffung 37 €) und eine Impfkarte (Ersatzbeschaffung 9,90 €) befunden. Da auch ihr Schlüssel weg war, mussten das Schloss ihrer Wohnung und die Schließanlage des Mehrfamilienhauses ausgetauscht werden, was Kosten von 434,27 € verursachte. Insgesamt forderte Frau S. also 5.320,88 € Schadensersatz.
Ihre Argumentation war einfach: Das Klinikum K. habe aufgrund des Behandlungsvertrages eine Pflicht gehabt, auf ihre Sachen aufzupassen (eine sogenannte Verwahrungspflicht), da sie sich wegen ihres Gesundheitszustandes und der Umstände nicht selbst darum kümmern konnte.
Das Klinikum K. sah das anders. Es war der Meinung, es sei gar kein gesonderter Vertrag über die Aufbewahrung der Sachen zustande gekommen. Falls doch, sei die Haftung durch die Hausordnung oder die AVB ausgeschlossen. Zudem bestritt das Klinikum, dass es für die Untersuchungen überhaupt notwendig gewesen sei, dass Frau S. ihren Wollpullover, die Stoffhose, die Leibwäsche und die Lederschuhe auszieht oder dass sie dazu aufgefordert worden sei. Für die anderen Gegenstände, wie die Brille oder die Hörgeräte, bestritt das Klinikum schlichtweg zu wissen, ob Frau S. diese überhaupt an jenem Tag bei sich geführt hatte oder ob sie nicht vielleicht schon in der Hausarztpraxis oder im Rettungswagen verloren gegangen waren. Schließlich hätten auch dort Untersuchungen stattgefunden.
Um Licht ins Dunkel zu bringen, hörte das Gericht insgesamt zehn Zeugen an und ließ eine weitere Zeugin schriftlich aussagen.
Die entscheidende Frage: Musste das Krankenhaus für den Verlust aufkommen?
Im Kern musste das Gericht also klären: Hatte das Klinikum K. eine Pflicht, auf die persönlichen Gegenstände von Frau S. aufzupassen? Wenn ja, wurde diese Pflicht verletzt? Und falls ja, welche der behaupteten Gegenstände sind tatsächlich im Verantwortungsbereich des Klinikums verschwunden und welchen Wert hatten sie? Eine weitere wichtige Frage war, ob die Haftungsausschlüsse in den Vertragsbedingungen des Klinikums wirksam waren.
Das Urteil des Landgerichts: Ein Teil des Schadens wird ersetzt
Das Landgericht Detmold entschied, dass das Klinikum K. an Frau S. einen Betrag von 1.955,97 € zahlen muss, zuzüglich Zinsen. Die Zinsen sind eine Art Entschädigung dafür, dass das Geld nicht rechtzeitig gezahlt wurde. Im Übrigen, also für den Rest der Forderung, wurde die Klage abgewiesen. Das bedeutet, Frau S. bekam nicht die volle Summe, die sie gefordert hatte.
Die Kosten des Rechtsstreits, also Anwalts- und Gerichtskosten, wurden zwischen Frau S. (63 %) und dem Klinikum K. (37 %) aufgeteilt, entsprechend dem Anteil, zu dem sie jeweils gewonnen bzw. verloren hatten. Das Urteil ist „vorläufig vollstreckbar“. Das heißt, Frau S. könnte das Geld schon eintreiben, müsste aber eine Sicherheit hinterlegen, falls das Urteil in einer höheren Instanz doch noch geändert wird. Umgekehrt könnte das Klinikum K. die Vollstreckung abwenden, indem es ebenfalls eine Sicherheit leistet.
Die Begründung des Gerichts: Warum das Krankenhaus haften muss
Aber wie kam das Gericht zu dieser Entscheidung? Schauen wir uns die Argumente genauer an.
Ein Vertrag schon bei der Aufnahme: Der Behandlungsvertrag und seine Pflichten
Zunächst stellte das Gericht fest, dass zwischen Frau S. und dem Klinikum K. ein sogenannter Behandlungsvertrag (§ 630a Bürgerliches Gesetzbuch – BGB) zustande gekommen war. Das Bürgerliche Gesetzbuch, kurz BGB, ist das zentrale Gesetzeswerk in Deutschland, das die Rechtsbeziehungen zwischen Privatpersonen regelt. Ein Behandlungsvertrag ist die rechtliche Grundlage für jede medizinische Behandlung.
Das Gericht betonte, dass dieser Vertrag bereits durch sogenanntes schlüssiges Verhalten (auch konkludentes Verhalten genannt) am Vormittag des 18. November 2021 zustande kam, als Frau S. in der Notaufnahme aufgenommen und mit den Untersuchungen begonnen wurde. Schlüssiges Verhalten bedeutet, dass man nicht ausdrücklich „Ja, ich will einen Vertrag“ sagen muss, sondern durch sein Tun zeigt, dass man einen Vertrag abschließen möchte. Wenn ein Patient sich behandeln lässt und das Krankenhaus die Behandlung durchführt, ist das ein klarer Fall. Die spätere Unterschrift unter den schriftlichen Vertrag am Folgetag änderte daran nichts, denn ein Behandlungsvertrag braucht keine bestimmte Form, also keine Schriftform, um gültig zu sein.
Aufsichtspflicht verletzt: Das Krankenhaus hätte besser aufpassen müssen
Aus diesem Behandlungsvertrag ergibt sich nicht nur die Pflicht zur medizinischen Behandlung, sondern auch sogenannte Nebenpflichten. Das sind Pflichten, die zwar nicht ausdrücklich im Vertrag stehen, sich aber aus dem Sinn und Zweck des Vertrages und dem Grundsatz von Treu und Glauben ergeben – also dem Gebot fairen und ehrlichen Verhaltens. Eine solche Nebenpflicht ist es laut Gericht, für mitgebrachte Gegenstände der Patienten, insbesondere Wertgegenstände, geeignete Aufbewahrungsmöglichkeiten zu schaffen, wenn die Patienten diese aufgrund der Behandlung ablegen müssen und sich nicht selbst darum kümmern können. Das Klinikum K. habe diese Nebenpflicht verletzt, indem es die von Frau S. mitgeführten und abgelegten Gegenstände nicht ausreichend sicher verwahrt hat.
Das Klinikum muss dabei abwägen zwischen dem Bedürfnis, die Sachen sicher aufzubewahren, und den vorrangigen Belangen der ärztlichen und pflegerischen Versorgung.
Unwirksame Haftungsausschlüsse: Kleingedrucktes schützte das Krankenhaus nicht
Das Klinikum K. hatte argumentiert, seine Haftung sei durch Klauseln in den Allgemeinen Vertragsbedingungen (AVB) und der Hausordnung ausgeschlossen. Diese waren Teil des schriftlichen Behandlungsvertrages, den Frau S. aber erst am Tag nach dem Verlust ihrer Sachen unterschrieben hatte. Hier sagte das Gericht klar: Diese Haftungsausschlüsse greifen nicht!
Warum nicht? Erstens geschah der Schaden schon am 18. November, also bevor Frau S. den Vertrag mit diesen Klauseln überhaupt unterschrieben hatte. Aus dem Text der Klauseln ergab sich nicht, dass sie rückwirkend gelten sollten. Selbst wenn man sie so verstehen würde, wären sie laut Gericht gemäß § 305c Absatz 1 BGB nicht Vertragsbestandteil geworden. Diese Vorschrift schützt Verbraucher vor sogenannten überraschenden Klauseln – das sind Bestimmungen in AGB, die so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner vernünftigerweise nicht mit ihnen rechnen muss. Eine rückwirkende Haftungsbeschränkung wäre so eine Überraschung gewesen.
Zweitens, selbst wenn die Klauseln rechtzeitig vereinbart worden wären, wären sie nach Ansicht des Gerichts unwirksam. Nach § 309 Nummer 7 Buchstabe b) BGB sind Klauseln in AGB unwirksam, die die Haftung für Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper oder Gesundheit ausschließen, die auf einer fahrlässigen Pflichtverletzung des Verwenders (hier des Klinikums) oder einer vorsätzlichen oder fahrlässigen Pflichtverletzung eines gesetzlichen Vertreters oder Erfüllungsgehilfen des Verwenders beruhen. Für sonstige Schäden gilt dies, wenn der Ausschluss für grob fahrlässiges Verschulden gilt. Die Klauseln des Klinikums K. waren so formuliert, dass sie auch die Haftung für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten des Klinikums und seiner Mitarbeiter ausschlossen. Das geht nicht. Bei der Auslegung von AGB gilt zudem: Im Zweifel geht eine unklare Klausel zulasten des Verwenders (§ 305c Absatz 2 BGB – die kundenfreundlichste Auslegung).
Die Pflicht zur Aufbewahrung bestand auch konkret gegenüber Frau S. Das Klinikum meinte, Frau S. sei ja wach und ansprechbar gewesen und hätte selbst auf ihre Sachen achten können. Das Gericht sah das anders. Zwar gelten für bewusstlose oder demente Patienten noch strengere Aufsichtspflichten. Aber von einer 95-jährigen Patientin, die als Notfall ins Krankenhaus kommt – was für jeden eine aufregende und belastende Situation ist – könne man nicht erwarten, dass sie sich in diesem Zustand selbst um ihr Eigentum kümmert, während sie von Untersuchung zu Untersuchung geschoben wird. Die Zeugenbefragung hatte ergeben, dass Frau S. sich nicht selbstständig im Klinikum bewegte, sondern durchgehend liegend von Mitarbeitern des Klinikums oder eines von ihm beauftragten Unternehmens transportiert wurde.
Erschwerend kam hinzu, dass das Klinikum K. für solche Fälle offenbar keine klaren internen Regeln oder Dienstanweisungen hatte, wie mit Patienteneigentum umzugehen ist. Eine Zeugin aus dem Personal verstand „Verwahrung“ nur im Zusammenhang mit handlungsunfähigen Patienten, für die es eine Dienstanweisung gab. Für andere Fälle, wie den von Frau S., gab es kein geregeltes Vorgehen. Das bestätigten auch andere Zeugen, die von unbeschrifteten oder nicht eindeutig zugeordneten Patienteneigentumstüten in hektischen Notaufnahmesituationen berichteten.
Beweise und Indizien: Wie das Gericht den Hergang rekonstruierte
Nun zur kniffligen Frage: Welche Gegenstände sind denn nun tatsächlich im Verantwortungsbereich des Klinikums K. verschwunden? Hier musste das Gericht die Beweise würdigen. Nach § 286 Zivilprozessordnung (ZPO) – das ist das Gesetzbuch, das die Regeln für Gerichtsverfahren in Zivilsachen festlegt – entscheidet das Gericht nach seiner freien Überzeugung, ob eine Behauptung wahr ist oder nicht. Es muss dabei das gesamte Ergebnis der Verhandlungen und der Beweisaufnahme berücksichtigen.
Das Gericht war davon überzeugt, dass Frau S. folgende Gegenstände im Klinikum K. abhandengekommen sind: Daunenjacke, Stoffhose, Wollpullover, Wollmütze, Lederschuhe, Geldbörse mit 50 € Bargeld, Personalausweis und Corona-Impfnachweis, eine Citytasche/Handtasche sowie Haus- und Wohnungsschlüssel. Diese Überzeugung stützte sich auf eine „geschlossene Kette von Indizien“. Ein Indiz ist ein mittelbarer Hinweis, der auf eine bestimmte Tatsache schließen lässt. Viele solcher Hinweise zusammen können ein klares Bild ergeben.
Die Haushaltshilfe von Frau S., Zeugin B., bestätigte glaubhaft, dass Frau S. die genannten Kleidungsstücke und Gegenstände bei sich hatte, als sie zur Hausarztpraxis ging und in den Rettungswagen gebracht wurde. Die Hausärztin, Zeugin Dr. A., bestätigte, dass keine Gegenstände in ihrer Praxis zurückblieben. Ein Zeuge, der für die Rettungsdienste tätig ist (Zeuge O.), schilderte die gründliche Reinigung der Rettungswagen, die ein Zurückbleiben von Gegenständen sehr unwahrscheinlich macht. Die Mitarbeiterinnen aus der Notaufnahme (Zeuginnen G. und N.) hatten zwar keine konkreten Erinnerungen an Frau S. – was bei der Vielzahl von Patienten verständlich ist – gaben aber an, dass ihnen Besonderheiten, wie etwa fehlende Kleidung beim Verlegen auf die Station, aufgefallen wären.
Nicht alle von Frau S. genannten Gegenstände sah das Gericht als verloren an:
- Hörgeräte: Hier konnte nicht mit ausreichender Sicherheit festgestellt werden, dass sie im Klinikum verschwanden. Der Pflegeanamnesebogen war unklar. Zeugen konnten nicht aus eigener Anschauung bestätigen, dass Frau S. die Hörgeräte an jenem Morgen trug, sondern schlossen dies nur aus Gewohnheit. Da Frau S. am Abend ohne Hörgeräte mit ihrer Tochter und ihrem Schwiegersohn telefonieren konnte, blieben Zweifel. Diese Zweifel gehen zulasten von Frau S., da sie die Beweislast für den Verlust und dessen Umstände trägt.
- Leibwäsche: Diese war nicht verschwunden. Die Tochter von Frau S. (Zeugin F.) bestätigte, dass ihre Mutter die Leibwäsche am Abend des Verlusttages noch unter dem Krankenhausnachthemd trug.
Bei der Oberbekleidung und den Schuhen war das Gericht aber überzeugt, dass sie im Klinikum abhandenkamen, da sie nicht mit auf die Station gelangten. Frau S. hatte sich nicht selbst umgezogen. Eine Zeugin aus der Pflege (Zeugin N.) erklärte, dass Patienten Krankenhausnachthemden nicht selbstständig erreichen können und ein Umziehen durch die 95-jährige Frau S. in ihrem damaligen Zustand unmöglich gewesen sei. Das bedeutete: Das Personal musste sie umgezogen haben. Und damit war das Klinikum K. auch für die sichere Verwahrung der abgelegten Kleidung verantwortlich.
Das Klinikum K. konnte auch nicht beweisen, dass es den Verlust nicht zu vertreten hat. Nach § 280 Absatz 1 Satz 2 BGB wird bei einer Pflichtverletzung aus einem Vertrag vermutet, dass der Schuldner (hier das Klinikum) die Pflichtverletzung auch zu vertreten hat, also dafür verantwortlich ist. Das Klinikum hätte darlegen und beweisen müssen, dass es alles Notwendige und Zumutbare getan hat, um den Verlust zu verhindern, oder dass der Verlust auf Umständen beruhte, für die es nicht verantwortlich ist. Das gelang nicht.
Die Höhe des Schadens: Was ist ein getragener Pullover noch wert?
Schließlich musste das Gericht die Höhe des Schadens bestimmen. Da für gebrauchte Gegenstände selten genaue Kaufbelege für den aktuellen Wert vorliegen, darf das Gericht den Schaden gemäß § 287 Absatz 1 ZPO schätzen. Das Gericht schätzte wie folgt:
- Jacke: 100,00 €
- Stoffhose: 44,98 €
- Wollpullover: 69,99 €
- Mütze: 20,00 €
- Schuhe: 80,00 €
Den Wert der Kleidungsstücke schätzte das Gericht anhand der Angaben von Frau S. zu ihrem Einkaufsverhalten (sie kaufte regelmäßig neue Kleidung in Fachgeschäften) und der Aussage ihrer Tochter sowie dem gepflegten Erscheinungsbild von Frau S. - Geldbörse: 40,00 € (statt 44,95 €)
- Handtasche: 100,00 € (statt 129,99 €)
Hier nahm das Gericht einen sogenannten Abzug „neu für alt“ vor. Frau S. hatte Belege für neu gekaufte Ersatzsachen vorgelegt. Da die verlorenen Sachen aber gebraucht waren, konnte sie nicht den vollen Neuwert ersetzt verlangen. - Brille: 1.120,00 € (statt 1.400 €)
Auch hier wurde der Zeitwert geschätzt. Die verlorene Brille war etwa ein Jahr alt. Das Gericht ging von einer durchschnittlichen Nutzungsdauer von fünf Jahren aus und zog daher 1/5 des Neuwerts ab. - Personalausweis: 37,00 € (volle Kosten, da geringe Abnutzung)
- Impfbescheinigung: 9,90 € (volle Kosten, üblich und angemessen)
- Bargeld: 50,00 € (Tochter bestätigte, dass Frau S. regelmäßig so viel Bargeld bei sich trug)
- Austausch der Schließanlage: 284,10 € (statt 434,27 €)
Diese Kosten waren notwendig, weil mit dem Haustürschlüssel auch der Personalausweis von Frau S. verschwunden war. Dadurch bestand die Gefahr, dass ein unehrlicher Finder den Schlüssel der Adresse hätte zuordnen können. Die Höhe wurde durch die Aussage des Schwiegersohns (Zeuge L.) nachvollziehbar belegt. Warum hier nicht die volle Summe zugesprochen wurde, geht aus den veröffentlichten Urteilsgründen nicht detailliert hervor, aber es könnte sein, dass nur ein Teil der Kosten als direkt auf den Schlüsselverlust zurückführbar angesehen wurde oder ebenfalls ein Abzug erfolgte.
Insgesamt ergab sich so die Summe von 1.955,97 €.
Zinsen und Kosten: Die finanziellen Folgen des Urteils
Den Anspruch auf Zinsen hatte Frau S. ab dem 19. Januar 2022. Das Klinikum K. hatte mit Schreiben vom 18. Januar 2022 die Leistung endgültig verweigert und auf den Klageweg verwiesen. Ab dem Folgetag befand es sich daher im sogenannten Verzug (§§ 286, 288 BGB), was bedeutet, dass es für die verspätete Zahlung Zinsen schuldet.
Die Entscheidungen über die Verteilung der Prozesskosten und die vorläufige Vollstreckbarkeit beruhen auf den allgemeinen Regeln der Zivilprozessordnung (§§ 92 Absatz 1, 709 ZPO).
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt klar auf, dass Krankenhäuser eine rechtliche Verantwortung für die persönlichen Gegenstände ihrer Patienten tragen, wenn diese die Sachen für Behandlungen ablegen müssen und sich nicht selbst darum kümmern können. Auch wenn kein ausdrücklicher Verwahrungsvertrag geschlossen wird, entsteht aus dem Behandlungsvertrag eine Nebenpflicht zur sicheren Aufbewahrung von Patienteneigentum. Versuche der Kliniken, sich durch Kleingedrucktes oder Hausordnungen von jeder Haftung freizustellen, sind oft unwirksam – besonders wenn diese Klauseln auch grobe Fahrlässigkeit oder Vorsatz ausschließen sollen. Das Urteil macht deutlich, dass Patienten nicht schutzlos sind, wenn ihre Wertsachen im Krankenhaus verschwinden, und sie haben gute Chancen auf Schadensersatz, wenn sie den Verlust nachweisen können.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann ist ein Krankenhaus verpflichtet, auf persönliche Gegenstände von Patienten aufzupassen?
Grundsätzlich sind Patienten im Krankenhaus für ihre persönlichen Gegenstände selbst verantwortlich. Dies gilt ähnlich wie in anderen öffentlichen Einrichtungen. Ein Krankenhaus ist nicht automatisch ein Verwahrungsort für alle mitgebrachten Gegenstände.
Wann entsteht eine besondere Obhutspflicht des Krankenhauses?
Eine besondere Verantwortung des Krankenhauses für die persönlichen Gegenstände eines Patienten entsteht jedoch dann, wenn der Patient aufgrund seines Zustandes oder der medizinischen Behandlung nicht mehr selbst in der Lage ist, auf sein Eigentum zu achten. Diese Pflicht ergibt sich als sogenannte Nebenpflicht aus dem Behandlungsvertrag, also der Vereinbarung über die medizinische Versorgung zwischen Patient und Krankenhaus. Das bedeutet, neben der Hauptleistung der Behandlung hat das Krankenhaus auch bestimmte begleitende Pflichten.
Typische Situationen, in denen eine solche Obhutspflicht des Krankenhauses entsteht, sind:
- Bei eingeschränkter Handlungsfähigkeit: Wenn Sie beispielsweise als Notfall eingeliefert werden und bewusstlos sind oder aufgrund einer schweren Krankheit, einer Operation oder starker Medikation nicht mehr selbst auf Ihre Sachen achten können, muss das Krankenhaus eine angemessene Obhut über Ihre persönlichen Gegenstände übernehmen. Das betrifft insbesondere die Dinge, die Sie am Körper tragen oder in unmittelbarer Reichweite haben (z.B. Kleidung, Portemonnaie, Handy).
- Im Zusammenhang mit der Behandlung: Wenn es für eine Untersuchung oder Behandlung notwendig ist, dass Sie Ihre Kleidung oder Wertgegenstände ablegen (z.B. vor einer Operation, einem MRT oder einer speziellen Untersuchung), muss das Krankenhaus diese sicher verwahren. Das betrifft Gegenstände, die Sie der Krankenhausmitarbeiterin oder dem Krankenhausmitarbeiter übergeben, um die Behandlung zu ermöglichen.
- Bei ausdrücklicher Übergabe zur Verwahrung: Wenn Sie dem Krankenhaus oder seinem Personal bestimmte Wertgegenstände (wie Schmuck, größere Geldbeträge oder wichtige Dokumente) explizit zur sicheren Aufbewahrung übergeben und diese vom Krankenhaus angenommen werden, entsteht ebenfalls eine klare Verwahrungspflicht. Viele Krankenhäuser bieten dafür spezielle Safes oder verschließbare Fächer an.
Was bedeutet das für Ihre Gegenstände?
Die Obhutspflicht des Krankenhauses bezieht sich typischerweise auf die Gegenstände, die ein Patient üblicherweise bei sich trägt oder die für den Krankenhausaufenthalt notwendig sind. Es geht dabei um die notwendigen oder üblichen persönlichen Dinge und nicht um Luxusgüter oder übermäßig viele Wertgegenstände, die nicht dringend benötigt werden.
Um Missverständnisse und mögliche Verluste zu vermeiden, ist es für Patienten oft ratsam, Wertgegenstände wie teuren Schmuck, große Geldbeträge oder nicht benötigte Kreditkarten und elektronische Geräte möglichst zu Hause zu lassen, wenn dies Ihr Zustand zulässt. Im Krankenhaus ist es immer sicherer, nur das Nötigste mitzuführen. Sollten Sie als Notfall eingeliefert werden und keine Möglichkeit haben, Ihre Wertgegenstände selbst zu sichern, übernimmt das Krankenhaus unter den genannten Bedingungen die Obhut.
Kann ein Krankenhaus seine Haftung für verlorene Patientensachen durch eine Hausordnung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen ausschließen?
Ein Krankenhaus kann seine Haftung für verlorene Patientensachen durch eine Hausordnung oder Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) nicht beliebig und nicht vollständig ausschließen. Solche Klauseln sind rechtlich stark eingeschränkt und oft unwirksam, insbesondere wenn sie Patientinnen und Patienten unangemessen benachteiligen.
Grenzen für Haftungsausschlüsse durch Allgemeine Geschäftsbedingungen
Allgemeine Geschäftsbedingungen sind vorgefertigte Vertragsbedingungen, die für eine Vielzahl von Verträgen verwendet werden. Sie unterliegen in Deutschland einer strengen gerichtlichen Kontrolle nach den Paragraphen 305 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB). Das bedeutet: Auch wenn ein Krankenhaus eine Klausel in seine Hausordnung oder AGB aufnimmt, ist diese nicht automatisch wirksam.
Wann sind solche Klauseln unwirksam?
Klauseln, die die Haftung eines Krankenhauses für verlorene Patientensachen ausschließen oder stark einschränken, können aus verschiedenen Gründen unwirksam sein:
- Überraschende Klauseln: Eine Klausel ist unwirksam, wenn sie so ungewöhnlich ist, dass die Patientin oder der Patient nicht mit ihr rechnen musste. Stellen Sie sich vor, Sie lassen Ihre Brille kurz auf dem Nachttisch liegen und sie verschwindet. Eine Klausel, die jegliche Haftung dafür ausschließt, könnte überraschend sein, weil man erwartet, dass auf persönliche Gegenstände im Krankenhaus eine gewisse Obhut ausgeübt wird.
- Unangemessene Benachteiligung: Die wichtigste Grenze ist die unangemessene Benachteiligung. Eine Klausel benachteiligt unangemessen, wenn sie von grundlegenden gesetzlichen Prinzipien abweicht und die Interessen der Patientin oder des Patienten einseitig missachtet.
- Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit: Eine Haftung für Schäden, die vorsätzlich oder durch grobe Fahrlässigkeit verursacht wurden, kann niemals durch AGB ausgeschlossen werden. Grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn jemand eine so offensichtliche und schwere Pflichtverletzung begeht, dass dies jedem einleuchten müsste. Für Sie bedeutet das: Wenn ein Krankenhausmitarbeiter absichtlich oder extrem unachtsam handelt und dadurch Ihr Eigentum verloren geht, ist ein Haftungsausschluss unwirksam.
- Wesentliche Vertragspflichten: Auch bei leichter Fahrlässigkeit (normale Unachtsamkeit) kann die Haftung nicht ausgeschlossen werden, wenn es sich um die Verletzung einer wesentlichen Vertragspflicht handelt. Dazu gehört auch die Obhutspflicht über mitgebrachte Gegenstände, die für den Krankenhausaufenthalt typischerweise mitgeführt werden (z.B. Kleidung, Hygieneartikel, notwendige Gehhilfen oder Brillen). Die Sicherung dieser Gegenstände ist oft Teil der Gesamtleistung des Krankenhauses.
- Verstoß gegen gesetzliche Wertungen: Viele Klauseln verstoßen gegen grundlegende Schutzvorschriften des BGB, die verhindern sollen, dass Verbraucher durch AGB übervorteilt werden. Diese Regeln dienen dem Schutz der Patientinnen und Patienten als juristische Laien.
Was bedeutet das für Patientinnen und Patienten?
Auch wenn eine Hausordnung oder AGB des Krankenhauses einen Haftungsausschluss für verlorene Patientensachen enthält, bedeutet dies nicht zwangsläufig, dass dieser rechtlich wirksam ist. Im Falle eines Verlusts kann das Krankenhaus weiterhin zur Zahlung von Schadensersatz verpflichtet sein, wenn die Klausel unwirksam ist. Die Beurteilung der Wirksamkeit hängt immer von den genauen Formulierungen der Klausel und den Umständen des Einzelfalls ab.
Für Sie ist es wichtig zu wissen, dass solche pauschalen Haftungsausschlüsse oft keinen Bestand haben, insbesondere wenn es sich um den Verlust von Alltagsgegenständen handelt, die im Krankenhaus notwendig sind oder typischerweise mitgeführt werden. Das Krankenhaus hat eine gewisse Fürsorgepflicht, die sich auch auf das Eigentum der Patientinnen und Patienten erstrecken kann. Für Wertsachen (z.B. teurer Schmuck, große Geldbeträge) wird Patientinnen und Patienten aber in der Regel empfohlen, diese nicht mit ins Krankenhaus zu bringen oder sie in den dafür vorgesehenen Safes oder Wertschließfächern des Krankenhauses zu deponieren. Wird dies versäumt und Wertsachen verschwinden, kann dies die Haftung des Krankenhauses unter Umständen mindern.
Was sollte ich tun, wenn meine persönlichen Gegenstände im Krankenhaus abhandenkommen?
Wenn persönliche Gegenstände während eines Krankenhausaufenthalts abhandenkommen, ist schnelles und systematisches Vorgehen wichtig.
Sofortige Maßnahmen im Krankenhaus
Melden Sie den Verlust umgehend dem Pflegepersonal auf Ihrer Station. Das Personal ist der erste Ansprechpartner und kann erste Schritte einleiten, wie beispielsweise eine interne Suche oder die Information der Stationsleitung.
Es ist ratsam, auf die Erstellung eines offiziellen Verlustberichts oder einer internen Verlustmeldung zu bestehen. Fragen Sie nach, wie der Verlust intern dokumentiert wird. Notieren Sie sich den Namen der Person, mit der Sie gesprochen haben, sowie das Datum und die genaue Uhrzeit des Gesprächs. Beschreiben Sie die verlorenen Gegenstände so präzise wie möglich, inklusive ihres letzten bekannten Standortes und des vermuteten Verlustzeitpunkts.
Rechtliche Grundlagen der Haftung
Grundsätzlich ist ein Krankenhaus nicht automatisch für den Verlust persönlicher Gegenstände der Patienten haftbar. Patienten sind in der Regel für die sichere Verwahrung ihrer eigenen Wertgegenstände selbst verantwortlich. Viele Krankenhäuser weisen auch ausdrücklich darauf hin, dass sie für mitgebrachte persönliche Gegenstände keine Haftung übernehmen, es sei denn, diese wurden ausdrücklich zur Verwahrung übergeben.
Eine Haftung des Krankenhauses kann jedoch unter bestimmten Umständen in Betracht kommen:
- Verwahrungsvertrag: Wenn Sie ausdrücklich Wertsachen wie Bargeld, Schmuck oder elektronische Geräte dem Krankenhauspersonal zur sicheren Verwahrung übergeben haben (z.B. in einem Tresor oder an der Verwaltung), und das Krankenhaus diese Gegenstände tatsächlich zur Verwahrung angenommen hat, entsteht ein sogenannter Verwahrungsvertrag. Das Krankenhaus hat dann eine besondere Pflicht, diese Gegenstände sorgfältig zu behandeln und sicher zu verwahren. Kommen die Gegenstände unter diesen Umständen abhanden, kann eine Haftung des Krankenhauses bestehen.
- Verletzung der Obhutspflicht durch grobe Fahrlässigkeit: Eine Haftung könnte auch entstehen, wenn das Krankenhaus oder seine Mitarbeiter eine spezifische Obhutspflicht grob fahrlässig verletzt haben und dies ursächlich für den Verlust war. Dies ist jedoch eher die Ausnahme und erfordert eine genaue Prüfung des Einzelfalls. Beispiele hierfür könnten sein, wenn Gegenstände, die offenkundig einer besonderen Obhut bedurften, aufgrund einer bewussten und schwerwiegenden Missachtung von Sicherheitsstandards abhandenkommen.
Dokumentation und weitere Schritte
Sammeln und bewahren Sie alle relevanten Informationen und Belege auf. Dazu gehören:
- Die oben erwähnten Aufzeichnungen über Gespräche mit dem Krankenhauspersonal (Datum, Uhrzeit, Name der Kontaktperson).
- Jegliche interne Verlustmeldung oder schriftliche Bestätigung des Krankenhauses über den gemeldeten Verlust.
- Belege über den Wert der verlorenen Gegenstände (z.B. Kaufbelege, Rechnungen, Fotos).
Prüfen Sie, ob eine Hausratversicherung den Verlust abdeckt. Viele Hausratversicherungen bieten eine Deckung für Diebstahl oder Verlust außerhalb der Wohnung an, wobei die genauen Bedingungen und Deckungssummen von Ihrem individuellen Vertrag abhängen. Kontaktieren Sie gegebenenfalls Ihre Versicherung, um die Möglichkeiten zu klären.
Wenn der Verdacht eines Diebstahls besteht, kann eine Strafanzeige bei der Polizei erstattet werden. Dies ist ein separater Vorgang, der der Klärung des Sachverhalts dienen kann und die strafrechtliche Verfolgung eines möglichen Täters zum Ziel hat. Die strafrechtliche Anzeige ist von der zivilrechtlichen Haftung des Krankenhauses getrennt zu betrachten.
Welche Arten von Schäden kann ich geltend machen, wenn meine Sachen im Krankenhaus verloren gehen und das Krankenhaus haftet?
Wenn Ihre persönlichen Gegenstände im Krankenhaus verloren gehen oder beschädigt werden und das Krankenhaus dafür haftbar gemacht wird, können Sie grundsätzlich einen finanziellen Ausgleich für den entstandenen Schaden verlangen. Dieser Ausgleich soll Sie so stellen, als wäre der Schaden nicht eingetreten. Es geht darum, den tatsächlich erlittenen Wertverlust auszugleichen.
Ersatz für verlorene oder beschädigte Gegenstände (Sachschaden)
In erster Linie können Sie den Wert der verlorenen oder beschädigten Gegenstände geltend machen. Dabei wird in der Regel nicht der Neuwert, sondern der Zeitwert ersetzt. Der Zeitwert ist der Wert, den ein Gegenstand zum Zeitpunkt des Verlustes oder der Beschädigung hatte. Stellen Sie sich vor, Sie haben ein Smartphone, das zwei Jahre alt ist: Sie erhalten nicht den Preis, den ein neues Smartphone kosten würde, sondern den Wert, den Ihr gebrauchtes Smartphone vor dem Verlust auf dem Markt gehabt hätte. Dieser Wert berücksichtigt das Alter, den Zustand und die Abnutzung des Gegenstandes.
Um den Zeitwert zu belegen, sind verschiedene Nachweise hilfreich:
- Kaufbelege oder Rechnungen: Sie zeigen den ursprünglichen Kaufpreis und das Kaufdatum. Anhand dieser Informationen kann dann der Wertverlust durch Alter und Nutzung geschätzt werden.
- Fotos der Gegenstände: Diese können den Zustand und die Existenz der Sachen belegen.
- Kontoauszüge: Wenn Sie keine Rechnung mehr haben, kann der Zahlungsnachweis einen Hinweis auf den ursprünglichen Kauf darstellen.
- Kostenvoranschläge für Reparaturen: Bei beschädigten Gegenständen können diese den Umfang des Schadens belegen.
- Herstellerangaben oder Online-Angebote: Für ähnliche gebrauchte Artikel können diese eine Orientierung für den Zeitwert bieten, wenn keine direkten Belege vorliegen.
Es ist wichtig zu wissen, dass sehr wertvolle Gegenstände, wie teurer Schmuck oder größere Geldbeträge, oft nicht standardmäßig vom Krankenhaus versichert sind, wenn sie nicht ausdrücklich zur Aufbewahrung übergeben wurden. Für solche Gegenstände bestehen meist besondere Aufbewahrungsmöglichkeiten oder Haftungsbegrenzungen.
Ersatz für Folgeschäden
Neben dem direkten Wertverlust der Gegenstände können Sie auch Folgeschäden geltend machen. Das sind Kosten, die unmittelbar und zwangsläufig durch den Verlust Ihrer Sachen entstehen. Ein häufiges Beispiel ist der Verlust von Schlüsseln: Wenn Ihr Hausschlüssel im Krankenhaus abhandenkommt und das Krankenhaus haftet, könnten die Kosten für den Austausch der Schlösser an Ihrer Wohnung oder Ihrem Haus als Folgeschaden erstattet werden.
Weitere Beispiele für Folgeschäden könnten sein:
- Kosten für die Wiederbeschaffung von Dokumenten: Wenn wichtige Ausweisdokumente oder Führerscheine verloren gehen, können die Gebühren für die Neuausstellung ein Folgeschaden sein.
- Unmittelbare Kosten für die Überbrückung: Wenn beispielsweise eine Brille verloren geht und Sie umgehend eine Notbrille benötigen, könnten diese Kosten als Folgeschaden in Betracht kommen.
Wichtig ist, dass ein direkter Zusammenhang zwischen dem Verlust der Sache und dem Folgeschaden besteht. Die Kosten müssen eine unmittelbare Konsequenz des Verlustes sein.
Dokumentation ist entscheidend
Um Ihre Ansprüche zu sichern und die Höhe des Schadens nachvollziehbar zu machen, ist eine detaillierte Dokumentation der verlorenen oder beschädigten Gegenstände und der entstandenen Kosten sehr wichtig. Sammeln Sie alle verfügbaren Belege und machen Sie sich Notizen über die Umstände des Verlustes. Dies hilft Ihnen, den Umfang Ihres möglichen Anspruchs zu verdeutlichen.
Wer muss beweisen, dass die persönlichen Gegenstände im Krankenhaus verloren gegangen sind?
Wenn persönliche Gegenstände während eines Krankenhausaufenthalts abhandenkommen, stellt sich oft die Frage, wer die Umstände des Verlustes beweisen muss. Grundsätzlich gilt im deutschen Recht der sogenannte Grundsatz der Beweislastverteilung. Das bedeutet: Wer von einem anderen etwas fordert – hier Schadensersatz für verlorene Gegenstände – muss die Tatsachen beweisen, die diesen Anspruch begründen.
Die Beweispflicht des Patienten
Als Patientin oder Patient liegt die erste Beweispflicht bei Ihnen. Sie müssen darlegen und beweisen, dass:
- Sie die betreffenden Gegenstände überhaupt mit ins Krankenhaus gebracht haben. Denken Sie dabei an Uhren, Brillen, Schmuck, Bargeld oder andere Wertgegenstände.
- Diese Gegenstände einen bestimmten Wert hatten. Hierfür können Kaufbelege, Fotos oder auch Schätzungen hilfreich sein.
- Die Gegenstände während Ihres Aufenthalts im Krankenhaus, also im Verantwortungsbereich des Krankenhauses, verloren gegangen sind. Es muss ein Zusammenhang zwischen dem Krankenhausaufenthalt und dem Verlust erkennbar sein.
Für diesen Nachweis sind oft Indizien von großer Bedeutung. Indizien sind Umstände, die auf einen Sachverhalt hindeuten, auch wenn sie diesen nicht direkt beweisen. Wenn Sie zum Beispiel bei der Aufnahme eine Inventarliste mit den Gegenständen unterschrieben haben oder Mitarbeiter den Besitz der Gegenstände bezeugen können, sind das starke Indizien. Auch die Tatsache, dass Sie den Raum nicht verlassen haben oder kein Einbruch stattgefunden hat, kann ein Indiz sein.
Die Entlastungspflicht des Krankenhauses
Hat der Patient nachgewiesen, dass die Gegenstände im Krankenhaus verloren gegangen sind und das Krankenhaus eine sogenannte Obhutspflicht oder Verwahrungspflicht für die Gegenstände hatte (z.B. weil sie in einem Schrank eingeschlossen werden sollten oder in die Krankenhausverwaltung gegeben wurden), kehrt sich die Beweislast oft um. Dann muss das Krankenhaus beweisen, dass:
- Es den Verlust nicht zu vertreten hat, also keine Pflichtverletzung vorliegt.
- Der Schaden trotz Einhaltung aller gebotenen Sorgfalt entstanden wäre.
- Der Verlust beispielsweise durch höhere Gewalt oder das Verschulden Dritter (z.B. Diebstahl durch einen anderen Patienten oder Besucher) geschehen ist und es dies nicht verhindern konnte.
Stellen Sie sich vor, Sie übergeben Ihr Portemonnaie an das Krankenhauspersonal zur sicheren Verwahrung. Geht es dann verloren, muss das Krankenhaus nachweisen, dass es alle nötigen Sicherheitsvorkehrungen getroffen hat und der Verlust dennoch eingetreten ist, ohne dass es dafür verantwortlich war.
Bedeutung von Dokumentation und Zeugen
Für beide Seiten ist eine sorgfältige Dokumentation von unschätzbarem Wert.
- Für Patienten: Eine Liste der mitgeführten Wertgegenstände, idealerweise mit Fotos und bei der Aufnahme oder Entlassung vom Personal gegengezeichnet, kann sehr hilfreich sein. Melden Sie einen Verlust sofort und schriftlich dem Krankenhaus. Notieren Sie sich Namen von anwesenden Personen und eventuellen Zeugen.
- Für das Krankenhaus: Eine genaue Dokumentation der Sicherungsmaßnahmen für Wertgegenstände, der Abläufe bei Verwahrung und der Umstände des Verlusts ist essenziell.
Zeugenaussagen von Mitpatienten, Besuchern oder Personal können ebenfalls dazu beitragen, den Sachverhalt aufzuklären und die Beweisführung zu unterstützen. Je klarer und detaillierter die Umstände des Verlustes dokumentiert und belegt werden können, desto einfacher ist es, die Frage der Beweislast zu klären.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Behandlungsvertrag (§ 630a BGB)
Ein Behandlungsvertrag ist der rechtliche Vertrag zwischen Patient und Krankenhaus, in dem das Krankenhaus sich verpflichtet, medizinische Leistungen zu erbringen und der Patient sich zur Behandlung bereit erklärt. Nach § 630a Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) kommt dieser Vertrag auch durch schlüssiges Verhalten zustande, also ohne ausdrückliche schriftliche Erklärung, wenn die Behandlung begonnen wird. Er bildet die Grundlage für Rechte und Pflichten beider Seiten, etwa die Pflicht des Krankenhauses zur sorgfältigen Versorgung des Patienten. Im vorliegenden Fall war bereits mit Aufnahme und Beginn der Untersuchungen ein wirksamer Behandlungsvertrag zustande gekommen.
Beispiel: Wenn Sie im Krankenhaus zur Untersuchung bleiben und sich die Ärzte und Pflegekräfte um Sie kümmern, ohne dass Sie zunächst etwas unterschreiben, besteht trotzdem ein Behandlungsvertrag.
Nebenpflichten aus dem Behandlungsvertrag
Nebenpflichten sind zusätzliche Pflichten, die sich aus einem Vertrag ergeben, ohne ausdrücklich darin genannt zu sein, weil sie für den Sinn und Zweck des Vertrages notwendig sind und auf Treu und Glauben basieren. Im Krankenhauskontext umfasst das etwa die Pflicht, auf persönliche Gegenstände der Patienten zu achten, wenn diese sich selbst nicht darum kümmern können. Eine solche Nebenpflicht dient dem Schutz des Patienten und ergänzt die Hauptpflicht der medizinischen Behandlung. Im Streitfall erkannte das Gericht hieraus eine Obhutspflicht für die Wertgegenstände von Frau S.
Beispiel: Neben der medizinischen Behandlung verpflichtet sich das Krankenhaus auch dazu, Ihre Wertsachen sicher aufzubewahren, wenn Sie aufgrund Ihrer Erkrankung nicht selbst darauf achten können.
Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und Haftungsausschlussklauseln (§ 305 BGB)
AGB sind vorformulierte Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (z. B. ein Krankenhaus) für viele Verträge verwendet. Klauseln in AGB, die die Haftung einschränken oder ausschließen, unterliegen besonderen gesetzlichen Beschränkungen (§ 305 ff. BGB). Diese Klauseln dürfen den Vertragspartner nicht unangemessen benachteiligen oder überraschend sein. Im konkreten Fall waren die Haftungsausschlüsse unwirksam, weil sie erst nach dem Schadenseintritt vereinbart wurden und gegen gesetzliche Regelungen zum Schutz des Patienten als Verbraucher verstießen.
Beispiel: Ein Krankenhaus darf nicht per Kleingedrucktem alle Verantwortung für verlorene Sachen abweisen, wenn der Patient nicht ausdrücklich und rechtzeitig zugestimmt hat.
Beweislast und Beweiserleichterung (§ 286 ZPO)
Die Beweislast bezeichnet die Pflicht einer Partei in einem Gerichtsverfahren, die Tatsachen zu beweisen, die ihren Anspruch oder ihre Verteidigung stützen. Nach § 286 der Zivilprozessordnung (ZPO) entscheidet das Gericht bei unklaren Beweislagen nach seiner freien Überzeugung. Im vorliegenden Fall musste Frau S. zunächst beweisen, welche Gegenstände sie im Krankenhaus mitgeführt und verloren hatte. Danach kehrte sich die Beweislast um: Das Klinikum musste nachweisen, dass es keine Pflichtverletzung begangen hat. Für die Beweisführung waren insbesondere Indizien und Zeugenaussagen wichtig.
Beispiel: Wenn Sie behaupten, Ihre Brille im Krankenhaus verloren zu haben, müssen Sie zunächst darlegen, dass Sie sie dabei hatten; das Krankenhaus muss dann zeigen, dass es nicht verantwortlich ist.
Verzug (§§ 286, 288 BGB)
Verzug ist die rechtliche Situation, in der eine Partei trotz Fälligkeit und Mahnung mit der Erfüllung einer Leistung (z. B. Zahlung) in Verzug gerät. Nach §§ 286, 288 BGB hat die Gläubigerin bei Verzug Anspruch auf Verzugszinsen als Entschädigung für die verspätete Leistung. Hier befand sich das Klinikum nach endgültiger Leistungsverweigerung und Zahlungsfrist im Verzug, wodurch Frau S. zusätzlich Zinsen zustehen.
Beispiel: Wenn das Krankenhaus trotz Aufforderung zu spät Schadensersatz zahlt, muss es Ihnen Zinsen dafür zahlen, ähnlich wie bei verspäteter Mietzahlung.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 630a BGB (Behandlungsvertrag): Regelt die vertraglichen Grundlagen der medizinischen Behandlung zwischen Patient und Behandler. Ein Behandlungsvertrag entsteht auch durch schlüssiges Verhalten, das heißt bereits durch Aufnahme und Beginn der Behandlung ohne schriftliche Form. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Krankenhaus hat mit der Aufnahme und Behandlung von Frau S. einen Behandlungsvertrag geschlossen, der auch Nebenpflichten enthält.
- Nebenpflichten aus dem Behandlungsvertrag (gebot von Treu und Glauben, § 242 BGB): Neben der Behandlungspflicht umfasst der Vertrag auch Pflichten, die der Vertragserfüllung dienen, z.B. die Verwahrung von persönlichen Gegenständen des Patienten, wenn dieser sich selbst nicht darum kümmern kann. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Klinikum K. musste die Sachen von Frau S., die sie wegen ihrer gesundheitlichen Lage nicht selbst sichern konnte, ordnungsgemäß verwahren, was es unterlassen hat.
- § 305c Abs. 1 und 2 BGB (Überraschende Klauseln in AGB): Diese Vorschrift schützt Vertragspartner vor überraschenden oder mehrdeutigen Klauseln in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nicht Vertragsbestandteil werden oder zulasten des Verwenders ausgelegt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Haftungsausschlussklauseln des Klinikums waren weder wirksam vereinbart (da erst nach Schadenseintritt unterschrieben) noch durch Auslegung zulässig.
- § 309 Nr. 7 Buchstabe b BGB (Unwirksamkeit von Haftungsausschlüssen für lebenswichtige Pflichtverletzungen): Verbot von Haftungsausschlüssen für Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper, Gesundheit bei Fahrlässigkeit des Verwenders oder Erfüllungsgehilfen sowie bei grober Fahrlässigkeit für sonstige Schäden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Klauseln in den AVB des Klinikums, die eine Haftung auch für vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten ausschlossen, sind unwirksam; daher haftet das Klinikum für die Pflichtverletzung.
- § 280 Abs. 1 Satz 2 BGB (Beweislast und Vermutung der Verantwortlichkeit bei Pflichtverletzung): Bei Pflichtverletzungen aus Vertragsverhältnissen wird vermutet, dass der Schuldner die Pflichtverletzung zu vertreten hat, solange er das Gegenteil nicht beweist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Klinikum konnte nicht nachweisen, dass es keine Verantwortung für den Verlust der Sachen trägt, weshalb es haftet.
- § 286 ZPO (freie Beweiswürdigung des Gerichts): Das Gericht entscheidet nach freier Überzeugung, ob eine Behauptung wahr ist, basierend auf Beweisen und Indizien. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht wertete die Zeugenaussagen und Indizien so aus, dass der Verlust der meisten Gegenstände im Verantwortungsbereich des Klinikums lag.
- § 287 ZPO (Beweiserleichterung durch Schätzung bei unklarer Schadenshöhe): Ermöglicht dem Gericht, den Schaden zu schätzen, wenn die exakte Höhe nicht beweisbar ist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht schätzte den Wert der verlorenen Gegenstände auf Grundlage von Angaben und Belegen, da exakte Nachweise fehlten.
Das vorliegende Urteil
Landgericht Detmold – Az.: 04 O 84/22 – Urteil vom 20.12.2022
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