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Zahnarzthaftung – Schadenersatzanspruch aufgrund Zahnersatzfraktur

OLG Köln – Az.: I-5 U 174/17 – Beschluss vom 08.06.2018

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 04.10.2017 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 11 O 257/15 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Gründe

I.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO). Zu Recht hat das Landgericht den Beklagten zur Zahlung von 2.005,43 EUR nebst Zinsen sowie zur Freistellung von vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten verurteilt. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten auf Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB, weil dem Beklagten bei der Planung des im Mai 2012 eingegliederten Zahnersatzes schadensursächliche Behandlungsfehler unterlaufen sind.

Die geltend gemachten Ansprüche sind nicht verjährt. Die kurze Verjährungsfrist des § 634a Abs. 1 Nr. 1 BGB findet keine Anwendung, denn die Parteien haben einen Dienstvertrag und keinen Werkvertrag geschlossen. Der Behandlungsvertrag zwischen einem Zahnarzt und einem Patienten ist – wie bei allen anderen medizinischen Behandlungsverhältnissen auch – grundsätzlich als Dienstvertrag einzuordnen. Der Zahnarzt verspricht regelmäßig nur eine den allgemeinen Grundsätzen der zahnärztlichen Wissenschaft entsprechende Behandlung, nicht aber ihr Gelingen (BGH, Urteil vom 29.03.2011, VI ZR 133/10, NJW 2011, 1674 f, Rn. 7, – juris; Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 5. Auflage, Rn. A 405 m.w.N.). Bei einer zahnprothetischen Behandlung eines Patienten ist zwar auch die technische Anfertigung des Zahnersatzes geschuldet. Für diese haftet der Zahnarzt aber nur nach werkvertraglichen Gewährleistungsvorschriften, soweit zahnlabortechnische Verarbeitungsfehler vorliegen. Solche Fehler können beispielsweise darin liegen, dass – wie in dem der vom Beklagten zitierten Entscheidung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 23.11.2010, 8 U 111/10, – juris) zugrunde liegenden Fall – in der Keramikverblendung einer Krone Lufteinschlüsse vorhanden sind. Um solche zahnlabortechnischen Verarbeitungsfehler geht es im vorliegenden Fall jedoch nicht. Nach den auf dem überzeugenden Gutachten von Dr. A. beruhenden und mit der Berufung nicht angegriffenen Feststellungen des Landgerichts ist dem Beklagten bei der Planung des Zahnersatzes insoweit ein Fehler unterlaufen, als er auf einen Sublingualbügel verzichtet und dabei gleichzeitig die Verbindungsstellen nicht ausreichend stabil geplant, insbesondere die Verbinder an den distalen Seiten der Außenteleskopkronen 43 und 33 zu gering dimensioniert hat. Die Planung einer ausreichenden Stabilität des Zahnersatzes ist zweifellos dem Dienstvertragsrecht zuzuordnen.

Zahnarzthaftung - Schadenersatzanspruch aufgrund Zahnersatzfraktur
(Symbolfoto: nagovitsynanton/Shutterstock.com)

Wegen dieses Behandlungsfehlers schuldet der Beklagte der Klägerin Schadensersatz gemäß § 280 Abs. 1 BGB. Der Anspruch scheitert nicht daran, dass die Klägerin dem Beklagten keine Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben hätte. Zwar kann dem Zahnarzt ein Behandlungsfehler in der Regel dann nicht vorgeworfen werden, wenn der Zahnersatz Passungenauigkeiten aufweist und dem Zahnarzt keine Möglichkeit eingeräumt worden ist, den Sitz des Zahnersatzes nachzubessern. Denn bei der Anpassung von Zahnersatz ist der Zahnarzt regelmäßig auf die Rückmeldung des Patienten angewiesen. Der Patient muss den Zahnarzt darüber informieren, ob er mit dem Zahnersatz zurechtkommt oder ob dieser Beschwerden verursacht. Vorliegend geht es jedoch nicht um den Fall eines nicht einwandfreien, Beschwerden verursachenden Sitzes des Zahnersatzes, der auf entsprechende Rückmeldung der Klägerin hätte korrigiert werden können, sondern um einen nicht ausreichend stabil geplanten Zahnersatz, der sich der Klägerin erst durch deren Fraktur offenbart hat, und der nur durch eine Neuanfertigung zu beheben war.

Dem Schadensersatzanspruch steht auch nicht entgegen, dass die Klägerin den Beklagten nicht nach Auftreten der Fraktur zur Nachbesserung aufgefordert hat. Das Behandlungsverhältnis war bereits über ein Jahr beendet. Es waren keine Nachbesserungsarbeiten, sondern eine komplette Neuversorgung des Unterkiefers vorzunehmen. Der Beklagte hätte, wenn sich die Klägerin ihm wiedervorgestellt hätte, genau die zahnprothetischen Arbeiten durchführen müssen, die der Nachbehandler Dr. durchgeführt hat. Danach war es gerechtfertigt, dass die Klägerin die Neuanfertigung nicht beim Beklagten, sondern bei ihrem Nachbehandler hat durchführen lassen.

Als Schaden kann die Klägerin die Kosten für die Neuanfertigung des Zahnersatzes abzüglich des Kostenanteils, der bei fehlerfreier Versorgung ohnehin angefallen wäre, geltend machen.

Auf die Frage, ob die Fraktur der Prothese durch den Planungsfehler verursacht worden ist – wofür nach dem Gutachten von Dr. Arnolds einiges spricht, auch wenn er ein Trauma als Ursache nicht vollständig hat ausschließen können -, kommt es nicht an. Denn die Prothese wäre auch unabhängig von der Fraktur aufgrund des Planungsfehlers zu erneuern gewesen.

Ebenfalls nicht entscheidungserheblich ist die durch den Beklagten mit der Berufung aufgeworfene Frage, ob der Zahnersatz von Anfang an unbrauchbar war oder ob der Annahme einer Unbrauchbarkeit nach der Rechtsprechung entgegensteht, dass die Klägerin den Zahnersatz etwa 2 Jahre getragen hat. Diese Frage wäre relevant, wenn die Klägerin das Behandlungsverhältnis gekündigt und die Rückerstattung von Honorar verlangt hätte. Die Klägerin macht jedoch keinen Anspruch nach Kündigung des Behandlungsvertrages, sondern Schadensersatz nach beendetem Behandlungsverhältnis geltend.

II.

Bei dieser Sachlage gibt die Berufung zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt keine Veranlassung. Die Rechtssache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO); eine mündliche Verhandlung erscheint unter Berücksichtigung aller weiteren Aspekte des Rechtsstreites auch aus sonstigen Gründen nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO).

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