OLG Dresden – Az.: 4 U 597/17 – Urteil vom 05.06.2018
I. Auf die Berufung der Klägerin – unter ihrer Zurückweisung im Übrigen – wird das Urteil des Landgerichts Leipzig vom 10.03.2017 zum Teil abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:
Das Versäumnisurteil des Landgerichts Leipzig vom 28.01.2014 wird aufrechterhalten, soweit die Beklagte verurteilt worden ist, an die Klägerin 5.000,00 EUR (Schmerzensgeld) nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit 04.01.2014 zu zahlen.
Im Übrigen wird das Versäumnisurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen.
II. Von den Kosten des Rechtsstreits in beiden Instanzen – mit Ausnahme der durch die Säumnis der Beklagten verursachten Kosten, die die diese allein zu tragen hat – trägt die Klägerin 45 % und die Beklagte 55 %.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
Beschluss
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 0,00 EUR festgesetzt.
Gründe
A.
Von der Darstellung des Sachverhaltes wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 ZPO abgesehen.
B.
Die zulässige Berufung der Klägerin ist teilweise begründet. Der Klägerin steht entgegen der Auffassung des Landgerichts ein Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 5.000,00 EUR nebst Zinsen zu. Dagegen hat das Landgericht die Klage bezogen auf den geltend gemachten Anspruch auf Rückzahlung des geleisteten Honorars in Höhe von 3.931,55 EUR im Ergebnis zu Recht abgewiesen.
I.
Die Klägerin hat gegenüber der Beklagten einen Anspruch auf Zahlung eines Schmerzensgeldes i.H.v. 5.000,00 EUR nebst geltend gemachter Prozesszinsen (§§ 280, 823 Abs. 1, 253, 291 BGB), da ein grober Behandlungsfehler seitens der Beklagten im Zusammenhang mit dem Einbringen von drei Implantaten bei der Klägerin vorliegt, der kausal für die bakterielle Infektion des Kieferknochens, den Kieferknochenschwund und letztlich die Unbrauchbarkeit aller drei Implantate ist.
1.
Die Beweisaufnahme des Landgerichts trägt die Annahme, der Beklagten sei bei der Implantatversorgung der Klägerin kein Behandlungsfehler unterlaufen, nicht. Es liegen vielmehr konkrete Anhaltspunkte im Sinne von § 529 Abs. 1 Nr. 1 ZPO vor, die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Begutachtung des Sachverständigen Prof. N. begründen, auf die das Landgericht die Abweisung der Klage gestützt hat.
In Arzthaftungssachen sind Äußerungen medizinischer Sachverständiger kritisch auf ihre Vollständigkeit und Widerspruchsfreiheit zu prüfen. Das gilt sowohl für Widersprüche zwischen einzelnen Erklärungen desselben Sachverständigen als auch für Widersprüche zwischen Äußerungen mehrerer Sachverständiger, selbst wenn es sich dabei um Privatgutachten handelt (vgl. nur BGH, VersR 2009, 499; BGH, VersR 1989, 1296; OLG Brandenburg, Urteil vom 15.05.2014, Az. 12 U 56/13, zitiert nach juris; Senat, Urteil vom 31.03.2010 – 4 U 1410/09 – juris). Ausreichend ist es, wenn ernstzunehmende Bedenken gegen Teile des Gutachtens erhoben werden. Dabei obliegt es dem Gericht, von sich aus verbleibende Zweifel zu klären. Das Gericht hat zudem entsprechendem Vortrag der Parteien nachzugehen und Widersprüche bzw. Unklarheiten in den Ausführungen des gerichtlich bestellten Sachverständigen (zumindest) durch dessen nochmalige Anhörung oder auch durch Beauftragung eines weiteren Gutachters gemäß § 412 ZPO aufzuklären (vgl. BGH, aaO.; OLG Brandenburg, aaO.).
Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Landgericht daher dem Sachverständigen Prof. N. aufgegeben, sich in zwei Ergänzungsgutachten mit den Einwänden der Klägerin und den Stellungnahmen ihres Privatgutachters zu befassen. Dieser Aufforderung ist der Sachverständige indes nur teilweise nachgekommen. Insbesondere mit den Einwänden der Klägerin und ihres Privatgutachters aus dem Schriftsatz vom 03.08.2015 bzw. der Stellungnahme vom 09.07.2015 hat er sich nur teilweise auseinandergesetzt. Nachdem die verbleibenden Widersprüche auch in der mündlichen Anhörung vor dem Landgericht nicht geklärt werden konnten, war für das Berufungsverfahren nicht mehr davon auszugehen, dass diese Mängel durch eine weitere Anhörung des Sachverständigen zufriedenstellend behoben werden würden. Der Senat hat angesichts dessen den Sachverständigen Dr. F. als weiteren Gutachter im Sinne des § 412 ZPO bestellt. Auf der Grundlage der von diesem erstatteten Gutachten vom 10.11.2017 und 8.4.2018 steht nunmehr zur Überzeugung des Senates fest, dass das Einsetzen der drei Implantate durch die Beklagte grob behandlungsfehlerhaft war. Dies führt zu einer Beweislastumkehr bezüglich der haftungsbegründenden Kausalität.
Im Einzelnen:
a) Der Klägerin ist auf Grundlage des Gutachtens des Sachverständigen Dr. F. der Beweis gelungen, dass die Planung der Implantatversorgung durch die Beklagte ungenügend war.
aa) Der Gerichtssachverständige Prof. N. hat allerdings die Planungsdiagnostik für ausreichend gehalten. Die Beklagte habe Zahnfilmaufnahmen sowie eine Panoramaschichtaufnahme vom linken Oberkiefer angefertigt, die als Planungsradiografie zur metrischen Analyse des ortsständigen Restknochens geeignet gewesen sei. Ebenfalls habe sie dokumentiert, dass der Kiefer der Klägerin „sehr schmal“ sei. Die klinische Beurteilung und die Beurteilung der Röntgenbilder sei ausreichend zur Planung der Augmentationsform gewesen. Über die radiologischen Untersuchungen (vom 13.09.2012 und 20.01.2013) habe sie die Knochenstruktur und -höhe beurteilen können.
bb) Dieser Einschätzung ist jedoch bereits der Privatgutachter in seinen Stellungnahmen vom 09.07.2015 (Bl. 151, 153 dA) sowie vom 13.09.2016 (Anlage K 10) entgegengetreten. Der Sachverständige Dr. F. hat in seinem Gutachten vom 10.11.2017 (S. 4 ff) nebst ergänzender Stellungnahme vom 08.04.2018 (S. 3, S. 4, S. 6) ebenfalls erhebliche Planungsfehler festgestellt und dies mit Verweisen auf eine wissenschaftliche Stellungnahme der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) aus dem Jahr 2004 zum Umfang der präimplantologischen Diagnostik und Planung, entsprechende Fachliteratur sowie die von der DGZMK am 08.05.2012, mithin deutlich vor Behandlungsbeginn durch die Beklagte, veröffentliche S2- k-Leitlinie untermauert. In der Leitlinie ist unter 2.3. Folgendes ausgeführt:
„Vor jeder Implantatinsertion ist eine ausreichende radiologische Diagnostik des Implantatbettes erforderlich. Diese sollte eine qualitative und quantitative Beurteilung des Knochenangebotes ermöglichen sowie die angrenzenden anatomischen Strukturen darstellen … Lassen sich die erforderlichen Informationen für Diagnostik, Therapieentscheidung und Durchführung … aus der klassischen zweidimensionalen Bildgebung nicht gewinnen, kann eine dreidimensionale Diagnostik erforderlich sein …“,
Des Weiteren hat der Sachverständige nachvollziehbar erläutert, dass neben den in der Leitlinie genannten röntgenologischen Verfahren zur Bestimmung des transversalen Knochenangebotes eine klinische Bestimmungsmöglichkeit existiert. Dabei werde im Mund des Patienten die Dicke der angewachsenen Schleimhaut wangenwärts und oral am potentiellen Implantatbereich gemessen und anschließend auf ein Sägeschnittmodell übertragen. Unter Berücksichtigung der von ihm dargestellten Anforderungen an eine Planung ist der Sachverständige zu dem eindeutigen und für den Senat ohne Weiteres plausiblen Ergebnis gelangt, dass die bei der Klägerin vorgenommene Planung nicht den Regularien der Implantologie bzw. den Mindestanforderungen an die Planung implantatprothetischer Rehabilitationen entsprach. Denn es sei – so der Sachverständige – durch die Beklagte weder eine Modellanalyse mit einem entsprechenden Wax-up/Set-up noch eine Röntgenanalyse mit Messreferenz erfolgt. Die Behandlungsunterlagen, aus denen sich ein mehrfacher Wechsel der Implantatpositionen sowohl im Vorfeld als auch während der Operation ergebe, belegten die „Konzeptlosigkeit und Konfusion“ des Vorgehens der Beklagten. Mit den allein erstellten zweidimensionalen Röntgenaufnahmen (Zahnfilm, OPG) habe die Beklagte die Knochenhöhe nur orientierend bestimmen können, die als „schmal“ beschriebene transversale oder orovestibuläre Dimension des Kieferknochens habe sie so aber nicht verifizieren können. Auch von einer Bestimmung der Knochendicke mittels Schleimhautdickenmessung und Übertragung auf ein Modell habe sie abgesehen. Wäre eine adäquate Planung erfolgt, so hätten sich sowohl Implantatpositionen als auch Ausmaß des Knochendefizits klar bestimmen, das Vorliegen einer Indikation zum Knochenaufbau eruieren und ein entsprechendes Verfahren unter Beachtung aller Rahmenbedingungen planen lassen. Dies sei bei der Klägerin ersichtlich nicht geschehen bzw. in den Unterlagen nicht dokumentiert und habe zu einem mangelbehafteten Knochenaufbau und einer Unterschreitung des Mindestabstandes zwischen den Implantaten geführt. Diese Feststellungen, die der Sachverständige in seiner Anhörung am 22.05.2018 nochmals bekräftigt hat, hält der Senat für überzeugend, die entgegenstehende Annahme des Sachverständigen Prof. N., der keinen allgemeingültigen Behandlungsstandard aufzuzeigen vermochte, ist hierdurch widerlegt.
b) Der Beklagten fällt daneben ein behandlungsfehlerhafter Knochenaufbau zur Last.
Der vom Senat beauftragte Sachverständige Dr. F. hat der Annahme des Sachverständigen Prof. Dr. Dr. N., der von der Beklagten vorgenommene Aufbau mit Knochenersatzmaterial sei mit dem seinerzeit geltenden Standard vereinbar gewesen, ausdrücklich widersprochen. Ausweislich der von der DGZMK herausgegebenen S2-k-Leitlinie vom 06.01.2011 sei das von der Beklagten angewandte Verfahren für die bei der Klägerin vorliegende Situation (konturgebendes horizontales und vertikales Knochendefizit) nicht hinreichend durch medizinische Studien abgesichert und zudem mit einer deutlich höheren Komplikationsrate verbunden. Bei der Klägerin – als starker Raucherin – habe zudem ein patientenbezogenes Komplikationsrisiko vorgelegen, das der Verwendung von Knochenersatzmaterial entgegengestanden habe. Die von der Beklagten eingeschlagene Therapie sei vor diesem Hintergrund als „komplikationsbehaftet“ und fehlerhaft anzusehen.
Im Senatstermin vom 22.05.2018 hat der Sachverständige daran festgehalten, dass vorliegend körpereigenes Material hätte transplantiert werden müssen, weil der Knochenaufbau vertikal und horizontal vorzunehmen war. In einer solchen Situation sei der Einsatz von körpereigenem Material zwingend, weil bei Knochenersatzstoffen die Ersatzmasse „auseinander krümele“. Zugleich müsse beim Aufbau mit körpereigenem Material zweizeitig vorgegangen werden. Die Notwendigkeit eines horizontalen und vertikalen Knochenaufbaus habe der Sachverständige N. nicht hinreichend berücksichtigt. In diesem Zusammenhang hat sich der Sachverständige auch mit der Behauptung der Beklagten auseinandergesetzt, sie habe den Knochen aufgedehnt und das Implantat dann versenkt sowie anschließend mit Knochenersatzmaterial vertikal und horizontal aufgefüllt. Auch insoweit sei – so der Sachverständige – ein ausreichendes Knochenangebot erforderlich, was mit der unzureichenden Behandlungsdokumentation nicht nachgewiesen werden könne. An der Notwendigkeit eines horizontalen und vertikalen Knochenaufbaus ändere sich hierdurch nichts. Dies hält der Senat für überzeugend.
c) Neben dem Knochenaufbau war auch die Implantatsetzung selbst behandlungsfehlerhaft, weil der erforderliche Mindestabstand zwischen zwei Implantaten von 3 mm in Regio 24 und 25 nicht eingehalten ist.
aa) Die entgegenstehenden Darlegungen des Sachverständigen Prof. N. sind in sich widersprüchlich und zum Beweis des Gegenteils schon deshalb nicht geeignet, weil ein Abstand zwischen den Implantaten von sowohl ca. 2 mm (BA vom 15.7.2014, Bl. 86 d.A.) als auch von 3 mm festgestellt wird (aaO., Bl. 90 d.A.). Auf diesen Widerspruch hatte bereits der Privatgutachter der Klägerin im Gutachten vom 09.07.2015 hingewiesen, der zugleich aus den vorliegenden Röntgenbildern abgeleitet hatte, der Abstand habe hier lediglich 1,2 mm betragen.
bb) Der Sachverständige Dr. F. hat unter Bezugnahme auf medizinische Fachliteratur ebenfalls die Auffassung vertreten, der Abstand von Implantaten untereinander müsse mindestens drei Millimeter aufweisen, damit sich Knochen und Weichgewebe um das Implantat herum langfristig erhalten ließen. Für die von der Beklagten gewählten Implantate im Bereich des Durchtritts aus dem Kieferknochen zur Mundhöhle gelte dies erst recht, weil diese etwas ausladender seien als im enossalen Anteil, so dass bei Unterschreitung des Mindestabstandes zwischen den Implantatschulterbereichen bzw. den -aufbauten kein ausreichender Raum zur Ausbildung einer Weichgewebsmanschette bleibe. Darüber hinaus werde die Reinigung der Implantate erheblich erschwert, da mit Säuberungsinstrumenten kein Durchkommen zwischen den Implantaten möglich und so die für die Langzeiterfolgssicherung entscheidende Hygienefähigkeit im Implantatbereich nicht gewährleistet sei. Bei nicht ausreichender Reinigung komme es dort zur Ansammlung von bakterienbeladenem Zahnbelag, der zu einer Entzündung im periimplantären Weichteil-Knochengeweben führe. Diese problematische Gegebenheit des zu engen Abstandes im Implantat-Aufbaubereich lasse sich durch die Röntgenaufnahmen vom 18.10.2013 und 22.05.2014 feststellen.
d) Darüber hinaus ist der Klägerin der Beweis gelungen, dass die aufgetretenen Entzündungen bzw. der Knochenabbau durch die Beklagte unter Verstoß gegen den geltenden Behandlungsstandard behandelt worden sind.
Auch insoweit hat der Sachverständige Dr. F. die entgegenstehende Annahme des Sachverständigen Prof. N. sowohl schriftlich als auch in seiner Anhörung vor dem Senat überzeugend entkräftet. Er hat dort erläutert, dass zwar eine Ausheilung derartig ausgeprägter Entzündungen in Implantatbereichen, wie sie bei der Klägerin vorgelegen hätten, einhergehend mit Freiliegen der Implantatoberflächen um mehr als 2/3, unmöglich sei. Jedoch sei eine symptomatische Therapie möglich, um akute Entzündungsschübe zu behandeln. Sei allerdings der primäre Knochenaufbau mit Knochenersatzmaterial unter Membranabdeckung nicht erfolgreich, so sei dies der erneute Versuch, wie am 05.07.2013 durch die Beklagte ohne Membranabdeckung vorgenommen, erst recht. Darüber hinaus hätte bei der Operation am 05.07.2013 eine perioperative Antibiotikagabe erfolgen müssen, die hier unterblieben sei. Beides sei als behandlungsfehlerhaft zu qualifizieren.
e) Nach den detaillierten und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. F. ist der Senat davon überzeugt, dass die Behandlung der Klägerin jedenfalls in der Gesamtschau – aufgrund der unzureichenden Planung, des ebenfalls unzureichenden Knochenaufbaus und der Implantatsetzung ohne Einhaltung des erforderlichen Abstandes zwischen den Implantaten selbst – grob behandlungsfehlerhaft war.
Als grober Behandlungsfehler ist ein ärztliches Fehlverhalten anzusehen, dass aus objektiver ärztlicher Sicht nicht mehr verständlich erscheint, weil ein solcher Fehler dem behandelnden Arzt aus dieser Sicht „schlechterdings“ nicht unterlaufen darf (vgl. nur BGH, NJW 1983, 2080; NJW 2012, 227). Es kommt also darauf an, ob das ärztliche Fehlverhalten eindeutig gegen gesicherte und bewährte medizinische Erkenntnisse und Erfahrungen verstößt (vgl. BGH, NJW 1992, 754). Bei der Beurteilung, ob ein Behandlungsfehler als grob oder nicht grob einzustufen ist, handelt es sich jedoch um eine juristische Wertung, die dem Richter und nicht dem Sachverständigen obliegt. Zwar muss die Bewertung eines Behandlungsgeschehens als grob fehlerhaft in den Ausführungen eines Sachverständigen ihre tatsächliche Grundlage finden, dies bedeutet jedoch nicht, dass der Richter die Bewertung dem Sachverständigen überlassen darf (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., B Rn. 255 mw.N.).
Der Senat hat den Ausführungen des Sachverständigen – auch auf nochmaligen ausdrücklichen Vorhalt in der mündlichen Verhandlung – entnommen, dass sich das Behandlungsgeschehen – insbesondere wegen unterlassener Berücksichtigung elementarer Mindestanforderungen an eine Implantatplanung auf Seiten der Beklagten – insgesamt als konfus und derart fehlerhaft darstellt, dass die von ihm aufgezeigten Fehler nicht lediglich als einfache Behandlungsfehler zu bezeichnen sind, die einem behandelnden Arzt bei der Implantatbehandlung unterlaufen können, sondern derart erheblich sind, dass sie „schlechterdings“ nicht passieren dürfen, so dass das Vorliegen eines groben Behandlungsfehlers zu bejahen ist.
2.
Von einer Kausalität für die aufgetretenen Entzündungen, den Kieferknochenschwund sowie die Unbrauchbarkeit der Implantate ist auszugehen. Den ihr aufgrund des groben Behandlungsfehlers obliegenden Kausalitätsgegenbeweis (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 7. Aufl., Rz. 257 ff.) hat die Beklagte nicht geführt.
3.
Der Klägerin steht für die erlittenen Beeinträchtigungen ein Schmerzensgeld in Höhe von 5.000,00 EUR zu.
Der Senat ist davon überzeugt, dass die Klägerin aufgrund der aufgetretenen Entzündungen bzw. des Kieferknochenschwundes unter massiven Schmerzen und erheblichen Einschränkungen in ihrer Lebensführung durch Probleme bei der Nahrungsaufnahme und der beeinträchtigten Optik – wie durch die vorgelegten Lichtbilder belegt – gelitten hat, starke Schmerzmittel einnehmen sowie zahlreiche Zahnarztbehandlungen wahrnehmen musste, wobei der weitere Eingriff durch die Beklagte im Juli 2013 zur Behandlung des Kieferknochenschwundes selbst erneut behandlungsfehlerhaft und von vornherein zum Scheitern verurteilt war. Ebenfalls war zu berücksichtigen, dass die drei Implantate aufgrund ihrer Unbrauchbarkeit entfernt werden mussten bzw. müssen und die Klägerin sich einer kompletten Neuversorgung, die wiederum mit Schmerzen verbunden sein wird, unterziehen muss.
Unter Berücksichtigung dessen ist ein Schmerzensgeld in tenorierter Höhe – auch im Vergleich zu Entscheidungen anderer Gerichte (vgl. OLG Oldenburg, Urt. v. 17.02.2010, Az. 5 U 156/09, Nr. 878 bei Hacks u.a., Schmerzensgeldbeträge 2018; LG Düsseldorf, Urt. v. 25.08.2005, Az. 3 O 354/04, Nr. 875 bei Hacks u.a., a.a.O.; LG Dortmund, Urt. v. 07.05.2014, Az. 4 O 154/12, zit. nach juris) – in jedem Fall angemessen. Ob aufgrund der erlittenen Beeinträchtigungen auch ein darüberhinausgehender Anspruch der Klägerin in Betracht kommen könnte, war dagegen durch den Senat bereits deshalb nicht zu prüfen, weil die Beklagte mit Versäumnisurteil vom 28.01.2014 zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in dieser Höhe verurteilt worden ist und die Klägerin in der Folge lediglich die Aufrechterhaltung des Versäumnisurteils begehrt hat (§ 308 ZPO).
II.
Die Klägerin hat jedoch keinen Anspruch auf Rückzahlung des unstreitig geleisteten Honorars in Höhe von 3.931,55 EUR.
Zwar kommt der Ausschluss des Vergütungsanspruchs des Zahnarztes gemäß § 628 Abs. 1 Satz 2 BGB in Betracht, wenn der Zahnarzt einen völlig unbrauchbaren Zahnersatz hergestellt hat bzw. eingesetzt hat, der für den Patienten gänzlich wertlos ist.
Selbst wenn nach den insoweit übereinstimmenden Feststellungen der Gerichtssachverständigen objektiv von einer vollständigen Unbrauchbarkeit der drei eingesetzten Implantate auszugehen ist, ist jedoch zu berücksichtigen, dass die Klägerin die Implantate in Regio 24 und 25 auch noch nach Beendigung des Behandlungsvertrages mit der Beklagten im Herbst 2013 – jedenfalls bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung in zweiter Instanz – (aus welchen Gründen auch immer) weiter genutzt hat. Dass die Implantate von der Klägerin, wie von ihr in der letzten mündlichen Verhandlung behauptet, nicht belastet, sondern lediglich aus ästhetischen Gründen im Mund belassen werden, ist nicht nachvollziehbar. So lässt sich dem intraoralen Befund anlässlich der Begutachtung durch den Sachverständigen Prof. N. ausweislich seines Gutachtens vom 15.07.2014 entnehmen, dass sowohl auf den Zähnen 21 und 27 als auch auf den Implantaten 24 und 25 ein – wenn auch gelockertes bzw. teilweise frakturiertes – Provisorium positioniert ist. Die tatsächliche Nutzung der Leistung steht daher vorliegend dem geltend gemachten Rechtsanspruch entgegen. Denn für einen Wegfall des Interesses an der Leistung genügt es nicht, dass die Leistung objektiv wertlos ist, wenn der Patient sie gleichwohl nutzt (vgl. nur BGH, Urt. v. 29.03.2011, Az. VI ZR 133/10, zit. nach juris; OLG Köln, Beschluss v. 23.05.2016, Az. 5 U 161/15, zit. nach juris; OLG Köln, Beschl. v. 02.05.2016, Az. 5 U 168/15, zit. nach juris). Das Recht des Patienten, im Fall einer auf einem Behandlungsfehler beruhenden Unbrauchbarkeit einer prothetischen Versorgung die Vergütung zurückverlangen zu können, weicht nämlich von der allgemeinen Regel ab, dass ein Patient mangels eines dienstvertraglichen Gewährleistungsrechts auch bei fehlerhaftem Vorgehen des Arztes grundsätzlich das Honorar schuldet und auf die Aufrechnung mit Schadenersatzansprüchen verwiesen ist. Dies spricht gegen eine weite Ausgestaltung des Rückforderungsrechts und dafür, eine längere tatsächliche Nutzung der prothetischen Versorgung als beachtliches Interesse an der Leistung anzusehen. Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Patienten besteht nicht, weil ihm grundsätzlich ein Schadensersatzanspruch in Höhe der erforderlichen Kosten zusteht, wenn er die unbrauchbare Leistung erneuern lässt (vgl. OLG Köln a.a.O). Anderes ergibt sich vorliegend auch nicht daraus, dass unstreitig das Implantat in Regio 23 bereits im Jahr 2013 durch die Beklagte entfernt worden ist. Insbesondere ist mit Blick hierauf die Rechnung der Beklagten auch nicht anteilig um die auf den Zahn 23 entfallenden Positionen zu bereinigen und der Klägerin insoweit einen Rückzahlungsanspruch zuzusprechen. Die von der Beklagten abgerechnete Versorgung muss vielmehr in ihrer Gesamtheit betrachtet werden. Vorliegend bestand diese nicht lediglich im Einbau dreier Implantate, sondern in deren Verbindung mit einer Brückenkonstruktion, die insgesamt die Zähne 21 bis 27 erfassen sollte. Auch wenn aus dieser Gesamtkonstruktion zwischenzeitlich sowohl das Implantat 23 als auch die provisorische Brücke entfernt werden mussten, besteht damit die ursprüngliche Versorgung in wesentlichen Teilen fort und wird von der Klägerin auch weiterhin genutzt, die im Senatstermin vom 22.5.2018 selbst darauf hingewiesen hat, dass ihr jetziger Zahnarzt regelmäßig hieran noch provisorische Reparaturen vornimmt.
C.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 92 Abs.1, 344 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, da die Zulassungsvoraussetzungen gemäß § 543 Abs.2 ZPO nicht vorliegen.
Für die Streitwertfestsetzung waren die §§ 47, 48 GKG i.V.m. § 3 ZPO maßgebend.