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Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch im Zusammenhang mit einer Kniegelenksoperation

OLG Köln – Az.: I-5 U 7/14 – Beschluss vom 03.07.2014

Der Senat weist die Parteien darauf hin, dass er beabsichtigt, die Berufung der Klägerin gegen das am 11.12.2013 verkündete Urteil der 11. Zivilkammer des Landgerichts Aachen – 11 O 461/11 – gemäß § 522 Abs. 2 ZPO als unbegründet zurückzuweisen.

Die Klägerin erhält Gelegenheit zur Stellungnahme zu dem Hinweis innerhalb von drei Wochen ab Zustellung dieses Beschlusses (§ 522 Abs. 2 Satz 3 ZPO).

Gründe

I.

Die Berufung hat offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg, weil das angefochtene Urteil weder auf einer Rechtsverletzung beruht noch nach § 529 ZPO zugrunde zu legende Tatsachen eine andere Entscheidung rechtfertigen (§§ 522 Abs. 2 Nr. 1, 513 Abs. 1 ZPO).  Zu Recht und mit zutreffender Begründung hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gegen die Beklagten kein Anspruch auf Schmerzensgeld und Schadensersatz zu, denn Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der am 27.02.2007 durchgeführten Kniegelenksoperation sind nicht festzustellen. Das Landgericht hat es nach Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Recht als nicht erwiesen erachtet, dass dem Beklagten zu 2), der die Operation am 27.02.2007 mit Implantation einer Kniegelenkstotalendoprothese durchgeführt hat, Behandlungsfehler unterlaufen sind. Die Entscheidung des Landgerichts geht auf alle maßgeblichen rechtlichen und tatsächlichen Fragestellungen ein und ist überzeugend begründet. Die gegen das Urteil erhobenen Berufungsrügen greifen nicht durch.

Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch im Zusammenhang mit einer Kniegelenksoperation
Symbolfoto: Von Room98 /Shutterstock.com

Zu Unrecht moniert die Klägerin, das Gerichtsgutachten berücksichtige nicht die Ausführungen des in der Rehabilitationseinrichtung zuständigen Arztes Dr. T, der laut Bericht vom 23.04.2007 eine Wundheilungsstörung mit einer Wunddehiszenz auf einer Strecke von 3 cm und noch am 14.05.2007 eine noch nicht ganz abgeklungene Wundheilungsstörung sowie eine 0,5 cm im Durchmesser messende Nekrose festgestellt habe. Der ärztliche Bericht des Dr. T (Zentrum für Rehabilitation und Physiotherapie T2 gGmbH) vom 23.04.2007 hat dem Sachverständigen Dr. Dr. W vorgelegen. Er ist in Kenntnis des Berichts zu der Einschätzung gelangt, dass hieraus kein Rückschluss auf ein behandlungsfehlerhaftes Vorgehen im Hause der Beklagten zu 1) möglich ist. Er hat im Rahmen seiner persönlichen Anhörung vor der Kammer insbesondere ausgeführt, dass kein Anhalt für eine fehlerhafte Wundklammerung bestehe. Im Gegenteil ergebe sich aus dem Röntgenbefund, dass die Klammern ordnungsgemäß zugedrückt waren. Falls dies nicht so gewesen wäre, wären – so der Sachverständige – die Klammern auch alsbald aus der Haut herausgefallen. Aus dem Auftreten der Wundheilungsstörung könne man nicht zurückschließen, dass bei der Klammerung fehlerhaft vorgegangen sei. Gegen diese nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen hat die Klägerin keine überzeugenden Einwände vorgebracht. Soweit sie vorträgt, Dr. T habe eine Revision der Wunde für voraussichtlich erforderlich gehalten, erschließt sich dem Senat die Erheblichkeit dieses Vorbringens schon aufgrund einer unstreitig unterbliebenen Wundrevision nicht. Aber auch wenn eine Revision für erforderlich gehalten und durchgeführt worden wäre, stünde damit keinesfalls ein Behandlungsfehler des Beklagten zu 2) im Zusammenhang mit der intraoperativen Wundbehandlung fest. Denn von einer Wundheilungsstörung kann – wie bereits ausgeführt – nicht auf eine zuvor behandlungsfehlerhaft durchgeführte Wundversorgung geschlossen werden.

Das Landgericht hat es auch nicht verfahrensfehlerhaft unterlassen, die Zeugen Dr. K und Dr. T zu der Frage zu vernehmen, ob die unteren drei Wundklammern ordnungsgemäß verschlossen waren. Die für das Vorliegen eines Behandlungsfehlers beweisbelastete Klägerin hat die Vernehmung der Zeugen in erster Instanz nicht beantragt, so dass schon aus diesem Grund eine Vernehmung der Zeugen nicht veranlasst war. Darüber hinaus ist aber auch nicht ersichtlich, was die Zeugen zu dem Beweisthema hätten bekunden können sollen. Den entsprechenden Behandlungsdokumentationen (Arztbriefe und Karteikarteneintragungen) lässt sich nicht entnehmen, dass die Zeugen die Wunde überhaupt in noch geklammerten Zustand gesehen haben. Feststellungen der Ärzte zu dem Zustand der Klammern finden sich in den Behandlungsunterlagen an keiner Stelle. Den Röntgenbildern lässt sich hingegen entnehmen, dass die Klammern noch vor dem 12.03.2007 und damit vor Entlassung aus der stationären Behandlung im Hause der Beklagten zu 1) entfernt wurden.

Ohne Erfolg bleibt auch der mit der Berufung wiederholte Vorwurf, der Beklagte zu 2) habe ein der Größe nach unpassendes Implantat gewählt. Die Sachverständigen Prof. Dr. N und Dr. Dr. W haben in einer auch den Senat überzeugenden Weise ausgeführt, dass weder das Inlay noch die Femurkomponente zu hoch bzw. zu groß gewählt wurden. Das Inlay habe mit 13 mm eine mittlere Höhe gehabt. Durch die Wahl der Höhe des Polyäthylen-Einsatzes würden Substanzdefekte als Folge der krankhaften Gelenkdestruktion in Zusammenhang mit korrigierenden Osteotomien zum Wiederaufbau der Bandspannung kompensiert. Beeinflusst sei die Wahl durch die Höhe der erforderlichen Knochenresektion, über deren Ausmaß der Operateur entscheide. Die Entscheidung des Beklagten sei nicht fehlerhaft gewesen. In Bezug auf die gewählte Größe der Femurkomponente haben die Sachverständigen in ihrem schriftlichen Gutachten ausgeführt, der Beklagte habe bei der Präparation des Oberschenkelknochens die hintere Referenztechnik als eine von dem Hersteller empfohlene Methode gewählt. Bei der Klägerin sei intraoperativ sehr wahrscheinlich eine Zwischengröße gemessen worden mit der Folge, dass der Beklagte entsprechend der Operationsanleitung des Implantatherstellers von den zwei in Frage kommenden Größen das größere Implantat ausgewählt habe, um eine Einkerbung zu vermeiden. Der Sachverständige Dr. Dr. W hat ferner ausgeführt, es sei kein Fehler gewesen, ein Standardimplantat zu wählen. Es entspreche nicht dem ärztlichen Standard, individuell für den Patienten angefertigte Prothesen zu verwenden. Danach war weder die Entscheidung, überhaupt ein Standardimplantat zu nehmen, noch die konkrete Wahl der Implantatsgröße als Behandlungsfehler zu beanstanden. Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang offenbar behaupten möchte, der Beklagte zu 2) habe sich bei der Wahl des Implantats davon leiten lassen, was im Hause der Beklagten zu 1) „verfügbar“ gewesen sei, ist dies eine ungerechtfertigte Unterstellung.

Zu Unrecht rügt die Klägerin, das Landgericht habe die Zeugen Dr. K und Dr. C zu der Frage der Instabilität des Knies vernehmen müssen. Zum einen hat die Klägerin eine Vernehmung in erster Instanz nicht beantragt. Der erstmals in der Berufungsinstanz erfolgte Beweisantritt dürfte gemäß § 531 Abs. 2 ZPO nicht mehr zuzulassen sein. Darüber hinaus lässt sich aber auch aus dem Umstand, dass Dr. K ausweislich der Behandlungsdokumentation am 03.07.2007 eine „leichte mediale Instabilität“ festgestellt hat, kein Behandlungsfehler des Beklagten herleiten. Die Sachverständigen Prof. Dr. N und Dr. Dr. W sind nach Auswertung aller Behandlungsunterlagen zu der Einschätzung gelangt, dass bis Anfang Juli 2007, also ab dem Operationstag gerechnet vier Monate lang, eine stabile Seitenbandführung vorgelegen haben dürfte. Sie haben jedenfalls keinen Anhalt dafür gefunden, dass die Seitenbänder unmittelbar nach der Operation bereits instabil waren. Behandlungsfehler sind demnach nicht feststellbar.

Ohne Erfolg bleibt der Einwand der Klägerin, die Prothese sei locker gewesen, denn Dr. C habe ihr vor Durchführung der Revisionsoperation mitgeteilt, die Prothese sei „lose“ und würde „nicht richtig sitzen“. Die Sachverständigen Prof. Dr. N und Dr. Dr. W haben nach Auswertung der postoperativen Röntgenaufnahmen einen regelrechten Sitz festgestellt. Zudem habe sie auf den Operationsbericht des N2 vom 19.05.2008 hingewiesen, aus dem sich ergibt, dass Dr. C intraoperativ einen festen Sitz aller Prothesenkomponenten festgestellt hat. Der Umstand, dass die Prothese überhaupt gewechselt wurde, indiziert entgegen der Auffassung der Klägerin keinen Behandlungsfehler. Eine Revisionsoperation kann grundsätzlich vielfältige Gründe haben, die nicht mit einem im Rahmen der Erstoperation begangenen Behandlungsfehler in Zusammenhang stehen müssen. Im vorliegenden Fall deutet nach Einschätzung des Sachverständigen Dr. Dr. W sogar einiges darauf hin, dass die Revisionsoperation unnötig war, worauf es hier im Ergebnis aber nicht ankommt.

Soweit die Klägerin vorbringt, sie habe nach der Operation eine Beinlängendifferenz von 0,8 cm erlitten, haben die Sachverständigen ebenfalls keinen Behandlungsfehler festgestellt. Das Landgericht hat im Übrigen zu Recht darauf hingewiesen, dass schon nicht feststeht, dass die behauptete Beinlängendifferenz auf die Operation am 27.02.2007 zurückzuführen sei. Die Klägerin hat selbst in ihrem mit Anlage K 15 zur Klageschrift eingereichten handschriftlichen Bericht ausgeführt, sie habe bereits vor der Operation eine Beinlängendifferenz von ca. 1 cm bemerkt.

II.

Bei dieser Sachlage gibt die Berufung zu einer Abänderung des angefochtenen Urteils insgesamt keine Veranlassung. Die Rechtssache hat keine rechtsgrundsätzliche Bedeutung (§ 522 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung (§ 522 Abs. 2 Nr. 3 ZPO); eine mündliche Verhandlung erscheint unter Berücksichtigung aller weiteren Aspekte des Rechtsstreites auch aus sonstigen Gründen nicht geboten (§ 522 Abs. 2 Nr. 4 ZPO).

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