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Zahnarzthaftung –  Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes – Schmerzensgeld

OLG Frankfurt – Az.: 14 U 8/12 – Urteil vom 27.11.2012

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 21. Dezember 2011 wird zurückgewiesen.

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der 2. Zivilkammer des Landgerichts Kassel vom 21. Dezember 2011 teilweise abgeändert.

Es wird festgestellt, dass die Kläger verpflichtet sind, als Gesamtschuldner der Beklagten sämtliche zukünftigen materiellen und ggf. im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, welche aus der fehlerhaften Behandlung in dem Zeitraum vom ….9.2007 bis …..6.2008 in der Gemeinschaftspraxis der Kläger entstanden sind und noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden.

Im Übrigen wird die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.

Von den Kosten des ersten Rechtszuges haben die Kläger 65 % und die Beklagte 35 % zu tragen.

Von den Kosten des zweiten Rechtszuges fallen den Klägern 77 % und der Beklagten 23 % zur Last.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Zahnarzthaftung -  Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes - Schmerzensgeld
Symbolfoto: Von FS Stock /Shutterstock.com

Die Kläger nehmen die Beklagte auf Zahlung ihres Zahnarzthonorars in Anspruch. Die Beklagte verlangt im Wege der Widerklage wegen fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung ein angemessenes Schmerzensgeld sowie die Feststellung, dass die Kläger zum Ersatz künftiger materieller und immaterieller Schäden verpflichtet sind.

Die Beklagte begab sich im September 2007 in die in Form einer GbR geführte zahnärztliche Gemeinschaftspraxis der Kläger, wo die gesetzlich krankenversicherte Beklagte durch den Kläger zu 1) zahnärztlich versorgt wurde. Unter dem ….9.2007 erstellten die Kläger einen Heil- und Kostenplan für die zahnprothetische Behandlung der Beklagten (Bd. I Bl. 31, 32 d.A.), der von dem durch die Krankenkasse beauftragten Zahnarzt A befürwortet wurde. Der Behandlungsplan sah vor, dass 16 Zähne überkront werden sollten. Die Behandlung mit Kronen betraf die Zähne 16 – 27 im Oberkiefer, die mit kompletter metallkeramischer Verblendung ausgeführt werden sollten. Die Zähne 25 und 26 sollten mit einer keramischen vollverblendeten Brücke versehen werden. Die Behandlungskosten waren nach dem Heil- und Kostenplan mit 7.485,91 € bei einem Eigenanteil der Beklagten in Höhe von 4.336,76 € veranschlagt.

Am ….3.2008 wurde bei der Beklagten der Zahnersatz provisorisch zum Probetragen eingegliedert. Am ….3.2008 rügte die Beklagte diverse Mängel, worauf der Kläger Nacharbeiten vornahm. Am ….4.2008 wurde weiterer Zahnersatz zur Probe eingegliedert. Unter dem ….4.2008 (Bd. I Bl. 8 d.A.) rechneten die Kläger ihre zahnärztlichen Leistungen mit 8.050,09 € ab. Der Rechnung waren Rechnungen der Dentallabore beigefügt (Bd. I Bl. 9 – 12 d.A.).

Im Mai 2008 beanstandete die Beklagte erneut die zahnprothetische Arbeiten der Kläger. Diese nahmen daraufhin Nachbesserungsarbeiten durch Beschleifen der Zähne und Neueinsatz der Kronen und Brücken vor. Da die Beklagte dennoch mit dem Ergebnis nicht zufrieden war, ließ sie durch den von der Krankenkasse beauftragten Zahnarzt C die Leistungen der Kläger begutachten, der seinen Befund in seinem schriftlichen Gutachten vom ….7.2008 (Bd. I Bl. 13 ff d.A.) niederlegte. Der Gutachter stellte zahlreiche Abplattungen an den keramischen Verblendungen durch einen angeblichen Bruxismus der Beklagten und eine dadurch bedingte mangelhafte Okklusion fest. Nach seinen Feststellungen muss die Krone am Zahn 46 erneuert werden. Im Oktober 2008 kündigte die Beklagte den Behandlungsvertrag mit den Klägern, so dass weitere Nachbehandlungen nicht mehr stattfanden.

Die Beklagte begab sich sodann in die Behandlung des Zahnarztes B und Kollegen. Nachbesserungsarbeiten ließ sie dort jedoch mit Rücksicht auf den vorliegenden Rechtsstreit bislang nicht durchführen. Zwischen den Parteien ist streitig, ob die von den Klägern hergestellten Kronen, insbesondere die Kronenränder, mangelhaft sind.

Die Kläger begehren mit ihrer Klage die Bezahlung ihrer Rechnung vom ….4.2008 (Bd. I Bl. 8 d.A.) in Höhe von 8.050,09 €, Die Beklagte verlangt im Wege der Widerklage von den Klägern ein angemessenes Schmerzensgeld von mindestens 5.000 € sowie die Feststellung, dass die Kläger zum Ersatz des künftigen materiellen und immateriellen Schadens verpflichtet sind. Ein ebenfalls mit der Widerklage erstinstanzlich geltend gemachter Schadensersatzanspruch auf materiellen Schaden von 2.828,36 € (Bd. II Bl. 83 d.A.) wird mit der Berufung nicht weiterverfolgt.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Das Landgericht hat durch Urteil vom 21.12,2011 (Bd. II Bi. 78 ff d.A.) die Klage abgewiesen, auf die Widerklage ein Schmerzensgeld von 1.500 € zuerkannt und im Übrigen die Widerklage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:

Den Klägern stehe gemäß § 628 BGB kein Honoraranspruch zu, da nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme feststehe, dass der von ihnen hergestellte Zahnersatz unbrauchbar sei. Zwar seien der sachverständige Zeuge C und der gerichtlich bestellte Sachverständige hinsichtlich der Mangelhaftigkeit der Kronenränder zu unterschiedlichen Ergebnissen gelangt. Während der Zeuge C nur die Krone auf dem Zahn 46 für erneuerungsbedürftig halte, im Übrigen aber an den Kronenrändern keine Mängel festgestellt habe, habe der gerichtlich bestellte Sachverständige D den größten Teil der Kronenränder wegen fehlender Adaptierung als mangelhaft bezeichnet. Die Ausführungen des Sachverständigen D seien jedoch überzeugend und verdienten den Vorzug, da dieser unter dem Blickwinkel eines Behandlungsfehlers sich intensiver mit der Zahnprothetik der Beklagten auseinandergesetzt habe. Der Sachverständige D habe auch dargelegt, dass die Mängel des Zahnersatzes im Mund der Beklagten nicht repariert werden könnten und deshalb der Zahnersatz neu anzufertigen sei. Die Kosten der Erneuerung habe der Sachverständige mit 7.241,89 € beziffert (Bd. II Bl. 4 d.A.). Daher stünde den Klägern kein Honorar zu. Wegen der fehlerhaften Behandlung der Beklagten durch die Kläger sei ein Schmerzensgeld von 1.500 € gerechtfertigt, weil sich die Beklagte erneut einer unangenehmen Behandlung unterziehen müsse. Ein höheres Schmerzensgeld komme nicht in Betracht, Der Feststellungswiderklageantrag sei unzulässig, da künftig keine materiellen und immateriellen Schäden zu erwarten seien. Vielmehr sei anzunehmen, dass mit der Erneuerung des Zahnersatzes alle Beschwerden der Beklagten, soweit sie den Klägern zugerechnet werden könnten, behoben seien.

Gegen das Urteil richtet sich die Berufung der Kläger und die Berufung der Beklagten.

Die Kläger meinen, ihr Honoraranspruch sei gerechtfertigt, weil der von ihnen hergestellte Zahnersatz nicht mangelhaft und unbrauchbar sei. Der sachverständige Zeuge C habe bestätigt, dass mit Ausnahme eines Zahnes die Kronenränder in Ordnung seien. Seinen Feststellungen komme kein geringerer Beweiswert als den Feststellungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen D zu. Da sich die Widersprüche in den Gutachten auch nicht durch Anhörung der Sachverständigen plausibel habe klären lassen, hätte das Landgericht zumindest ein Obergutachten einholen müssen. Auch habe der Gerichtssachverständige den Grundsatz der Parteiöffentlichkeit verletzt, weil dem Kläger keine Gelegenheit gegeben worden sei, bei der zahnmedizinischen Untersuchung der Beklagten durch den Gerichtssachverständigen anwesend zu sein. Es stehe daher nicht fest, dass der Zahnersatz unbrauchbar sei. Im Übrigen habe die Beklagte ihnen weder ausreichend Gelegenheit zur Nacharbeit noch eine Frist zur Mängelbeseitigung gesetzt, weshalb Schadenersatzansprüche der Beklagten nicht begründet seien. Die Widerklage sei daher vollständig abzuweisen.

Die Kläger beantragen (Bd, II Bl. 158 dA), das angefochtene Urteil abzuändern und

1. die Beklagte zu verurteilen, an sie 8.050,09 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit dem ….6.2008 zu zahlen;

2. die Beklagte weiter zu verurteilen, an sie vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 718,40 € zu zahlen,

hilfsweise, sie von den Ansprüchen ihres Prozessbevollmächtigten auf Zahlung von 718,40 € freizustellen;

3. die Widerklage abzuweisen.

4. die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

Die Beklagte beantragt (Bd. II Bl. 139 d.A.), unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils

1. die Kläger und Widerbeklagten zu verurteilen, als Gesamtschuldner an sie über das ausgeurteilte Schmerzensgeld von 1.500 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 25.5.2009 hinaus ein weiteres in das Ermessen des Gerichts gestelltes Schmerzensgeld zu zahlen; 16.6.2008 festzustellen, dass die Kläger und Widerbeklagten verpflichtet sind, als Gesamtschuldner ihr sämtliche materiellen und gegebenenfalls im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung noch nicht vorher sehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, welche ihr aus der fehlerhaften Behandlung in dem Zeitraum vom ….9.2007 bis ….6.2008 in der Gemeinschaftspraxis E und F entstanden sind oder noch entstehen werden, soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind oder übergehen werden;

2. die Berufung der Kläger zurückzuweisen (Bd. II Bl. 124 dA).

Die Beklagte ist der Auffassung, die Klage sei bereits deshalb abweisungsreif, weil die Kläger die Festzuschüsse durch die Krankenkasse nicht hätten abrechnen dürfen und die Honorarrechnung nicht den Erfordernissen des § 10 GOZ entspreche. Deshalb sei die Klageforderung schon nicht fällig gewesen. Das Landgericht habe zu Recht die Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes angenommen. Der Feststellungsantrag sei jedoch zulässig und begründet, da weitere materielle und immaterielle Schäden nicht ausgeschlossen seien.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Berufungsvorbringens wird, auf die im Berufungsrechtszug gewechselten Schriftsätze der Parteien Bezug genommen.

II.

Die form- und fristgerecht eingelegte Berufung der Kläger ist zulässig, sie hat jedoch in der Sache keinen Erfolg. Die ebenfalls form-, und fristgerecht eingelegte Berufung der Beklagten ist zulässig, sie hat in der Sache nur zum Teil Erfolg.

A.

Die mit der Berufung der Kläger weiterverfolgte Klageforderung von 8.050,09 € (Bd. II Bl. 158 d.A.) ist weder aus §§ 628 Abs. 1, 627 BGB noch aus einem sonstigen rechtlichen Gesichtspunkt begründet, weil ein möglicher Vergütungsanspruch der Kläger gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 2. Fall BGB erloschen ist.

1. Der zwischen der Beklagten und den Klägern im September 2007 geschlossene Behandlungsvertrag über die zahnprothetische Versorgung der Beklagten mit insgesamt 16 Zähnen ist als Dienstvertrag im Sinne des § 627 BGB über Dienste höherer Art zu qualifizieren. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass ein Vertrag über die Sanierung des Gebisses insgesamt als Dienstvertrag über Dienste höherer Art einzuordnen ist. Der Zahnarzt verspricht nämlich regelmäßig nur eine den allgemeinen Grundsätzen der zahnärztlichen Wissenschaft entsprechende Behandlung; nicht aber – immer auch von der körperlichen und seelischen Verfassung des Patienten abhängigen – Gelingen. Zwar ist im Rahmen eines solchen Vertrages die technische Fertigung des Zahnersatzes geschuldet, wofür der Zahnarzt wegen des werkvertraglichen Charakters nach den werkvertraglichen Vorschriften einzustehen hat. Doch gehören auch planerische Leistungen, wie Zahngröße, korrekte Okklusion und ähnliches, zu der Vertragsleistung, so dass einheitlich ein Dienstvertrag anzunehmen ist (vgl. BGH NJW 2011, 1674; OLG Naumburg NJW-RR 2008, 1056). Dabei handelt es sich bei den zahnärztlichen Diensten um Dienste höherer Art, die regelmäßig aufgrund besonderen Vertrauens übertragen werden.

2. Diesen Behandlungsvertrag hat die Beklagte im Oktober 2008 gekündigt. Die Kündigung ist wirksam, denn nach § 627 BGB konnte die Beklagte das Dienstverhältnis über Dienste höherer Art jeder Zeit auch ohne Angabe von Gründen kündigen. Nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB behält der Dienstverpflichtete zwar im Falle der Kündigung des Dienstvertrages durch den Dienstberechtigten nach § 628, 627 BGB grundsätzlich den Vergütungsanspruch für die bis dahin erbrachten Leistungen. Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 2. Fall BGB steht dem Dienstverpflichteten jedoch im Falle einer von ihm veranlassten Kündigung des Dienstberechtigten ein Vergütungsanspruch insoweit nicht zu, als seine bisherigen Leistungen in Folge der Kündigung für den anderen Teil kein Interesse mehr haben. Die Darlegungs- und Beweislast hierfür trägt der Dienstberechtigte, weil er sich gegenüber der grundsätzlichen. Vergütungspflicht nach § 628 Abs. 1 Satz 1 BGB auf einen Ausnahmetatbestand beruft (vgl. BGH NJW 2011, 1674, 1676). Das vertragswidrige Verhalten im Sinne dieser Vorschrift, dass zum Wegfall des Vergütungsanspruchs führen kann, muss schuldhaft im Sinne der §§ 276, 278 BGB sein, obwohl nach dem Wortlaut eine objektive Vertragswidrigkeit genügen würde. Das vertragswidrige Verhalten setzt keine besonders schwerwiegende Pflichtverletzung oder gar einen wichtigen Grund im Sinne des § 626 BGB voraus. Andererseits genügt auch nicht eine nur geringfügige Vertragswidrigkeit, sondern es gilt die nach § 323 Abs. 5 BGB für den Rücktritt maßgebliche Erheblichkeitsschranke (vgl. BGH NJW 2011, 1674, Rdnr. 14 und 15). Das Interesse der Beklagten an der Leistung der Klägerin ist nur dann weggefallen, soweit die Beklagte die Arbeiten der Kläger nicht mehr wirtschaftlich verwerten kann, sie also nutzlos geworden sind (vgl. BGH NJW 2011, 1674, Rdnr. 18). Dies wird in der Rechtsprechung bejaht, wenn der Zahnersatz unbrauchbar und funktionsunfähig ist und neu angefertigt werden muss (vgl, OLG Dresden NJW-RR 2009, 30; OLG Naumburg NJW-RR 2008, 1056; OLG Hamburg OLGR 2006, 128; OLG Koblenz OLGR 2007, 901). Dem Landgericht ist darin zu folgen, dass im Streitfall von einer unbrauchbaren prothetischen Versorgung der Beklagten durch die Kläger auszugehen ist und deshalb der Vergütungsanspruch der Kläger entfällt.

3. Dabei ist unerheblich, ob die Honorarrechnung der Kläger vom ….4.2008 (Bd. I Bl. 8 d.A.) über 8.050,09 € gegen §§ 55 Abs. 4 und 5 SGB VII verstößt, weil mit der Rechnung auch der von der Krankenkasse zu zahlende Festzuschuss berechnet worden ist und ob die Honorarrechnung nach § 10 Abs. 1 GOZ nicht fällig ist, weil die Rechnung angeblich nicht den formellen Erfordernissen dieser Bestimmung entspricht. Dieser Einwand der Beklagten, dass die Forderung der Kläger bereits mangels Fälligkeit hätte abgewiesen werden müssen, geht ins Leere, weil das Landgericht die Forderung als unbegründet abgewiesen hat und die Beklagte insoweit nicht beschwert ist. Entscheidend ist aber, dass es nach einer Kündigung des Dienstvertrages und der Entscheidung darüber, ob der Vergütungsanspruch des Zahnarztes nach § 628 Abs. 1 Satz 2 2, Fall BGB entfällt, nicht darauf ankommt, in welcher Höhe ein Honoraranspruch des Zahnarztes tatsächlich bestanden hat und ob dieser fällig abgerechnet worden ist. Im Rahmen des § 628 Abs. 1 Satz 2 2. Fall BGB ist nur zu prüfen, ob der zahnärztliche Honoraranspruchgleich in welcher Höhe – wegen Unbrauchbarkeit der Leistung weggefallen ist, was das Landgericht bejaht hat. Insoweit hat das Landgericht entgegen der Auffassung der Beklagten kein erhebliches Vorbringen, übergangen. Auf das Vorbringen der Beklagten kommt es vielmehr nicht an.

4. Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme steht fest, dass die von den Klägern hergestellten zahnprothetischen Leistungen unbrauchbar sind und neu hergestellt werden müssen.

a. Nach dem Gutachten des Sachverständigen D vom 8.2.2010 (Bd. I Bl. 104 ff. d.A.) sind die Kronen an den Zähnen 16, 14, 15, 13, 12, 21, 22, 36, 34, 46 und 47 mangelhaft, da die Kronenränder überstehen (Bd. I Bl. 106 bis 107 d.A.). Nach den Feststellungen des Sachverständigen D sind die Kronenränder größtenteils mangelhaft auf den Zahnstümpfen adaptiert (Bd. 1 Bl. 107 d.A.). Die Kronenränder 13-22 sind im bukkalen Bereich deutlich sichtbar und erreichen den Präparationsrand nicht freiliegende Kronenränder unterliegen einer erhöhten Kariesanfälligkeit, überstehende Kronenränder bedingen eine hohe Plaqueretention und erschweren die Reinigung. Die festgestellten Mängel lassen sich auch nicht im Mund der Patientin reparieren. Beim Ausgliedern der Kronen werden diese in aller Regel irreparabel beschädigt. Mit Ausnahme der Krone 35 ist eine Neuanfertigung des Zahnersatzes nach den Feststellungen des Sachverständigen D erforderlich (Bd. I Bl. 107 -108 d. A.). Soweit der von der Krankenkasse beauftragte Vorgutachter C Mangelfreiheit der Kronenränder bestätigt hat, war dies für den Sachverständigen D nicht nachvollziehbar. Durch die mangelhafte Okklusion in Folge von Keramikabplatzungen besteht außerdem eine teilweise Überlastung der Zähne (Bd. I Bl. 110 d.A.). Bei seiner mündlichen Anhörung hat der Sachverständige D bestätigt, dass er der Auffassung des sachverständigen Zeugen C, wonach nur eine Krone zu erneuern sei, nicht folgen könne (Bd. I Bl. 165 d.A.). Nach den Feststellungen des Sachverständigen D hat die provisorische Eingliederung keinen Einfluss auf den unkorrekten Sitz der Kronen (Bd. I Bl. 168 d.A.).

b. Dem gegenüber hat der von der Krankenkasse beauftragte Vorgutachter C in seinem Gutachten vom ….7.2008 (Bd. I Bl. 13 d.A.) überwiegend Mängel an den keramischen Verblendungen durch Abplatzungen und eine dadurch bedingte mangelhafte Okklusion, nicht aber Fehler an den Kronenrändern festgestellt. Lediglich die Krone auf dem Zahn 46 müsse erneuert werden. Der Gutachter C hat bei seiner Vernehmung als sachverständiger Zeuge beschrieben, mit welcher Methode er die Kronenränder überprüft hat und dass er die Feststellungen des Sachverständigen D hinsichtlich der ungenügend adaptierten Kronenränder nicht nachvollziehen könne (Bd. I Bl. 224 d.A.). Der sachverständige Zeuge C hat für die divergierenden Feststellungen keine plausible Erklärung. Möglicherweise sei es erforderlich gewesen, bei der Beklagten den Zahnersatz zwischenzeitlich neu einzugliedern (Bd. I Bl. 224 d.A.). Die Beklagte hat jedoch versichert, dass nach den Arbeiten der Kläger kein anderer Zahnarzt mit ihrem Zahnersatz befasst gewesen sei (Bd. I Bl. 168 d.A.). Der Zeuge hat sodann die von ihm seinerzeit gefertigten Röntgenbilder erneut betrachtet und gemeint, dass diese Röntgenbilder seinen Befund bestätigten (Bd. I Bl. 225 d.A.). Das Landgericht hat daraufhin den Sachverständigen D nochmals angehört und ihn auch zu den Feststellungen des sachverständigen Zeugen C befragt (Bd. I BL 241 d A). Der Sachverständige D hat bekräftigt, dass eine andere zahnmedizinische Betrachtung nicht vertretbar sei (Bd. I Bl. 242 d.A.). Nach den Feststellungen des Sachverständigen D sind die unterschiedlichen Befunde auch nicht mit dem zwischenzeitlich eingetretenen Zeitablauf zu erklären. Der Sachverständige D hat auf einen Röntgenfilmbetrachter dem Landgericht den Befund nochmals demonstriert und das Landgericht hat sich diesen Feststellungen des Sachverständigen D angeschlossen.

c. Die Beweiswürdigung des Landgerichts ist nicht zu beanstanden. Zwar darf das Gericht den Streit zwischen Gutachtern nicht dadurch entscheiden, dass es sich einem von ihnen ohne einleuchtende Begründung anschließt (vgl. BGH VersR 2009, 817), Das Landgericht ist jedoch nicht in dieser Weise verfahren, sondern hat versucht, den Widerspruch zwischen den zahnmedizinischen Feststellungen des Zeugen C und dem gerichtlich bestellten Sachverständigen D durch deren persönliche Anhörung zu den jeweiligen Feststellungen zu klären. Eine direkte Gegenüberstellung des sachverständigen Zeugen C und des gerichtlich bestellten Sachverständigen D im selben Termin war nicht zwingend geboten, da das Landgericht beide Sachverständige in unterschiedlichen Terminen mit den jeweiligen Feststeilungen des anderen Gutachters konfrontiert hat. Es ist nicht zu erwarten, dass bei einer gemeinsamen Anhörung der beiden Gutachter ein anderes Ergebnis erzielt worden wäre. Dass das Landgericht der Einschätzung des Sachverständigen D als überzeugend gefolgt ist, weil dieser sich unter dem Blickwinkel eines zahnärztlichen Behandlungsfehlers eingehender als der Zahnarzt C mit dem Zahnersatz des Beklagten befasst hat, ist nicht zu beanstanden. Der sachverständige Zeuge C hat die Beklagte im Vorfeld mehr unter dem Blickwinkel einer zahnärztlichen Weiterbehandlung untersucht und sein Augenmerk auf die keramischen Abplatzungen sowie die mangelhafte Okklusion gerichtet Zwar hat er auch die Zahnränder nach seinen Angaben überprüft, doch erscheint es plausibel, dass der Sachverständige D insoweit gründlicher vorgegangen ist. Es ist auch nicht erforderlich, ein Obergutachten gemäß § 412 ZPO einzuholen, da nicht ersichtlich ist, dass ein anderer Sachverständiger über eine höhere Sachkunde als der Gerichtssachverständige D und über bessere Erkenntnismöglichkeiten verfügt. Das Beweisergebnis des Landgerichts ist auch nicht deshalb unbrauchbar, weil der Gerichtssachverständige D bei der Begutachtung den Grundsatz der Parteiöffentlichkeit verletzt haben soll. Auch wenn der Kläger das Recht gehabt haben mag, bei der Untersuchung der Beklagten durch den Sachverständigen D anwesend zu sein (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 10.1.2011, 22 U 174/07), ergibt sich Im Streitfall insoweit kein Fehler der Beweisaufnahme. Der Kläger wusste, dass eine Begutachtung des Beklagten durch den Sachverständigen D stattfinden würde, hat aber gleichwohl sein Interesse an der Anwesenheit bei der medizinischen Untersuchung der Beklagten nicht angezeigt. Darüber hinaus hat der Kläger ausreichend Gelegenheit gehabt, bei der mündlichen Anhörung des sachverständigen Zeugen C und des gerichtlich bestellten Sachverständigen D die Befunde zu hinterfragen und seine subjektiven Vorstellungen einzubringen. Dem Kläger wurden auch die Röntgenbilder, die Grundlage der Begutachtung geworden sind, ausgehändigt, so dass er selbst sich ein eigenes Bild verschaffen und entsprechenden Vortrag halten konnte. Von dem Beweisergebnis des Landgerichts ist auszugehen, womit feststeht, dass der Zahnersatz unbrauchbar ist und neu angefertigt werden muss.

5. Nach § 628 Abs. 1 Satz 2 2. Fall BGB entfällt der Vergütungsanspruch des Dienstverpflichteten nur dann, wenn der Dienstberechtigte infolge der Kündigung kein Interesse mehr an der Leistung hat. Diese Voraussetzung ist hier grundsätzlich mit der Unbrauchbarkeit des Zahnersatzes gegeben. In der Rechtsprechung wird jedoch ein Indiz dafür, dass der Zahnersatz nicht wertlos geworden ist, darin gesehen, dass der Patient den Zahnersatz gleichwohl jahrelang unverändert nutzt (vgl. BGH NJW 2011, 1674, 1675; OLG Naumburg, NJW-RR 2008, 1056). Hier nutzt zwar die Beklagte den von den Klägern provisorisch eingegliederten Zahnersatz seit Mitte 2008 unverändert, ohne dass bislang eine Neuanfertigung vorgenommen worden ist. Die Beklagte hat jedoch den von den Klägern hergestellten Zahnersatz in seinem Zustand belassen, um im laufenden Rechtsstreit eine Beweisaufnahme zu ermöglichen und sich nicht dem Einwand der Beweisvereitelung auszusetzen. Sie hat persönlich beim Landgericht angefragt, ob sie nunmehr die Sanierung ihres Gebisses in Angriff nehmen dürfe, worauf ihr das Gericht mitgeteilt hat, dass bislang ein Gutachten noch nicht vorliege. Die Beklagte hat jedoch klar zum Ausdruck gebracht, dass sie den Zahnersatz so schnell wie möglich sanieren möchte, so dass ihr aus dieser Tatsache kein Nachteil entstehen darf. Es gibt kein Indiz dafür, dass der Zahnersatz für sie nicht wertlos sei. Es ist deshalb von einem Wegfall des Vergütungsanspruchs der Kläger nach § 628 Abs. 1 Satz 2 2. Fall BGB auszugehen, so dass die Klage unbegründet ist. Für den Wegfall des Vergütungsanspruchs ist es auch unerheblich, ob die Beklagte den Klägern ausreichend Gelegenheit zur Nachbesserung gegeben hat. Entscheidend ist, dass ihr eine Neuanfertigung durch die Kläger nicht zumutbar war.

B.

Das auf die Widerklage ausgeurteilte Schmerzensgeld von 1.500 € ist aus §§ 280, 281, 253 Abs. 2 BGB begründet, soweit mit der Berufung der Beklagten ein weiteres Schmerzensgeld gefordert wird (Bd. I BL 139 d.A.) ist dies nicht gerechtfertigt.

1. Die Voraussetzungen für einen Schadensersatzanspruch der Beklagten nach § 280, 281 BGB gegen die Kläger liegen vor. Nach der Honorarrechnung vom ….4.2008 fanden am ….5.2008 (Bd. I Bl. 69 d.A.), am ….6.2008, am ….6.2008 und am ….6.2008 weitere Nachbehandlungen zur Behebung der Mängel am Zahnersatz der Beklagten bei den Klägern statt, ohne dass ein befriedigendes Ergebnis erzielt werden konnte. Bei dieser Sachlage war der Beklagten eine weitere Behandlung durch die Kläger nicht zumutbar, zumal feststeht, dass der Zahnersatz neu angefertigt werden muss. Die Beklagte hat insoweit ihrer Mitwirkungspflicht genügt (vgl. auch OLG Dresden, NJW-RR 2009, 30). Eine weitere Fristsetzung zur Nachbesserung bedurfte es daher nicht.

2. Was die Höhe des Schmerzensgeldes angeht, hat das Landgericht alle entscheidungserheblichen Umstände berücksichtigt. Zu berücksichtigen ist auch, dass die Zähne der Beklagten durch Vorbehandlungen und Zahnwurzelbehandlungen bereits vorgeschädigt waren. Die bei der Beklagten bestehende Pulpitis ist den Klägern nicht zuzurechnen. Die Hauptbeeinträchtigung der Beklagten besteht darin, dass sie den Zahnersatz neu anfertigen lassen muss und sich dadurch erneut einer langwierigen unangenehmen Behandlung unterziehen muss. Dies ist mit einem Schmerzensgeld von 1.500 € angemessen abgegolten.

C.

Der auf den Schmerzensgeldanspruch zuerkannte Zinsanspruch ist aus §§ 286, 288 BGB gerechtfertigt, weil die Kläger mit der Zustellung der Widerklage am 25.5.2009 (Bd. 1, Bl. 56 d.A.) in Zahlungsverzug geraten sind.

D.

Der mit der Berufung der Beklagten weiterverfolgte Widerklagefest-stellungsantrag ist nach § 256 Abs. 1 ZPO zulässig und nach §§ 280, 281 BGB begründet. Geht man mit dem OLG Naumburg (NJW-RR 2008,1056) davon aus, dass die Kosten für eine Korrekturbehandlung nicht vor einer Durchführung dieser Behandlung im Wege des Vorschusses gefordert werden können, hat die Beklagte ein rechtliches Interesse an der Feststellung des Ersatzes weiterer materieller und immaterieller Schäden, da nicht gänzlich auszuschließen ist, dass solche Schäden entstehen können. Schließlich hat die Beklagte die Nachbehandlung noch nicht durchführen lassen. Die Feststellungswiderklage ist daher begründet.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, da jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO.

IV.

Die Revision ist nicht zuzulassen, da die Entscheidung des Senats nicht von der Rechtsprechung des BGH oder anderer Oberlandesgerichte abweicht und die Sache keine grundsätzliche Bedeutung hat (§§ 26 Nr. 8 EGZPO, 544 ZPO).

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