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Überzeugungskraft eines Sachverständigengutachtens im Gerichtsverfahren und Gutachterverfahren

Arzthaftung bestätigt: 25.000 € Schmerzensgeld nach fehlerhaftem Schwangerschaftsabbruch

Das Oberlandesgericht Köln hat in seinem Urteil vom 08.06.2015, Az.: 5 U 128/14, die Berufung der Beklagten zurückgewiesen und die Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt, wonach den Beklagten aufgrund von Behandlungsfehlern bei einem Schwangerschaftsabbruch ein Schmerzensgeld in Höhe von 25.000 EUR zu zahlen ist. Die fehlerhaften Handlungen führten zur Perforation der Gebärmutter und zum Abriss des Harnleiters, was letztlich die Entfernung einer Niere notwendig machte. Das Gericht stützte seine Entscheidung auf die überzeugende Bewertung des eingeholten Sachverständigengutachtens.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 5 U 128/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

  1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Landgerichts Köln wurde abgewiesen; das Schmerzensgeld von 25.000 EUR wurde bestätigt.
  2. Behandlungsfehler bei einem Schwangerschaftsabbruch führten zur schweren Verletzung der Klägerin, inklusive der Entfernung einer Niere.
  3. Das Gericht bewertete das gynäkologische Gutachten als überzeugend, welches die Behandlungsfehler und deren Folgen für die Klägerin darlegte.

Medizinische Behandlungsfehler – Wieviel Gewicht hat ein Gutachten?

Niemand möchte Opfer eines medizinischen Behandlungsfehlers werden. Dennoch kommt es in der Gesundheitsversorgung immer wieder vor, dass Patienten aufgrund von Fehlern bei Diagnose oder Therapie zu Schaden kommen. In solchen Fällen ist häufig ein Gutachten zur Klärung des Sachverhalts erforderlich.

Doch wieviel Beweiskraft hat ein solches Gutachten vor Gericht? Welchen Stellenwert besitzt das Urteil eines medizinischen Sachverständigen? Dies hängt von verschiedenen Faktoren ab. Grundsätzlich sind Gerichte bei ihrer Entscheidungsfindung zwar nicht an Gutachten gebunden, deren Überzeugungskraft spielt jedoch eine wichtige Rolle.

Rechtssicherheit im Medizinrecht: Urteil zu Schmerzensgeld bei ärztlichen Komplikationen

Der Weg zu Gerechtigkeit: Ein Schmerzensgeldprozess im Detail

Im Herzen des Falles stand eine Frau, die sich während einer schwierigen Zeit ihres Lebens an ein Krankenhaus wandte. Während einer Zwillingsschwangerschaft wurde bei einem der Föten eine schwerwiegende Fehlbildung festgestellt. Die Entscheidung für einen operativen Schwangerschaftsabbruch führte zu unerwarteten und tragischen Komplikationen. Die Operation, durchgeführt im Krankenhaus der Beklagten, resultierte in einer Perforation der Gebärmutter sowie dem Abriss des Harnleiters, verbunden mit dem Verlust der rechten Niere der Klägerin. Diese dramatischen Ereignisse führten zu einer rechtlichen Auseinandersetzung, in deren Zentrum die Frage nach der angemessenen Aufklärung und der Sorgfaltspflicht der Ärzte stand.

Expertise auf dem Prüfstand: Die Rolle des Sachverständigengutachtens

Die rechtliche Herausforderung in diesem Fall lag in der Bewertung des ärztlichen Handelns und der daraus resultierenden Folgen für die Klägerin. Die Klägerin machte geltend, dass eine intraoperative Ultraschalluntersuchung hätte durchgeführt werden müssen, um die Risiken besser einschätzen zu können. Ferner kritisierte sie, nicht ausreichend über die möglichen schwerwiegenden Konsequenzen des Eingriffs aufgeklärt worden zu sein. Zur Klärung dieser komplexen medizinischen und rechtlichen Fragen zog das Landgericht ein gynäkologisches Gutachten heran, das eine zentrale Rolle im weiteren Verlauf des Verfahrens spielte.

Die Entscheidung des Gerichts: Schmerzensgeld und Verantwortung

Das Landgericht verurteilte die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000 EUR und bestätigte damit die Verantwortung der Ärzte für die entstandenen gesundheitlichen Schäden. Die Entscheidung beruhte maßgeblich auf der Bewertung der Expertise des Sachverständigen, der zu dem Schluss kam, dass die angewendete manuelle Gewalt während der Operation nicht gerechtfertigt war. Die ruckartigen Bewegungen, dokumentiert im Operationsbericht, wurden als ursächlich für den Abriss des Harnleiters und den Verlust der Niere betrachtet. Dieses Urteil spiegelte die Schwere der erlittenen physischen und psychischen Leiden wider.

Berufung und Bestätigung: Der rechtliche Diskurs

Die Beklagten legten Berufung ein, argumentierten jedoch vergeblich gegen die Beweisführung und die Schlussfolgerungen des Erstgerichts. Das Oberlandesgericht Köln wies die Berufung zurück und bestätigte das erstinstanzliche Urteil, indem es die Überzeugungskraft des Sachverständigengutachtens und die darin enthaltenen Feststellungen hervorhob. Diese Entscheidung unterstreicht die Bedeutung sorgfältiger ärztlicher Aufklärung und die Verantwortung der Mediziner, potenzielle Risiken im Vorfeld eines Eingriffs angemessen zu bewerten und zu kommunizieren.

In einem komplexen medizinrechtlichen Fall wurde ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR für angemessen befunden, um die schweren gesundheitlichen und emotionalen Schäden der Klägerin zu kompensieren. Die Entscheidungen beider Instanzen betonen die kritische Rolle von Sachverständigengutachten in der Rechtsprechung und die unerlässliche Notwendigkeit einer umfassenden Patientenaufklärung.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Wie beeinflusst die Überzeugungskraft eines Gutachtens den Ausgang eines Verfahrens?

Die Überzeugungskraft eines Gutachtens kann einen erheblichen Einfluss auf den Ausgang eines Verfahrens haben. Ein Gutachten dient im gerichtlichen Verfahren als Beweismittel und soll dem Gericht fehlende Sachkunde vermitteln. Die Qualität und Überzeugungskraft eines Gutachtens hängen von verschiedenen Faktoren ab, wie der Vollständigkeit, Nachvollziehbarkeit, Schlüssigkeit und der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen.

Ein Gericht ist grundsätzlich nicht an ein Gutachten gebunden und muss die Erkenntnisse des Gutachters kritisch überprüfen. Es hat im Rahmen der freien Beweiswürdigung eine eigene Überzeugung zu bilden und kann, wenn notwendig, ein weiteres Gutachten einholen. Die Beweiswürdigung durch das Gericht ist ein zentraler Aspekt, da das Gericht von dem Ergebnis des Sachverständigengutachtens nur abweichen darf, wenn es den Sachverständigen zuvor zur Erläuterung seines Gutachtens geladen oder zur Fertigung eines Ergänzungsgutachtens aufgefordert hat.

Die Überzeugungskraft eines Gutachtens wird auch durch seine formale und inhaltliche Gestaltung beeinflusst. Ein gut strukturiertes und verständlich formuliertes Gutachten kann seine Überzeugungskraft steigern. Zudem ist die Unabhängigkeit und Weisungsfreiheit des Sachverständigen von Bedeutung, um die Objektivität und Glaubwürdigkeit des Gutachtens zu gewährleisten.

In Fällen, in denen mehrere Privatgutachten vorliegen, die sich in wesentlichen Punkten widersprechen, darf das Gericht nicht einem Privatgutachten folgen, sondern muss ein gerichtliches Gutachten einholen. Ein gerichtlich bestellter Sachverständiger, der schuldhaft ein unrichtiges Gutachten abgibt, kann den Prozessparteien gegenüber haftbar gemacht werden.

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die Überzeugungskraft eines Gutachtens durch seine Qualität, die fachliche Kompetenz des Sachverständigen und die Unabhängigkeit des Gutachters bestimmt wird. Ein überzeugendes Gutachten kann die Entscheidungsfindung des Gerichts maßgeblich beeinflussen, wobei das Gericht letztlich eine eigene Überzeugung bilden und das Gutachten kritisch würdigen muss.

Welche Rolle spielen medizinische Gutachten in Arzthaftungsprozessen?

Medizinische Gutachten spielen in Arzthaftungsprozessen eine zentrale Rolle, da sie oft entscheidend für den Nachweis eines Behandlungsfehlers sind. In einem solchen Prozess geht es darum, ob ein Arzt oder Krankenhaus die erforderliche Sorgfaltspflicht verletzt hat und ob diese Verletzung zu einem Schaden beim Patienten geführt hat.

Die Gutachten werden von medizinischen Sachverständigen erstellt, die das Gericht mit ihrer Expertise unterstützen, da den Richtern in der Regel die medizinische Fachkompetenz fehlt, um komplexe medizinische Sachverhalte zu beurteilen. Die Sachverständigen bewerten das ärztliche Handeln und klären den medizinischen Sachverhalt. Sie ziehen dabei unter anderem medizinische Leitlinien heran, die als Entscheidungshilfen und Orientierung für die ärztliche Praxis dienen.

Ein medizinisches Gutachten soll den aktuellen medizinischen Standard zum Zeitpunkt der Behandlung widerspiegeln und prüfen, ob von diesem Standard abgewichen wurde. Dabei ist es wichtig, dass der Sachverständige unabhängig und neutral ist und seine Einschätzung auf einer gründlichen Analyse der medizinischen Unterlagen und gegebenenfalls einer eigenen Untersuchung des Patienten basiert.

Die Gutachten müssen schlüssig, plausibel, widerspruchsfrei, vollständig und verständlich sein, um gerichtlich verwertbar zu sein. Sie können auch die Grundlage für eine außergerichtliche Einigung zwischen Arzt und Patient bilden. Wenn ein Patient mit dem Ergebnis eines Gutachtens nicht einverstanden ist, kann er Klage einreichen und das Gericht wird dann ein neues Gutachten in Auftrag geben.

Die Qualität der Gutachten kann durch gezielte Schulungen der Sachverständigen verbessert werden. Es ist auch möglich, dass ein Gericht mehrere Gutachten von verschiedenen Fachrichtungen einholt, wenn der Fall dies erfordert.

Insgesamt ist das medizinische Gutachten ein unverzichtbares Instrument im Arzthaftungsprozess, das maßgeblich den Ausgang des Verfahrens beeinflussen kann.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 823 BGB (Schadensersatzpflicht): Erläutert die Haftung für Schäden, die durch eine fahrlässige oder vorsätzliche Handlung entstanden sind. Im Kontext des vorliegenden Falls geht es um die Geltendmachung von Schmerzensgeld aufgrund ärztlicher Behandlungsfehler.
  • § 253 Abs. 2 BGB (Immaterieller Schaden): Regelt den Anspruch auf Schmerzensgeld bei immateriellen Schäden. Dieser Paragraph ist relevant, da im Fall ein Schmerzensgeld wegen körperlicher Schäden und deren Folgen gefordert wird.
  • § 611 BGB (Dienstvertrag): Bezieht sich auf das Verhältnis zwischen Patient und Arzt, das als Dienstvertrag angesehen werden kann. Der Arzt schuldet eine lege artis (nach den Regeln der ärztlichen Kunst) Durchführung der Behandlung.
  • ZPO (Zivilprozessordnung), insbesondere §§ 91 ff. (Kostentragung), § 522 (Zurückweisung der Berufung): Regelt das Verfahrensrecht in Zivilprozessen, einschließlich der Kostentragung im Berufungsverfahren und der Möglichkeiten, eine Berufung zurückzuweisen, was im vorliegenden Fall relevant ist.
  • Medizinrecht und Arzthaftungsrecht: Dies sind die Rechtsgebiete, die den Rahmen für Ansprüche wegen fehlerhafter medizinischer Behandlung und deren Folgen bieten. Der Fall unterstreicht die Bedeutung sachkundiger juristischer Bewertung in medizinrechtlichen Streitigkeiten.
  • Gutachter- und Sachverständigenwesen: Obwohl kein spezifischer Paragraph, ist die Rolle von Sachverständigengutachten im Prozess essenziell für die Beurteilung medizinischer Sachverhalte und Behandlungsfehler, was direkt den Fall betrifft.


Das vorliegende Urteil

OLG Köln – Az.: 5 U 128/14 – Beschluss vom 08.06.2015

Die Berufung der Beklagten gegen das am 18. Juni 2014 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 374/12 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens tragen die Klägerin zu 45 % und die Beklagten zu 55 % als Gesamtschuldner.

Das angefochtene Urteil und dieser Beschluss sind ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Den Parteien wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung der jeweils anderen Partei durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die vollstreckende Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Gründe

I.

Bei der am XX.XX.1974 geborenen Klägerin lag eine Zwillingsschwangerschaft vor. Wegen des hochgradigen Verdachts der Fehlbildung eines Feten ließ sie am 6.7.2009 in der 11. + 4 Schwangerschaftswoche im Krankenhaus der Beklagten zu 1) einen operativen Schwangerschaftsabbruch vornehmen. Die Entfernung des zweiten Embryos gestaltete sich schwierig. Es kam zu einer Perforation der Gebärmutter und zu einem Abriss des von der rechten Niere ausgehenden Harnleiters, der mit den Resten des zweiten Embryos mit der Abortfasszange herausgezogen wurde. Nach einem Übergang zur Laparoskopie und alsdann zur offenen Operation konnte der langstreckig entfernte Harnleiter von dem hinzugezogenen Urologen nicht sofort rekonstruiert werden. Er legte daher einen Nierenfistelkatheter ein. Wegen der weiteren Einzelheiten des Operationsverlaufs wird auf den Operationsbericht des Beklagten zu 2) verwiesen (Bl. 1 f. des SH I). Die Klägerin wurde am 14.7.2009 aus der stationären Behandlung entlassen. Am 19.10.2009 musste die rechte Niere im Universitätsklinikum F entfernt werden.

Die Klägerin hat die Beklagten auf ein Schmerzensgeld von mindestens 50.000 EUR, Feststellung der Ersatzpflicht und Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten in Höhe von 1.761,08 EUR in Anspruch genommen. Sie hat ihnen vorgeworfen, dass sie angesichts der Schwierigkeiten bei der Entfernung des zweiten Embryos eine intraoperative Kontrolle durch eine Ultraschalluntersuchung hätten vornehmen müssen. Die Aufklärung sei nicht ausreichend gewesen, weil sie nicht über das Risiko des vollständigen Verlusts von Organen wie des Harnleiters und der Niere unterrichtet worden sei.

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien in erster Instanz und der gestellten Anträge wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils verwiesen. Das Landgericht hat ein gynäkologisches Gutachten von Prof. Dr. C (Bl. 128 ff. d.A.) eingeholt. In der mündlichen Verhandlung hat es den an der Operation beteiligten Urologen Dr. F2 als Zeugen vernommen und den Sachverständigen angehört (Bl. 237 ff. d.A.).

Daraufhin hat es die Beklagten zur Zahlung eines Schmerzensgeldes von 25.000 EUR verurteilt, die begehrte Feststellung ausgesprochen und die Klage im Übrigen abgewiesen. Da ein Festsitzen des Feten oder seines Köpfchens zu dem damals vorliegenden Schwangerschaftszeitpunkt nicht möglich gewesen sei, seien die im Operationsbericht dokumentierten „mehrfachen“ ruckelnden Bewegungen und die hierin liegenden Anwendung einer gewissen manuellen Gewalt behandlungsfehlerhaft gewesen. Die ruckelnden Bewegungen hätten zwar nicht zur Perforation der Gebärmutter, aber, wie sich aus dem Operationsbericht ergebe, zum Abriss des Harnleiters und zu dessen Entfernung geführt. Für den Verlust des Harnleiters und den der rechten Niere sei ein Schmerzensgeld von 25.000 EUR angemessen.

Hiergegen wenden sich die Beklagten mit der Berufung, mit der sie ihren Klageabweisungsantrag weiter verfolgen. Das Landgericht habe sich nicht kritisch mit den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. C auseinandergesetzt und die entgegen gesetzten Feststellungen von Prof. Dr. C2, der den Bescheid der Gutachterkommission vom 28.6.2010 verfasst habe, nicht gewürdigt. Das zuerkannte Schmerzensgeld sei deutlich übersetzt. Der Verlust der einen Niere habe nicht zu weiteren Beeinträchtigungen geführt, weil die andere Niere die volle Funktion übernehme. Im weiteren Verlauf des Lebens sei nicht mit einem erhöhten Morbiditätsrisiko zu rechnen.

Die Klägerin verteidigt das angefochtene Urteil. Mit ihrer unselbständigen Anschlussberufung begehrt sie über den erstinstanzlich zuerkannten Betrag hinaus ein weiteres angemessenes Schmerzensgeld sowie die Erstattung der vorgerichtlichen Anwaltskosten. Das zuerkannte Schmerzensgeld sei unangemessen niedrig. Selbst die Haftpflichtversicherung der Beklagten habe im Rahmen von Vergleichsverhandlungen einen höheren Betrag angeboten. Die Beklagten seien in Verzug gewesen und schuldeten daher die außergerichtlichen Anwaltskosten.

II.

Die Berufung der Beklagten war gemäß § 522 Abs. 2 ZPO durch Beschluss zurückzuweisen.

Die Berufung hat nach einstimmiger Überzeugung des Senats offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg. Hierzu wird auf den Senatsbeschluss vom 30.3.2015 verwiesen. Die Rechtssache hat auch keine grundsätzliche Bedeutung. Weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordern eine Entscheidung des Senats aufgrund mündlicher Verhandlung, die auch sonst nicht geboten ist. Die Stellungnahme der Beklagten vom 2.6.2015 rechtfertigt keine andere Beurteilung.

Soweit die Beklagten erneut rügen, dass das Landgericht sich nicht mit den Ausführungen von Prof. Dr. C2 auseinander gesetzt und nicht begründet habe, warum es der Begutachtung von Prof. Dr. C den Vorzug gegeben habe, übersehen sie, dass der Senat eine entsprechende Begründung im Beschluss vom 30.3.2015 nachgeholt hat. Die unzureichende Begründung des erstinstanzlichen Urteils ist damit geheilt und wirkt sich im Ergebnis nicht aus. Eine ergänzende Beweisaufnahme durch den Senat, etwa eine Anhörung des Sachverständigen Prof. Dr. C, ist nicht erforderlich. Denn der vom Landgericht durchgeführten Beweisaufnahme, die eine sachgerechte Beurteilung des Falls zulässt, liegt kein Verfahrensfehler zugrunde. Das Landgericht hat dem Sachverständigen Prof. Dr. C das Gutachten von Prof. Dr. C2 zur Kenntnis gebracht (vgl. S. 25 ff. des Gutachtens von Prof. Dr. C vom 19.8.2013, Bl. 151 ff. d.A.) und den gerichtlichen Sachverständigen nach vorheriger schriftlicher Begutachtung angehört.

Der Senat hält an seiner Bewertung fest, dass den schlüssigen Ausführungen von Prof. Dr. C der Vorrang vor den Darlegungen von Prof. Dr. C2 zu geben ist. Dass die im Operationsbericht angeführten ruckelnden Bewegungen den von Prof. Dr. C gezogenen Schluss auf den Einsatz einer gewissen manuellen Gewalt zulassen, die nach Lage der Dinge nicht angebracht war, hat der Senat nicht nur mit dem Wortlaut des Operationsberichts, sondern auch mit dessen Sinnzusammenhang begründet. Der Beklagte zu 2) hatte zuvor beschrieben, dass der Embryo offensichtlich sehr fest sitze, was für die anschließende Anwendung einer gewissen Kraft spricht. Die höhere Überzeugungskraft hat die Begutachtung von Prof. Dr. C vor allem deshalb, weil sich Prof. Dr. C2 im Gegensatz zum gerichtlichen Sachverständigen nicht mit den Besonderheiten der streitgegenständlichen Operation befasst hat, das heißt mit der Beschreibung einer derben Resistenz und eines derben Widerstands, eines offensichtlich sehr festsitzenden Embryos und mehrfacher ruckelnder Bewegungen. Dass Prof. Dr. C2 in seinem Gutachten auf diese Gesichtspunkte eingegangen ist, vermögen die Beklagten in ihrer Stellungnahme nicht aufzuzeigen.

Soweit es um die Höhe des auch vom Senat mit 25.000 EUR als angemessenen bewerteten Schmerzensgeldes geht, wiederholen die Beklagten im Wesentlichen ihre Rügen aus der Berufungsbegründung, die der Senat bereits im Beschluss vom 30.3.2015 berücksichtigt hat. Dass eine schwere Komplikation bei einem Schwangerschaftsabbruch bei bestehendem Kinderwunsch eine schwere persönliche Belastung darstellt, ist offenkundig und bedarf keines Beweises.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 92 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Dass die Klägerin mit 45 % an den Kosten des Berufungsverfahrens beteiligt ist, beruht darauf, dass ihre Anschlussberufung gegenstandlos geworden und damit in der Sache ohne Erfolg geblieben ist.

Berufungsstreitwert: 55.000 EUR (wie in erster Instanz)

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