Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Behandlungsfehler in der Zahnmedizin: Kieferknochenentzündung durch Toxavit
- Der Fall vor Gericht
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Benötigen Sie Hilfe?
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Welche gesetzlichen Ansprüche habe ich bei einem zahnmedizinischen Behandlungsfehler?
- Wie kann ich einen zahnmedizinischen Behandlungsfehler rechtlich nachweisen?
- Welche Fristen muss ich bei der Geltendmachung von Behandlungsfehlern beachten?
- Welche Bedeutung hat die ärztliche Aufklärungspflicht bei zahnmedizinischen Eingriffen?
- Welche ersten rechtlichen Schritte sollte ich bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler einleiten?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Thüringen
- Datum: 23.01.2024
- Aktenzeichen: 7 U 1170/22
- Verfahrensart: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht
- Beteiligte Parteien:
- Kläger: Appellant; legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Gera ein und machte geltend, dass die Entscheidung auf einer Rechtsverletzung und unzutreffenden Tatsachenfeststellungen beruhe.
- Landgericht Gera: Die untere Instanz, deren Urteil vom 30.08.2022 bestätigt wird; das Urteil wurde vom Berufungsgericht als rechtmäßig bewertet.
- Um was ging es?
- Sachverhalt: Der Kläger legte Berufung gegen das Urteil des Landgerichts Gera ein, in welchem seine Klage abgewiesen wurde. Er berief sich darauf, dass das ursprüngliche Urteil auf einer angeblichen Rechtsverletzung und auf fehlerhaften Tatsachenfeststellungen beruhte.
- Kern des Rechtsstreits: Ob die vorgebrachten Berufsungsargumente – namentlich der Vorwurf einer Rechtsverletzung und unzutreffender Feststellungen der zugrunde liegenden Tatsachen – eine andere Entscheidung hätten rechtfertigen können.
- Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Die Berufung des Klägers wird zurückgewiesen; der Kläger trägt die Kosten des Berufungsverfahrens. Das Urteil, basierend auf der Entscheidung des Landgerichts Gera, ist vorläufig vollstreckbar und die Revision wird nicht zugelassen. Der Streitwert im Berufungsverfahren wird auf 17.116,53 € festgesetzt.
- Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Berufung weder auf einer Rechtsverletzung noch auf Tatsachenfeststellungen beruht, die eine anders lautende Entscheidung gerechtfertigt hätten.
- Folgen: Der Kläger muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Mit der Nichtzulassung der Revision wird das Urteil endgültig, und dessen vorläufige Vollstreckbarkeit bleibt bestehen.
Behandlungsfehler in der Zahnmedizin: Kieferknochenentzündung durch Toxavit
Eine Kieferknochenentzündung als Folge von Toxavit birgt nicht nur gesundheitliche Risiken, sondern wirft auch Fragen zu ärztlichem Behandlungsfehler und medizinischer Aufklärung in der Zahnmedizin und Kieferchirurgie auf. Fehlerhafte Behandlung kann zu schwerwiegenden Entzündungen und ungewollten Nebenwirkungen führen. Ein sachkundiger Blick hilft, Behandlungsfehler zu erkennen und das Patientenrecht zu sichern.
Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet.
Der Fall vor Gericht
Zahnmedizinische Behandlung mit Toxavit führt zu Klage wegen Gesundheitsschäden

Das Oberlandesgericht Thüringen hat die Berufung eines Patienten gegen ein Urteil des Landgerichts Gera zu einem zahnmedizinischen Behandlungsfehler zurückgewiesen. Der Patient hatte Schadensersatzansprüche wegen der Anwendung des Medikaments Toxavit geltend gemacht.
Fehlerhafte Behandlung ohne nachweisbare Gesundheitsfolgen
Die Verwendung des Medikaments Toxavit zur Schmerzlinderung durch den behandelnden Zahnarzt wurde als behandlungsfehlerhaft eingestuft. Die sogenannte Mortaltechnik, bei der schmerzreaktives Nervengewebe abgetötet wird, entspricht nicht mehr dem aktuellen zahnmedizinischen Standard. Zwar kann Toxavit in Ausnahmefällen indiziert sein, dies erfordert jedoch eine dokumentierte Risikoabwägung, die hier fehlte.
Kausaler Zusammenhang nicht nachweisbar
Dem Kläger gelang es nicht nachzuweisen, dass seine gesundheitlichen Beschwerden auf die Toxavit-Behandlung zurückzuführen waren. Der gerichtliche Sachverständige schloss einen ursächlichen Zusammenhang zwischen der Medikation und der späteren Kieferknochenentzündung aus. Ein Kontakt des Medikaments mit dem Kieferknochen war aufgrund der kurzen Liegedauer von nur einem Tag und der fachgerechten Versiegelung nicht möglich.
Aufklärungspflichtverletzung ohne Folgen
Der Zahnarzt hätte den Patienten zwar über mögliche Risiken der Toxavit-Behandlung aufklären müssen, was er unterließ. Da jedoch kein kausaler Zusammenhang zwischen der Behandlung und den späteren Beschwerden festgestellt werden konnte, wurde diese Pflichtverletzung rechtlich nicht relevant. Die therapeutische Sicherungsaufklärung war hingegen ausreichend erfolgt, da der Patient angewiesen wurde, sich innerhalb von zehn Tagen in weitere zahnärztliche Behandlung zu begeben.
Weitere Behandlungsaspekte ohne Fehler
Die Vorwürfe bezüglich einer unzureichenden Behandlung eines möglicherweise vorhandenen Abszesses wurden zurückgewiesen. Nach den gerichtlichen Feststellungen gab es zum Behandlungszeitpunkt keine Anzeichen für einen behandlungsbedürftigen Abszess. Die provisorische Verschließung des Zahns nach der Behandlung entsprach dem medizinischen Standard.
Kostenfolge für den Kläger
Der Patient muss die Kosten des erfolglosen Berufungsverfahrens tragen. Eine Revision wurde vom Gericht nicht zugelassen, da die Rechtssache weder grundsätzliche Bedeutung hat noch die Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass die Verwendung des Medikaments Toxavit in der Zahnmedizin nicht mehr dem aktuellen medizinischen Standard entspricht und nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig ist. Auch wenn ein Behandlungsfehler vorliegt, muss der Patient nachweisen können, dass seine gesundheitlichen Beschwerden tatsächlich durch diesen Fehler verursacht wurden. Die bloße Feststellung eines Behandlungsfehlers reicht für einen Schadensersatzanspruch nicht aus. Eine sorgfältige Dokumentation der Behandlung durch den Zahnarzt ist zwingend erforderlich, besonders bei der Anwendung nicht standardgemäßer Methoden.
Was bedeutet das Urteil für Sie?
Als Patient sollten Sie wissen, dass Sie bei einer zahnärztlichen Behandlung mit Toxavit besonders aufmerksam sein müssen. Fragen Sie aktiv nach, warum dieses Medikament in Ihrem Fall verwendet werden soll und lassen Sie sich die Gründe erklären. Dokumentieren Sie selbst alle Beschwerden, die nach einer Behandlung auftreten, möglichst zeitnah und detailliert. Sollten Sie einen Schadensersatzanspruch geltend machen wollen, müssen Sie nicht nur den Behandlungsfehler nachweisen können, sondern auch den direkten Zusammenhang zwischen der Behandlung und Ihren gesundheitlichen Problemen. Eine frühzeitige rechtliche Beratung ist dabei empfehlenswert.
Benötigen Sie Hilfe?
Klärung rechtlicher Fragen bei zahnmedizinischen Behandlungsfehlern
Unklarheiten und Unsicherheiten können entstehen, wenn es um die Bewertung von Behandlungsmethoden und den Einsatz von Medikamenten in der Zahnmedizin geht. Gerade bei komplexen Fällen, in denen Behandlungsfehler vermutet werden, ist es essenziell, den individuellen Sachverhalt umfassend zu prüfen, um die tatsächlichen rechtlichen Auswirkungen zu verstehen.
Unsere Kanzlei unterstützt Sie dabei, Ihre Situation präzise zu analysieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu durchleuchten. Mit einer sachlichen und transparenten Beratung helfen wir Ihnen, mögliche Ansätze zur Klärung Ihrer Rechte zu identifizieren und gemeinsam die nächsten Schritte zu planen.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Welche gesetzlichen Ansprüche habe ich bei einem zahnmedizinischen Behandlungsfehler?
Bei einem zahnmedizinischen Behandlungsfehler stehen Ihnen sowohl vertragliche als auch deliktische Ansprüche zu.
Vertragliche Ansprüche
Der Behandlungsvertrag mit Ihrem Zahnarzt begründet umfassende Ansprüche auf Schadensersatz bei Pflichtverletzungen. Diese umfassen:
- Den Erfüllungsschaden, der die Kosten für notwendige Nachbehandlungen und Neuversorgungen sowie die Rückzahlung des ursprünglichen Behandlungshonorars beinhaltet.
- Materielle Schäden wie Verdienstausfall, zusätzliche Fahrtkosten oder Ausgaben für Haushaltshilfen.
Deliktische Ansprüche
Unabhängig vom Behandlungsvertrag können Sie Ansprüche nach § 823 BGB geltend machen. Diese greifen bei:
- Verletzungen der Gesundheit durch fehlerhafte Behandlung
- Verstößen gegen die Aufklärungspflicht
- Fehlern bei der Diagnose oder Therapie
Schmerzensgeld
Ein Anspruch auf Schmerzensgeld nach § 253 BGB besteht bei:
- Körperlichen und psychischen Schmerzen durch die Fehlbehandlung
- Gesundheitlichen Beeinträchtigungen
- Unnötigen Behandlungsfolgen
Die Höhe des Schmerzensgeldes richtet sich nach der Schwere des Fehlers und den Folgen. Bei groben Behandlungsfehlern kann dies erhebliche Summen umfassen, wie beispielsweise 15.000 Euro bei schwerwiegenden Folgen.
Beweislast und Haftung
Bei normalen Behandlungsfehlern müssen Sie als Patient den Fehler und den daraus entstandenen Schaden nachweisen. Bei groben Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast jedoch um – der Zahnarzt muss dann beweisen, dass der Schaden nicht durch seinen Fehler entstanden ist.
Die Haftung trifft dabei nicht nur den Praxisinhaber, sondern auch angestellte Zahnärzte persönlich für ihre Behandlungsfehler.
Wie kann ich einen zahnmedizinischen Behandlungsfehler rechtlich nachweisen?
Als Patient müssen Sie bei einem vermuteten Behandlungsfehler drei zentrale Elemente nachweisen: den Fehler selbst, den entstandenen Schaden und den ursächlichen Zusammenhang zwischen Fehler und Schaden.
Grundsätzliche Beweislast
Die Beweislast liegt zunächst bei Ihnen als Patient. Sie müssen zur vollen Überzeugung des Gerichts darlegen, dass ein Fehler bei der Behandlung vorliegt. Dabei werden an Sie als medizinischen Laien keine überzogenen Anforderungen gestellt.
Dokumentation als Beweismittel
Der Zahnarzt ist zu einer umfassenden Dokumentation der Behandlung verpflichtet. Diese Dokumentationspflicht kommt Ihnen als Patient zugute. Fehlt eine ordnungsgemäße Dokumentation, wird vermutet, dass nicht dokumentierte Maßnahmen auch nicht durchgeführt wurden.
Beweiserleichterungen
In bestimmten Fällen greifen wichtige Beweiserleichterungen:
Bei groben Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast um. Der Zahnarzt muss dann nachweisen, dass der Schaden nicht durch seinen Fehler entstanden ist. Ein grober Behandlungsfehler liegt vor, wenn der Zahnarzt eindeutig gegen bewährte zahnmedizinische Behandlungsregeln verstoßen hat.
Praktische Nachweisführung
Für den Nachweis eines Behandlungsfehlers sind folgende Schritte wichtig:
Die Behandlung muss in groben Zügen dargestellt werden. Sie müssen plausibel machen, worin der Fehler liegt. Ein medizinisches Sachverständigengutachten ist in der Regel erforderlich, um den Behandlungsfehler nachzuweisen. Der Sachverständige beurteilt dabei, ob die Behandlung dem entspricht, was von einem gewissenhaft arbeitenden Zahnarzt erwartet werden kann.
Bei der Aufklärungspflicht ist die Beweislast anders verteilt: Der Zahnarzt muss nachweisen, dass er Sie ordnungsgemäß über die Behandlung aufgeklärt hat. Er muss beweisen, dass er Ihnen die wesentlichen Elemente der Behandlung, mögliche Risiken und Alternativen verständlich erklärt hat.
Welche Fristen muss ich bei der Geltendmachung von Behandlungsfehlern beachten?
Bei Behandlungsfehlern gilt eine regelmäßige Verjährungsfrist von drei Jahren nach § 195 BGB. Diese Frist beginnt jedoch nicht mit dem Tag der fehlerhaften Behandlung, sondern erst mit dem Ende des Jahres, in dem Sie von dem Behandlungsfehler und dem Verursacher Kenntnis erlangt haben.
Beginn der Verjährungsfrist
Die dreijährige Verjährungsfrist startet erst, wenn Sie:
- von den wesentlichen Umständen des Behandlungsverlaufs Kenntnis haben
- die medizinischen Zusammenhänge erkennen können
- den Verursacher des Schadens kennen
Eine bloße Vermutung oder ein Verdacht reicht für den Beginn der Verjährungsfrist nicht aus. Wenn Sie beispielsweise erst im Jahr 2024 von einem Behandlungsfehler aus dem Jahr 2023 erfahren, beginnt die Verjährungsfrist am 31.12.2024 und endet am 31.12.2027.
Besondere Verjährungsfristen
Bei Gesundheitsschäden gilt zusätzlich eine absolute Höchstfrist von 30 Jahren. Diese längere Frist beginnt mit dem Tag der fehlerhaften Behandlung, unabhängig von Ihrer Kenntnis des Schadens.
Hemmung der Verjährung
Die Verjährung kann in bestimmten Fällen gehemmt werden, etwa wenn:
- Verhandlungen zwischen Ihnen und der Arztseite stattfinden
- ein medizinisches Sachverständigengutachten eingeholt wird
- ein Schlichtungsverfahren durchgeführt wird
Während der Hemmung läuft die Verjährungsfrist nicht weiter. Nach Ende der Hemmung setzt sich der Fristlauf fort.
Welche Bedeutung hat die ärztliche Aufklärungspflicht bei zahnmedizinischen Eingriffen?
Die zahnärztliche Aufklärungspflicht ist ein fundamentales Patientenrecht, das sich aus dem Grundgesetz ableitet und in §§ 630a ff. BGB gesetzlich verankert ist. Jede zahnärztliche Behandlung ohne ordnungsgemäße Aufklärung stellt rechtlich eine strafbare Körperverletzung dar.
Inhalt der Aufklärungspflicht
Der Zahnarzt muss Sie über sämtliche wesentliche Umstände der Behandlung informieren. Dazu gehören:
- Die Diagnose und der geplante Behandlungsablauf
- Mögliche Risiken und Komplikationen
- Alternative Behandlungsmethoden
- Erfolgsaussichten der Behandlung
- Wirtschaftliche Folgen und Kostenübernahme durch die Krankenkasse
Form und Zeitpunkt
Die Aufklärung muss zwingend mündlich durch den Zahnarzt selbst erfolgen und darf nicht an nichtärztliches Personal delegiert werden. Bei ambulanten Eingriffen reicht eine Aufklärung am Behandlungstag meist aus, sofern Sie noch ausreichend Bedenkzeit haben.
Rechtliche Konsequenzen
Eine mangelhafte oder fehlende Aufklärung führt zur Unwirksamkeit Ihrer Einwilligung in die Behandlung. Dies kann für den Zahnarzt sowohl zivilrechtliche Schadensersatzansprüche als auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – selbst wenn die Behandlung technisch einwandfrei durchgeführt wurde.
Dokumentationspflicht
Der Zahnarzt muss das Aufklärungsgespräch schriftlich dokumentieren. Dabei sollten standardisierte Aufklärungsbögen verwendet und individuell ergänzt werden. Diese Dokumentation dient als wichtiger Nachweis im Streitfall.
Wenn Sie einen zahnärztlichen Eingriff planen, haben Sie das Recht, alle Ihre Fragen beantwortet zu bekommen. Der Zahnarzt muss die Informationen dabei so vermitteln, dass Sie als Patient eine fundierte Entscheidung über die Behandlung treffen können.
Welche ersten rechtlichen Schritte sollte ich bei Verdacht auf einen Behandlungsfehler einleiten?
Bei einem Verdacht auf einen Behandlungsfehler ist eine sorgfältige und zeitnahe Dokumentation des Behandlungsverlaufs der erste wichtige Schritt. Erstellen Sie ein detailliertes Gedächtnisprotokoll und sammeln Sie alle verfügbaren medizinischen Unterlagen.
Kontaktaufnahme mit der Krankenkasse
Ihre Krankenkasse ist bei Kassenleistungen verpflichtet, eine genaue Untersuchung durchzuführen. Der Medizinische Dienst (MDK) kann von der Krankenkasse mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt werden.
Gutachterkommissionen der Ärztekammern
Eine kostenfreie Möglichkeit zur Klärung bieten die Gutachterkommissionen der Ärztekammern. Diese unabhängigen Gremien prüfen, ob ein vorwerfbarer Behandlungsfehler vorliegt. Das Verfahren ist für Sie gebührenfrei, lediglich eigene Kosten müssen Sie selbst tragen.
Dokumentation und Beweissicherung
Wichtige Unterlagen, die Sie zusammenstellen sollten:
- Krankenunterlagen und Befunde
- Arztberichte und Laborergebnisse
- Röntgenbilder und andere bildgebende Verfahren
- Medikamentenlisten
Fristen beachten
Die Verjährungsfrist beträgt drei Jahre und beginnt mit dem Ende des Jahres, in dem Sie von dem Behandlungsfehler Kenntnis erlangt haben. Ein vager Verdacht reicht für den Fristbeginn nicht aus – erst die positive Kenntnis vom Vorliegen eines Behandlungsfehlers ist maßgeblich.
Bei der Beweisführung müssen Sie als Patient grundsätzlich den Behandlungsfehler und dessen Ursächlichkeit für den Gesundheitsschaden nachweisen. Eine Ausnahme besteht bei groben Behandlungsfehlern – hier kehrt sich die Beweislast um.
Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Behandlungsfehler
Ein Behandlungsfehler liegt vor, wenn ein Arzt oder Zahnarzt bei der medizinischen Behandlung nicht nach den anerkannten fachlichen Standards vorgeht. Dies kann durch eine fehlerhafte Diagnose, falsche Therapiewahl oder mangelhafte Durchführung geschehen. Der Fehler muss von den üblichen Qualitätsstandards der medizinischen Wissenschaft abweichen. Geregelt ist dies in § 630a BGB.
Beispiel: Ein Zahnarzt verwendet ein veraltetes Medikament, obwohl es bessere moderne Alternativen gibt.
Aufklärungspflicht
Die gesetzliche Verpflichtung des Arztes, den Patienten vor einer Behandlung umfassend über Art, Umfang, Durchführung sowie Risiken und Alternativen der geplanten Behandlung zu informieren. Die Aufklärung muss rechtzeitig und verständlich erfolgen. Geregelt in § 630e BGB. Eine Verletzung kann zu Schadensersatzansprüchen führen.
Beispiel: Ein Zahnarzt muss vor der Verwendung eines Medikaments über mögliche Nebenwirkungen aufklären.
Kausalität
Beschreibt den rechtlich relevanten Ursachenzusammenhang zwischen einer Handlung und einem eingetretenen Schaden. Für einen Schadensersatzanspruch muss nachgewiesen werden, dass der Schaden gerade durch die fehlerhafte Behandlung verursacht wurde. Dies wird nach der sogenannten „Conditio-sine-qua-non-Formel“ bestimmt.
Beispiel: Eine Kieferentzündung muss nachweislich durch das verwendete Medikament verursacht worden sein.
Mortaltechnik
Ein zahnmedizinisches Behandlungsverfahren, bei dem Nervengewebe im Zahn gezielt abgetötet wird, um Schmerzen zu beseitigen. Diese Methode gilt nach heutigem medizinischen Standard als überholt und wird nur noch in Ausnahmefällen nach sorgfältiger Risikoabwägung angewendet. Modernere, gewebeschonendere Verfahren haben diese Technik weitgehend ersetzt.
Beispiel: Die Verwendung von Toxavit zur Abtötung von Zahnnerven.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- §§ 630a ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Diese Paragraphen regeln den Behandlungsvertrag zwischen Patient und Arzt. Sie legen die Pflichten des Arztes zur ordnungsgemäßen Behandlung sowie die Rechte des Patienten fest. Bei Verletzungen dieser Pflichten können Patienten Schadensersatzansprüche geltend machen.
Im vorliegenden Fall wurde geprüft, ob ein Behandlungsfehler vorlag. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass keine Pflichtverletzung nach §§ 630a ff. BGB festgestellt werden konnte, weshalb keine Ansprüche aus dem Behandlungsvertrag bestehen. - § 823 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph stellt die Grundlage für deliktische Schadensersatzansprüche dar. Er verpflichtet jemanden, der vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens.
Der Kläger konnte keinen nachgewiesenen Schaden feststellen, der durch eine widerrechtliche Handlung des Beklagten entstanden wäre. Daher besteht kein Anspruch aus deliktischer Haftung nach § 823 BGB. - § 280 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Dieser Paragraph behandelt den Schadensersatz wegen Pflichtverletzung. Er kommt zum Tragen, wenn der Schuldner eine vertragliche Pflicht verletzt und dem Gläubiger dadurch ein Schaden entsteht.
Im vorliegenden Fall konnte der Kläger keine Pflichtverletzung des Beklagten nachweisen. Ohne eine solche Verletzung gibt es keinen Anspruch auf Schadensersatz gemäß § 280 BGB. - §§ 529, 546 Zivilprozessordnung (ZPO): Diese Vorschriften regeln die Beweislast im Zivilprozess. § 529 ZPO bestimmt, dass der Kläger die für seinen Anspruch notwendigen Tatsachen beweisen muss. § 546 ZPO bezieht sich auf die Beweislast bei der Rückforderung von Gegenständen.
Das Gericht stellte fest, dass der Kläger die erforderliche Kausalität zwischen einem möglichen Behandlungsfehler und den behaupteten Schäden nicht nachweisen konnte. Somit erfüllte der Kläger nicht die Beweislast nach §§ 529, 546 ZPO. - § 630h Abs. 5 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB): Diese Vorschrift regelt die besondere Beweislast bei ärztlichen Behandlungsfehlern. Sie bestimmt, dass der Patient die Kausalität zwischen dem Behandlungsfehler und dem entstandenen Schaden nachweisen muss.
Auch unter Berücksichtigung von § 630h Abs. 5 BGB gelang es dem Kläger nicht, die erforderliche Kausalität nachzuweisen. Daher konnte kein grober Behandlungsfehler festgestellt werden, und die Ansprüche wurden abgewiesen.
Das vorliegende Urteil
Oberlandesgericht Thüringen – Az.: 7 U 1170/22 – Urteil vom 23.01.2024
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