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Arzthaftungsprozess – Genugtuungsfunktion für Schmerzensgeldbemessung

Arzthaftungsprozess: OLG Köln bestätigt Schmerzensgeld von 4.000 EUR für fehlerhafte Zahnbehandlung

Das OLG Köln hat die Berufung des Beklagten im Arzthaftungsprozess Az.: 5 U 122/14 als unbegründet zurückgewiesen. Das Landgericht Aachen hatte zuvor ein Schmerzensgeld von 4.000 EUR für angemessen befunden, um die immateriellen Beeinträchtigungen des Beklagten infolge einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung auszugleichen. Die Entscheidung betont, dass die Genugtuungsfunktion im vorliegenden Fall keine übermäßige Bedeutung für die Bemessung des Schmerzensgeldes hat.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 122/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen wurde als unbegründet zurückgewiesen.
  2. Das Schmerzensgeld von 4.000 EUR ist angemessen zur Kompensation der immateriellen Beeinträchtigungen.
  3. Die Genugtuungsfunktion spielt keine übergeordnete Rolle bei der Bemessung des Schmerzensgeldes in diesem Fall.
  4. Es gab keine hinreichenden Anhaltspunkte für eine Behandlung, die nicht dem zahnärztlichen Standard entspricht.
  5. Der Kläger wurde nicht für eine umfassende Sanierung des Gebisses ohne medizinische Notwendigkeit verantwortlich gemacht.
  6. Die Beschwerden und Schmerzen des Beklagten, einschließlich Nackenschmerzen, wurden im Urteil berücksichtigt.
  7. Es fehlte an Beweisen, dass der Beklagte wegen der beanstandeten Behandlungsfolgen weiterhin ärztliche Hilfe benötigt.
  8. Die Entscheidung des Gerichts unterstreicht die Wichtigkeit einer individuellen Betrachtung der Umstände bei der Festsetzung von Schmerzensgeld.

Arzthaftungsprozesse: Die Bedeutung der Genugtuungsfunktion bei der Schmerzensgeldbemessung

OLG Köln: Schmerzensgeld-Urteil für Zahnbehandlung
(Symbolfoto: Geber86 /Shutterstock.com)

Im Rahmen von Arzthaftungsprozessen geht es nicht nur um die Feststellung von Behandlungsfehlern, sondern auch um die Bemessung von Schmerzensgeld. Dabei spielt die Genugtuungsfunktion eine wichtige Rolle, um sowohl das Leid des Patienten auszugleichen als auch eine Genugtuung für die erlittenen Schäden zu bieten.

Die Genugtuungsfunktion ist entscheidend, um den Verschuldungsgrad des Arztes zu berücksichtigen. Bei grobem Verschulden kann dies zu einer höheren Schmerzensgeldbemessung führen, während bei geringfügigem Verschulden eine niedrigere Bemessung erfolgt. In besonders schweren Fällen, wie bei Hirnschädigungen bei Neugeborenen, ist es wichtig, dass das Schmerzensgeld sowohl die Ausgleichsfunktion als auch die Genugtuungsfunktion erfüllt.

Es ist entscheidend, dass im Arzthaftungsprozess ein faires Verfahren und Waffengleichheit gewährleistet sind, um eine angemessene Schmerzensgeldbemessung zu ermöglichen. Dabei sollte sowohl die Ausgleichsfunktion als auch die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes berücksichtigt werden.

In einem konkreten Urteil des OLG Köln wurde die Berufung eines Beklagten im Arzthaftungsprozess als unbegründet zurückgewiesen. Das Landgericht Aachen hatte zuvor ein Schmerzensgeld von 4.000 EUR für angemessen befunden, um die immateriellen Beeinträchtigungen des Beklagten infolge einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung auszugleichen. Die Entscheidung betont, dass die Genugtuungsfunktion im vorliegenden Fall keine übermäßige Bedeutung für die Bemessung des Schmerzensgeldes hat.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, wo es um Arzthaftungsprozesse und die Bedeutung der Genugtuungsfunktion bei der Schmerzensgeldbemessung geht, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Der Weg zur Urteilsfindung im Arzthaftungsprozess am OLG Köln

Im Kern des vorliegenden Falles steht der Arzthaftungsprozess, der am Oberlandesgericht Köln unter dem Aktenzeichen 5 U 122/14 verhandelt wurde. Es ging um die Berufung eines Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Aachen, welches ihm infolge einer fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung ein Schmerzensgeld von 4.000 EUR zugesprochen hatte. Der Fall drehte sich um die Frage, ob die vom Kläger durchgeführte Behandlung den zahnärztlichen Standards entsprach und ob das berechnete Honorar angemessen war. Besonders stand die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes im Fokus der rechtlichen Auseinandersetzung.

Bemessung des Schmerzensgeldes und Genugtuungsfunktion

Die Entscheidung des Landgerichts Aachen basierte auf einer detaillierten Betrachtung der vom Beklagten erlittenen immateriellen Beeinträchtigungen. Hierbei wurde unter anderem die nicht notwendige Sanierung des gesamten Gebisses, die daraus resultierenden Schmerzen und die Notwendigkeit einer umfassenden Neuversorgung infolge fehlerhafter Kauflächen und Schneidekanten berücksichtigt. Darüber hinaus spielten die durch einen fehlerhaften Aufbiss verursachten Nackenschmerzen eine Rolle in der Beurteilung. Das Gericht stellte fest, dass die Genugtuungsfunktion in diesem speziellen Fall keine übergeordnete Bedeutung für die Bemessung des Schmerzensgeldes hat, da keine ausreichenden Beweise vorlagen, die auf eine bewusste Missachtung zahnärztlicher Standards durch den Kläger hindeuteten.

Rechtliche Herausforderungen und Urteilsbegründung

Die Herausforderung in diesem Fall lag insbesondere in der Bewertung der Angemessenheit des Schmerzensgeldes sowie in der Beurteilung der zahnärztlichen Behandlung. Das OLG Köln bestätigte die Entscheidung des Landgerichts Aachen, indem es die Berufung des Beklagten als unbegründet zurückwies. Die Richter folgten der Argumentation, dass das vom Landgericht festgesetzte Schmerzensgeld die Beeinträchtigungen des Beklagten angemessen kompensiert. Zudem gab es keine stichhaltigen Beweise dafür, dass der Kläger eine Behandlung durchgeführt hatte, die nicht dem zahnärztlichen Standard entsprach oder dass das berechnete Honorar unangemessen war.

Die Rolle des Sachverständigen im Beweisverfahren

Ein wesentlicher Aspekt dieses Verfahrens war die Einbeziehung eines Sachverständigen, Dr. T., dessen Ausführungen maßgeblich zur Urteilsfindung beitrugen. Der Sachverständige stellte fest, dass keine Indikation für die Sanierung des gesamten Gebisses gegeben war. Diese Expertise half dem Gericht, zu verstehen, dass trotz dokumentierter Karies bei einigen Zähnen die umfassende Behandlung nicht gerechtfertigt war. Ebenso war der Vortrag des Beklagten, dass die Nackenschmerzen bis heute andauern, ohne konkrete ärztliche Belege oder weiterführende Behandlungsnachweise nicht ausreichend, um die Schmerzensgeldbemessung zu beeinflussen.

Fazit

Das Oberlandesgericht Köln bestätigte das Urteil des Landgerichts Aachen, indem es die Berufung des Beklagten zurückwies und das zuerkannte Schmerzensgeld von 4.000 EUR als angemessen erachtete. Die Entscheidung unterstreicht die Bedeutung einer sorgfältigen Prüfung der Umstände jedes einzelnen Falles sowie die Rolle von Sachverständigen in der juristischen Bewertung medizinischer Behandlungen.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie wird das Schmerzensgeld im Rahmen der Genugtuungsfunktion bemessen?

Die Bemessung des Schmerzensgeldes im Rahmen der Genugtuungsfunktion ist ein komplexer Prozess, der verschiedene Faktoren berücksichtigt. Die Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes zielt darauf ab, dem Opfer eine Art Wiedergutmachung für die erlittenen Schmerzen und Leiden zu bieten. Sie stellt auf ein subjektives Gefühl ab und ist daher individuell unterschiedlich ausgeprägt.

Bei der Bemessung der Entschädigung spielen verschiedene Aspekte eine Rolle. Dazu gehören die Schwere der Verletzung, die Dauer der Behandlungen, die Dauer der Erwerbsminderung und eventuelle Dauerschäden. Darüber hinaus hat sich in der Rechtsprechung herauskristallisiert, dass je schlimmer die Verletzungen sind, desto mehr hat die Entschädigung eine Genugtuungsfunktion.

Es ist jedoch zu beachten, dass die Genugtuungsfunktion in bestimmten Fällen, beispielsweise bei sehr schweren Hirnschäden, abgesprochen werden kann, da das Opfer in solchen Fällen möglicherweise keine Genugtuung verspüren kann.

In einigen Fällen, wie beispielsweise bei Arzthaftungssachen, kann die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes wichtiger sein als die Genugtuungsfunktion. Dies liegt daran, dass bei einem – auch fehlerhaft handelnden – Mediziner in der Regel das Bestreben im Vordergrund steht, dem Patienten zu helfen.

Es ist auch wichtig zu beachten, dass vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten den Anspruch auf Schmerzensgeld erhöhen kann.

Die Bemessung des Schmerzensgeldes im Rahmen der Genugtuungsfunktion ist daher ein komplexer Prozess, der eine Vielzahl von Faktoren berücksichtigt und stark von den individuellen Umständen des Einzelfalls abhängt.

Was sind die wesentlichen Kriterien für die Angemessenheit von Schmerzensgeld?

Die wesentlichen Kriterien für die Angemessenheit von Schmerzensgeld sind vielfältig und hängen von verschiedenen Faktoren ab.

  • Art und Schwere der Verletzung: Die Art und Schwere der Verletzung sind entscheidend für die Höhe des Schmerzensgeldes. Je schwerwiegender die Verletzung, desto höher ist in der Regel das Schmerzensgeld.
  • Dauer und Intensität der Heilbehandlung: Auch die Länge und Intensität einer Heilbehandlung wirken sich auf die Höhe des Schmerzensgeldes aus.
  • Dauerschäden: Es ist wichtig zu berücksichtigen, wie sich eine Verletzung langfristig auswirken wird, insbesondere wenn Dauerschäden zu erwarten sind.
  • Verschuldensgrad: Der Grad des Verschuldens des Schädigers spielt eine entscheidende Rolle. Vorsätzliches oder grob fahrlässiges Verhalten können den Anspruch auf Schmerzensgeld erhöhen.
  • Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion: Das Schmerzensgeld hat eine doppelte Funktion. Es soll einerseits den Geschädigten für die erlittenen Schmerzen entschädigen (Ausgleichsfunktion) und andererseits dem Geschädigten eine Genugtuung für das erlittene Unrecht bieten (Genugtuungsfunktion).
  • Individuelle Umstände: Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes müssen stets die individuellen Umstände des Einzelfalls berücksichtigt werden. Dazu gehören beispielsweise das Alter und der Gesundheitszustand des Geschädigten vor der Verletzung.
  • Vergleichsfälle und Schmerzensgeldtabellen: Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes werden oft Vergleichsfälle und Schmerzensgeldtabellen herangezogen. Diese enthalten Gerichtsurteile zu verschiedenen Verletzungen mit den zugehörigen Schmerzensgeldbeträgen.

Es ist zu betonen, dass die Bemessung des Schmerzensgeldes immer eine Einzelfallentscheidung ist und von vielen verschiedenen Faktoren abhängt. Daher kann die Höhe des Schmerzensgeldes von Fall zu Fall stark variieren.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: 5 U 122/14 – Beschluss vom 08.12.2014

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung des Beklagten gegen das am 13. Juni 2014 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 11 O 346/12 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Der Beklagte erhält Gelegenheit, zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses Stellung zu nehmen.

Gründe

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Das angefochtene Urteil beruht weder auf einer Rechtsverletzung noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).

Das vom Landgericht auf die Widerklage zuerkannte Schmerzensgeld von 4.000 EUR ist angemessen und reicht aus, um die beim Beklagten infolge der fehlerhaften Behandlung durch den Kläger eingetretenen immateriellen Beeinträchtigungen angemessen auszugleichen. Das Landgericht hat die für die Bemessung des Schmerzensgeldes wesentlichen Gesichtspunkte berücksichtigt, das heißt die – vom Zahn 34 abgesehen – nicht erforderliche Sanierung des gesamten Gebisses, die damit unvermeidlich einhergehenden Schmerzen und Beeinträchtigungen, die Notwendigkeit einer umfassenden Neuversorgung vor allem infolge fehlerhafter Kauflächen und Schneidekanten und die auf einen fehlerhaften Aufbiss zurückzuführenden Nackenschmerzen.

Entgegen der Auffassung des Beklagten hat die Genugtuungsfunktion auch im Streitfall, wie in Arzthaftungsprozessen regelmäßig, keine besondere Bedeutung für die Bemessung des Schmerzensgelds. Es gibt keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass es dem Kläger nicht um eine dem zahnärztlichen Standard entsprechende Heilbehandlung ging. Die Höhe des in Rechnung gestellten Honorars ist für sich genommen kein ausreichendes Indiz, um anzunehmen, dass der Kläger wusste oder billigend in Kauf nahm, dass es – wie vom Landgericht aufgrund der Ausführungen des Sachverständigen Dr. T festgestellt – keine Indikation für die Sanierung des gesamten Gebisses gab. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil der Beklagte unter dem 9.5.2011 für einen Teil der betroffenen Zähne Karies dokumentiert hat, die einen Grund für die Erneuerung einer Krone oder Brücke darstellen kann.

Soweit es um die Nackenschmerzen geht, die sich durch eine Veränderung der Okklusion und des Aufbisses behandeln lassen, fehlt jeder konkreter Vortrag, dass sie den Beklagten bis heute nachhaltig beeinträchtigen. Insbesondere hat der Beklagte nicht vorgetragen, sich deswegen noch in ärztlicher Behandlung zu befinden. Entsprechende Arztberichte hat er nicht vorgelegt. Zudem hat seine Ehefrau vor dem Landgericht als Zeugin bekundet, dass der Beklagte während der umfassenden Behandlung durch den Kläger Kopf- und Rückenschmerzen gehabt habe. Für die Zeit nach Abschluss der Behandlung hat sie dagegen allein Beschwerden und Schmerzen geschildert, die von zwei Unterkieferzähnen verursacht werden. Die letztgenannte Beeinträchtigung ist nach den Feststellungen des Landgerichts nicht auf einen Behandlungsfehler des Beklagten zurückzuführen und daher für die Höhe des Schmerzensgeldes nicht erheblich.

Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

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