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Schadensersatz wegen augenärztlicher Behandlung

LG Dortmund – Az.: 12 O 111/15 – Urteil vom 22.02.2018

Der Beklagte zu 2. wird verurteilt, an die Klägerin ein Schmerzensgeld in Höhe von 6.000,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.07.2015 sowie weitere 4.962,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem 25.07.2015 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte zu 2. verpflichtet ist, die Klägerin von jeglichen weiteren materiellen Schäden freizustellen und ihr jegliche nicht vorhersehbaren künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen, die auf die rechtswidrige Behandlung der Klägerin beim Beklagten zu 2. ab 2013 zurückzuführen sind, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Gerichtskosten sowie die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und des Beklagten zu 2. tragen die Klägerin zu 75 % und der Beklagte zu 2. zu 25 %. Die außergerichtlichen Kosten der Beklagten zu 1. trägt die Klägerin.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt Schadensersatz nach einer augenärztlichen Behandlung.

Die 1963 geborene Klägerin, die im Außendienst (im Rahmen von „xxx-Partys“) tätig ist und deshalb häufig abends beruflich Autofahren muss, korrigierte die bei ihr vorliegende starke Kurzsichtigkeit (rechtes Auge minus 7,25 dpt., linkes Auge minus 7,0 dpt.) seit ca. 30 Jahren mit Kontaktlinsen. Sie stellte sich am 29.11.2012 in der Praxis des Beklagten zu 2. vor, um sich über die Möglichkeit einer operativen Korrektur ihrer Sehschwäche mittels Laser-in-situ-Keratomileusis (LASIK) zu informieren. Da sie als gewünschtes Ziel das Sehen ohne jede Sehhilfe sowohl im Nah- als auch im Fernbereich angab, riet der Beklagte zu 2. ihr von einer LASIK ab, da sie hierdurch zwar die Kurzsichtigkeit korrigieren könne, bei beginnender Alterssichtigkeit dann aber für den Nahbereich eine Sehhilfe (Lesebrille) erforderlich werden würde. Der Beklagte zu 2. erklärte der Klägerin, dass für eine endgültige Lösung ohne Sehhilfe im Nah- und Fernbereich die Implantation von Multifokallinsen in Betracht komme. Es wurde abgefragt, ob betreffend das Nahsehen für die Klägerin das Sehen in Leseabstand oder in Computerentfernung Priorität habe; die Klägerin wünschte hierauf die Herstellung einer sehhilfefreien Lesefähigkeit, die Computerentfernung habe keine Priorität. Der Beklagte zu 2. erläuterte der Klägerin das operative Vorgehen, die allgemeinen Risiken eines chirurgischen Eingriffs (bis zum möglichen Verlust des Auges) und als mögliche Folge des Linsenaustausches das Auftreten von sogenannten Halos um Lichtquellen. Außerdem wurde über eine bestimmte Linsenart gesprochen, die häufig dazu führe, dass Dritte beim Blick ins Auge eines Operierten „Blitze“ wahrnähmen. Der Klägerin war dies von einer Bekannten, die solche Linsen eingesetzt bekommen hatte, bekannt; der Beklagte zu 2. wählte für die Klägerin eine andere Linsenart. Die weiteren Einzelheiten des Aufklärungsgesprächs sind streitig. In wirtschaftlicher Hinsicht wurde die Klägerin darüber aufgeklärt, dass mit Kosten von ca. 2.000 EUR pro Auge zu rechnen sei, die sie selbst tragen müsse. Der Klägerin wurde außerdem eine Informationsbroschüre über künstliche Linsen mitgegeben.

Die Klägerin entschloss sich zur Durchführung der Operation in Form des Austausches der eigenen Linsen durch Multifokallinsen und vereinbarte einen Termin zur Voruntersuchung. In diesem Termin am 06.03.2013 wurde die Klägerin über die von ihr gewünschte Vollnarkose aufgeklärt. Mit dem Beklagten zu 2. wurde erneut ein Aufklärungsgespräch geführt, in dem jedenfalls das Risiko einer schweren Infektion mit der möglichen Folge eines Verlustes des betroffenen Auges besprochen wurde. Dass die Klägerin im Außendienst tätig ist, war ausweislich der Patientenakte von ihr angegeben worden. Die Klägerin unterschrieb eine Einverständniserklärung, in der sie bestätigte, „ausreichendes schriftliches Informationsmaterial erhalten und ein ausführliches Aufklärungsgespräch über die refraktive Chirurgie geführt“ zu haben, wobei „mögliche Komplikationen und Nebenwirkungen – auch schwerster Art bis hin zum Verlust des Auges – sowie alternative Verfahren besprochen“ worden seien. Sie unterzeichnete außerdem einen „Behandlungsvertrag zwischen C1 […] nachfolgend Augenarzt genannt und E1“, in dessen letztem Absatz es heißt:

„Der Augenarzt ist berechtigt, für die Behandlung die Räumlichkeiten der Gemeinschaftspraxis C1 pp. […] oder der W1 (sic) GmbH in Anspruch zu nehmen und auch einzelne Dienstleistungen von Augenärzten und Mitarbeitern der Gemeinschaftspraxis ausführen zu lassen. Vertragliche Beziehungen bestehen ausschließlich zwischen dem Augenarzt und dem Patienten […].“

Wie geplant wurden am 18.03.2013 der Eingriff am rechten und am 21.03.2013 der Eingriff am linken Auge jeweils mittels Femto-Sekundenlaser-assistierter Linsenaspiration vorgenommen, wobei jeweils eine Multifokallinse mit einer Nahaddition von 4,0 dpt implantiert wurde. Die Operationen wurden durchgeführt in den Räumlichkeiten der Beklagten zu 1., deren Geschäftsführer (neben V1) der Beklagte zu 2. ist. Für die Behandlung zahlte die Klägerin 4.962,00 EUR.

Schadensersatz wegen augenärztlicher Behandlung
(Symbolfoto: Von Jen Bernal/Shutterstock.com)

Bei einer Nachuntersuchung am 19.03.2013 nach dem Eingriff rechts war alles in Ordnung. Im Nachuntersuchungstermin am 22.03.2013 nach dem Eingriff links schilderte die Klägerin Doppelbilder. Für den 02.04.2013 ist in der Patientenakte vermerkt: „klagt über enorme Halos bei Dunkelheit beim Autofahren […] R perfekt auf 0, L etwas myop, Feinkorrektur mit Laser zu späterem Zeitpunkt möglich, Halos sollten nach einigen Wochen/Monaten vom Gehirn besser verarbeitet werden, soll abwarten WV ca. 21.04 […]“. Für den 17.04.2013 ist dokumentiert, dass immer noch Halos vorlagen und die Feinkorrektur erneut angesprochen worden sei, sodann: „soll erstmal Probelinse L mit 0,75d bes. bei nächtlichen Autofahrten testen, um zu gucken[,] ob Halos besser werden […]“.

Am 25.04.2013 kam es zu einer Glaskörperablösung im rechten Auge, die sich bei der Klägerin durch das Sehen von Blitzen und schwarzen Schatten zeigte, weshalb sie sich beim Notdienst der Augenklinik im Städtischen Klinikum O1 vorstellte. Am 30.04.2013 wurde das festgestellte Loch in der Netzhaut mittels Kryokoagulation (Vereisung) in lokaler Betäubung behandelt.

Zur Korrektur der verbliebenen Kurzsichtigkeit links wurde am 24.06.2013 eine Add-On-Linse links implantiert, die die Fehlsichtigkeit korrigierte, der Klägerin allerdings Beschwerden machte. Am 05.07.2013 erhielt die Klägerin eine Verordnung für eine Brille zum Arbeiten am PC. Wegen einer Dezentrierung musste die Add-On-Linse in einem Eingriff am 19.08.2013 um 45° gedreht werden. Trotzdem bereitete sie der Klägerin weiter Probleme, weshalb sie am 09.09.2013 wieder explantiert wurde. Der Restsehfehler am linken Auge wurde dann am 05.12.2013 mit einer Laseroperation korrigiert, was zu einer Refraktion von +0,2 dpt führte. Die Klägerin klagte aber weiter über schlechtes Sehen, mangelnden Kontrast in der Dunkelheit und riesige Halos. Es wurde erörtert, die Linsen durch Einstärkenlinsen auszutauschen, was allerdings zum Verlust der Lesefähigkeit geführt hätte. Ausweislich der Patientenakte wurde der Klägerin deshalb am 22.01.2014 geraten, „derzeit alles so [zu] belassen“. Am 14.04.2014 war die Klägerin zum letzten Termin in der Praxis des Beklagten zu 2. zur Messung.

Ausweislich der beigezogenen Behandlungsunterlagen des Universitätsklinikums Knappschaftskrankenhaus O3, Entlassungsbericht vom 12.12.2015, wurde die Klägerin am 08.12.2015 dort am linken Auge operiert und ein Intraokularlinsenaustausch vorgenommen. Aus dem Bericht ergibt sich auch, dass am linken Auge ein Makulaschichtforamen diagnostiziert wurde.

Mit anwaltlichem Schreiben vom 06.11.2014 (Bl. 46 d.A.) forderte die Klägerin die Beklagte zu 1. zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz unter Fristsetzung auf den 31.12.2014 auf.

Die Klägerin behauptet, in der Aufklärung sei die Problematik der Halos dergestalt verharmlost worden, dass gesagt worden sei, es könne möglicherweise ein „kleiner Ring um eine Lichtquelle“ auftreten. Dass das Kontrastsehen beeinträchtigt werden und eine erhöhte Blendempfindlichkeit auftreten könne, sei gar nicht erwähnt worden, insbesondere habe der Beklagte zu 2. auch nicht über die Thematik des Autofahrens (vor allem im Dunkeln) gesprochen, obwohl die ihr implantierten Linsen für Vielfahrer nicht geeignet seien. Es seien zudem falsche Linsen ausgewählt und diese zudem fehlerhaft eingebracht worden. Die postoperative Behandlung sei ebenfalls fehlerhaft gewesen, insbesondere hätte nach spätestens sechs Wochen nach der Operation vom 21.03.2013 die links implantierte Linse wieder entfernt werden müssen, zumal ein „Wegrechnen“ der Halos durch das menschliche Hirn nicht möglich sei.

Sie behauptet weiter, sie habe wegen der Multifokallinsen ganz massive Beschwerden in Form von riesigen Halos mit Durchmessern von ca. 1,5 m um jede Lichtquelle, die wie Wunderkerzen glitzerten, gehabt, zudem eine extreme Blendempfindlichkeit und stark eingeschränktes Kontrastsehen. Dies habe sie in persönlicher und beruflicher Hinsicht sehr eingeschränkt und belastet, da sie Menschen nicht mehr erkenne und nicht habe Autofahren können.

Seitdem die Linse im linken Auge in dem Eingriff in O3 vom 08.12.2015 durch eine Monofokallinse ausgetauscht worden sei, habe sie, wenn sie beidäugig gucke, nicht mehr das Problem mit den Halos, dies bestehe aber am rechten Auge mit der Monofokallinse weiterhin, wenn sie nur mit diesem Auge gucke. Sie habe sehr unter Trockenheit im linken Auge zu leiden, müsse ständig Salbe und Tropfen verwenden. Das Makulaschichtforamen in diesem Auge sei durch die streitgegenständliche Behandlung entstanden.

Die Klägerin hat die zunächst nur gegen die Beklagte zu 1. erhobene Klage mit am 24.07.2015 dem Beklagten zu 2. zugestelltem Schriftsatz vom 10.07.2015 auf den Beklagten zu 2. erweitert.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld, welches 35.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte, nebst gesetzlicher Zinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 247 BGB seit dem 01.01.2015 zu zahlen,

2. festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, sie

a) von jeglichen materiellen Schäden – soweit diese nicht nachfolgend bereits beziffert sind – freizustellen und

b) [ihr] jegliche nicht vorhersehbaren künftig entstehenden immateriellen Schäden zu ersetzen, die auf die fehlerhafte Behandlung ab 2013 zurückzuführen sind, soweit diese nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind,

3. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie Kosten in Höhe von 4.962,00 EUR nebst gesetzlicher Zinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 247 BGB seit dem 01.01.2015 zu zahlen,

4. die Beklagten gesamtschuldnerisch zu verurteilen, an sie außergerichtliche, nicht anrechenbare Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3.291,06 EUR nebst gesetzlicher Zinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 247 BGB seit dem 01.01.2015 zu zahlen,

hilfsweise hierzu: festzustellen, dass die Beklagten gesamtschuldnerisch verpflichtet sind, sie von außergerichtlichen, nicht anrechenbaren Rechtsanwaltsgebühren in Höhe von 3.291,06 EUR nebst gesetzlicher Zinsen gemäß §§ 288 Abs. 1, 247 BGB seit dem 01.01.2015 gegenüber der Kanzlei T2, S1-Str. 00 in W4 freizustellen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten behaupten, der Beklagte zu 2. habe die Klägerin ordnungsgemäß aufgeklärt, insbesondere zu Halos und Kontrastverlusten. Hierzu hat der Beklagte zu 2. in seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2017 erklärt, er wisse nicht mehr, ob er der Klägerin Bilder von (simulierten) Halos gezeigt habe, jedenfalls habe er erklärt, dass es sich um etwas wie einen Heiligenschein um eine Lichtquelle handele, der abhängig von der Größe dieser Lichtquelle sei, dass sie sich von Größe und Schärfe her unterschiedlich darstellen könnten. Daran, ob thematisiert wurde, zu welchen Uhrzeiten die Klägerin ihre Außendiensttätigkeit ausübe, habe er keine konkrete Erinnerung, er spreche aber jedenfalls immer das Thema Autofahren bei der Aufklärung an. Die Beklagten berufen sich vorsorglich auf eine hypothetische Einwilligung. Sie sind der Ansicht, die Beklagte zu 1. hafte unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines Gutachtens des Sachverständigen B4. Zum Ergebnis der Beweisaufnahme wird verwiesen auf das schriftliche Gutachten vom 27.07.2016 und die ergänzenden Ausführungen des Sachverständigen im Rahmen seiner Anhörung in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2017 (Bl. 222 ff. d.A.).

Zur Ergänzung des Tatbestands wird verwiesen auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogenen Krankenunterlagen und die Angaben der Klägerin und des Beklagten zu 2. in der mündlichen Verhandlung vom 30.11.2017.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

A. Die Klägerin hat keine Ansprüche gegen die Beklagte zu 1.

Vertragliche Beziehungen zur Beklagten zu 1. bestehen nicht. Der schriftliche Behandlungsvertrag vom 06.03.2013 ist seinem Wortlaut nach eindeutig: Vertragspartner der Klägerin wurde der Beklagte zu 2. Dies ergibt sich schon aus seiner Präambel, in der als Augenarzt der Beklagte zu 2. namentlich genannt wird, ohne dass auf die Beklagte zu 1. Bezug genommen wird. Außerdem findet sich im letzten Absatz die ausdrückliche Regelung, dass vertragliche Beziehungen ausschließlich zwischen dem Patienten und dem Augenarzt bestehen, auch wenn Räume der Beklagten zu 2. oder Personal der Praxis genutzt wird. Dass auf anderem Wege eine vertragliche Bindung der Beklagten zu 1. entstanden sein könnte, ist weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Klägerin hat gegen die Beklagte zu 1. auch keine deliktischen Ansprüche. Behandelt wurde sie von dem Beklagten zu 2., dem auch die Aufklärungspflicht oblag. Soweit Behandlungsfehler oder Aufklärungsversäumnisse des Beklagten zu 2. im Raum stehen, hat hierfür nicht die Beklagte zu 1. einzustehen, da der Beklagte zu 2. nicht als ihr Verrichtungsgehilfe gem. § 831 BGB tätig wurde, sondern in eigener vertraglicher Verpflichtung. Soweit andere Ärzte aus der Gemeinschaftspraxis die Klägerin untersucht oder behandelt haben, wurden sie ausweislich des Behandlungsvertrages nicht für die Beklagte zu 1., sondern für den Beklagten zu 2. tätig.

Eine Haftung aus „Anscheinshaftungsgründen“ scheidet ebenfalls aus. Der Wortlaut des von der Klägerin unterschriebenen Behandlungsvertrags ist bezüglich des Vertragspartners eindeutig. Was für ein Hinweis im Impressum auf der Homepage der Beklagten zu 1. von der Klägerin hierzu vermisst wird oder inwieweit durch dieses Impressum ein falscher Anschein erweckt werden soll, erschließt sich der Kammer nicht.

B. Der Klägerin stehen aber Ansprüche gegen den Beklagten zu 2. aus dem Gesichtspunkt einer rechtswidrigen Behandlung zu, und zwar sowohl als deliktsrechtlicher Schadensersatz (§§ 823, 249, 253 BGB) als auch aus einer Pflichtverletzung des Behandlungsvertrags (§§ 611, 280, 249, 253 BGB).

I. Nach der durchgeführten Beweisaufnahme ist die Kammer allerdings nicht überzeugt davon, dass dem Beklagten im Zusammenhang mit den Operationen vom 18.03.2013 und 21.03.2013 oder dem weiteren Verlauf der Behandlung ein Behandlungsfehler unterlaufen ist. Die Kammer folgt bei dieser Einschätzung den Ausführungen des Sachverständigen B4. Als Direktor der Klinik für Augenheilkunde des Klinikums der X1-Universität O4 verfügt der Sachverständige über ein umfassendes theoretisches Wissen wie über erhebliche praktische Erfahrung. Sein Gutachten basiert auf einer umfassenden Auswertung der Behandlungsunterlagen sowohl des Beklagten als auch der nachbehandelnden Augenklinik O3 sowie auf einer Untersuchung der Klägerin. Der Sachverständige hat die entscheidungserheblichen Fragen im schriftlichen Gutachten und sodann unter Auseinandersetzung mit den von der Klägerin vorgebrachten Einwendungen in der mündlichen Anhörung vom 30.11.2017 detailliert und medizinisch überzeugend beantwortet.

1. Hiernach muss die Kammer davon ausgehen, dass die Operationen vom 18.03.2013 und vom 21.03.2013 indiziert waren, auf einer ausreichenden Befunderhebung beruhten und ordnungsgemäß durchgeführt wurden.

a) Der Sachverständige hat ausgeführt, dass bei der Planung für einen refraktiven Linsenaustausch zwingend zunächst eine Testung der Sehschärfe in der Ferne ohne und mit Korrektur durchzuführen sei. Diese Testung wurde in der Voruntersuchung vom 06.03.2013 vorgenommen. Weiter sei der vordere und hintere Augenabschnitt mit der Spaltlampe auf mögliche okulare Pathologien zu untersuchen. Diese Untersuchung ist nach den gutachterlichen Feststellungen sowohl am 29.11.2012 (die Datumsangabe des 29.12.2012 im Gutachten auf S. 16 beruht offensichtlich auf einem Diktat- oder Schreibfehler) als auch in der Voruntersuchung am 06.03.2013 erfolgt. Schließlich müsse eine biometrische Vermessung beider Augen zur Linsenberechnung und Linsenauswahl erfolgen, was bei der Voruntersuchung am 06.03.2013 mit dem Carl Zeiss IOLMaster Advanced Technology V. 5.4 erledigt worden sei. Weitere Untersuchungen seien nicht zwingend notwendig. Bei der Klägerin seien zusätzlich noch die Pupillenweite gemessen und ein Mesotest zur Prüfung des Dämmerungssehens und der Blendempfindlichkeit durchgeführt worden.

b) Nach diesen Befunderhebungen und dem Wunsch der Klägerin nach Freiheit von Sehhilfen waren – so der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten – die Operationen nach den Richtlinien der Kommission für refraktive Chirurgie relativ indiziert, da die in diesen Richtlinien angegebenen Kriterien bei der Klägerin vorlagen. Der Sachverständige hat dargelegt, dass – anders als die Klägerin behauptet – bei ihr schon eine beginnende Alterssichtigkeit vorlag. Nur so erklärt sich auch, dass die Klägerin vor der Behandlung beim Beklagten zu 2. sogenannte Gleitsichtkontaktlinsen trug, was in der Patientenakte der Klägerin beim Beklagten zu 2. für den ersten Termin vom 29.11.2012 dokumentiert ist. Die Diagnose einer Myopie und Presbyopie sei vertretbar gewesen. Die Kurzsichtigkeit bei der Klägerin mit -7,0 dpt bzw. -7,25 dpt war stark, weshalb der Anwendungsbereich für einen refraktiven Linsenaustausch nach den Richtlinien der Kommission für refraktive Chirurgie, die ihn bejahen unter anderem für Patienten mit hoher Myopie (> -6,0 dpt) bei gleichzeitiger Presbyopie, gegeben war. Sowohl der Entschluss, zwei Multifokallinsen (und nicht eine Monofokallinse und eine Multifokallinse) einzusetzen sei standardgerecht gewesen als auch die konkrete Auswahl der Linsen.

c) Der Sachverständige konnte anhand der Behandlungsunterlagen auch keine Anhaltspunkte dafür finden, dass die Operationen fehlerhaft durchgeführt worden wären. Aus den Operationsberichten ergaben sich keine Auffälligkeiten. Dass bei der Klägerin später ein Makulaschichtforamen, also ein Loch in der Netzhaut, am linken Auge aufgetreten ist, lässt ebenfalls nicht auf einen Behandlungsfehler schließen. Zum einen ist schon nicht klar, dass diese Folge überhaupt auf die Operationen zurückzuführen ist, zum zweiten ließe auch das Entstehen auf Grund einer Operation nicht den Schluss auf einen Behandlungsfehler zu, weil diese Folge schicksalhaft eintreten kann. Ebenso wenig kann aus der Tatsache, dass am linken Auge auch nach dem refraktiven Linsenaustausch vom 21.03.2013 ein Restsehfehler in Form einer leichten Kurzsichtigkeit (-0,75 dpt) verblieben war, gefolgert werden, dass die Operation in irgendeiner Form fehlerhaft durchgeführt worden sei.

2. Die Kammer konnte auf Grund der durchgeführten Beweisaufnahme auch keine Behandlungsfehler im postoperativen Vorgehen und den Folgeeingriffen erkennen.

a) Zunächst hat der Sachverständige nicht die Behauptung der Klägerin bestätigt, dass die eingesetzten Linsen spätestens sechs Wochen nach den Eingriffen wieder hätten entfernt werden müssen. Der postoperative Befund vom 02.04.2013 habe beidseits eine gut zentrierte Hinterkammerlinse gezeigt. Die geringe Myopie am linken Auge sei zu einem späteren Zeitpunkt zu korrigieren gewesen. Das Raten zu einer abwartenden Haltung angesichts der von der Klägerin beklagten Halos sei standardgerecht gewesen, da die klinische Erfahrung zeige, dass die bei multifokalen Intraokularlinsen bekannte und häufige Nebenwirkung der Halos, die aus dem Prinzip der Bildüberlagerung entstehen, nach einem ungefähren Zeitraum von bis zu ca. sechs Monaten als weniger störend wahrgenommen würde. Es sei deshalb auch bei der Klägerin noch mit einer Adaption und besseren Akzeptanz zu rechnen gewesen. Es sei zwar zutreffend, dass für den Fall, dass eine Intraokularlinse explantiert oder rotiert werden müsse, dies vorzugsweise innerhalb der ersten drei bis sechs Wochen nach dem Einsetzen erfolgen sollte, da nach diesem Zeitraum die Kapselblätter mit der Linse verwüchsen, was ein Entfernen oder Drehen schwieriger mache. Allerdings sei immer ein Abwägen von Wahrscheinlichkeiten notwendig, weshalb bei der Klägerin eine Entfernung der Linse zu diesem Zeitpunkt noch nicht indiziert gewesen sei. Der Kammer genügt hierzu die Darlegung des Sachverständigen, dass eine bessere Akzeptanz sich aus der klinischen Erfahrung ergebe, weshalb die weitere Frage, ob aus neurologischer Sicht das menschliche Gehirn überhaupt in der Lage ist, Halo-Erscheinungen „wegzurechnen“, was von der Klägerin bestritten wird, nicht weiter geklärt werden musste. Zeigt die klinische Erfahrung, dass das optische Phänomen mit der Zeit weniger wahrgenommen wird, kommt es für die Kammer nicht darauf an, ob dies auf einem tatsächlichen „Wegrechnen“ beruht oder bloß auf einem Gewöhnungseffekt. Jedenfalls folgt die Kammer insoweit der überzeugenden Einschätzung des Sachverständigen, dass der Beklagte zu 2. noch einen solchen Effekt erwarten durfte.

b) Auch im Übrigen ergeben sich keine Anhaltspunkte für Fehler im weiteren Behandlungsverlauf. Es wurden diverse Folgeeingriffe und weitere Behandlungen erforderlich, die aber ausweislich der erfolgten Beweisaufnahme keinen Fehler aufwiesen.

II. Eine Haftung des Beklagten zu 2. ergibt sich allerdings aus dem Gesichtspunkt einer unzureichenden Aufklärung.

1. Die Aufklärung der Klägerin durch den Beklagten zu 2. war nicht ausreichend und konnte damit nicht Grundlage einer wirksamen Einwilligung in die nachfolgende Behandlung sein, die damit rechtswidrig war.

a) Ein Eingriff in die körperlichen und gesundheitlichen Befindlichkeiten ohne Einwilligung des Betroffenen stellt auch dann eine rechtswidrige Körperverletzung und eine Verletzung des Behandlungsvertrages dar, wenn er durch den Arzt fehlerfrei oder erfolgreich vorgenommen wird. Ist eine Einwilligung nicht rechtswirksam erteilt, führt dies grundsätzlich zur Unzulässigkeit der ärztlichen Behandlung und zur Haftung für deren nachteilige Folgen einschließlich der mit dem Eingriff unmittelbar verbundenen Beschwerlichkeiten (BGH NJW 1987, 1481). Eine wirksame Einwilligung setzt voraus, dass der Arzt den Patienten zuvor über den beabsichtigten Eingriff hinreichend aufgeklärt hat, d. h. über die Risiken der Behandlung, alternative Behandlungsmethoden und die voraussichtliche Entwicklung bei Unterlassen einer Behandlung unterrichtet, damit der Patient in der Lage ist, eine sinnvolle Entscheidung zu treffen. Durch die erforderliche Aufklärung soll dem Patienten ein allgemeines Bild von der Schwere und Richtung des Risikospektrums vermittelt werden. Dabei ist es dem Arzt untersagt, das Verhältnis von Nutzen und Risiko des Eingriffs derart falsch darzustellen, dass dem Patienten die Grundlage für eine abgewogene Entscheidung fehlt. Ist der ärztliche Eingriff nur relativ indiziert, muss er also nicht in jedem Fall vorgenommen werden, sondern hängt seine Erforderlichkeit vom Bedürfnis des Patienten ab, ist der Patient in besonderem Maße über die Tragweite und die Heilungschancen der konkreten Behandlung aufzuklären. Gerade wenn der Eingriff nicht dringlich ist, muss in umfassender Weise über die Gefahren und Chancen aufgeklärt werden. Insbesondere bedarf es der Darstellung, ob und welche erheblichen Folgen einer Nichtbehandlung zu erwarten sind, ob der Erfolg des Eingriffs zweifelhaft ist und möglicherweise nur zu einer vorübergehenden Besserung des Zustandes führen wird.

Auf der Grundlage dieser allgemeinen Überlegungen ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass bei einer medizinisch nur relativ indizierten Operation hohe Anforderungen an die Aufklärung zu stellen sind. Der Patient muss auf die Risiken deutlich und schonungslos hingewiesen werden. Je weniger ein ärztlicher Eingriff medizinisch geboten ist, umso ausführlicher und eindrücklicher muss der Patient, dem dieser Eingriff angeraten wird und der ihn selbst wünscht, über seine Erfolgsaussichten und etwaigen schädlichen Folgen informiert werden (vgl. BGH MDR 1991, 424; OLG Düsseldorf, Urteil vom 21.03.2002 – 8 U 117/01, „Photorefraktive Keratektomie“).

b) Diesen Anforderungen ist der Beklagte zu 2. nicht gerecht geworden.

Die Kammer teilt hierbei die Einschätzung des Sachverständigen, dass die streitgegenständlichen Eingriffe keine kosmetisch-ästhetischen Operationen sind, bei denen eine besonders intensive und schonungslose Aufklärung erforderlich wäre, die auch einen deutlichen Hinweis auf die Möglichkeit beinhalten muss, den Eingriff einfach zu unterlassen (hierzu OLG Naumburg, Urteil vom 20.11.2014 – 1 U 1/14). Es handelt sich um beim Wunsch nach Freiheit von Sehhilfen medizinisch-indizierte Eingriffe, da sie geeignet sind, die Fehlsichtigkeit zu beseitigen. Allerdings war die Gebotenheit der Operationen als insgesamt gering anzusehen. Es war deshalb eine sehr deutliche Aufklärung insbesondere über die Risiken der erhöhten Blendempfindlichkeit, des Auftretens von Halos und des verringerten Kontrastsehens erforderlich. Es kann dahinstehen, ob tatsächlich das Thema des Kontrastsehens thematisiert wurde, wofür angesichts der Dokumentation einiges spricht. Es kann auch dahinstehen, ob die Beschreibung des Beklagten zu 2. zu möglichen Halos, also wie sie sich grundsätzlich darstellen können, ausreichend war. Der Sachverständige hat hierzu die sehr deutliche medizinische Einschätzung abgegeben, dass die vom Beklagten zu 2. in seiner persönlichen Anhörung geschilderten Erklärungen eine ordnungsgemäße Aufklärung darstellten. Für die Kammer steht allerdings auf Grund der durchgeführten Anhörungen gerade nicht fest, dass auch die besondere Problematik des Sehens im Dunkeln, vor allem bei Autofahrten im Dunkeln mit entgegenkommenden Scheinwerfern, thematisiert wurde. Die Klägerin hat nachdrücklich erklärt, dies sei nicht geschehen. Der Beklagte zu 2. hat hierzu ausgeführt, dass er das Thema Autofahren zwar immer anspreche und sich auch sicher sei, dass generell über die Außendiensttätigkeit der Klägerin gesprochen worden sei. Zunächst hat er auch erklärt, das Problem des Nachtfahrens sei thematisiert worden. Im Folgenden hat er aber eingeräumt, dass er keine konkrete Erinnerung an das Thema Autofahren im Aufklärungsgespräch habe und dass er nicht sagen könne, ob darüber gesprochen worden sei, zu welchen Zeiten die berufliche Tätigkeit der Klägerin ausgeübt wird. Hiernach kann die Kammer nicht (und zwar auch nicht ausgehend von einer Immer-so-Aufklärung) zu dem Schluss kommen, dass das Risiko einer eingeschränkten Fahrtüchtigkeit im Dunkeln angemessen thematisiert worden wäre.

Die Kammer ist aber überzeugt davon, dass dies im Rahmen einer ordnungsgemäßen Aufklärung hätte geschehen müssen. Das Risiko, im Dunkeln nicht mehr Autofahren zu können, ist unter Berücksichtigung der beruflichen Tätigkeit der Klägerin, der Tatsache, dass dieses Risiko sich nicht nur in absoluten Ausnahmefällen verwirklicht, und der jedenfalls in den Wintermonaten nur kurzen hiesigen Tageslichtverfügbarkeit eines, auf das ausdrücklich hätte hingewiesen werden müssen. Diese Einschätzung teilt der Beklagte zu 1. offenbar auch selbst, wenn er in seiner mündlichen Anhörung erklärt hat, einem Berufskraftfahrer, dem es nicht um die Nahsicht geht, würde er die multifokalen Linsen in dieser Form auch überhaupt nicht empfehlen.

Dem Beklagten zu 2. vermag auch der Einwand der hypothetischen Einwilligung nicht zu helfen. Die Klägerin hat glaubhaft geschildert, dass sie – wenn sie um die Problematik des Autofahrens im Dunkeln gewusst hätte – den Eingriff nicht vorgenommen hätte. Die Kammer verkennt hierbei nicht, dass bei der Frage der hypothetischen Einwilligung Selbsteinschätzungen von Patienten dazu, ob sie einem Eingriff zugestimmt hätten, im Nachhinein immer beeinflusst sind von dem späteren Verlauf, da ein Patient in der Regel nicht in der Lage sein wird, die insoweit gebotene ex-ante-Betrachtung ohne Berücksichtigung des tatsächlich verwirklichten Risikos vorzunehmen. Allerdings ist vorliegend zu berücksichtigen, dass die Klägerin durch die von ihr getragenen Kontaktlinsen unkompliziert eine vollständige Korrektur der Sehkraft herbeiführen konnte und sich auch über die Möglichkeit einer operativen Korrektur zunächst lediglich informieren wollte. Es hat sich für die Kammer nicht der Eindruck ergeben, dass die Klägerin zwingend eine Operation wollte, um ohne Sehhilfe sehen zu können, sondern auch die von ihr zunächst angedachte LASIK nur als eventuelle Möglichkeit gesehen hat, möglicherweise auf Sehhilfen ganz verzichten zu können, ohne dass dies für sie ein ungemein wichtiges Ziel gewesen wäre. Der Leidensdruck der Klägerin, den sie durch ihre Fehlsichtigkeit erlebte, war angesichts der Korrekturmöglichkeit durch Kontaktlinsen, mit denen sie seit langem lebte, nach Einschätzung der Kammer nicht sehr hoch. Dagegen ist die Fähigkeit zum Autofahren auch bei Dunkelheit für die Klägerin wegen ihrer beruflichen Tätigkeit existenziell wichtig. Das Risiko, dass diese Fähigkeit beeinträchtigt oder aufgehoben werden würde, war auch nicht derart gering, dass davon ausgegangen werden kann, die Klägerin hätte sich darauf verlassen, dass es nicht eintreten werde. Dass die Klägerin über den möglichen Eintritt von ganz erheblichen Folgen bis hin zum Verlust des Auges aufgeklärt wurde, ändert an dieser Einschätzung der Kammer nichts. Hierbei handelt es sich nämlich um solche unwahrscheinlichen Folgen, die letztlich bei jeder Operation in ähnlicher Form bestehen, bei denen sich aber ein erheblicher Anteil von Patienten in der Regel darauf verlassen wird, dass sie nicht eintreten. So beinhaltet jede Vollnarkose das Risiko des Versterbens. Dass sich ein Patient mit diesem Risiko einverstanden erklärt, führt aber nicht zu einer hypothetischen Einwilligung für alle denkbaren anderen Folgen dieser Narkose oder gar des unter dieser Narkose durchgeführten Eingriffs.

2. Der Beklagte haftet danach dem Grunde nach auf materiellen wie immateriellen Schadensersatz.

a) Hieraus folgend hat der Beklagte zu 2. zunächst ein angemessenes Schmerzensgeld an die Klägerin zu zahlen. Zu berücksichtigen sind die bei der Klägerin auf Grund der rechtswidrigen Operationen eingetretenen Folgen, für die das Schmerzensgeld Ausgleich und Genugtuung bieten soll.

Diese Folgen bestehen zum einen darin, dass die Klägerin bis zum weiteren Eingriff vom 08.12.2015, bei dem durch den Austausch der linken Linse hin zu einer Monofokallinse eine deutliche Besserung eingetreten ist, in ihrer beruflichen und privaten Lebensführung eingeschränkt war. Dass keine Nachtfahreignung bestand, hat der Sachverständige in seinem schriftlichen Gutachten bestätigt. Die Angaben der Klägerin zu den Einschränkungen durch Halos und Probleme mit dem Kontrastsehen waren glaubhaft und konnten von der Kammer zur Beurteilung herangezogen werden. Dass der Sachverständige in dem schriftlichen Gutachten ausgeführt hat, dass die damals fehlende Nachtfahreignung auch auf das Makulaschichtforamen zurückzuführen sei, das nicht auf die Eingriffe zurückzuführen sei, ändert nichts.

Zwar kann die Kammer in der Tat nicht zu dem Schluss kommen, dass dieses Loch in der Netzhaut auf den streitgegenständlichen Operationen beruht. Es ist zwar möglich, dass sein Entstehen durch die Operationen und die Folgeeingriffe jedenfalls begünstigt wurde, der Sachverständige hat aber in der mündlichen Anhörung sehr deutlich dargelegt, dass er dies für spekulativ halte und das Auftreten eines Makulaschichtforamens als Folge der durchgeführten Operationen absolut untypisch wäre. Dies reicht auch für den vereinfachten Beweismaßstab des § 287 ZPO, der anzulegen ist (BGH NJW 2011, 375) nicht aus, um eine Kausalität anzunehmen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes ist deshalb das Makulaschichtforamen nicht zu berücksichtigen.

Betreffend die zwischenzeitlich fehlende Nachtfahreignung der Klägerin ist aber zu berücksichtigen, dass die Probleme, auf der diese fehlende Fähigkeit beruhte, bereits ab April 2013 in der Dokumentation des Beklagten zu 2. festgehalten sind. Der Sachverständige hat in der mündlichen Verhandlung aber überzeugend geschildert, dass das Makulaschichtforamen am 22.01.2014 noch nicht vorgelegen haben kann. Es kann deshalb auch nicht ursächlich für die von der Klägerin beklagten Probleme gewesen sein.

Fest steht für die Kammer nach der durchgeführten Beweisaufnahme, dass die Klägerin die Folgeeingriffe vom 24.06.2013 und 19.08.2013 sowie insbesondere vom 08.12.2015 wegen der rechtswidrigen Operationen über sich ergehen lassen musste. Nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auf die rechtswidrigen Operationen zurückzuführen sind dagegen die Eingriffe vom 25.04.2013 wegen der Glaskörperablösung und am 30.04.2013 (Verweisung des Loches in der Hornhaut am rechten Auge).

Nicht zu berücksichtigen ist, dass der für die Klägerin nun wieder verbesserte Zustand nach Austausch der linken Linse in eine Monofokallinse auf dem Zusammenspiel beider Augen beruht und bei Sehen mit nur dem rechten Auge die störenden optischen Phänomene nach wie vor vorhanden sind. Sollte sich hieraus in der Zukunft ein immaterieller Schaden ergeben, kann die Klägerin ihn später geltend machen, derzeit ist ein solcher weiterer immaterieller Schaden aber nicht mit der erforderlichen Wahrscheinlichkeit absehbar.

Die Kammer hält den tenorierten Geldbetrag von 6.000,00 EUR angesichts der Dauer der Einschränkungen von März 2013 bis Dezember 2015 und der Anzahl der Folgeeingriffe für erforderlich, aber auch für ausreichend, um die Belastungen auszugleichen und der Klägerin eine Genugtuung zukommen zu lassen. Bei letzterem Aspekt hat die Kammer auch berücksichtigt, dass das Aufklärungsverschulden des Beklagten zu 2. als verhältnismäßig gering anzusehen war.

b) Neben dem Schmerzensgeld schuldet der Beklagte Rückzahlung des Honorars in Höhe von 4.962,00 EUR, weil die Operationen vom 18.03.2013 und 21.03.2013, für die das Honorar gezahlt wurde, mangels ordnungsgemäßer Aufklärung rechtswidrig waren. Die Klägerin kann – da sie bei ordnungsgemäßer Aufklärung den Operationen nicht zugestimmt hätte — von dem Beklagten zu 2. deshalb Schadensersatz in Höhe der von ihr gezahlten Behandlungskosten verlangen. Angesichts der Tatsache, dass das erklärte Ziel der Klägerin, nämlich die Freiheit von Sehhilfen, nicht eingetreten ist, sieht die Kammer auch keine Veranlassung, die ihr zuteil gewordene Behandlungsleistung als Vorteil anzurechnen.

c) Schließlich ist auch der Feststellungsantrag begründet. Es liegt eine gewisse Wahrscheinlichkeit dafür vor, dass sich aus den mangels ordnungsgemäßer Aufklärung rechtswidrigen Behandlungen weitere Schäden für die Klägerin ergeben. Dies gilt sowohl für materielle Schäden (z.B. auch in beruflicher Hinsicht) als auch für weitere immaterielle Schäden, die derzeit nicht absehbar sind. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass die für die Klägerin jetzt wieder verbesserte Situation, in der sie nach der Implantation einer monofokalen Linse links wieder Autofahren kann und keine extremen Halos mehr wahrnimmt, nicht zwingend so bestehen bleiben wird. Insbesondere ist nicht auszuschließen, dass bei einem Ausfall des linken Auges die optischen Phänomene im rechten Auge wieder verstärkt Leidensdruck hervorrufen können. Diese zumindest denkbare Folgeentwicklung ist bei der Bemessung des Schmerzensgeldes nicht berücksichtigt worden, kann aber möglicherweise in der Zukunft noch Ansprüche der Klägerin auslösen.

d) Keinen Anspruch hat die Klägerin dagegen auf Erstattung von außergerichtlichen Rechtsanwaltsgebühren. Eine außergerichtliche Tätigkeit ist mit dem Schreiben vom 24.11.2014 (Bl. 55 d.A.) gegenüber der Beklagten zu 1. entfaltet worden, die aber mangels Haftung auch nicht für die vorgerichtlichen Kosten einzustehen hat. Eine vorgerichtliche Tätigkeit gegenüber dem Beklagten zu 2. ist nicht dargelegt. Deshalb kann auch der Hilfsantrag auf Freistellung keinen Erfolg haben. Die Klage war in diesem Punkt abzuweisen.

d) Der Anspruch auf Zinsen besteht nur unter dem Gesichtspunkt der Rechtshängigkeitszinsen gem. § 291 BGB. Der Beklagte zu 2. wurde außergerichtlich nicht in Verzug gesetzt, weshalb der Zinsantrag im Übrigen abzuweisen war.

C. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 91, 92 ZPO. Nach den Maßstäben der Baumbach’schen Formel und ausgehend von einem fiktiven Streitwert von zwei mal 57.462,00 EUR obsiegt die Klägerin gegenüber dem Beklagten zu 2. unter Berücksichtigung des Feststellungsantrags mit 17.500,00 EUR in Höhe von 28.462,00 EUR und unterliegt in Höhe von 29.000,00 EUR, während sie gegenüber der Beklagten zu 1. umfänglich, also in Höhe von 57.462,00 EUR unterliegt. Ihr Gesamtunterliegen macht damit 75 % des fiktiven Streitwerts aus.

D. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit hat ihre gesetzliche Grundlage in § 709 Satz 1 und 2 ZPO.

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