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Zahnarzthaftung wegen Überkronung gesunder Frontzähne

Zahnarzt haftet für fehlerhafte Überkronung gesunder Frontzähne:  Schadensersatz und Schmerzensgeld

Das Landgericht Bochum hat in seinem Urteil Az.: I-6 O 365/13 entschieden, dass die Klägerin aufgrund der fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung, insbesondere der ungerechtfertigten Überkronung gesunder Frontzähne, einen Schadensersatz- und Schmerzensgeldanspruch gegen den Beklagten hat. Der Zahnarzt wurde zur Zahlung von 7.200 Euro verurteilt. Es wurde festgestellt, dass die Behandlung der Frontzähne grob fehlerhaft war und zu erheblichen Schäden führte, während bei anderen behandelten Zähnen kein Behandlungsfehler festgestellt werden konnte.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: I-6 O 365/13 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verurteilung des Zahnarztes zur Zahlung von 7.200 Euro an die Klägerin.
  2. Feststellung eines grob fehlerhaften Vorgehens bei der Überkronung gesunder Frontzähne.
  3. Schadensersatz– und Schmerzensgeldanspruch aufgrund der fehlerhaften Behandlung.
  4. Kein Behandlungsfehler bei den Zähnen 25 und 37.
  5. Erhebliche Schäden an zuvor gesunden Zähnen durch die Behandlung.
  6. Zukünftige materielle und immaterielle Schäden sind wahrscheinlich.
  7. Gesundheitliche Beeinträchtigungen der Klägerin durch die Behandlung.
  8. Rückzahlung des Honorars für die fehlerhafte Behandlung.

Überkronung gesunder Frontzähne: Zahnarzthaftung und rechtliche Folgen

zahnarzthaftung
(Symbolfoto: Dean Drobot /Shutterstock.com)

Eine fehlerhafte zahnärztliche Behandlung, wie die ungerechtfertigte Überkronung gesunder Frontzähne, kann zu erheblichen gesundheitlichen Beeinträchtigungen und finanziellen Schäden für die Patienten führen. In solchen Fällen können Schadensersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen den Zahnarzt geltend gemacht werden. Ein Beispiel hierfür ist das Urteil des Landgerichts Bochum vom 07.01.2015 (I-6 O 365/13), in dem ein Zahnarzt zur Zahlung von 7.200 Euro verurteilt wurde.

Die Überkronung gesunder Zähne ohne zahnmedizinisch anerkannte Gründe kann als Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflicht gewertet werden und zu Haftungsansprüchen führen. Patienten sollten sich im Zweifelsfall an einen Anwalt für Medizinrecht wenden, um ihre Rechte zu wahren und mögliche Schadensersatzansprüche geltend zu machen. Im Fall des Landgerichts Bochum, Az.: I-6 O 365/13, stand eine Frau im Zentrum einer rechtlichen Auseinandersetzung mit ihrem Zahnarzt, die sich auf eine umstrittene zahnmedizinische Behandlung bezog. Die Klägerin forderte Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund der nach ihrer Ansicht fehlerhaften zahnärztlichen Behandlung, die im November 2010 begann. Dabei ging es vor allem um die Überkronung ihrer Frontzähne, die sie als ungerechtfertigt und schädlich ansah.

Überkronung Gesunder Zähne: Ein Behandlungsfehler?

Die Hauptkontroverse drehte sich um die Entscheidung des Zahnarztes, die Frontzähne der Klägerin zu überkronen. Die Klägerin behauptete, dass ihre Zähne vor der Behandlung gesund waren und dass die Überkronung nicht nur unnötig, sondern auch schädlich war. Sie führte an, dass die Behandlung zu anhaltenden Schmerzen, Entzündungen und sogar zur ästhetischen Entstellung geführt habe. Besonders kritisch wurde das fehlende Aufdecken des beschliffenen Dentins durch die Kronen gesehen, was als klarer Behandlungsfehler gewertet wurde.

Die Position des Zahnarztes: Behandlung War Gerechtfertigt

Der Beklagte verteidigte sein Vorgehen mit der Begründung, dass die Behandlung aufgrund einer vorherigen Parodontitistherapie und daraus resultierenden Problemen wie Zahnfleischrückgang und Kalt-Warm-Empfindlichkeit notwendig gewesen sei. Er argumentierte, dass die Klägerin über alle Risiken aufgeklärt wurde und die Überkronung explizit wünschte. Zudem sei die nachträgliche Wurzelkanalbehandlung an einem der Zähne sachgerecht und notwendig gewesen.

Gerichtsurteil: Schadensersatz und Schmerzensgeld Zugesprochen

Das Landgericht Bochum sprach der Klägerin Schadensersatz in Höhe von 1.200 Euro sowie ein Schmerzensgeld von 6.000 Euro zu. Die Gerichtsentscheidung basierte auf den überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Dr. I und des im Ermittlungsverfahren tätigen Sachverständigen Dr. G. Beide Experten bestätigten, dass die Überkronung der gesunden Frontzähne medizinisch nicht indiziert und daher als grober Behandlungsfehler zu werten war.

Zukünftige Schäden und Feststellung der Ersatzpflicht

Interessant ist auch die Feststellung des Gerichts bezüglich zukünftiger materieller und immaterieller Schäden. Das Gericht hielt es für wahrscheinlich, dass der Klägerin aus der Behandlung weitere Schäden entstehen werden. Daher wurde festgestellt, dass der Beklagte auch für zukünftige Schäden haftet, die direkt auf die fehlerhafte Behandlung zurückzuführen sind.

Fazit des Falles ist, dass das Gericht der Klägerin sowohl Schadensersatz als auch Schmerzensgeld zusprach und die Behandlung durch den Zahnarzt als grob fehlerhaft einstufte. Die Entscheidung hebt die Bedeutung einer sorgfältigen medizinischen Indikation und Patientenaufklärung hervor, insbesondere bei Eingriffen, die langfristige Folgen für die Gesundheit und das Wohlbefinden der Patienten haben können.

✔ Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt

Was ist unter Zahnarzthaftung zu verstehen?

Unter Zahnarzthaftung versteht man die zivilrechtliche Verantwortlichkeit eines Zahnarztes gegenüber einem Patienten bei Verletzung der ärztlichen Sorgfaltspflichten. Diese Haftung kann sich aus Behandlungsfehlern, Diagnosefehlern oder Aufklärungsfehlern ergeben.

Ein Zahnarztvertrag ist generell ein Dienstvertrag, bei dem der Zahnarzt fachgerechte Bemühungen schuldet, die das Ziel haben, den Patienten zu heilen oder zumindest die Beschwerden zu lindern. Bei der Fertigung von Zahnersatz verspricht der Zahnarzt jedoch einen bestimmten Erfolg, weshalb in diesem Fall ein werkvertragliches Verhältnis besteht.

Im Falle eines vermuteten Behandlungsfehlers kann der Patient ein kostenfreies Verfahren über die jeweils zuständige Landeszahnärztekammer anstrengen, bei dem ein Gutachter die Vorwürfe überprüft. Allerdings muss der Zahnarzt diesem Schlichtungsverfahren zustimmen und die Einschätzung der Schlichtungsstelle ist nicht bindend.

Die Beweislast liegt in der Regel beim Patienten. Das bedeutet, dass der Patient darlegen und beweisen muss, dass ein Behandlungs-, Diagnose- oder Aufklärungsfehler vorliegt, dass ein Gesundheits- bzw. Körperschaden oder ein materieller Schaden entstanden ist und dass ein Ursachenzusammenhang zwischen dem Fehler und dem Schaden besteht.

Sollte der Patient mit dem Ergebnis des Schlichtungsverfahrens nicht zufrieden sein, bleibt immer noch die Möglichkeit einer Zivilklage. Bei groben Behandlungsfehlern kann allerdings die sogenannte Beweislastumkehr greifen, bei der der Arzt nachweisen muss, dass kein Behandlungsfehler vorliegt.

Wie wird ein grober Behandlungsfehler im medizinischen Bereich definiert?

Ein grober Behandlungsfehler im medizinischen Bereich wird definiert als ein Verstoß gegen bewährte ärztliche Behandlungsregeln oder gesicherte medizinische Erkenntnisse, der aus objektiver Sicht nicht mehr verständlich erscheint und einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen darf. Dies bedeutet, dass der Arzt in so hohem Maße gegen die Behandlungsregeln oder medizinische Erkenntnisse verstoßen hat, dass sein Verhalten als nicht mehr nachvollziehbar gilt.

Die Rechtsprechung sieht einen Behandlungsfehler als grob an, wenn der Fehler so schwerwiegend ist, dass er einem Arzt eigentlich nicht passieren dürfte. Ein grober Behandlungsfehler führt zu einer Umkehr der Beweislast im Arzthaftungsprozess, was bedeutet, dass nicht der Patient, sondern der Arzt beweisen muss, dass der Fehler nicht ursächlich für den entstandenen Gesundheitsschaden des Patienten war.

Welche Bedeutung hat der Begriff der Patientenaufklärung in der Zahnmedizin?

Der Begriff der Patientenaufklärung in der Zahnmedizin bezieht sich auf die gesetzliche Verpflichtung des Zahnarztes, den Patienten ordnungsgemäß über die geplante Behandlung, mögliche Risiken, Alternativen und die zu erwartenden Folgen zu informieren. Diese Aufklärung ist eine Grundvoraussetzung für die wirksame Einwilligung des Patienten in den Eingriff und dient dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Patienten.

Die Aufklärung muss stets mündlich erfolgen und kann durch professionell aufgearbeitete Aufklärungsbögen unterstützt werden, die jedoch das persönliche Gespräch nicht ersetzen dürfen. Die Dokumentation des Aufklärungsgesprächs ist von großer Bedeutung, da im Streitfall der Zahnarzt beweisen muss, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung stattgefunden hat.

Besonders bei ästhetischen Eingriffen, die nicht primär medizinisch indiziert sind, ist eine umfassende und eindringliche Aufklärung über die Erfolgsaussichten erforderlich. Fehler in der Aufklärung können zu einer unwirksamen Einwilligung und damit zur Rechtswidrigkeit der Behandlung führen, was zivil- und strafrechtliche Konsequenzen für den Zahnarzt nach sich ziehen kann.

Moderne digitale Aufklärungssysteme können die Verständlichkeit und Nachvollziehbarkeit der Informationen für den Patienten verbessern, indem sie beispielsweise Röntgenbilder und Animationen einbeziehen. Die Schritte der Aufklärung werden dabei protokolliert, was auch dem Patienten die Möglichkeit gibt, das Gespräch nachträglich zu rekapitulieren.


Das vorliegende Urteil

LG Bochum – Az.: I-6 O 365/13 – Urteil vom 07.01.2015

1. Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 7.200,00 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit dem 28.02.2014 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen sowie die nicht vorhersehbaren immateriellen Schäden zu ersetzen, die ihr aus der Behandlung beim Beklagten bezüglich der Präparation der Zähne 11, 12 und 21, 22 noch entstehen werden.

3. Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

4. Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 26 % und der Beklagte 74 %.

5. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar, für die Klägerin jedoch nur gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages.Der Klägerin bleibt nachgelassen, die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des insgesamt vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 % des jeweils für ihn vollstreckbaren Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin macht Schadensersatz und Schmerzensgeld aufgrund einer vermeintlich fehlerhaften Behandlung geltend.

Die Klägerin begab sich am 29.11.2010 erstmalig in die zahnärztliche Behandlung zu dem Beklagten, insoweit sollte eine prothetische Neuversorgung des Ober- und Unterkiefers im Bereich der Zähne 11, 12, 21, 22, 25 und 37 vorgenommen werden. Ob hier eine eingehende Beratung vorgenommen wurde, ist streitig; jedenfalls entschied sich die Klägerin für eine Versorgung mit Vollkeramikkronen. Es wurden mehrere Behandlungstermine bei dem Beklagten durchgeführt.

Insoweit wurden dann die Kronen auf den 4 Frontzähnen am 13.12.2010 und 23.12.2010 eingesetzt.

Am 03.01.2011 wurde an Zahn 37 aufgrund des bestehenden Beschwerdebildes mit einer endodontischen Behandlung begonnen, ein schmerzstillendes Medikament eingelegt, anschließend wurde der Zahn wieder verschlossen und die Krone provisorisch wieder befestigt.

Am 04.02.2011 wurde an Zahn 11 ebenfalls eine endodontische Behandlung in Form einer Wurzelfüllung mit dem Ziel des Zahnerhaltes begonnen, dazu wurde die Krone lingual trepaniert. Am 04.03.2011 wurde die zuvor erfolgte medikamentöse Einlage an Zahn 11 nach Spülung des Kanals ausgetauscht, zudem wurde eine Röntgenmessaufnahme gefertigt. Weiter wurde hier an Zahn 37 ebenfalls Medikamente eingelegt.

Im September 2011 wurde der Zahn 37 bei dem hier erfolgten Besuch erneut gespült und das eingelegte Medikament getauscht. Am 27.09.2011 stellte sich die Klägerin wieder beim Beklagten vor, hier wurden letztlich die Wurzelfüllung und die definitive Füllung an Zahn 11 mit einer begleitenden Röntgenaufnahme vorgenommen.

Bei der erneuten Vorstellung am 07.10.2011 führte der Beklagte an Zahn 37 bildgebende Aufnahme durch, die apikale Aufhellungen an diesem Zahn ergaben; insoweit wurde der Zahn dann letztlich bei der weiteren Vorstellung am 11.10.2011 extrahiert.

Bei der Vorstellung am 14.06.2012 wurde am Zahn 21 ebenfalls eine endodontische Behandlung vorgenommen und die Krone lingual trepaniert; am Ende der Wurzelkanalbehandlung wurde dann eine Medikation eingebracht

Die Klägerin macht geltend, dass die gesamte Behandlung bei dem Beklagten fehlerhaft und unzureichend gewesen sei. So habe sie bereits nach der ersten Behandlung erhebliche Schmerzen gehabt, diese hätten auch nach der Eingliederung der Kronen fortbestanden und hätten sich deutlich verschlimmert. Insoweit sei die Überkronung der Frontzähne hier überhaupt nicht indiziert gewesen, dies hätte bei den zuvor eigentlich noch gesunden Zähnen so nicht vorgenommen werden dürfen. Zudem sei die gesamte diesbezügliche Planung unzureichend und die technische Ausführung fehlerhaft gewesen, durch das Beschleifen sei es zu einem Schleiftrauma gekommen. Hier sei das beschliffene Dentin nicht vollständig mit Kronen bedeckt gewesen, was fehlerhaft sei. Zudem liege nach dem Einsatz der Kronen ein nicht zu tolerierender ästhetischer Mangel vor, was sie teilweise entstellt habe. Weiter sei auch die Behandlung der Zähne 25 und 37 fehlerhaft erfolgt, was z. Bsp. zum Verlust des Zahnes 37 geführt habe

Vor Durchführung der Maßnahme sei sie von dem Beklagten auch nicht ausreichend aufgeklärt worden. Insoweit sei sie von dem Beklagten vor der Entscheidung zur Überkronung der Frontzähne nicht auf etwaige Risiken und auf die möglichen Probleme sowie insbesondere nicht auf die eigentlich fehlende medizinische Indikation zur Durchführung der Überkronung hingewiesen worden, hier hätte sie auf das überdurchschnittliche Risiko von auftretenden Entzündungen und eines möglichen Zahnverlustes sowie auf die mit dem erheblichen Beschleifen der Frontzähne verbundenen Risiken hingewiesen werden müssen. Wäre sie umfassend aufgeklärt worden, hätte sie sich gegen die Überkronung der Frontzähne entschieden.

Insoweit seien durch die nicht indizierte Maßnahme und das fehlerhafte Vorgehen erhebliche Schäden an ihren Frontzähnen hervorgerufen worden. Weiter leide sie seit Beginn der Behandlung ununterbrochen an erheblichen Schmerzen, hier seien Entzündungen des Zahnmarks und des parodontalen Gewebes an den Wurzelspitzen Folge der nicht indizierten Kronenpräparationen. Auch die Reaktion auf thermische Reize sei extrem schmerzhaft.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld in angemessener Höhe, mindestens jedoch 8.000,00 Euro nebst Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 % oberhalb des Basiszinssatzes zu zahlen.

2. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr allen weiteren materiellen und immateriellen Schaden zu ersetzen, der ihr aus der Behandlung durch den Beklagten bezüglich der Präparation der Zähne 11, 21, 12, 22, 25 und 37 zukünftig noch entstehen wird.

3. den Beklagten zu verurteilen, an sie Schadenersatz in Höhe eines Betrages von 2.100,00 Euro nebst Zinsen hieraus seit Rechtshängigkeit in Höhe von 5 % oberhalb des Basiszinssatzes zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Der Beklagte macht geltend, dass die Behandlung der Klägerin zu jeder Zeit befund- und sachgerecht erfolgt sei, weder habe es irgendwelche Behandlungsfehler gegeben noch seien etwaige Hinweise oder eine Aufklärung versäumt worden.

Hier sei bei der Klägerin offensichtlich zuvor eine Parodontitistherapie durchgeführt worden, die zu einem Zahnfleischrückgang interdental Regio 11, 21 geführt habe. Durch den Zahnfleischrückgang habe eine Kalt-Warm-Empfindlichkeit vorgelegen und die Klägerin habe wegen eines Lockerungsgrades I an den Zähnen und einer Elongation auch nicht richtig zubeißen können. Da die Klägerin zudem mit dem ästhetischen Erscheinungsbild unzufrieden gewesen, sei die vorgenommene Überkronung der Frontzähne indiziert gewesen, zumal die Klägerin dies auch ausdrücklich gewünscht habe. Auch die nachträglich an Zahn 11 vorgenommene Wurzelkanalbehandlung sei indiziert und ordnungsgemäß vorgenommen worden. Insoweit sei es ein typisches Risiko gewesen, dass bei elongierten Zähnen nach Überkronung eine Devitalität eintrete; darauf sei die Klägerin vorab auch bereits hingewiesen worden, was diese jedoch in Kauf genommen habe. Bei der Behandlung am 04.03.2011 sei die Klägerin auf der Grundlage der erstellten Röntgenmessaufnahme auf eine kleine apikale Parodontitis an Zahn 21 hingewiesen worden, hier habe sie jedoch zunächst noch keine diesbezügliche Behandlung gewünscht. Diese sei erst 8 Monate später erfolgt, als die Klägerin sich dann mit Schmerzen vorgestellt habe, weil sich die apikale Parodontitis vergrößert habe. Hier sei als Therapie der Wahl eine endodontische Behandlung ordnungsgemäß vorgenommen worden. Zudem seien auch die Zähne 25 und 37 gefüllt gewesen, so dass hier eine Überkronung die Behandlungsmethode der Wahl gewesen sei. Insoweit seien im März 2011 und nochmals im September 2011 Spülungen erfolgt und Medikamente eingelegt worden. Bei der Vorstellung am 11.10.2011 habe die Klägerin von sich aus den Wunsch geäußert, diesen Zahn zu extrahieren. Dies sei zwar geschehen, zuvor sei die Klägerin jedoch über die Behandlungsmöglichkeiten einer Wurzelfüllung oder Wurzelspitzenresektion informiert worden, gleichwohl habe die Klägerin den Wunsch geäußert, dass dieser Zahn entfernt werden solle, was dann auch geschehen sei. Bezüglich des Zahnes 25 sei zwar der Zahnstumpf im Oktober 2012 abgebrochen, dies sei schicksalhaft gewesen und könne passieren. Insoweit seien der Klägerin die gegebenen Möglichkeiten erläutert worden. Insgesamt habe die Problematik letztlich bei der Klägerin darin bestanden, dass diese immer nur dann erschienen sei, wenn sie erhebliche Schmerzen gehabt habe. Demnach sei ihm die Möglichkeit genommen worden, eine begonnene Behandlung abzuschließen. So sei sie noch am 04.03.2011 auf eine möglichen Verlust der Zähne 11 und 37 hingewiesen worden, wenn hier keine zügige und einheitliche Behandlung erfolge. Gleichwohl sei die Klägerin auch hier nachfolgend 6 Monate nicht erschienen.

Zu der prothetischen Versorgung habe sich die Klägerin nach einer ausführlichen und eingehenden Beratung entschieden, zumal sie mit einem Kostenvoranschlag hinsichtlich eines umfangreichen Zahnersatzes inklusive Überkronung der Oberkieferfrontzähne einer anderen Arztpraxis erschienen sei. Hier seien der Klägerin 3 alternative Therapievorschläge gemacht worden; insoweit habe sich die Klägerin für die Möglichkeit entschieden, die offensichtlich auch bereits ein Vorbehandler der Klägerin unterbreitet habe. Die Klägerin sei im Rahmen der Behandlung und in jeder Situation während der Behandlung auf alle gegebenen Möglichkeiten sowie notwendige Maßnahmen hingewiesen und über alle Risiken aufgeklärt worden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

Das selbstständige Beweisverfahren zwischen den Parteien – LG Bochum Az. 6 OH 2/13 – sowie das darin befindliche Sachverständigengutachten des Sachverständigen Dr. I und die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft Bochum – Az. 49 Js 213/13 und das dortige Gutachten des Sachverständigen Dr. G waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung.

Die Kammer hat zudem in der mündlichen Verhandlung vom 07.01.2015 den von ihr im selbständigen Beweisverfahren der Parteien beauftragten Sachverständigen Dr. I angehört. Wegen des Ergebnisses wird auf das Sitzungsprotokoll vom 07.01.2015 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist im zugesprochenen Umfang begründet.

Der Klägerin steht gegen den Beklagten insgesamt ein Zahlungsanspruch in Höhe von 7.200,00 Euro gemäß den §§ 823 Abs. 1, 280 Abs. 1 BGB zu, wobei sich dieser Betrag aus einem Schmerzensgeldanspruch in Höhe von 6.000,00 Euro sowie einem Schadensersatzanspruch in Höhe von 1.200,00 Euro zusammensetzt. Nach den überzeugenden und nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. I in dem selbständigen Beweisverfahren vor der Kammer – LG Bochum Az.: 6 OH 2/13 – sowie der ergänzenden Anhörung in der mündlichen Verhandlung steht fest, dass die Klägerin vom Beklagten im Bereich der Frontzähne 11, 12, 21 und 22 grob fehlerhaft behandelt wurde und dadurch zuvor noch gesunde Zähne erheblich geschädigt wurden. Dies ist im Übrigen auch durch das in dem ebenfalls beigezogenen Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Bochum – Aktenzeichen: 49 Js 213/13 von dem dort beauftragten Sachverständigen Dr. G in dessen Gutachten ebenfalls eingehend und unmissverständlich bestätigt worden.

Weitergehende fehlerhafte Behandlung insbesondere an den Zähnen 25 und 37 haben sich jedoch nicht feststellen lassen, so dass der Schmerzensgeldanspruch und der Schadensersatzanspruch auf die fehlerhafte Behandlung der Frontzähne und dadurch verursachte Folgen beschränkt sind. Gleichzeitig ergibt sich daraus, dass die Klägerin auch Feststellung der Ersatzpflicht zukünftiger weiterer materieller und zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vorhersehbarer und deshalb bei der Schmerzensgeldbemessung nicht berücksichtigter immaterieller Schäden verlangen kann.

1. Zunächst ist davon auszugehen, dass der Beklagte die Klägerin im Rahmen der vorgenommenen prothetischen Versorgung der Frontzähne 11, 12, 21 und 22 fehlerhaft behandelt hat.

Zwar ist davon auszugehen, dass bei der Klägerin eine Grunderkrankung vorlag, da bei ihr eine chronische Parodontitis bestand und zudem die Frontzähne elongiert und nach vorne gewandert sind. Dies allein rechtfertigte jedoch keine prothetische Versorgung, da dadurch weder die Grunderkrankung noch die kosmetische Problematik behoben werden konnte.

Insoweit hat der Sachverständige Dr. I bereits in seinem schriftlichen Gutachten im selbständigen Beweisverfahren darauf hingewiesen, dass die vorgenommene Präparation der als solche noch gesunden Zähne 11, 12, 21 und 22 und eine diesbezügliche prothetische Versorgung der Zähne in der Form nicht nachvollziehbar und nicht indiziert gewesen sei, da allein das kosmetische Problem des Herauswachsens der Zähne keine Rechtfertigung für die vorgenommene Maßnahme gegeben habe.

Dies hat er insbesondere in der mündlichen Verhandlung nochmals eingehend bestätigt und klargestellt, dass die vorgenommene Überkronung der gesunden Zähne medizinisch nicht indiziert und die vorgenommene Maßnahme aus medizinischer Sicht unverständlich und „unsinnig“ gewesen sei. Insoweit hätten durch die beabsichtigte Überkronung die Problematik des Herauswanderns der Frontzähne sowie die chronische Parodontitis nicht behoben und die Grundprobleme nicht gelöst werden können. Demnach sei die vorgenommene Maßnahme aus zahnmedizinischer Sicht absolut unverständlich gewesen, zumal die Frontzähne als solche noch völlig gesund gewesen seien.

Zwar hätte man allein aus kosmetischen Gründen angesichts der eingetretenen Formveränderung der Frontzähne eine solche Maßnahme dann in Erwägung ziehen können, wenn der Patient dies allein aus kosmetischen Gründen gewünscht und in der Form eine Korrektur der Zahnstellungsveränderung gewollt hätte. Selbst bei einem solchen festen Wunsch und Willen des Patienten hätte ein Zahnarzt dem nach den weiteren Ausführungen des Sachverständigen Dr. I keinesfalls so ohne weiteres Folge leisten dürfen, vielmehr hätte dieser den Patienten deutlich und gegebenenfalls auch mit drastischen Worten vor Augen führen müssen, dass mit einer solchen Behandlung schwerwiegendere Risiken für die bisher noch gesunden Zähne verbunden sein würden, da dieses ein massives Abschleifen der gesunden Zähne mit einem möglichen Schleiftrauma, wie es sich nachträglich hier dann auch verwirklicht hat, verbunden sein würde, ohne dass auf längere Sicht das Grundproblem damit behoben werde. Demnach hat der Sachverständige auch klargestellt, dass er eine solche Maßnahme selbst dann abgelehnt hätte, wenn eine Patientin nach entsprechend – drastischer – Aufklärung gleichwohl auf einer entsprechenden Durchführung bestanden hätte.

Da eine solche umfassende und auch drastische Aufklärung nicht ansatzweise ersichtlich ist, gab es für das von dem Beklagten vorgenommene Abschleifen und die dann vorgenommene prothetische Versorgung der massiv abgeschliffenen Frontzähne keine medizinische Rechtfertigung.

Dies hat im Übrigen der im Ermittlungsverfahren beauftragte dortige Sachverständige Dr. G so festgestellt und darauf hingewiesen, dass dieses Überkronen von zuvor völlig gesunden Zähnen allein aus kosmetischen Gründen und ohne das Vorhandensein irgendeiner Füllung ein gravierender Behandlungsfehler des Beklagten gewesen sei, eine derartige Maßnahme sei nicht ansatzweise zu rechtfertigen gewesen.

Darüber hinaus hat der Sachverständige Dr. I zudem klargestellt, dass die Röntgenaufnahmen der Frontzahnkronen Randspalten bei den Zähnen 11 und 12 hätten erkennen lassen, so dass das beschliffene Wurzeldentin noch nicht vollständig von den Kronen abgedeckt gewesen sei, was ebenfalls einen Behandlungsfehler darstellt.

Insgesamt steht demnach fest, dass das Vorgehen des Beklagten im Rahmen der Behandlung der Frontzähne der Klägerin fehlerhaft war, wobei die Kammer davon ausgeht, dass nicht nur ein einfacher, sondern ein grober Behandlungsfehler vorliegt. So hat der Sachverständige Dr. I das Vorgehen aus zahnmedizinischer Sicht als völlig unverständlich und unsinnig bezeichnet, so dass damit die Wertung berechtigt ist, dass das Vorgehen nicht nur einfach, sondern grob fehlerhaft war. Dies ergibt sich im Übrigen auch aus den Ausführungen des Sachverständigen Dr. G im Ermittlungsverfahren, der einen gravierenden, groben Behandlungsfehler angenommen hat.

2. Demgegenüber lässt sich ein fehlerhaftes Vorgehen bei der Behandlung der weiteren Zähne 25 und 37 nicht feststellen.

Insoweit hat der Sachverständige Dr. I im selbständigen Beweisverfahren festgestellt, dass der Zahn 25 damals bereits wurzelkanalbehandelt gewesen sei, so dass eine Krone gegebenenfalls mit einem Stiftaufbau für die Stabilisierung angezeigt gewesen sein könnte. Diesbezüglich lässt sich ein fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten nicht feststellen, zumal der Zustand des Backenzahnes 25 im linken Oberkiefer zu Behandlungsbeginn und damit die Notwendigkeit und die Prognose für eine Überkronung nicht mehr beurteilt werden konnte.

Gleiches gelte auch für den Zahn 37, der bei seiner Untersuchung bereits entfernt gewesen sei, so dass ohnehin eine Überprüfung der technischen Ausführung der Kronen nicht mehr vorgenommen werden konnte. Bezogen auf die allein vorhandene Röntgenaufnahme vom 07.10.2011 hat der Sachverständige bei Zahn 37 eine hochgradige Zerstörung festgestellt, wobei die Prognose des Zahnes zu diesem Zeitpunkt hinsichtlich der Erhaltungswürdigkeit und der Erhaltungsfähigkeit als fraglich bis hoffnungslos habe eingestuft werden müssen, so dass eine Extraktion dieses Zahnes angezeigt gewesen sei.

Insgesamt kann den Ausführungen des Sachverständigen Dr. I bezogen auf den Zahn 25 und den Zahn 37 entnommen werden, dass sich hinreichende Anhaltspunkte oder sichere Indizien dafür, dass ein Behandlungsfehler oder sonstige Versäumnisse bei der Behandlung dieser Zähne vorlagen oder gar Grundlage für die notwendige Extraktion von Zahn 37 waren, nicht feststellbar sind.

Dies hat zur Folge, dass hinsichtlich dieser Behandlung der Zähne 25 und 37 ein Schmerzensgeldanspruch bzw. ein Schadensersatzanspruch nicht in Betracht kommt, mithin diese Zähne bei der Bewertung unberücksichtigt bleiben müssen.

3. Hinsichtlich der durch das fehlerhafte Vorgehen des Beklagten verursachten Folgen und Beeinträchtigungen an den Zähnen im Frontbereich hält die Kammer unter Berücksichtigung aller Umstände sowie auch der bereits jetzt vorhersehbaren und zu prognostizierenden Folgen ein Schmerzensgeld von 6.000,00 EUR für angemessen, aber auch ausreichend.

Insoweit ist zu berücksichtigen, dass hier 4 zuvor noch gesunde Zähne unmittelbar im Frontzahnbereich geschädigt und durch das massive Abschleifen Schleiftraumata verursacht wurden. Diesbezüglich hat der Sachverständige Dr. G im Gutachten im Ermittlungsverfahren klargestellt, dass dies sicherlich auch Beschwerden hervorgerufen habe und es zudem dadurch zu einem Absterben der weichgeweblichen Innenleben (Pulpa) an den 4 Zähnen gekommen sei, was auch durch endodontische Maßnahmen nicht beseitigt werden könne.

Dies hat weitgehend auch der von der Kammer beauftragte Sachverständige Dr. I so bestätigt. Dieser hat klargestellt, dass aufgetretene entzündliche Prozesse des Zahnmarks Folge des fehlerhaften Vorgehens gewesen seien und damit auch die Schmerzen im Oberkieferbereich durch diesbezügliche Entzündungen an den Wurzelspitzen verursacht wurden. Diesbezüglich hat er bei der mündlichen Verhandlung klargestellt, dass bei seiner Untersuchung bereits an 2 Zähnen entsprechende Zahnmarkentzündungen konkret aufgetreten waren.

Dies hatte zudem zur Folge, dass die Prognose für diese unmittelbaren Frontzähne 11 und 21 dadurch erheblich verschlechtert worden ist, mithin eine Überlebenswahrscheinlichkeitsprognose im Rahmen der weiteren Behandlung eher als gering anzunehmen sei. Dies bedeutet im Ergebnis, dass hier mit hoher Wahrscheinlichkeit im Rahmen der weiteren Behandlung und der Beseitigung der durch das fehlerhafte Vorgehen aufgetretenen Folgen eine Extraktion der beiden Zähne sehr wahrscheinlich ist, was als voraussehbare Beeinträchtigung bereits jetzt bei der Schmerzensgeldbemessung mit berücksichtigt werden muss. Dies gilt umso mehr, als der Sachverständige Dr. G ebenfalls festgestellt hat, dass die Grundschäden an den Zähnen auch durch Wurzelkanalbehandlungen oder eine Wurzelspitzenresektion nicht mehr zu beseitigen sind, wenn derartige Probleme mit entsprechenden Entzündungen im Zahnmarkbereich erst einmal aufgetreten sind.

Gerade ein bereits voraussehbarer und wahrscheinlicher Verlust von 2 gesunden Zähnen unmittelbar im Frontzahnbereich begründet auch unter ästhetischen Gesichtspunkten eine erhebliche Beeinträchtigung. Zudem wird dies zwangsläufig zu weiteren Behandlungen mit entsprechenden Unannehmlichkeiten und Schmerzen führen, um diese dann vorhandenen Lücken im unmittelbar und sofort sichtbaren Bereich ästhetisch ansprechend zu füllen.

Weiter kommt hinzu, dass auch an den beiden anderen Zähnen im Frontzahnbereich (12 und 22), bei denen der Sachverständige Dr. I noch keine konkrete Zahnmarkentzündung zum Zeitpunkt seiner Untersuchung festgestellt hat, jederzeit entsprechende Entzündungen auftreten können, da auch nach längerer Zeit solche Entzündungen nach einem entsprechenden Schleiftrauma noch entstehen können, zumal das weichteilgewebliche Innenleben massiv geschädigt wurde. Dies hat zugleich zur Folge, dass auch die Prognose bei diesen beiden weiteren Zähnen im Vergleich zum früheren, noch unbehandelten Zustand deutlich schlechter ist und auch hier weitere Behandlungen zum einen zur Beseitigung der ohnehin aufgetretenen Folgen und zum anderen bei hier ebenfalls auftretenden Problemen notwendig werden bzw. werden können.

Zu berücksichtigten ist weiter, das zudem sowohl der Sachverständige Dr. I als auch der Sachverständige Dr. G ausgeführt haben, dass das Vorgehen des Beklagten aus zahnmedizinischer Sicht völlig unverständlich und nicht ansatzweise zu rechtfertigen war. Auch dies muss bei der Schmerzensgeldbemessung mit berücksichtigt werden.

Andererseits darf nicht verkannt werden, dass bei der Klägerin auch eine gewisse Grunderkrankung in Form einer chronischen Parodontitis vorlag, mithin die chronische Zahnbetterkrankung ohnehin regelmäßig hätte kontrolliert werden müssen und auch dadurch gewisse Beeinträchtigungen vorlagen, die damit nicht ausgleichspflichtig sind. Die Tatsache, dass bei der Klägerin hinsichtlich der Frontzähne auch ein Lockerungsgrad I bestand, bedeutet demgegenüber nicht, dass die Zähne schon bereits erheblich vorgeschädigt waren, diese hätten nämlich nur eine gewisse Beweglichkeit aufgewiesen, waren ansonsten jedoch gesund.

Unter Berücksichtigung aller Umstände und der Tatsache, dass der Beklagte bei einer noch jungen Frau massive Schäden an 4 noch gesunden Zähnen im Frontzahnbereich herbeigeführt hat, die mit Beschwerden und Schmerzen sowie Unannehmlichkeiten bereits verbunden waren und auch im Rahmen weiterer zukünftig notwendig werdender Behandlungen bei der Beseitigung der Folgen noch verbunden sein werden und die wahrscheinlich einen Verlust der unmittelbaren Frontzähne 11 und 21 mit dann zwangsläufig notwendig werdenden weiteren Folgemaßnahmen zur Folge haben werden, hält die Kammer insgesamt angesichts aller Folgen für die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft und angesichts des noch jungen Alters der Klägerin ein Schmerzensgeld von insgesamt 6.000,00 Euro für angemessen, aber auch ausreichend.

4. Darüber hinaus steht der Klägerin ein Schadensersatzanspruch auf Rückzahlung des Honorars zu, wobei die Kammer hier im Rahmen der Schätzung davon ausgeht, dass ein Betrag von 1.200,00 Euro als Schaden ersetzt werden kann.

Rückzahlung geleisteten Honorars kann ein Patient von einem Zahnarzt dann verlangen, wenn dessen Vorgehen grob fehlerhaft war und die Leistungen unbrauchbar sind, mithin die Leistungen für die Zukunft für den Patienten nicht von Interesse sind und auch keinen Nutzen haben.

Dies war hier bezogen auf die Präparation und die vorgenommene prothetische Neuversorgung der Zähne 22, 21, 11, und 12 im Frontzahnbereich der Klägerin der Fall. Insoweit haben sowohl der Sachverständige Dr. I als auch der im Ermittlungsverfahren tätige Sachverständige festgestellt, dass für ein derartiges Vorgehen keine medizinische Indikation bestand, da diese Zähne an sich noch völlig gesund waren und dadurch die bei der Klägerin vorliegenden Grunderkrankungen einer chronischen Parodontitis und der Zahnwanderung nicht ansatzweise behandelt oder gelöst werden konnten. Demnach war die prothetische Versorgung also aus medizinischer Sicht unsinnig und damit die vorgenommenen Leistungen zur Behandlung der Grundprobleme der Klägerin unbrauchbar, zumal auch selbst das kosmetische Problem des „Herauswanderns“ der Frontzähne dadurch nicht gelöst werden konnte.

Dies hat zwangsläufig zur Folge, dass die Klägerin damit das für die prothetische Neuversorgung der Frontzähne geleistete Honorar im Wege des Schadensersatzes ersetzt verlangen kann.

Nach den übereinstimmenden Angaben beider Parteien im Verhandlungstermin steht jedoch fest, dass die Klägerin als Eigenanteil nicht etwa 2.100,00 Euro, sondern lediglich 1.750,00 Euro an den Beklagten gezahlt hat. Dies bezog sich jedoch auf die gesamte prothetische Behandlung von insgesamt 6 Zähnen unter Einbeziehung auch der Zähne 25 und 37, bezüglich derer jedoch kein fehlerhaftes Vorgehen des Beklagten festgestellt werden kann, mithin auch hier eine Unbrauchbarkeit dieser Leistungen an den Zähnen 25 und 37 zwangsläufig nicht nachweisbar ist.

Eine genaue Aufteilung auf die einzelnen Zähne kann die Kammer mangels Vorlage einer Rechnung oder entsprechender Unterlagen nicht vornehmen. Insoweit geht die Kammer im Wege der Schätzung gemäß § 287 ZPO davon aus, dass die Eigenanteile für sämtliche Zähne in etwa gleich hoch waren, so dass die Klägerin zwangsläufig nicht das gesamte Honorar in Form der geleisteten Eigenanteile, sondern lediglich den Anteil für die Frontzähne ersetzt verlangen kann.

Im Rahmen der in etwa gleichmäßigen Verteilung schätzt die Kammer deshalb den diesbezüglich erstattungsfähigen Schaden unter Berücksichtigung des geleisteten Gesamtbetrages von 1.750,00 Euro für sämtliche Zähne damit auf 1.200,00 Euro, so dass die Beklagte diesen Betrag vom Kläger wegen der völligen Unbrauchbarkeit der Leistungen bei der Behandlung der Zähne im Frontbereich ersetzt verlangen kann.

5. Nach den vorstehenden Ausführungen ist auch der Feststellungsantrag auf Ersatz der zukünftigen materiellen Schäden begründet. Bei der Behandlung und insbesondere der Beseitigung der Folgen an den geschädigten Zähnen im Frontbereich können weitere Kosten entstehen, die im Rahmen der Erstattungsfähigkeit bei einer zu bejahenden Erforderlichkeit und Angemessenheit dann von der Klägerin ersetzt verlangt werden können. Da solche Schäden durchaus wahrscheinlich sind, ist demnach der Feststellungsantrag begründet, wobei dieser allerdings auf die Zähne im Frontbereich 12, 11, 21 und 22 – unter Ausklammerung der Zähne 37 und 25 – begründet ist.

Gleichfalls gilt dies auch für möglich zukünftige immaterielle Schäden, wobei hier allerdings die Einschränkung vorzunehmen ist, dass nicht sämtliche zukünftigen immateriellen Schäden nochmals ein Schmerzensgeldanspruch rechtfertigen können, sondern nur solche, deren Eintritt bisher noch nicht vorhersehbar ist, da die Kammer bei der jetzigen Schmerzensgeldbemessung auch noch nicht eingetretene, aber bereits hinreichend konkret vorhersehbare Folgen bei der Bemessung berücksichtigt hat.

6. Der Zinsanspruch ergibt sich aus den §§ 286, 288 BGB.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf den §§ 92 Abs. 2, 708 Nr. 11., 709, 711 ZPO. Dabei stellt die Kammer klar, dass von der Kostengrundentscheidung auch die Kosten des selbständigen Beweisverfahrens LG Bochum – Aktenzeichen 2 OH 2/13 – mit umfasst sind, auch wenn die Kammer dies nicht ausdrücklich im Tenor mit aufgenommen hat; dieses Verfahren und das dortige Gutachten waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung und bildeten die Grundlage für die weitere Anhörung des Sachverständigen Dr. I in diesem Hauptverfahren.

 

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