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Schadenersatz- und Schmerzensgeldanspruch – Langzeittherapie mit Marcumar – Leberschädigung

Ärztlicher Behandlungsfehler: Grob fehlerhafte Marcumar-Therapie führt zu Lebertransplantation und 40.000 Euro Schmerzensgeld

Das Landgericht Düsseldorf verurteilte den Beklagten im Fall Az.: 3 O 369/07 zu Schmerzensgeld und Schadenersatz für die Klägerin aufgrund grob fehlerhafter ärztlicher Behandlung. Trotz erhöhter Leberwerte setzte der Beklagte die Langzeittherapie mit Marcumar fort, was zu irreparablen Leberschäden und einer notwendigen Lebertransplantation bei der Klägerin führte. Das Gericht erkannte auf eine mangelnde medizinische Sorgfalt und bestätigte die Ansprüche der Klägerin auf finanzielle Entschädigung.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 3 O 369/07 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Der Beklagte wurde zu Schmerzensgeld in Höhe von 40.000 Euro und Schadenersatz verurteilt.
  2. Die Langzeittherapie mit Marcumar führte zu schweren Leberschäden bei der Klägerin.
  3. Ärztlicher Behandlungsfehler: Fortsetzung der Therapie trotz erhöhter Leberwerte.
  4. Gutachten bestätigen, dass die Marcumar-Therapie grob fehlerhaft war und die Leberschäden verursacht hat.
  5. Fehlende medizinische Sorgfalt: Keine regelmäßigen Leberfunktionsprüfungen durch den Beklagten.
  6. Irreversible Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin, einschließlich einer Lebertransplantation.
  7. Die Klägerin konnte ihren Anteil an der Haushaltsführung nicht wahrnehmen, was zu weiteren Schadenersatzansprüchen führte.
  8. Das Urteil berücksichtigt auch zukünftige mögliche Lebertransplantationen und daraus resultierende Schäden.

Langzeittherapie mit Marcumar: Schadenersatz und Schmerzensgeld bei Leberschädigungen

Die Langzeittherapie mit dem Medikament Marcumar kann in seltenen Fällen zu Leberschäden führen. In solchen Fällen können Betroffene Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, wenn der Krankenhausträger keine ausreichende medizinische Sorgfalt walten ließ. Dabei muss der Krankenhausträger nachweisen, dass er keine Schuld an der Leberschädigung trägt.

Ein wichtiger Aspekt ist die regelmäßige Überprüfung der Leberfunktion während einer Langzeittherapie mit Marcumar. Fehlt diese Überwachung, kann dies zu schweren Leberschäden führen, die unter Umständen eine Lebertransplantation erforderlich machen. In solchen Fällen können die Betroffenen Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche geltend machen, um die finanziellen Folgen der medizinischen Fehlbehandlung abzumildern.

Ein konkretes Urteil zu diesem Thema kann Ihnen dabei helfen, Ihre individuellen Ansprüche und Rechte besser zu verstehen. Es ist jedoch ratsam, sich von einem Arzt oder Rechtsanwalt beraten zu lassen, um eine fundierte Einschätzung Ihrer Situation zu erhalten.

Der Fall einer fehlgeleiteten Marcumar-Therapie und ihre gravierenden Folgen

Marcumar
(Symbolfoto: Jens Hertel /Shutterstock.com)

Im Zentrum dieses komplexen medizinischen und juristischen Falles steht die Klägerin, geboren 1975, die im Jahr 2004 eine Muskelvenenthrombose erlitt. Daraufhin wurde ihr das Blutverdünnungsmittel Marcumar verordnet, ursprünglich für einen Zeitraum von sechs Monaten. Die Klägerin, die sich zuerst wegen einer Medikamentenunverträglichkeit in Behandlung befand, wurde ab Ende September 2004 vom Beklagten, einem Arzt, behandelt. Er übernahm die Kontrolle der Quick-Werte der Klägerin und setzte die Marcumar-Therapie fort, obwohl die Klägerin im März 2005 anfragte, ob das Medikament gemäß dem ursprünglichen Therapievorschlag abgesetzt werden sollte.

Kritische Wende in der Behandlung und ihre Folgen

Im Mai 2005 wurden erhöhte Leberwerte bei der Klägerin festgestellt, was jedoch nicht zu einer Anpassung der Therapie führte. Der Beklagte diagnostizierte später eine Magenschleimhautentzündung, obwohl die Symptome der Klägerin auf eine schwerere Erkrankung hinwiesen. Diese Fehleinschätzung erwies sich als kritisch, da die Klägerin im Sommer 2005 weitere Gesundheitsprobleme entwickelte. Eine externe Untersuchung führte zur Diagnose von nekrotisierenden Leberzellveränderungen und mündete in einer Lebertransplantation sowie weiteren medizinischen Maßnahmen, einschließlich einer längeren Rehabilitationsphase.

Juristische Auseinandersetzung und Urteilsbegründung

Die Klägerin erhob Schadenersatz- und Schmerzensgeldansprüche gegen den Beklagten, da sie die Fortsetzung der Marcumar-Therapie über die initialen sechs Monate hinaus und die mangelnde Überwachung ihrer Leberwerte als medizinisch fehlerhaft ansah. Das Landgericht Düsseldorf gab der Klägerin in wesentlichen Punkten Recht. Die ärztliche Behandlung durch den Beklagten wurde als teilweise grob fehlerhaft eingestuft, insbesondere die Entscheidung, die Marcumar-Therapie trotz der erhöhten Leberwerte fortzusetzen. Gutachten bestätigten, dass eine adäquate Diagnostik und eine sorgfältigere Beurteilung der Symptome wahrscheinlich die schwerwiegenden gesundheitlichen Folgen für die Klägerin verhindert hätten.

Konsequenzen und Entschädigung für die Klägerin

Das Gericht verurteilte den Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 40.000 Euro und eines Schadenersatzes für den Haushaltsführungsschaden der Klägerin in Höhe von 5.822,40 Euro. Zudem wurde festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Behandlungsfehler resultieren, zu ersetzen. Die Entscheidung berücksichtigt die gravierenden und irreversiblen Gesundheitsschäden der Klägerin, einschließlich der Notwendigkeit einer Lebertransplantation und der langwierigen Rehabilitationsmaßnahmen.

Fazit: Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf stellt einen bedeutenden Fall im Bereich der Arzthaftung dar, in dem die medizinische Sorgfaltspflicht und die Folgen ihrer Missachtung klar aufgezeigt werden. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer sorgfältigen medizinischen Überwachung und Anpassung der Behandlungsstrategien bei Langzeittherapien, insbesondere bei potenten Medikamenten wie Marcumar.

Der Urteilstext des Urteils kann weiter unten nachgelesen werden.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was beinhaltet die ärztliche Sorgfaltspflicht im medizinischen Behandlungsvertrag nach deutschem Recht?

Die ärztliche Sorgfaltspflicht im medizinischen Behandlungsvertrag nach deutschem Recht umfasst mehrere Aspekte.

Zunächst schuldet der Arzt dem Patienten eine fachgerechte Behandlung, die auf dem Ziel der Heilung oder Linderung von Krankheiten basiert. Diese Behandlung muss den aktuellen medizinischen Standards entsprechen und die erforderlichen Sorgfaltspflichten einhalten.

Zu den Pflichten des Arztes gehören auch die Informations- und Aufklärungspflicht, das Einwilligungsgebot und die Dokumentationspflicht. Der Arzt muss den Patienten über die geplante Behandlung und alle damit verbundenen Schritte informieren, damit der Patient eine informierte Entscheidung treffen kann.

Darüber hinaus hat der Arzt eine Verschwiegenheitspflicht, die auch nach dem Tod des Patienten gilt. Diese Pflicht bedeutet, dass der Arzt Informationen, die ihm der Patient anvertraut hat, nicht an Dritte weitergeben darf, es sei denn, der Patient wünscht dies, es gibt eine gerichtliche Anordnung oder bestimmte gesetzliche Rahmenbedingungen verlangen dies.

Ein weiterer wichtiger Aspekt der ärztlichen Sorgfaltspflicht ist die Pflicht zur Fortbildung. Da der Arzt seinen Patienten eine Behandlung nach dem aktuellen Stand des medizinischen Wissens schuldet, muss er regelmäßige Fortbildungen in seinem Fachgebiet absolvieren und Fachliteratur lesen.

Verletzt der Arzt seine Sorgfaltspflichten und entsteht dem Patienten dadurch ein Schaden, kann der Patient Schadensersatz und Schmerzensgeld fordern. Der Anspruch kann aus dem Behandlungsvertrag, aber auch aus unerlaubter Handlung folgen.

Es ist zu erwähnen, dass der Arzt nicht für einen bestimmten Behandlungserfolg haftet. Er ist lediglich verpflichtet, eine Behandlung entsprechend dem Stand der medizinischen Erkenntnisse durchzuführen.

In welchen Fällen kann eine Langzeittherapie mit Marcumar rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen?

Eine Langzeittherapie mit Marcumar kann rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, wenn ärztliche Sorgfaltspflichten verletzt werden. Zu diesen Pflichten gehören regelmäßige Überwachungen und Kontrollen der Gerinnungswerte, insbesondere der INR-Werte, um eine angemessene Dosierung sicherzustellen und Blutungskomplikationen oder Thromboembolien zu vermeiden. Bei Schwangeren ist die Anwendung von Marcumar kontraindiziert, da es teratogene und embryotoxische Effekte haben kann.

Rechtliche Konsequenzen können sich ergeben, wenn Ärzte die erforderliche Aufklärung über Risiken und Nebenwirkungen der Marcumar-Therapie unterlassen. Dies beinhaltet auch die Sicherungsaufklärung über notwendige Verhaltensweisen und die Risikoaufklärung über typische, schwerwiegende unerwünschte Risiken. Eine unzureichende Aufklärung kann zu Schadensersatzansprüchen führen, wenn der Patient durch die fehlende Information Schaden erleidet.

Fehlerhafte Dosierungen oder das Unterlassen von notwendigen Kontrolluntersuchungen können ebenfalls zu rechtlichen Konsequenzen führen, insbesondere wenn dadurch Patienten zu Schaden kommen. In einem Fall wurde ein Hausarzt zu Schmerzensgeld verurteilt, weil er die Marcumar-Therapie über einen nicht indizierten Zeitraum fortgeführt und Kontrolluntersuchungen unzureichend durchgeführt hatte, was zu einer Lebertransplantation führte.

Des Weiteren kann eine fehlerhafte Behandlung mit Marcumar, wie das Unterlassen einer indizierten Arzneimitteltherapie oder eine falsche Dosierung, zu medizinrechtlichen Konsequenzen führen. Bei unterlassener Thrombose-Prophylaxe trotz bekannter Risikofaktoren kann ein Arzt zum Schadensersatz verpflichtet sein.

Zusammenfassend können rechtliche Konsequenzen aus einer Langzeittherapie mit Marcumar resultieren, wenn ärztliche Sorgfaltspflichten wie regelmäßige Kontrollen, korrekte Dosierung, adäquate Patientenaufklärung und -überwachung nicht eingehalten werden und dadurch dem Patienten ein Schaden entsteht.

Wie wird eine irreparable Leberschädigung im medizinrechtlichen Kontext definiert und juristisch behandelt?

Eine irreparable Leberschädigung wird im medizinischen Kontext als eine nicht rückbildungsfähige, fortschreitende Lebererkrankung definiert, die das Leben des Patienten gefährdet. Wenn irreversible Schäden an der Leber aufgetreten sind, bleibt eine Lebertransplantation oft die letzte lebensrettende Maßnahme.

Im medizinrechtlichen Kontext wird die Behandlung einer irreparablen Leberschädigung durch verschiedene Faktoren bestimmt. Einer davon ist die Einhaltung der ärztlichen Sorgfaltspflicht, einschließlich der Aufklärungspflicht des Arztes gegenüber dem Patienten. Die Verletzung dieser Aufklärungspflicht kann dazu führen, dass die rechtlich notwendige Einwilligung des Patienten für Eingriffe in seine körperliche Unversehrtheit unwirksam ist.

Darüber hinaus kann die Frage, ob eine Leberschädigung die gesundheitliche Folge einer oder mehrerer Berufskrankheiten ist, zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen.

In Fällen, in denen eine Lebertransplantation erforderlich ist, müssen die Richtlinien für die Wartelistenführung und Organvermittlung eingehalten werden. Ein Verstoß gegen diese Richtlinien kann rechtliche Konsequenzen haben.

Es ist auch zu beachten, dass die Behandlung von Patienten mit irreparabler Leberschädigung multidisziplinär sein sollte, wobei Spezialisten aus verschiedenen Fachbereichen gemeinsam über die beste Behandlungsstrategie entscheiden.

Die rechtliche Behandlung von Fällen irreparabler Leberschädigung kann komplex sein und erfordert eine sorgfältige Berücksichtigung der medizinischen Fakten, der geltenden rechtlichen Normen und der individuellen Umstände des Patienten.


Das vorliegende Urteil

LG Düsseldorf – Az.: 3 O 369/07 – Urteil vom 12.12.2014

Der Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin einen Schmerzensgeldbetrag in Höhe von 40.000,00 EUR zu zahlen.

Der Beklagte wird ferner verurteilt, an die Klägerin einen Betrag von 5.822,40 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2007 zu zahlen.

Es wird festgestellt, dass der Beklagte verpflichtet ist, der Klägerin alle weiteren materiellen und am 12. Dezember 2014 noch nicht vorhersehbare immateriellen Schäden, die aus dem Behandlungsfehler anlässlich der ärztlichen Behandlung der Klägerin durch den Beklagten in der Zeit vom September 2004 bis zum 29. Juli 2005 noch entstehen werden, zu ersetzen, soweit die Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind.

Der Beklagten wird außerdem verurteilt, an die Klägerin außergerichtliche Rechtsverfolgungskosten in Höhe von 1.641,96 EUR zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits haben der Beklagte zu 70 % und die Klägerin zu 30 % zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags.

Tatbestand

Die Klägerin nimmt den Beklagten aus ärztlichem Behandlungsvertrag auf Schmerzensgeld, Schadensersatz (Haushaltsführungsschaden) sowie Erstattung außergerichtlicher Rechtsverfolgungskosten in Anspruch. Darüber hinaus begehrt sie die Feststellung einer weitergehenden Ersatzpflicht des Beklagten für infolge der vermeintlich fehlerhaften Behandlung künftig entstehende Schäden.

Die im Jahr 1975 geborene Klägerin erlitt im Jahr 2004 eine Muskelvenenthrombose in der Wade des rechten Beines. Ihr wurde das Medikament Marcumar zunächst für einen Zeitraum von sechs Monaten verordnet. Am 05. März 2004 stellte sich die Klägerin erstmals auf eine Überweisung der Universitätsklinik Düsseldorf wegen einer Medikamentenunverträglichkeit mit anderen blutverdünnenden Mitteln bei dem Beklagten vor. Ende September 2004 übernahm der Beklagte die Behandlung der Klägerin. Er kontrollierte regelmäßig die Quick-Werte. Im März 2005 sprach die Klägerin ihn darauf an, ob nun dem Therapievorschlag der Vorbehandler entsprechend das Medikament Marcumar abgesetzt werden solle. Der Beklagte empfahl die Fortsetzung der Marcumar-Therapie bis zum Sommer desselben Jahres.

Im Mai 2005 stellte der Beklagte erhöhte Leberwerte bei der Klägerin fest. Der Verdacht auf Hepatitis oder eine Viruserkrankung bestätigte sich nicht. Am 29. Juni 2005 klagte die Klägerin gegenüber dem Beklagten über Schlappheit, Übelkeit und Müdigkeit. Der Beklagte diagnostizierte eine Magenschleimhautentzündung. Am 11. Juli 2005 äußerte die Beklagte dann Beschwerden in Form von Brechreiz, Völlegefühl und Sodbrennen. Die erhöhten Leberwerte sanken am 18. Juli 2005 wieder ab, stiegen jedoch ab dem 22. Juli 2005 wieder an. Letztmalig stellte die Klägerin sich am 29. Juli 2005 bei dem Beklagten vor.

Am 16. August 2005 ließ die Klägerin sich auf einer Geschäftsreise im August von Dr. Q in Winnenden behandeln, weil eine Besserung des Gesundheitszustandes nicht eingetreten war. Das Ergebnis einer durchgeführten Blutentnahme zeigte am 17. August 2005 erhöhte Laborwerte. Am 18. August 2005 wurde die Klägerin in das in eingewiesen, wo die Marcumar-Therapie beendet wurde. Die dort durchgeführte histologische Untersuchung ergab den Befund nekrotisierender Leberzellveränderungen. Es folgte am 17. September 2005 eine Verlegung der Klägerin in die Universitätsklinik Essen, in dem zunächst eine konservative Behandlung eines subakuten Leberversagens und schließlich eine Lebertransplantation durchgeführt wurde. Durch Nachblutungen wurde eine Revisionsoperation und zur Vermeidung einer Abstoßung eine Cortisonbehandlung erforderlich. Die Klägerin befand sich in der Zeit vom 18. August 2005 bis zum 28. Oktober 2005 durchgehend in stationärer Behandlung. Dem schloss sich vom 31. Oktober 2005 bis zum 21. November 2011 eine Rehabilitationsbehandlung an.

Mit Schreiben ihrer Prozessbevollmächtigten vom 18. November 2007 machte die Klägerin ihre Ansprüche gegenüber dem Beklagten in Höhe von 49.067,02 Euro außergerichtlich geltend und forderte ihn zur Zahlung auf, die jedoch ausblieb. Die Kosten hierfür, die sie nach einem Gegenstandswert von 49.067,02 unter Zugrundelegung einer 1,3-Gebühr und zuzüglich Auslagenpauschale und Umsatzsteuer berechnet, verlangt die Klägerin mit ihrem Antrag zu Ziffer 4.

Die Klägerin behauptet, ihre Behandlung durch den Beklagten sei medizinisch vorwerfbar fehlerhaft gewesen. Der Beklagte habe die Marcumar-Therapie nicht länger als sechs Monate, jedenfalls nicht über einen Zeitraum von zwölf Monaten hinaus fortsetzen dürfen. Die Behandlung hätte am 11. Juli 2005 auf die erstmalige Verschlechterung der Leberwerte hin unmittelbar unterbrochen werden müssen.

Darüber hinaus wäre es wegen der Fortsetzung der Marcumar-Therapie medizinisch geboten und erforderlich gewesen, neben den Quick-Werten auch die Leberwerte der Klägerin regelmäßig zu kontrollieren.

Die Versäumnisse des Beklagten hätten zu einem irreparablen Leberschaden geführt, einer vollständigen Leberzirrhose mit Gallengangsproliferation, die letztendlich eine am 30. September 2005 erfolgte Transplantation erforderlich gemacht habe. Weitere Lebertransplantationen könnten künftig notwendig werden. In der Zeit vom 18. August 2005 bis zum 28. Oktober 2005 habe sich in stationärer Behandlung und danach in der Zeit vom 31. Oktober 2005 bis zum 21. November 2005 in einer Reha-Klinik befunden. Während des Krankheitsverlaufs sei sie nicht in der Lage gewesen, ihren Anteil an der Führung des 2-Personen-Haushalt wahrzunehmen. Für die Haushaltsführung, die von der Klägerin und ihrem Ehemann gemeinsam bewältigt werde, sei ein Zeitaufwand von 38,03 Stunden je Woche zu veranschlagen. Dabei entfiele auf die Klägerin ein Anteil von 23 Stunden. Darüber hinaus sei sie auch im weiteren Verlauf ihrer Erkrankung in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt und daher nicht zu einer Haushaltsführung mit voller Kraft in der Lage gewesen. Wegen der Einzelheiten hierzu, insbesondere der Angaben zu den Zeiten und prozentualen Anteilen einer Haushaltsführung wird auf die Ausführungen in der Klageschrift verwiesen.

Die Klägerin beantragt,

1. den Beklagten zu verurteilen, an sie 11.867,02 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 20.11.2007 zu zahlen;

2. den Beklagten zu verurteilen, an sie ein angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen, welches einen Betrag von 30.000,00 EUR nicht unterschreiten sollte;

3. festzustellen, dass der Beklagte verpflichtet ist, ihr alle weiteren materiellen und immateriellen Schäden, die aus dem Behandlungsfehler anlässlich der ärztlichen Behandlung der Klägerin entstehen, zu ersetzen, soweit die Schadenersatzansprüche der Klägerin nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergegangen sind;

4. den Beklagten zu verpflichten, an sie 1.641,96 EUR außergerichtliche Kosten zu zahlen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Er behauptet, die Behandlung der Klägerin habe den Regeln der ärztlichen Heilkunst entsprochen. Das Medikament Marcumar sei für eine dauerhafte, sogar bis zu lebenslange Therapie geeignet und die Klägerin habe andere Medikamente gleicher Wirkung nicht vertragen. Das Absetzen des Medikaments hätte die Gefahr eines Rezidivs der Beinvenenthrombose und einer Embolie mit sich gebracht. Wegen der unklaren Ursache der Beinvenenthrombose sei die Fortsetzung der Marcumar-Therapie über sechs Monate hinaus indiziert gewesen.

Am 29. Juni 2005 habe die Klägerin keine Anzeichen für eine Lebererkrankung gezeigt, wie es etwa bei einer Gelbfärbung der Haut der Fall gewesen wäre. Die letztlich eingetretenen Folgen seien als schicksalhaft zu bewerten bzw. auf Vorerkrankungen der Klägerin zurückzuführen. Sie habe sich bereits mit einer schwer vorgeschädigten Leber bei dem Beklagten vorgestellt. Die Klägerin habe zudem weitere Medikamente eingenommen.

Aufgrund der Beweisbeschlüsse der Kammer vom 19. Juni 2008 und 15. März 2010 hat der gerichtlich bestellte Sachverständige C2 zwei schriftliche angiologische Gutachten vom 22. Oktober 2009 und 03. Januar 2011 erstellt. Der Sachverständige ist hierzu am 12. März 2012 mündlich angehört worden. Der weitere gerichtlich bestellte Sachverständige L hat aufgrund des Beweisbeschlusses der Kammer vom 08. Mai 2012 sein gastroenterologisches Gutachten vom 17. April 2013 erstellt, zu dem er am 27. Oktober 2014 mündlich angehört worden ist.

Die Parteien haben sich mit einer Entscheidung im Wege des schriftlichen Verfahrens in der Sitzung vom 27. Oktober 2014 für einverstanden erklärt.

Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die von den Prozessbevollmächtigten der Parteien zur Akte gereichten Schriftsätze nebst Anlagen, wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme auf die schriftlichen Sachverständigengutachten (Bl. 97 ff GA, Bl. 187 ff GA und Bl. 312 ff GA) sowie auf die Sitzungsniederschriften vom 12. März 2012 (Bl. 245 ff GA) und 27. Oktober 2014 (Bl. 392 ff GA) verwiesen.

Entscheidungsgründe

I.

Die Klage ist zulässig und überwiegend begründet. Die Klägerin stehen die geltend gemachten Ansprüche gegen den Beklagten in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang wegen der – teilweise – grob fehlerhaften ärztlicher Behandlung im Zeitraum vom September 2004 bis zum 29. Juli 2005, §§ 253, 280, 611, 823 BGB. Aufgrund des unstreitigen Sachverhalts sowie des Ergebnisses der durchgeführten Beweisaufnahme ergibt sich, dass die Behandlung der Klägerin nicht in allen Punkten lege artis erfolgte und durch diese die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Klägerin verursacht wurden. Deshalb ist auch der diesbezügliche Feststellungsantrag zulässig und begründet.

Es war insbesondere nicht sachgerecht und widersprach dem medizinischen Fachstandard in grob fehlerhafter Weise, dass der Beklagte die Marcumar-Therapie nicht abbrach, als er bei der Klägerin am 11. Juli 2005 erhöhte Leberwerte feststellte.

Die Kammer stützt sich insoweit auf die überzeugenden gutachterlichen Feststellungen der gerichtlich bestellten Sachverständigen Dr. C2 und Prof. Dr. L. Der Sachverständige Dr. C2 hat ausgeführt, dass die Empfehlung der Universitätsklinik Düsseldorf, eine Behandlung der Klägerin mit Marcumar über sechs Monate hinaus vorzunehmen, nicht zu beanstanden ist, weil die zum Behandlungszeitpunkt gültigen Empfehlungen eine solche Behandlung einer Thrombose ohne auslösendes Erstereignis über sechs bis zwölf Monate erlauben. Dabei beträgt die normale Behandlungsdauer bei einem Erstereignis sechs Monate. Eine Marcumarisierung über sechs Monate hinaus ist aus sachverständiger Sicht nur in Einzelfällen vertretbar und bedarf einer zu begründenden, individuellen Abwägung von Nutzen und Risiko der Behandlung, die auch mit dem jeweiligen Patienten zu besprechen ist.

In dem hier streitgegenständlichen Fall lagen Argumente für die Fortführung der Marcumar-Therapie über diese sechs Monate hinaus aber nicht vor oder wurden jedenfalls nicht ermittelt. Ein mögliches Argument hätte beispielsweise in einer genetischen Veranlagung zur Thrombophilie gefunden werden können. Eine entsprechende Diagnostik wurde jedoch nicht veranlasst. Die durchgeführten Bestimmungen von Protein C und Protein S waren für diese Diagnostik nicht geeignet, weil die Untersuchung unter laufender Marcumar-Therapie durchgeführt wurde und die Werte hierdurch erniedrigt und nicht aussagekräftig waren. Ebenso wenig wurde eine Duplexsonografie oder Phlebografie veranlasst, die Gründe für eine Fortsetzung der Marcumar-Therapie hätten bieten können. Insgesamt ist auch aus sachverständiger Sicht eine adäquate Ursachenforschung aus den Behandlungsunterlagen nicht zu erkennen.

Der Beklagte hat es zudem während der Fortsetzung der Marcumar-Therapie entgegen der Fachinformation für Marcumar unterlassen, regelmäßige Leberfunktionsprüfungen durchzuführen. Diese waren jedoch medizinisch erforderlich, weil im Fall einer Langzeittherapie mit Marcumar in seltenen Fällen Leberparenchymschäden auftreten können. Bis zur Vorstellung der Klägerin am 11. Juli 2005 wurden solche Leberfunktionsprüfungen jedoch nicht durchgeführt, obgleich schon zuvor über die Fachinformation hinausgehend konkreter Anlass hierzu bestand. Der Sachverständige hat insofern festgestellt, dass die Symptome, über die die Klägerin bereits am 29. Juni 2005 berichtete, nicht typisch für die diagnostizierte Magenschleimhautentzündung, sondern bereits eher mit einer Leberschädigung vereinbar waren. Die am 11. Juli 2005 von der Klägerin beschriebenen Symptome deuteten auf eine schwere Leber-Parenchym-Erkrankung hin. Hierauf hätte – entsprechend der Fachinformation für Marcumar – das Medikament sofort abgesetzt werden müssen. Bei der Weiterbehandlung nach dem 11. Juli 2005 handelt es sich um einen Fehler, der einem Arzt schlechterdings nicht unterlaufen lassen.

Diese Feststellungen des Sachverständigen Dr. C2 hat der Sachverständige Prof. Dr. L ausdrücklich uneingeschränkt bestätigt.

Dem Beklagten ist es nicht gelungen, die Vermutung der Ursächlichkeit des groben Behandlungsfehlers für die gesundheitlichen Folgen der Klägerin zu entkräften. Der weitere gerichtlich bestellte Sachverständige Prof. Dr. L hat in seinem gastroenterologischen Gutachten und im Rahmen seiner mündlichen Anhörung vor der Berichterstatterin als beauftragte Richterin festgestellt, dass Vorschäden der Leber als Ursache der eingetretenen gesundheitlichen Folgen nicht feststellbar sind, weil für solche keine Anhaltspunkte bestehen. Dabei hat er die verschiedenen Varianten möglicher Leberschäden umfassend diskutiert und ausgeschlossen. Neben Adipositas und Diabetes hat er auch die Ursächlichkeit anderer Medikamente ausgeschlossen und ausdrücklich festgestellt, dass Marcumar als einziges auslösendes Medikament in Frage kommt und es wörtlich „sehr wahrscheinlich“ ist, dass das subakute Leberversagen durch die Marcumar-Therapie induziert wurde in eine rasch progrediente Leberzirrhose überging. Der zeitliche Verlauf bis hin zur Entwicklung einer Leberzirrhose entspricht aus sachverständiger Sicht, die er im Rahmen seiner Anhörung mit aktueller Literatur zu Untersuchungen untermauert hat, einem denkbaren Verlauf.

Der Sachverständige Dr. C2 hat in seiner mündlichen Anhörung darüber hinaus insbesondere überzeugend erläutert, dass auch die Besserung der Leberwerte zwischen dem 11. Juli 2007 und dem 28. Juli 2007 einer Ursächlichkeit der fortgesetzten Marcumar-Therapie für die Leberschäden der Klägerin nicht entgegensteht. Sie ist mit einem Zugrundgehen der Stoffwechselleistung der Leber erklärbar, bei der die zu messenden Enzyme nicht mehr in ausreichender Menge produziert werden.

Schließlich hat Prof. Dr. L darüber hinaus auch erläutert, dass bei zeitgerechter Reaktion auf die erhöhten Leberwerte die Leber wohl hätte erhalten werden können, da Leberschädigungen bis zu einem fortgeschrittenen Stadium jedenfalls so weit reversibel sind, dass es nicht zu einem Leberversagen kommt. Bis zum Frühsommer des Jahres 2005 war es bei der Klägerin noch nicht zu einem Ausfall von Leberfunktionen gekommen, woraus sich schließen lässt, dass die Leberzellen durch die toxischen Einwirkungen bereits irritiert, aber noch nicht zerstört waren.

Aufgrund der eingetretenen irreversiblen Gesundheitsbeeinträchtigungen der Klägerin, die durch die streitgegenständliche Behandlung einen Verlust der Leber mit der Folge einer Lebertransplantation erlitt, hält die Kammer ein Schmerzensgeld von 40.000,00 Euro für angemessen. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes hat die Kammer auch bewertet, dass die Klägerin sich möglicherweise weiteren Lebertransplantationen wird unterziehen müssen.

Den der Klägerin zu ersetzenden Haushaltsführungsschaden schätzt die Kammer gemäß § 287 ZPO auf 5.822,40 Euro. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass die Klägerin in der Zeit des stationären Klinikaufenthalts sowie des Aufenthalts in der Reha-Klinik ihren Anteil der Führung ihres 2-Personen-Haushalts nicht wahrnehmen konnte. Diesbezüglich hält die Kammer jedoch einen Zeitaufwand von 14 Stunden je Woche zu einem Stundensatz von 8,00 Euro für erforderlich und angemessen, aber auch ausreichend. Der Haushaltsaufwand war während der Haushaltsabwesenheiten der Klägerin reduziert, den Anteil der Tätigkeiten, die die Klägerin für ihren Ehemann wahrnahm, konnte jedoch vollständig nicht erfüllt werden. Für das Jahr 2005 ergibt sich danach für den Krankenhausaufenthalt der Klägerin vom 18. August bis zum 28. Oktober ein Betrag von 1.120,00 Euro, für die Zeit der Abwesenheit aufgrund des Aufenthalts in der Reha-Klinik vom 31. Oktober bis zum 21. November ein Betrag von 336,00 Euro.

Soweit die Klägerin den Ersatz weiterer Haushaltsführungsschäden wegen Einschränkungen der Bewegungsfreiheit in den vorgenannten Jahren begehrt, hält die Kammer angesichts der eingetretenen Schäden und Behandlungsschritte eine nur schrittweise Konvaleszenz in der von der Klägerin ausgeführten Entwicklung für nachvollziehbar.

Hieraus ergibt sich für die Zeiten am 29. und 30. Oktober 2005 sowie vom 22. November 2005 bis zum 31. Dezember 2005 unter Zugrundelegung einer Einschränkung in Höhe von 80 % ein Haushaltsführungsschaden in Höhe von 537,60 Euro.

Für das Jahr 2006 berechnet sich, ebenfalls auf der Grundlage einer Einschränkung von 80 %, für die Zeiten vom 01. Januar bis 10. Januar, 15. Januar bis 19. Januar sowie für die Zeit vom 24. Februar bis zum 03. März ein Betrag von 294,40 Euro.

Ab dem 30. März 2006 hält die Kammer die Einschränkungen der Klägerin in Höhe von 60 % für nachvollziehbar. Für den Zeitraum bis zum 02. Mai sowie für die Zeiträume zwischen dem 12. Mai und 30. Mai sowie dem 10. Juni und 11. Juni errechnet sich daher ein Betrag von 528,00 Euro.

Für die Zeit vom 24. Juni bis zum 01. August 2006 hält die Kammer die Annahme einer Einschränkung von noch 40 % für gerechtfertigt, woraus sich ein Betrag von 249,60 Euro ergibt. Schließlich bewertet sie die Einschränkungen der Klägerin in der Zeit vom 06. August bis zum 15. Oktober und vom 20. Oktober bis zum 05. Dezember 2006 mit 20 %, also einem Betrag von 377,60 Euro und in der Zeit vom 10. Dezember bis zum 31. Dezember mit 10 %, woraus ein Betrag von 35,20 Euro folgt.

Für die krankheitsbedingten Krankenhausaufenthalte im Jahr 2006 ergibt sich ein Betrag von 1680,00 Euro.

Für das Jahr 2007 ergibt sich aufgrund der Krankenhausaufenthalte zwischen dem 07. März und 09. März, dem 02. April und 05. April sowie in der Zeit vom 02. Juli bis zum 04. Juli und 04. Oktober bis zum 06. Oktober nach den vorstehenden Berechnungsgrundlagen ein Betrag von 208,00 Euro.

Auch die von der Klägerin vorgetragenen Gefühle von Schlappheit und Müdigkeit nach den Krankenhausaufenthalten im Jahr 2007 sind nachvollziehbar und rechtfertigen die Annahme einer Einschränkung in Höhe von 10 % über weite Strecken des Jahres 2007. Unter Zugrundelegung der angegebenen 285 Tage errechnet sich ein Betrag von 456,00 Euro.

Der Zinsanspruch folgt aus §§ 288, 291 BGB.

II.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 709 ZPO.

III.

Der Streitwert wird auf bis zu 76.867,02 Euro festgesetzt.

 

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