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Pflicht zur Aufklärung über Schmerzen bei Kniegelenkspunktion

OLG Dresden – Az.: 4 U 1291/19 – Beschluss vom 06.11.2019

1. Die Berufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt die Klägerin.

3. Dieser Beschluss und das angefochtene Urteil sind vorläufig vollstreckbar.

4. Der Gegenstandswert des Berufungsverfahrens wird auf 18.562,17 EUR festgesetzt.

Gründe

Die zulässige Berufung der Klägerin ist nach § 522 Abs. 2 ZPO ohne mündliche Verhandlung durch – einstimmig gefassten – Beschluss zurückzuweisen.

Sie bietet in der Sache offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Die Rechtssache hat auch weder grundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts durch Urteil. Auch andere Gründe gebieten eine mündliche Verhandlung nicht.

Zur Begründung wird auf die Ausführungen des Senats im Hinweisbeschluss vom 30.09.2019 Bezug genommen. Die hiergegen gerichteten Einwendungen im Schriftsatz der Klägerin vom 29.10.2019 geben auch bei einer nochmaligen Überprüfung des Sachverhaltes keinen Anlass, von der im Beschluss dargelegten Rechtsauffassung des Senats abzugehen.

Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist mit der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs vereinbar, nach der an den dem Arzt obliegenden Beweis der geschuldeten Aufklärung keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden dürfen und nach der der Schluss von einer ständigen Aufklärungspraxis auf eine entsprechende Aufklärung im Einzelfall zulässig ist (vgl. BGH, Urteil vom 28.1.2014 – VI ZR 143/13, juris Rdn. 11 f. m.w.N.). Es ist nicht unbedingt erforderlich, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch erinnert. Das Gericht kann seine Überzeugungsbildung auch dann auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risiko- bzw. Eingriffsaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig ist, die entsprechende Aufklärung seiner zum fraglichen Zeitpunkt praktizierten „ständigen Übung“ entspricht und seine Angaben – wie hier – durch die ärztliche Dokumentation im wesentlichen bestätigt wird. Auch ein Arzt, der keine Formulare benutzt, die Aufklärung nicht dokumentiert und für den konkreten Einzelfall keine Zeugen zur Verfügung hat, muss eine faire und reale Chance haben, den ihm obliegenden Beweis für die Durchführung und den Inhalt des Aufklärungsgespräches zu führen (Martis/Winkhart-Martis, MDR 2017, 858, 859 m.w.N.).

Ohne Erfolg bleibt auch der gegen die Alternativaufklärung gerichtete Einwand der Klägerin, die Kniegelenkpunktion sei verzichtbar gewesen. Zur Begründung wird auf die gutachterlichen Ausführungen von Prof. Dr. D…… und Prof. Dr. G…… Bezug genommen. Danach war die Punktion zum einen dringlich und zum anderen alternativlos und bestanden für das Vorliegen eines Kniegelenkempyems nach den übrigen Aufnahmebefunden auch hinreichende Anhaltspunkte, wie bereits im Hinweisbeschluss ausgeführt. Die Klägerin beschränkt sich demgegenüber darauf, ihr bisheriges Vorbringen zu wiederholen, ohne indes Fehler der sachverständigen Begutachtung konkret aufzuzeigen.

Pflicht zur Aufklärung über Schmerzen bei Kniegelenkspunktion
(Symbolfoto: Von Roman Zaiets /Shutterstock.com)

Dies gilt auch soweit die Klägerin nochmals auf die von ihr behaupteten Schmerzen bei der Punktion verweist, die nach den übereinstimmenden Ausführungen der Sachverständigen Prof. Dr. D…… und Prof. Dr. Z…… gerade kein hinreichendes Indiz für eine Nervverletzung durch die Punktionsnadel oder auch nur für eine Knochenberührung sind.

Schließlich stellt der behauptete Schmerz anlässlich der Punktion auch kein aufklärungspflichtiges Risiko einer Kniegelenkpunktion dar und war auch keine Kortisongabe vor der Punktion veranlasst. Der Senat nimmt zur Begründung Bezug auf den Hinweisbeschluss Bezug. Entgegen der Ansicht der Klägerin war es auch nicht notwendig, ihr – wie beim Zahnarzt – prophylaktisch ein Schmerzmittel zu geben. Der Beklagten zu 1 schuldete eine Aufklärung, die die Risiken des geplanten Eingriffs im „Großen und Ganzen“ darstellte. Dass der Eingriff auch mit gewissen Schmerzen verbunden ist, liegt auf der Hand und war der Klägerin ohnehin schon aus den vorhergehenden Punktionen bekannt. Das Risiko, über eine „normale“ Punktion hinausgehende Schmerzen zu erleiden, ist kein Risiko, über das gesondert hätte aufgeklärt werden müssen, mit der Folge, dass bei Unterlassung ein Schmerzensgeld gerechtfertigt wäre. Zum einen handelt es sich nicht um ein dem Eingriff anhaftendes spezifisches und besonderes Risiko, zum anderen ist es nicht gerechtfertigt, wegen des nur ganz kurzzeitig auftretenden Schmerzzustandes ohne besondere oder dauerhafte Folgen ein Schmerzensgeld zuzuerkennen. Im Übrigen hat die sachverständige Begutachtung nicht ergeben, dass in der unterlassenen prophylaktischen Gabe von Schmerzmitteln vor Durchführung der Punktion ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen zu sehen sei.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO. Der Gegenstandswert wurde entsprechend den gestellten Anträgen gemäß § 3 ZPO festgesetzt.

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