Skip to content
Menu

Rechtmäßigkeit der ärztlichen Aufklärung bei chirurgischem Eingriff

Ein Mann verklagt Klinik und Arzt, nachdem die Behandlung seiner Dupuytren-Erkrankung zur Amputation seines linken Kleinfingers führte. Trotz mehrfacher Operationen und Komplikationen wies das Landgericht Schweinfurt die Schadensersatzklage ab, da keine Behandlungsfehler festgestellt werden konnten. Der Fall beleuchtet die Risiken und Herausforderungen bei der Behandlung dieser Erkrankung und wirft Fragen nach der Haftung bei medizinischen Komplikationen auf.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Schweinfurt
  • Datum: 13.12.2023
  • Aktenzeichen: 24 O 340/22 Hei
  • Verfahrensart: Zivilrechtsverfahren
  • Rechtsbereiche: Medizinrecht, Schadensersatzrecht

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Kläger machte Ansprüche auf Schmerzensgeld und Schadensersatz geltend, behauptet fehlerhafte ärztliche Behandlung betreffend seiner linken Hand, insbesondere wegen angeblich nicht indizierter und fehlerhaft durchgeführter Operationen und mangelhafter Aufklärung.
  • Beklagte zu 1): Die Klinik, in der die Behandlungen stattfanden. Die Beklagten streben eine Abweisung der Klage an und argumentieren, dass alle Behandlungen fachgerecht und notwendigerweise erfolgt seien.
  • Beklagte zu 2): Der behandelnde Arzt, der sich gegen den Vorwurf der Behandlungsfehler und unzureichende Aufklärung verteidigt.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Der Kläger beanstandet, dass diverse handchirurgische Eingriffe und nachfolgende Behandlungen an seiner linken Hand fehlerhaft durchgeführt worden seien. Er litt unter der Dupuytren’schen Erkrankung und sah sich, nach einer Serie von komplikationsreichen Operationen, mit bleibenden Einschränkungen konfrontiert. Der Kläger behauptet unzureichende Aufklärung und fehlerhafte medizinische Indikation der Eingriffe.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob den Beklagten Behandlungsfehler oder Aufklärungsmängel unterlaufen sind, die Schadensersatzansprüche rechtfertigen würden.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Klage wurde abgewiesen. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass weder Behandlungsfehler noch Aufklärungsmängel seitens der Beklagten nachgewiesen werden konnten. In den Operationen und bei der Aufklärung lag keine Normabweichung vor, die eine Haftung begründen könnte. Der Kläger trug die Beweislast nicht ausreichend.
  • Folgen: Der Kläger muss für die Kosten des Rechtsstreits aufkommen. Für die Beklagten bedeutet das Urteil, dass ihre Behandlungs- und Aufklärungspraktiken im Rahmen des Falles als korrekt angesehen wurden. Das Urteil kann zu einem Referenzfall für ähnliche medizinrechtliche Verfahren werden.

Ärztliche Aufklärung: Rechtliche Verpflichtungen und Haftung im Fokus

Die ärztliche Aufklärung spielt eine zentrale Rolle im Gesundheitswesen, insbesondere bei chirurgischen Eingriffen. Patienten haben das Recht, umfassend über die verschiedenen Aspekte ihrer Behandlung informiert zu werden, einschließlich der Risiken und Nebenwirkungen, um eine informierte Einwilligung geben zu können. Diese rechtlichen Vorgaben fördern nicht nur die Patientensicherheit, sondern stellen auch sicher, dass die medizinische Ethik gewahrt bleibt.

Ein Aufklärungsbogen, in dem die relevanten Informationen festgehalten sind, ist unerlässlich, um die Aufklärungspflicht seitens der Ärzte zu erfüllen und Haftungsfragen zu klären. Die Regelungen zur Aufklärung im Rahmen eines Behandlungsvertrags sind daher für den Erfolg eines Eingriffs von großer Bedeutung. Im Folgenden wird ein konkreter Fall betrachtet, der die rechtlichen Aspekte der ärztlichen Aufklärung und deren Auswirkungen auf die medizinische Haftung beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Handchirurgische Behandlung einer Dupuytren-Kontraktur führt zu Amputation – Gericht weist Schadensersatzklage ab

Medizinischer Aufklärungsbogen für Dupuytren-OP auf einem Schreibtisch, mit Hinweis auf Risiken wie Nervenverletzungen.
Ärztliche Aufklärung und Haftung bei OP-Komplikationen | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landgericht Schweinfurt hat eine Schadensersatzklage gegen eine Klinik und einen handchirurgischen Facharzt wegen der Behandlung einer dupuytren’schen Erkrankung abgewiesen. Der Kläger hatte nach mehreren Operationen und aufgetretenen Komplikationen die Amputation seines linken Kleinfingers hinnehmen müssen.

Schwere Vorerkrankung und mehrfache chirurgische Eingriffe

Der Patient litt seit mindestens 2014 an der dupuytren’schen Erkrankung beider Hände. Nach einer Operation der rechten Hand im Juli 2014 erfolgte im August 2019 an der linken Hand eine partielle Aponeurektomie der Hohlhand sowie des Kleinfingers aufgrund bestehender Beugekontrakturen. Bereits wenige Tage nach dem Eingriff zeigten sich massive Schwellungen und Durchblutungsstörungen, die mehrere Revisionsoperationen erforderlich machten.

Komplikationsreicher Heilungsverlauf

Der postoperative Verlauf gestaltete sich äußerst schwierig. Trotz intensiver Behandlung kam es zu Wundheilungsstörungen und großflächigen Hautdefekten am Kleinfinger. Eine bakterielle Infektion mit Citrobacter koseri sowie anhaltende starke Schmerzen belasteten den Patienten zusätzlich. Verschiedene Revisionseingriffe mit Hauttransplantationen konnten die Situation nicht durchgreifend verbessern.

Amputation als letzte therapeutische Option

Im März 2020 empfahlen die behandelnden Ärzte aufgrund der persistierenden Beschwerden mit Bewegungseinschränkungen, Kältegefühl und einer fixierten Schwanenhalsdeformität die Amputation des linken Kleinfingers. Nach mehrmonatiger Bedenkzeit willigte der Patient ein. Die Strahlresektion erfolgte im Oktober 2020. Postoperativ traten Phantomschmerzen und weiterhin eine erhebliche Kälteempfindlichkeit auf.

Gerichtliche Bewertung der Behandlung

Das Gericht sah nach umfangreicher Beweisaufnahme und Sachverständigengutachten keine Behandlungsfehler. Die durchgeführten Operationen seien medizinisch indiziert und fachgerecht ausgeführt worden. Auch die Aufklärung über Risiken und mögliche Komplikationen sei in allen Fällen ordnungsgemäß erfolgt. Die aufgetretenen Komplikationen wurden als bekannte Risiken der Grunderkrankung und der notwendigen operativen Eingriffe bewertet. Eine Pflichtverletzung der behandelnden Ärzte konnte das Gericht nicht feststellen.

Schadensersatzansprüche zurückgewiesen

Das Landgericht wies daher die Klage auf Schmerzensgeld in Höhe von mindestens 50.000 Euro sowie auf Verdienstausfall von über 88.000 Euro vollständig ab. Auch der Antrag auf Feststellung einer Einstandspflicht für zukünftige Schäden wurde abgelehnt. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Urteil zeigt, dass nicht jede Komplikation nach einer Operation automatisch zu Schadensersatzansprüchen führt. Entscheidend ist, ob ein Behandlungsfehler nachgewiesen werden kann und dieser kausal für den eingetretenen Schaden war. Die Tatsache, dass postoperative Komplikationen auftreten, begründet für sich genommen noch keinen Behandlungsfehler, wenn diese als typische Risiken der Operation bekannt sind und fachgerecht darauf reagiert wurde.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Patient müssen Sie wissen, dass nicht jeder unerwünschte Behandlungsverlauf zu Schadensersatzansprüchen berechtigt. Auch wenn Ihre Operation nicht wie erhofft verläuft und Komplikationen auftreten, bedeutet dies nicht automatisch einen Behandlungsfehler – solange die Ärzte die Komplikationen rechtzeitig erkennen und angemessen darauf reagieren. Eine sorgfältige Dokumentation Ihres Behandlungsverlaufs und eine detaillierte Aufklärung über mögliche Risiken vor der Operation sind dabei besonders wichtig. Für erfolgreiche Schadensersatzansprüche müssen Sie nachweisen können, dass tatsächlich ein Behandlungsfehler vorlag und dieser ursächlich für Ihre Beschwerden war.


Komplikationen nach einer Operation?

Das Urteil verdeutlicht die Komplexität im Medizinrecht: Nicht jeder ungünstige Verlauf berechtigt automatisch zu Schadensersatz. Gerade bei Komplikationen ist die Beweislage entscheidend. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte zu wahren und die medizinischen Sachverhalte rechtlich zu bewerten. Sprechen Sie mit uns, wenn Sie Fragen zu Ihrer Behandlung haben oder klären möchten, ob ein Behandlungsfehler vorliegt.
Fordern Sie unsere Ersteinschätzung an!


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Ab welchem Zeitpunkt vor einer Operation muss die ärztliche Aufklärung erfolgen?

Die ärztliche Aufklärung muss so rechtzeitig vor dem Eingriff erfolgen, dass Sie als Patient eine wohlüberlegte Entscheidung treffen können. Der konkrete Zeitpunkt richtet sich nach der Art und Schwere des Eingriffs.

Zeitliche Vorgaben nach Art des Eingriffs

Bei größeren operativen Eingriffen sollte die Aufklärung mindestens 24 Stunden vor der Operation stattfinden. Eine Aufklärung erst am Vorabend der Operation ist bei schwerwiegenden Eingriffen rechtlich nicht ausreichend.

Bei kleineren ambulanten Eingriffen ist eine Aufklärung am Tag des Eingriffs in der Regel ausreichend. Dies gilt allerdings nur, wenn Sie die Art und den Umfang des Eingriffs erfassen können und das Gespräch deutlich von der operativen Phase abgegrenzt erfolgt.

Besondere Situationen

Die Aufklärung ist rechtlich unwirksam, wenn sie erfolgt:

  • Unmittelbar vor dem Eingriff
  • Im Operationssaal
  • Nach Verabreichung von Beruhigungs- oder operationsvorbereitenden Medikamenten

Einfluss der Dringlichkeit

Bei nicht dringlichen Eingriffen ist eine ausführlichere Aufklärung erforderlich als bei Notfalleingriffen unter Zeitdruck. Bei schwerwiegenden Eingriffen mit erheblichen Risiken können auch mehrere Aufklärungsgespräche notwendig sein.

Wenn zwischen dem ersten Aufklärungsgespräch und der Operation ein größerer zeitlicher Abstand liegt, kann eine erneute Aufklärung erforderlich werden. Dies wird als „Doppelaufklärung“ bezeichnet.


zurück

Welche Mindestinhalte muss ein Aufklärungsgespräch vor einer Operation umfassen?

Ein Aufklärungsgespräch vor einer Operation muss gemäß § 630e Abs. 1 BGB folgende Mindestinhalte umfassen:

Diagnose und Krankheitsverlauf

Sie haben das Recht, von Ihrem Arzt umfassend über Ihre Diagnose und den voraussichtlichen Krankheitsverlauf informiert zu werden. Dies beinhaltet auch Informationen darüber, wie sich Ihre Erkrankung ohne Behandlung entwickeln könnte.

Art, Umfang und Durchführung des Eingriffs

Ihr Arzt muss Ihnen genau erklären, wie die geplante Operation ablaufen wird. Dies umfasst Informationen über die Operationstechnik, die Dauer des Eingriffs und die Art der Narkose. Stellen Sie sich vor, Sie sollen am Knie operiert werden – hier würde der Arzt Ihnen erläutern, ob es sich um eine Arthroskopie oder einen offenen Eingriff handelt.

Risiken und mögliche Komplikationen

Besonders wichtig ist die Aufklärung über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken. Der Arzt muss Sie über alle typischen, auch seltenen Komplikationen informieren, sofern diese im Falle ihres Eintretens Ihre Lebensführung schwer belasten würden. Wenn bei einer Knieoperation beispielsweise ein Risiko für Nervenschädigungen besteht, müssen Sie darüber in Kenntnis gesetzt werden.

Erfolgsaussichten und Behandlungsalternativen

Sie müssen über die Erfolgsaussichten der Operation und mögliche alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt werden. Dies ermöglicht Ihnen, die Vor- und Nachteile verschiedener Optionen abzuwägen. Bei einer Knieoperation könnte der Arzt Ihnen etwa erklären, ob eine konservative Behandlung mit Physiotherapie eine Alternative zur Operation darstellt.

Nachbehandlung und Verhaltensempfehlungen

Der Arzt muss Sie über die notwendige Nachbehandlung und empfohlene Verhaltensweisen nach der Operation informieren. Dies kann Informationen zur Wundversorgung, Medikamenteneinnahme oder notwendigen Rehabilitationsmaßnahmen umfassen.

Dringlichkeit des Eingriffs

Sie müssen darüber aufgeklärt werden, wie dringlich die Operation ist und welche Folgen eine Verschiebung oder Ablehnung des Eingriffs haben könnte.

Beachten Sie, dass die Aufklärung in einem persönlichen Gespräch erfolgen muss und so rechtzeitig stattfinden sollte, dass Sie genügend Zeit haben, Ihre Entscheidung wohlüberlegt zu treffen. Der Arzt muss sicherstellen, dass Sie alle Informationen verstanden haben und die Möglichkeit haben, Fragen zu stellen.


zurück

Wann haftet ein Arzt für Komplikationen nach einer Operation?

Ein Arzt haftet für Komplikationen nach einer Operation, wenn ein Behandlungsfehler vorliegt und dieser kausal für den eingetretenen Schaden ist. Nicht jede Komplikation führt automatisch zu einer Haftung des Arztes.

Unterscheidung zwischen Komplikation und Behandlungsfehler

Eine Komplikation ist ein unerwünschtes Ereignis im Heilungsverlauf, das trotz sachgerechter Behandlung auftreten kann. Ein Behandlungsfehler hingegen liegt vor, wenn der Arzt gegen anerkannte medizinische Standards verstößt.

Stellen Sie sich vor, Sie unterziehen sich einer Routineoperation: Eine Komplikation wäre eine unvorhersehbare allergische Reaktion auf ein Medikament. Ein Behandlungsfehler läge vor, wenn der Arzt ein falsches Organ operiert oder ein Instrument im Körper vergisst.

Voraussetzungen für die Arzthaftung

Für eine Haftung des Arztes müssen folgende Bedingungen erfüllt sein:

  1. Es liegt ein Verstoß gegen den medizinischen Standard vor.
  2. Dieser Verstoß hat einen Gesundheitsschaden verursacht.
  3. Zwischen Fehler und Schaden besteht ein kausaler Zusammenhang.
  4. Den Arzt trifft ein Verschulden (Vorsatz oder Fahrlässigkeit).

Beweislast und Besonderheiten

Grundsätzlich muss der Patient den Behandlungsfehler und den dadurch verursachten Schaden beweisen. In bestimmten Fällen kann es jedoch zu einer Beweislastumkehr kommen:

  • Bei groben Behandlungsfehlern, die geeignet sind, den eingetretenen Schaden zu verursachen.
  • Bei Dokumentationsmängeln, wenn der Arzt wichtige Behandlungsschritte nicht ordnungsgemäß dokumentiert hat.

Wenn Sie den Verdacht haben, Opfer eines Behandlungsfehlers geworden zu sein, ist es wichtig, alle medizinischen Unterlagen zu sammeln und den Sachverhalt sorgfältig zu dokumentieren.

Aufklärungspflicht und Einwilligung

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die ärztliche Aufklärungspflicht. Der Arzt muss Sie vor der Operation umfassend über Risiken und mögliche Komplikationen informieren. Unterlässt er dies, kann er auch für Komplikationen haften, die bei ordnungsgemäßer Behandlung aufgetreten sind.

Stellen Sie sich vor, Sie werden nicht über das Risiko einer möglichen Nervenschädigung bei einer Operation aufgeklärt. Tritt diese ein, kann der Arzt haftbar gemacht werden, selbst wenn die Operation technisch einwandfrei durchgeführt wurde.


zurück

Welche Beweise benötige ich für eine erfolgreiche Schadensersatzklage wegen mangelnder Aufklärung?

Als Patient müssen Sie für eine Schadensersatzklage wegen mangelnder Aufklärung keine Beweise vorlegen. Es genügt, wenn Sie vortragen, dass Sie vom behandelnden Arzt nicht ausreichend über den Eingriff, die damit verbundenen Risiken oder bestehende Behandlungsalternativen aufgeklärt wurden.

Beweislastverteilung

Die Beweislast liegt vollständig beim behandelnden Arzt oder Krankenhaus. Diese müssen nachweisen, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung stattgefunden hat. Ein unterschriebener Aufklärungsbogen allein reicht dafür nicht aus – er stellt lediglich ein Indiz für ein stattgefundenes Aufklärungsgespräch dar.

Dokumentation durch den Arzt

Der Arzt muss für eine erfolgreiche Verteidigung gegen Ihre Klage folgende Aspekte nachweisen:

  • Eine mündliche und verständliche Aufklärung in einem persönlichen Gespräch
  • Eine rechtzeitige Aufklärung vor dem Eingriff
  • Die Besprechung aller wesentlichen Risiken und Behandlungsalternativen
  • Die Information über Erfolgsaussichten und mögliche Komplikationen

Gesundheitliche Schäden

Wenn Sie gesundheitliche Beeinträchtigungen durch den Eingriff erlitten haben, müssen Sie diese dokumentieren. Hilfreich sind:

  • Arztberichte über Folgebehandlungen
  • Dokumentation der Beschwerden
  • Fotos von sichtbaren Schäden
  • Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen

Der Arzt kann sich nur noch darauf berufen, dass Sie auch bei ordnungsgemäßer Aufklärung in die Behandlung eingewilligt hätten. Gelingt dieser Nachweis nicht, muss er für alle entstandenen Schäden haften.


zurück

Wie lange kann ich nach einer Operation noch rechtliche Ansprüche geltend machen?

Nach einer Operation können Sie in der Regel bis zu 3 Jahre lang rechtliche Ansprüche geltend machen. Diese Frist beginnt jedoch nicht zwangsläufig mit dem Zeitpunkt der Operation selbst.

Beginn der Verjährungsfrist

Die 3-jährige Verjährungsfrist beginnt erst mit dem Schluss des Jahres, in dem Sie als Patient:

  • von dem möglichen Behandlungsfehler Kenntnis erlangt haben oder
  • ohne grobe Fahrlässigkeit hätten Kenntnis erlangen müssen

Wenn Sie also im August 2024 eine Operation hatten und im Dezember 2024 einen Behandlungsfehler vermuten, beginnt die Verjährungsfrist am 1. Januar 2025 und endet am 31. Dezember 2027.

Besonderheiten bei Gesundheitsschäden

Bei Schäden an Ihrer Gesundheit gilt eine deutlich längere Frist. In solchen Fällen können Sie Ihre Ansprüche bis zu 30 Jahre nach der fehlerhaften Behandlung geltend machen. Diese Frist gilt unabhängig davon, wann Sie von dem Fehler Kenntnis erlangt haben.

Stellen Sie sich vor, Sie wurden 2020 operiert und erst 2035 stellen Sie fest, dass durch einen Behandlungsfehler bei dieser Operation ein dauerhafter Gesundheitsschaden entstanden ist. In diesem Fall hätten Sie noch bis 2050 Zeit, Ihre Ansprüche geltend zu machen.

Wichtige Faktoren für die Fristberechnung

Für die Berechnung der Verjährungsfrist ist entscheidend:

  1. Art des Schadens: Handelt es sich um einen Gesundheitsschaden oder einen anderen Schaden?
  2. Kenntnis vom Fehler: Wann haben Sie von dem möglichen Behandlungsfehler erfahren?
  3. Grobe Fahrlässigkeit: Hätten Sie den Fehler früher erkennen müssen?

Beachten Sie, dass die bloße Vermutung eines Behandlungsfehlers oft nicht ausreicht, um die Verjährungsfrist zu beginnen. In vielen Fällen beginnt die Frist erst, wenn Sie durch ein medizinisches Gutachten Kenntnis von einem möglichen Fehler erhalten.


zurück


Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Behandlungsfehler

Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt bei der medizinischen Versorgung nicht nach den anerkannten fachlichen Standards handelt und dadurch die Gesundheit des Patienten schädigt. Dies kann durch aktives Handeln (z.B. falsche Behandlungsmethode) oder Unterlassen (z.B. notwendige Untersuchungen nicht durchführen) geschehen. Gemäß § 630a BGB schuldet der Arzt eine Behandlung nach den allgemein anerkannten fachlichen Standards. Bei einem nachgewiesenen Behandlungsfehler können Patienten Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern. Beispiel: Ein Chirurg verwechselt während einer Operation rechts und links und operiert das falsche Knie.


Zurück

Aufklärungspflicht

Die gesetzlich vorgeschriebene Pflicht des Arztes, den Patienten vor einer Behandlung umfassend über Art, Umfang, Durchführung, Risiken und Alternativen der geplanten Maßnahme zu informieren. Geregelt in § 630e BGB muss die Aufklärung mündlich und rechtzeitig erfolgen, damit der Patient eine wohlüberlegte Entscheidung treffen kann. Ohne ordnungsgemäße Aufklärung ist die Einwilligung des Patienten unwirksam und der Eingriff rechtswidrig. Beispiel: Der Arzt muss vor einer Operation über mögliche Komplikationen wie Infektionen oder Nervenschäden aufklären.


Zurück

Einwilligung

Die rechtlich wirksame Zustimmung des Patienten zu einer medizinischen Behandlung nach erfolgter Aufklärung. Gemäß § 630d BGB ist die Einwilligung Voraussetzung für jeden medizinischen Eingriff. Sie muss freiwillig und im Zustand der Einwilligungsfähigkeit erfolgen. Der Patient muss Art und Schwere des Eingriffs sowie damit verbundene Risiken verstanden haben. Eine Behandlung ohne Einwilligung kann als Körperverletzung gewertet werden. Beispiel: Nach ausführlicher Aufklärung stimmt der Patient einer Blinddarm-Operation schriftlich zu.


Zurück

Aponeurektomie

Ein chirurgischer Eingriff zur Entfernung der Aponeurose, einer bindegewebigen Sehnenplatte in der Handfläche. Diese Operation wird häufig bei der Dupuytren-Kontraktur durchgeführt, bei der sich die Fingergrundgelenke durch Bindegewebswucherungen dauerhaft beugen. Das Verfahren zielt darauf ab, die verkrampften Bindegewebsstränge zu entfernen und die Beweglichkeit der Finger wiederherzustellen. Beispiel: Bei der partiellen Aponeurektomie wird nur der erkrankte Teil des Bindegewebes entfernt, um die Fingerbeweglichkeit zu verbessern.


Zurück

Revisionsoperation

Ein erneuter operativer Eingriff nach einer vorausgegangenen Operation, der aufgrund von Komplikationen oder unbefriedigendem Behandlungsergebnis erforderlich wird. Revisionsoperationen können zur Korrektur von Komplikationen wie Infektionen, Wundheilungsstörungen oder Durchblutungsstörungen notwendig sein. Sie sind meist komplexer als der Ersteingriff und bergen oft höhere Risiken. Beispiel: Nach einer Knie-OP muss wegen einer Infektion eine Revision durchgeführt werden, um infiziertes Gewebe zu entfernen.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 630a BGB (Vertragstypische Pflichten beim Behandlungsvertrag):
    Beim Behandlungsvertrag zwischen Patient und Arzt besteht die Pflicht, den Patienten nach den zum Zeitpunkt der Behandlung bestehenden fachlichen Standards zu behandeln. Der Arzt schuldet dabei keine Heilung, sondern eine sorgfältige und gewissenhafte Behandlung nach den Regeln der ärztlichen Kunst.
    Im vorliegenden Fall wird argumentiert, dass die Behandlung des Klägers mehrfach fehlerhaft war, insbesondere bei der Indikationsstellung, der Hygiene sowie der Durchführung und Nachsorge der Operationen. Dies stellt eine potenzielle Verletzung der Sorgfaltspflichten nach § 630a BGB dar.
  • § 630e BGB (Aufklärungspflichten):
    Der Behandelnde ist verpflichtet, den Patienten rechtzeitig und verständlich über den Eingriff und die damit verbundenen Risiken aufzuklären, damit der Patient eine informierte Entscheidung treffen kann. Die Aufklärung muss so erfolgen, dass der Patient in der Lage ist, Nutzen und Risiken abzuwägen.
    Der Kläger behauptet, dass die Aufklärung zu den Eingriffen nicht ausreichend und zudem zu früh erfolgt sei, was eine Verletzung der Aufklärungspflichten gemäß § 630e BGB darstellen könnte. Insbesondere wird kritisiert, dass wesentliche Risiken nicht ausreichend erläutert wurden.
  • § 839 BGB i.V.m. Art. 34 GG (Amtshaftung):
    Amtspflichtverletzungen können zu Schadensersatz führen, wenn sie durch Ärzte in öffentlich-rechtlichen Kliniken im Rahmen ihrer Amtspflichten begangen werden. Dies betrifft vor allem die Einhaltung medizinischer Standards und die Vermeidung von Behandlungsfehlern.
    Sollte die Behandlung in einem öffentlichen Krankenhaus erfolgt sein, könnten Fehler bei der Hygiene oder der Durchführung der Operationen eine Amtspflichtverletzung begründen, die Schadensersatzansprüche auslösen könnte.
  • § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht):
    Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.
    Die mehrfach beschriebenen gesundheitlichen Folgen, wie die Bewegungsunfähigkeit, Sensibilitätsstörungen und Phantomschmerzen, könnten auf Behandlungsfehler zurückzuführen sein. Der Kläger macht geltend, dass diese auf die fehlerhafte ärztliche Behandlung beruhen und somit unter § 823 Abs. 1 BGB fallen.
  • § 256 ZPO (Feststellungsklage):
    Eine Feststellungsklage ist zulässig, wenn ein rechtliches Interesse an der Feststellung eines Rechtsverhältnisses besteht, insbesondere wenn der Kläger befürchtet, dass zukünftige Schadensersatzansprüche nicht mehr geltend gemacht werden können.
    Der Kläger beantragt eine Feststellung der Haftung der Beklagten für zukünftige Schäden, da diese durch die bisherigen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und mögliche Spätfolgen nicht vollständig bezifferbar sind. Dies dient dazu, der Verjährung entgegenzuwirken und Ansprüche zu sichern.

Das vorliegende Urteil


LG Schweinfurt – Az.: 24 O 340/22 Hei – Endurteil vom 13.12.2023


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Medizinrecht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Medizinrecht und Arzthaftungsrecht.  Gerne beraten und vertreten wir Sie in medizinrechtlichen Angelegenheiten.

Rechtsanwälte Kotz Medizinrecht - Kreuztal

Urteile und Rechtstipps aus dem Medizinrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!