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Zahnarzthaftung bei Zahnsanierung

Zahnärzte haften für fehlerhafte Behandlung

Im Urteil des Landgerichts Karlsruhe, Az.: 6 O 140/17, vom 26.07.2023 wurden die Beklagten zur Zahlung von Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € sowie Schadensersatz in Höhe von 2.850,78 € an den Kläger verurteilt. Der Kläger erhielt die Entschädigungen aufgrund fehlerhafter zahnärztlicher Behandlungen, die zwischen 2013 und 2015 stattfanden, und für die daraus resultierenden langfristigen gesundheitlichen Schäden. Das Gericht stellte mehrere Behandlungs- und Aufklärungsfehler seitens der Beklagten fest, welche die Verantwortung für die entstandenen Schäden tragen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 6 O 140/17 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  • Die Beklagten wurden gesamtschuldnerisch zur Zahlung von Schmerzensgeld und Schadensersatz verurteilt.
  • Fehlerhafte Behandlungs- und Aufklärungspraktiken der Beklagten führten zu langfristigen gesundheitlichen Schäden beim Kläger.
  • Das Gericht bestätigte den Verlust von Zähnen und die Notwendigkeit einer umfassenden Neuplanung der zahnärztlichen Versorgung des Klägers.
  • Unzureichende Diagnostik und Planung der zahnärztlichen Behandlungen wurden als Hauptursache der Schäden identifiziert.
  • Kronenfrakturen und fehlerhafte Prothetik wurden als Behandlungsfehler gewertet.
  • Eine Brücke wurde verfrüht eingesetzt, was zu weiteren Komplikationen führte.
  • Die Nachbehandlungskosten des Klägers, einschließlich Fahrtkosten, wurden teilweise erstattet.
  • Der Feststellungsantrag bezüglich künftiger Schäden wurde als begründet angesehen.

Zahnbehandlung mit Risikofaktor

Eine Zahnsanierung kann mitunter kostspielig werden. Umso wichtiger ist es, dass Patienten vorab umfassend über alternative Behandlungsmethoden aufgeklärt werden. Andernfalls besteht die Möglichkeit, dass eine eigentlich kostenpflichtige Behandlung im Nachhinein nicht bezahlt werden muss. Zu beachten ist, dass Zahnärzte im Rahmen ihrer Behandlungen bestimmte fachliche Standards einzuhalten haben. Werden diese Standards verletzt, können Schadensersatzansprüche entstehen. Geschädigte Patienten haben zudem bei groben Behandlungsfehlern Anspruch auf Schmerzensgeld. Wer Unterstützung bei der Durchsetzung seiner Rechte im Bereich Zahnarzthaftung benötigt, sollte sich an einen im Medizinrecht spezialisierten Rechtsanwalt wenden.

Wenn Sie Fragen zur Zahnbehandlung mit Risikofaktor haben, zögern Sie nicht und fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Detaillierte Betrachtung eines Rechtsstreits im Bereich der Zahnarzthaftung

Schmerzensgeld bei Behandlungsfehler in der Zahnarztpraxis
(Symbolfoto: pathdoc /Shutterstock.com)

Bei dem Rechtsstreit vor dem Landgericht Karlsruhe mit dem Aktenzeichen 6 O 140/17, welches am 26.07.2023 entschieden wurde, stand die Haftung von Zahnärzten im Zentrum des Interesses. Konkret ging es um die Frage der Zahnarzthaftung für die Folgen einer Zahnsanierung, die zwischen dem 02.12.2013 und dem 02.02.2015 durchgeführt wurde. Der Kläger, der seit 2005 Patient in der Praxis der Beklagten war, begehrte Schmerzensgeld und Schadensersatz für die seiner Ansicht nach fehlerhaft durchgeführte Behandlung.

Ursachen und Verlauf der Behandlung

Ausgangspunkt der rechtlichen Auseinandersetzung war die Erstellung eines Heil- und Kostenplans durch die Beklagten, die eine umfassende Zahnsanierung vorsah. Die Notwendigkeit verschiedener Maßnahmen und die Aufklärung des Klägers über diese Maßnahmen sowie die Dokumentation der Behandlung waren zwischen den Parteien strittig. Im Zuge der Behandlung kam es zur Entfernung mehrerer Zähne und zur Anpassung einer Brücke, welche der Kläger als fehlerhaft ansah.

Die rechtlichen Herausforderungen im Fall

Die rechtliche Komplexität des Falls ergab sich insbesondere aus der Frage, ob die Behandlungsplanung und -durchführung den medizinischen Standards entsprach, ob der Kläger ordnungsgemäß aufgeklärt wurde und inwiefern die Dokumentation der Behandlung den Anforderungen genügte. Hierbei waren insbesondere die Aufklärungspflichten der behandelnden Ärzte sowie die Sorgfaltspflichten bei der Planung und Durchführung der Zahnsanierung relevant.

Gerichtliche Entscheidung und Begründung

Das Gericht verurteilte die Beklagten als Gesamtschuldner zur Zahlung eines Schmerzensgeldes in Höhe von 15.000 Euro sowie zur Leistung von Schadensersatz in Höhe von 2.850,78 Euro. Die Entscheidung stützte sich auf eine umfassende Beweisaufnahme, einschließlich der Begutachtung durch einen Sachverständigen. Das Gericht stellte fest, dass die Beklagten ihre Aufklärungs- und Behandlungspflichten verletzt hatten, was zu den vom Kläger geltend gemachten Schäden führte.

Bedeutung der Sachverständigengutachten

Die Rolle der Sachverständigengutachten war in diesem Fall besonders hervorzuheben. Die Expertise des gerichtlich bestellten Sachverständigen trug maßgeblich zur Klärung der medizinischen Sachverhalte bei und ermöglichte es dem Gericht, eine fundierte Entscheidung zu treffen. Die Gutachten beleuchteten unter anderem die Notwendigkeit der entfernten Zähne, die Risiken der gewählten Behandlungsmethoden und die Alternativen, über die der Kläger hätte aufgeklärt werden müssen.

Die Entscheidung des Landgerichts Karlsruhe verdeutlicht die hohen Anforderungen an die Aufklärung und Behandlung durch Zahnärzte. Zudem zeigt sie die Bedeutung einer sorgfältigen Dokumentation und die Rolle von Sachverständigengutachten bei der Klärung medizinischer Fragen in gerichtlichen Auseinandersetzungen. Der Fall unterstreicht die Relevanz des Medizinrechts und der Patientenrechte, insbesondere im Bereich der Zahnarzthaftung.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter Zahnarzthaftung bei Zahnsanierung?

Unter Zahnarzthaftung bei Zahnsanierung versteht man die rechtliche Verantwortung eines Zahnarztes für Schäden, die im Rahmen einer zahnärztlichen Behandlung entstehen. Diese Haftung kann sowohl aus dem Behandlungsvertrag als auch aus dem Deliktsrecht resultieren. Bei einer Zahnsanierung geht es um alle Behandlungen, die zur Erhaltung oder Wiederherstellung der Zahnfunktion und Zahngesundheit notwendig sind.

Wenn ein Zahnarzt gegen den fachzahnärztlichen Behandlungsstandard verstößt, etwa durch eine fehlerhafte Wurzelkanalbehandlung oder die mangelhafte Anpassung von Zahnersatz, kann dies zu Schmerzen und weiteren gesundheitlichen Problemen beim Patienten führen. In solchen Fällen kann der Patient Ansprüche auf Schadenersatz und Schmerzensgeld geltend machen. Die Höhe des Schmerzensgeldes und des Schadenersatzes richtet sich nach den individuellen Schäden und Einschränkungen des Patienten.

Ein Zahnarztvertrag wird grundsätzlich als Dienstvertrag angesehen, bei dem der Zahnarzt keinen bestimmten Erfolg schuldet, sondern lediglich die fachgerechte Durchführung seiner Arbeit. Allerdings gibt es bei Leistungen mit Zahnersatz auch werkvertragliche Elemente, da hier ein bestimmter Erfolg, nämlich ein brauchbares, mangelfreies Werk, geschuldet wird. Bei Mängeln an festsitzendem Zahnersatz, die bei privatversicherten Patienten auftreten, kann das Gewährleistungsrecht des Werkvertrags zur Anwendung kommen.

Um erfolgreich auf Schmerzensgeld und Schadenersatz zu klagen, müssen Patienten in der Regel den Nachweis eines Behandlungsfehlers erbringen. Dies kann durch ein Gutachten unterstützt werden, das prüft, ob dem Zahnarzt ein Behandlungsfehler nach aktuellen medizinischen Standards unterlaufen ist. Bei groben Behandlungsfehlern kehrt sich die Beweislast um, und der Zahnarzt muss nachweisen, dass sein Fehler nicht ursächlich für den Schaden war.

Es ist zu empfehlen, dass sich Patienten nach einem zahnärztlichen Behandlungsfehler anwaltlich beraten lassen, um ihre Ansprüche nicht aus Unwissenheit zu verlieren und ihre Rechte durchzusetzen.

Wie wird der Schadensersatz bei fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung bemessen?

Der Schadensersatz bei fehlerhafter zahnärztlicher Behandlung wird individuell bemessen und hängt von den spezifischen Schäden und Einschränkungen ab, die dem Patienten entstanden sind. Zu den Faktoren, die bei der Bemessung des Schadensersatzes berücksichtigt werden, gehören:

  • Schmerzen und gesundheitliche Beeinträchtigungen, die durch den Behandlungsfehler verursacht wurden
  • Psychische Belastungen, die aus dem Behandlungsfehler resultieren
  • Materielle Schäden, wie Kosten für Nachbehandlungen oder Verlust von Zähnen
  • Genugtuungsfunktion des Schmerzensgeldes, die die Wertschätzung für das erlittene Leid widerspiegelt

Die Höhe des Schmerzensgeldes und des Schadenersatzes variiert je nach Einzelfall und kann von einigen Tausend Euro bis hin zu höheren Beträgen reichen, wie in einigen Urteilen dargestellt wird. Es ist wichtig zu beachten, dass die Beweislast für einen Behandlungsfehler und dessen Kausalität für den Schaden beim Patienten liegt, es sei denn, es handelt sich um einen groben Behandlungsfehler, bei dem sich die Beweislast umkehrt.

Um erfolgreich Schadensersatz zu erhalten, sollte ein Patient sich anwaltlich beraten lassen, um seine Ansprüche durchzusetzen und die rechtlichen Rahmenbedingungen zu verstehen.

Welche Bedeutung hat die ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten durch den Zahnarzt?

Die ordnungsgemäße Aufklärung des Patienten durch den Zahnarzt ist ein wesentlicher Bestandteil des Behandlungsprozesses und hat eine hohe rechtliche Bedeutung. Sie dient dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Patienten und ist Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung in die Behandlung. Rechtlich gesehen kann eine Behandlung ohne vorherige ordnungsgemäße Aufklärung und Einwilligung des Patienten als Körperverletzung gewertet werden.

Die Aufklärung muss mündlich erfolgen und in einer für den Patienten verständlichen Sprache. Fachbegriffe sollten vermieden oder erklärt werden. Bei fremdsprachigen Patienten muss gegebenenfalls ein Dolmetscher hinzugezogen werden, um sicherzustellen, dass der Patient die Informationen versteht. Die Aufklärung umfasst Informationen über die Behandlung selbst, mögliche Risiken und Komplikationen, Behandlungsalternativen sowie die wirtschaftlichen Aspekte der Behandlung.

Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Zahnarzt. Im Streitfall muss der Zahnarzt nachweisen können, dass er den Patienten korrekt aufgeklärt hat und dessen Einwilligung eingeholt wurde. Dies wird in der Regel durch eine sorgfältige Dokumentation der Aufklärung und Einwilligung in der Patientenakte erreicht. Sollte es zu einem Aufklärungsfehler kommen, kann dies einen eigenständigen Haftungsgrund darstellen und zu Schadensersatzansprüchen des Patienten führen.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 280 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Wenn ein Behandlungsvertrag besteht und dieser nicht nach den fachlichen Standards erfüllt wird, kann der Patient Schadensersatz fordern.
  • § 278 BGB (Verantwortlichkeit des Schuldners für Dritte): Eine Praxisgemeinschaft kann für Fehler ihrer angestellten Zahnärzte haftbar gemacht werden.
  • § 823 Abs. 1 BGB (Schadensersatzpflicht): Bei Verletzung der Gesundheit durch eine fehlerhafte Behandlung entsteht ein Anspruch auf Schadensersatz.
  • § 286 ZPO (Beweislast bei der Aufklärungspflichtverletzung): Der Arzt muss beweisen, dass er den Patienten ordnungsgemäß aufgeklärt hat.
  • § 287 ZPO (Schätzung von Schaden und Entschädigung): Das Gericht kann die Höhe des Schadens oder des Schmerzensgeldes schätzen.
  • § 253 BGB (Immaterieller Schaden): Für immaterielle Schäden, wie körperliche und seelische Leiden durch eine fehlerhafte Behandlung, kann Schmerzensgeld gefordert werden.
  • §§ 291, 288 BGB (Verzugszinsen): Bei einem Schadensersatzanspruch können ab Rechtshängigkeit Zinsen gefordert werden.
  • § 92 ZPO (Kostentragung bei teilweisem Obsiegen): Die Kostenverteilung im Prozess richtet sich nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen.
  • § 709 ZPO (Vorläufige Vollstreckbarkeit): Das Urteil kann vorläufig vollstreckt werden, wobei Sicherheitsleistungen zu erbringen sind.


Das vorliegende Urteil

LG Karlsruhe – Az.: 6 O 140/17 – Urteil vom 26.07.2023

1. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € zu zahlen.

2. Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 2.850,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.232,78 € seit dem 21.06.2018 und aus weiteren 618,00 € seit dem 17.01.2020 zu zahlen.

3. Es wird festgestellt, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche aus der Behandlung vom 02.12.2013 bis zum 02.02.2015 noch entstehenden Schäden zu zahlen.

4. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

5. Von den Kosten des Rechtsstreits, inklusive der Kosten des selbständigen Beweisverfahrens beim LG Karlsruhe – 10 OH 4/15 -, hat der Kläger 25 % und haben die Beklagten als Gesamtschuldner 75 % zu tragen.

6. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger begehrt Schmerzensgeld und Schadensersatz aus Zahnarztbehandlung im Zeitraum 02.12.2013 bis 02.02.2015.

Der Kläger war seit 2005 in der Arztpraxis der Beklagten Z.1 und Z.2 in Behandlung; seit 2009 führte diese Behandlungen überwiegend die dort angestellte Beklagte Z.3 aus. Wegen der Einzelheiten wird auf die Karteikarte der A. Krankenkasse (Anlagenband I zu LG Karlsruhe 10 OH 4/15, AS 1 ff., im Folgenden: OHAH, und zu Aktenseiten im Hauptband: OHAS) verwiesen.

Am 02.12.2013 wurde ein Heil- und Kostenplan erstellt, bei dem die Befunde für erneuerungsbedürftige Kronen die Zähne 11 bis 17 und 21 bis 27 betrafen (OHAH 5, 133). Der weitere Verlauf, die Aufklärung, die Notwendigkeit verschiedener Maßnahmen und Behandlungsfehler stehen zwischen den Parteien im Streit.

Es kam zu verschiedenen Behandlungsterminen, die am 28.04.2014 mit der Entfernung der bisherigen Kronen im Oberkiefer begannen. Im Verlauf der Behandlung wurden die Zähne 15 und 16 entfernt. Daraufhin kam es zu einer Änderung des bestehenden Plans und einer Ergänzung um die Versorgung der entstandenen Lücken. Der zweite Heil- und Kostenplan vom 05.05.2014 wies die Zähne 15 und 16 als nicht erhaltungswürdig aus, die Zähne 11 bis 14, 17 und 21 bis 27 verblieben als erneuerungsbedürftige Kronen (OHAH 11, 135).

Am 04.09.2014 erhielt der Kläger ein Provisorium bei Zahn 12, er hatte die Krone verschluckt. Die Wiedereingliederung nach einem vorherigen Stiftaufbau erfolgte am 08.09.2014. Am 01.12.2014 beschwerte sich der Kläger über eine Lockerung seines Zahnes 13, der dann am 08.12.2014 wegen einer Längsfraktur entfernt wurde.

Im Februar 2015 wechselte der Kläger seinen behandelnden Arzt und begab sich zu Dr. K. in die Nachbehandlung.

Im Auftrag der Kassenärztlichen Vereinigung Baden-Württemberg wurde durch Zahnarzt S. am 06.03.2015 die Funktionstüchtigkeit des am 28.07.2014 eingegliederten Zahnersatzes begutachtet (OHAH 41/43); am 06.07.2015 erstellte Prof. Dr. W. ein Obergutachten (OHAS 67-91).

Am 15.04.2015 leitete der Kläger gegen die Beklagten beim Landgericht Karlsruhe ein selbständiges Beweisverfahren (10 OH 4/15) ein.

Der Kläger trägt vor, die gesamte Versorgung des Oberkiefers sei ohne hinreichende Planung erfolgt. Die Dokumentation sei lückenhaft, teilweise nicht nachvollziehbar und teilweise sogar falsch. Erstmals am 27.11.2013 habe die Beklagte Z.3 zur Komplettsanierung des Oberkiefers mit Neuverkronung geraten. Eine Zahnersatzberatung habe nicht stattgefunden, eine Brücke sei noch nicht geplant gewesen. Eine Aufklärung zur Gesamtversorgung, über Risiken, zu Behandlungsalternativen, von Vor- oder Nachteilen habe nicht stattgefunden. Eine ausreichende Diagnostik für die Indikation zur Zahnextraktion habe nicht stattgefunden.

Erst nach dem ersten Folgetermin zum 28. April 2014 sei ihm eröffnet worden, dass der Zahn 16 für eine Einzelüberkronung zu stark geschädigt sei und entfernt werden müsse. Fehlerhaft sei ihm dann jedoch der Zahn 15 ohne Notwendigkeit entfernt worden. Im weiteren Folgetermin im Mai 2014 sei der Zahn 16 entfernt worden. Seinen Vorschlag, die beiden Zähne 15 und 16 durch Einzelimplantate zu versorgen, habe die Beklagte Z. 3 mit der Begründung verworfen, zwei Implantate nebeneinander seien für eine Einzelkronenversorgung nicht möglich bzw. nicht kunstgerecht; es komme nur eine Brücke der Zähne 14 bis 17 in Betracht. Darauf vertrauend habe der Kläger dann der Extraktion von Zahn 16 zugestimmt. Die Entfernung dieses Zahns sei ebenfalls nicht indiziert gewesen. Bei beiden entfernten Zähnen habe zuvor keine ausreichende Diagnostik stattgefunden und er sei auch nicht zuvor aufgeklärt worden.

Unmittelbar nach dem Einsetzen der Prothetik habe er erheblich Probleme gehabt, da die Kronen unter extremer Spannung gestanden seien, was er der Beklagten Z. 3 von Juli bis Mitte Oktober 2014 mehrfach mitgeteilt haben. Im September 2015 sei es wegen fehlerhafter Wurzelfüllung und unzureichender Stabilität zu einem glatten Bruch des von den Beklagten überholten Zahns 25 gekommen, der schließlich im September 2018 nach verschiedenen Versorgungsmaßnahmen habe entfernt werden müssen. Aufgrund der fehlerhaften Brückenversorgung über den Zähnen 14 – 17, sowie dem Verlust der Zähne 13, 15, 16 und 25 habe der Nachbehandler eine komplette Neuplanung und Neuversorgung des Oberkiefers durchführen müssen; eine Umgestaltung der Brücke sei nicht möglich und nicht zumutbar gewesen.

Ihm stehe ein erhebliches Schmerzensgeld von mindestens 20.000 € zu, da er über Jahre eine nicht passende Brücke als Zahnersatz getragen habe, was ihm erhebliche Schmerzen bereitet und zu weiteren Erkrankungen geführt habe. Auch seien ihm wegen der Behandlungsfehler vier Zähne gezogen worden. Durch die fehlerhafte Versorgung habe sich die Knochensubstanz im Bereich der Zähne 15 und 16 deutlich zurückgebildet, sodass nunmehr die ursprünglich gewünschte Versorgung durch zwei Einzelimplantate nicht mehr möglich sei.

Die gesamten zusätzlichen Kosten von 4.032,78 € für die Eigenanteile und Fahrten zu den Nachbehandlern in den Jahren 2015 bis 2019 seien ihm zu erstatten. Ob und inwieweit die neue Versorgung komplikationslos verlaufen werde, sei nicht endgültig abzusehen.

Der Kläger beantragt,

1. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner ein der Höhe nach in das Ermessen des Gerichts gestelltes angemessenes Schmerzensgeld zu zahlen;

2. die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger als Gesamtschuldner 4.032,78 € nebst Zinsen in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.576,42 € seit dem 09.06.2018 und aus 4.032,78 seit dem 17.01.2020 zu zahlen;

3. festzustellen, dass die Beklagten verpflichtet sind, dem Kläger sämtliche aus der Behandlung vom 02.12.2013 bis zum 02.02.2015 noch entstehenden Schäden als Gesamtschuldner zu zahlen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie tragen vor, bereits am 17.12.2010 sei der Kläger durch die Beklagte Z.3 über die Notwendigkeit der Erneuerung der Kronen, mögliche Schäden der Pfeilerzähne und die fragliche Erhaltung beraten worden. Diese Beratungen seien am 30.11.2011, 11.01.2012 und – nach dem Verlangen des Klägers einer zahnärztlich-prothetischen Neuversorgung – Mitte 2012 und auch danach wiederholt worden. Die Behandlung sei lediglich wegen der Wartezeit der Zusatz-Krankenversicherung verschoben worden. Auch am 10.03.2014 habe eine 30-minütige Aufklärung durch die Beklagte Z.3 wegen des geplanten Zahnersatzes, der Varianten der Versorgung und der Kosten stattgefunden. Bei einer Beratung am 05.05.2014 habe sich der Kläger wegen des geringeren Aufwandes für eine Brückenversorgung entschieden, die sechs Wochen später erfolgt sei.

Am 28.04.2014 sei der Zahn 15 wegen der tief reichenden Fraktur entfernt und ein Erhaltungsversuch des tief zerstörten Zahnes 16 unternommen worden. Eine Alternative zur Entfernung des Zahnes 15 habe nicht bestanden. Auch der am 05.05.2014 entfernte Zahn 16 sei nicht mehr zu retten gewesen. Der Zahn 13 habe am 08.12.2014 wegen einer Längsfraktur entfernt werden müssen, die eventuell durch einen unsachgemäßen Versuch eines anderen Zahnarztes entstanden sei, die gelockerte Stiftkrone abzunehmen.

Das Gericht hat die Parteien am 15.03.2019 angehört (AS 395 – 405) und Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen P., L. und T. in der mündlichen Verhandlung vom 06.07.2018 (AS 233 bis 253) und des Zeugen M. in der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2022 (AS 783 – 783); der Zeuge Dr. K. hat an ihn mit Beschluss vom 15.02.2022 (AS 715 – 718) gerichtete Fragen am 26.02.2022 (AS 725 – 775) schriftlich beantwortet.

In dem selbständiges Beweisverfahren (10 OH 4/15) hat der Sachverständige Dr. H. am 24.02.2016 ein Gutachten (OHAS 177 – 271) erstattet, welches am 12.09.2015 (OHAS 359 – 391) und am 27.12.2016 (OHAS 467 – 479) ergänzt wurde und zu denen er im hiesigen Verfahren am 15.03.2019 (AS 393 – 405) ebenso gehört wurde, wie er zu den Ausführungen der Zeugen M. und Dr. K. in der mündlichen Verhandlung vom 18.03.2022 Stellung genommen hat (AS 783 – 795 und Anlagen zum Protokoll AS 797 – 811). Weiterhin wurden aufgrund von Beweisbeschlüssen vom 14.06.2019 (AS 467 ff), ergänzt am 03.02.2020 (AS 501/502), vom 25.02.2021 (AS 555/556), vom 18.03.2022 (AS 795) und vom 08.09.2022 (AS 889/890) weitere schriftliche Gutachten des Sachverständigen Dr. H. eingeholt, die am 15.02.2020 (Sonderband Gutachten AS 1 – 19, im Folgenden SBGAS), am 23.04.2021 (SBGAS 23 – 39), am 19.05.2022 (SBGAS 41 – 55) und am 14.10.2022 (SBGAS 57 – 67) erstattet wurden.

Das Gericht hat mehrfach Hinweise erteilt, u. a. zum Ergebnis der Beweisaufnahme zur Behandlungs- und Risikoaufklärung durch die Beklagten am 06.07.2018 (AS 251) und 14.12.2018 (AS 317).

Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen, die beigezogene Akte 10 OH 4/15 und die Protokolle der mündlichen Verhandlungen verwiesen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist überwiegend begründet.

I.

Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, an den Kläger ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € und Schadensersatz in Höhe von 2.850,78 € zu zahlen; weiterhin war eine Feststellung hinsichtlich künftiger Schäden auszusprechen.

1. Auf den Behandlungsvertrag vom November 2013 ist das BGB in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Rechte von Patientinnen und Patienten vom 20. Februar 2013 (BGBl I 2013, 277 ff.) anzuwenden.

2. Die Beklagten Z.1 und Z.2 haften als Praxisgemeinschaft bzw. Berufsausübungsgemeinschaft für die Schlechterfüllung des mit dem Kläger bestehenden Behandlungsvertrages (§ 280 BGB), zugleich für die Beklagte Z.3 als angestellte Zahnärztin nach § 278 BGB, die Beklagte Z.3 zugleich für ihr Aufklärungs- und Behandlungsverschulden aus Delikt (§ 823 Abs. 1 BGB), alle drei zusammen gesamtschuldnerisch (vgl. Geiß/Greiner, Arzthaftpflichtrecht, 8. Auflage, 2022, S. 19 f. m.w.Nachw. der Rechtsprechung).

3. Die Beklagte Z.3 hat die Behandlung fehlerhaft geplant, infolgedessen den Kläger im Allgemeinen zur Behandlung als auch über Risiken nicht ordnungsgemäß aufgeklärt (§ 286 ZPO), sowie Behandlungsfehler begangen, die zugleich auch die Risiken der fehlenden Aufklärung verwirklichten, wodurch der Kläger geschädigt wurde (§ 287 ZPO).

a. Die Planung der von dem Kläger beabsichtigten Sanierung des Oberkiefers durch die Beklagte Z.3 war nicht ausreichend.

Zu einer fachgerechten prothetischen Planung gehörten verschiedene Befunderhebungen mit Überprüfung der Werthaltigkeit der zu überkronenden Zähne: Vitalitätsprüfung, Prüfung der Lockerung, Paradontalzustand (Zahnhalteapparat – Zahnfleisch, Kieferknochen, Paradontalspalt, Wurzelhaut, Faserapparat der Zahnbefestigung – OHAS 269), Röntgenbefunde und weitere Indizes. Im Rahmen der prothetischen Planung ist keine Vitalitätsprüfung der zu überkronenden Zähne dokumentiert. Das der Planung zugrunde liegende präprothetische Orthopantomogramm (OPG – Abbildung 4 – OHAS 193) lässt keine eindeutige Einschätzung der apikalen Situation, d. h. der Entzündungssituation der Wurzelspitzen (OHAS 265) verschiedener Zähne (11,13,14,15,16,21,22,23,24) zu. Zudem besteht bei 25 ein deutlicher Verdacht auf eine apikale Aufhellung, in der Regel die Folge des Absterbens der Pulpa (Zahnnerv – OHAS 271). Hier wäre in der Planungsphase durch scharf zeichnende Einzelaufnahmen abzuklären gewesen, ob sich die Zähne zur Überkronung eignen. Zwei Detailaufnahmen der Oberkieferfront von 13 bis 23 vom 30.12.2011 sind für eine Planung im Jahr 2014 zu alt (OHAS 217/219/261/265/361/363 und Abbildungen 2,3,OHAS 193).

Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

b. Die Beklagte Z.3 hat ihre Pflicht, den Kläger über den Umfang des Eingriffs aufzuklären, verletzt. Nach gefestigter Rechtsprechung haftet ein Arzt für alle den Gesundheitszustand des Patienten betreffenden nachteiligen Folgen, wenn der ärztliche Eingriff nicht durch eine wirksame Einwilligung des Patienten gedeckt und damit rechtswidrig ist. Eine wirksame Einwilligung des Patienten setzt dessen ordnungsgemäße Aufklärung voraus (vgl. nur BGH, Urteil vom 07.11.2006 – VI ZR 206/05, BGHZ 169, 364).

aa. Kern der Aufklärung ist zunächst die Selbstbestimmungsaufklärung in Form der Behandlungsaufklärung (§ 630e Abs. 1 S. 3 BGB – vgl. BGH, Urteil vom 14.09.2004 – VI ZR 186 / 03, NJW 2004,3703). Die Behandlungsaufklärung – als vertragliche Pflicht aus dem Behandlungsvertrag sowie als Ausfluss der deliktischen Garantenstellung des Arztes – verlangt im Besonderen auch die Erläuterung der Tragweite des Eingriffs. Dies betrifft vor allem den als sicher oder regelmäßig eintretend vorhersehbaren postoperativen Zustand, sowie, dass der Arzt dem Patienten innerhalb des vom Patienten bestimmten Therapieziels Kenntnis von Behandlungsalternativen verschaffen muss, wenn gleichermaßen indizierte und übliche Behandlungsmethoden mit wesentlich unterschiedlichen Risiken und Erfolgschancen eine echte Wahlmöglichkeit für den Patienten begründen. Eine Aufklärung kann nur dann erforderlich werden, wenn die Behandlungsalternativen zu jeweils wesentlich unterschiedlichen Belastungen des Patienten führen oder wesentlich unterschiedliche Risiken und Erfolgschancen bieten (Geiß/Greiner, aaO. S. 317 ff m.w.Nachw. der Rechtsprechung).

bb. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs dürfen an den dem Arzt obliegenden Beweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung allerdings keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden. Die Situation des Arztes während der Behandlung des Patienten ist ebenso zu berücksichtigen wie die Gefahr, die sich aus dem Missbrauch seiner Beweislast durch den Patienten zu haftungsrechtlichen Zwecken ergeben kann. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, soll dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung auch im Einzelfall in der gebotenen Weise geschehen ist (vgl. BGH, Urteil vom 30.09.2014 – VI ZR 443/13, Rn. 6 f., juris, NJW 2015, 74). Der Nachweis einer ordnungsgemäßen Aufklärung erfordert es nicht, dass sich der Arzt an das konkrete Aufklärungsgespräch (Ort, Umstände, genauer Inhalt) erinnert. Angesichts der Vielzahl von Informations- und Aufklärungsgesprächen, die Ärzte täglich führen, kann dies nicht erwartet werden. Da an den vom Arzt zu führenden Nachweis der ordnungsgemäßen Aufklärung keine unbilligen oder übertriebenen Anforderungen zu stellen sind, darf das Gericht seine Überzeugungsbildung gemäß § 286 ZPO auf die Angaben des Arztes über eine erfolgte Risikoaufklärung stützen, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und „einiger“ Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht ist. Dies gilt auch dann, wenn der Arzt erklärt, ihm sei das strittige Aufklärungsgespräch nicht im Gedächtnis geblieben. Einen wesentlichen Anhaltspunkt für die Tatsache, dass ein Aufklärungsgespräch stattgefunden hat, gibt dabei das von dem Arzt und dem Patienten unterzeichnete Formular, mit dem der Patient sein Einverständnis zu dem ärztlichen Eingriff gegeben hat. Dieses Formular ist – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht – zugleich ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs (vgl. BGH, Urteil vom 28.01.2014 – VI ZR 143/13, NJW 2014, 1527, 1528).

cc. Wegen des mehrfachen Richterwechsels im erkennenden Gericht hat das Gericht bei der Beweiswürdigung folgende Maßstäbe zugrunde gelegt: Zwar erfordert ein Richterwechsel nach einer Beweisaufnahme nicht grundsätzlich deren Wiederholung. Die Zivilprozessordnung geht davon aus, dass das erkennende Gericht eine Beweiswürdigung auch dann vornehmen darf, wenn es die Beweisaufnahme nicht selbst durchgeführt hat, also die Zusammensetzung des Gerichts zwischen Beweisaufnahme und Entscheidung gewechselt hat. Sonst wäre die Einrichtung des beauftragten und ersuchten Richters überflüssig und unverständlich. Frühere Zeugenaussagen können im Wege des Urkundenbeweises durch Auswertung von Vernehmungsprotokollen verwertet werden. Das Gericht darf bei der Beweiswürdigung aber nur das berücksichtigen, was auf der Wahrnehmung der an der Entscheidung beteiligten Richter beruht oder aktenkundig ist und wozu die Parteien sich erklären konnten. Das gilt auch, wenn das Gericht den persönlichen Eindruck eines Zeugen oder einer Partei zur Beurteilung seiner Glaubwürdigkeit heranziehen will. Eindrücke, die nicht in das Verhandlungsprotokoll aufgenommen wurden, dürfen daher nach einem Richterwechsel bei der Entscheidung nicht verwertet werden (vgl. BGH, Urteile vom 18.10.2016 – XI ZR 145/14, NJW 2017, 1313; vom 17.02.1970 – III ZR 139/67, BGHZ 53, 245; vom 27.04.1960 – IV ZR 100/59, BGHZ 32, 233).

dd. Nach diesen Maßgaben ist vorliegend nicht von einer ordnungsgemäßen Aufklärung auszugehen.

Ist die Planung im Hinblick auf die gewählte Behandlung im oben aufgezeigten Sinne nicht ausreichend, so kann dem Kläger durch die Beklagte Z.3 grundsätzlich auch nicht ordnungsgemäß aufgeklärt werden. Vorliegend erstellt – wie der Sachverständige ausführt – der behandelnde Zahnarzt nach Befunderhebung der anatomischen, physiologischen, pathologischen und hygienischen Gegebenheiten des Kauorgans einen Behandlungsplan mit gegebenenfalls mehreren Alternativen. Nach Aufklärung des Patienten über die Risiken, die Vor- und Nachteile der jeweiligen Alternativen, sowie die zu erwartenden Kosten unter Berücksichtigung der Patientenwünsche bestimmt er, soweit möglich, die Behandlungsmaßnahmen. Der Behandler trägt dabei stets die Verantwortung für die geplanten Maßnahmen. Nur in diesem Rahmen kann der Patient bei der Gestaltung der Versorgung mitwirken (OHAS 469). Der Kläger hätte über die Risiken der geplanten Behandlung mit Kronen und Brücken und ebenso über die potentiellen Alternativen sowie deren Vor- und Nachteile aufgeklärt werden müssen (OHAS 375, 381). Wenn der Patient über das Risiko und die möglichen Alternativen aufgeklärt ist und dennoch eine festsitzende Kronenversorgung auf die risikobehafteten Zähne wünscht, ist fachlich nichts dagegen einzuwenden. Es gibt keinen wissenschaftlich gesicherten Nachweis, dass wurzelgefüllte Zähne als verblockte Kronen ein geringeres Frakturrisiko hätten. Die Alternative wäre nur die Extraktion, um das Frakturrisiko auszuschalten, jedoch mit den weiteren Alternativen von abnehmbaren Lösungen oder Implantaten (OHAS 381/383; SBGAS 5). Wurde der Kläger über die Risiken der geplanten Behandlung, insbesondere über die großen wurzelgefüllten, stark vorgeschädigten Zähne und die möglichen Alternativen nicht aufgeklärt, so entspricht die Planung nicht dem fachlichen Standard (OHAS 377).

Ob und inwieweit vorliegend eine solche Aufklärung geschehen ist, vermochte der Sachverständige nicht festzustellen. Der Dokumentation ist kein Eintrag über ein Aufklärungsgespräch dieses Inhalts zu entnehmen (OHAS 375; SBGAS 6). Auch ein vom Kläger unterzeichneter und von der Beklagten Z.3 ausgefüllter Aufklärungsbogen liegt nicht vor. Die Angaben der Zeuginnen zur Aufklärung waren nach Maßgabe des § 286 ZPO im Hinblick auf die oben aufgezeigte fehlerhafte Planung unergiebig. Ihre Ausführungen waren nur sehr allgemein. Zu dem Ergebnis der Beweisaufnahme der Zeuginnen P., L. und T. hat das Gericht in der Besetzung der vernehmenden Richter auch Hinweise erteilt am 06.07.2018 (AS 251) und 14.12.2018 (AS 317), auf die Bezug genommen wird.

c. Die Beklagte Z.3 hat Behandlungsfehler begangen, die zugleich auch die Risiken der fehlenden Aufklärung verwirklichten (§ 287 ZPO).

aa. Zahn 11, 12 und 13

Professor Dr. W. hat in seinem für die A.kasse N. erstatteten Gutachten vom 06.07.2015 ausgeführt, dass die Fraktur des Zahnes 12 eine seltene prothetische Komplikation darstelle, die nicht vorhersehbar sei. Zahn 13 habe eine Sagittalfraktur erlitten, die ebenfalls eine seltene prothetische Komplikation darstellte und die nicht vorhergesehen werden könne. Anhaltspunkte für einen Planungsfehler bestünden nicht. Diese Bewertung hat der Gerichtssachverständige Dr. H. in seinem Gutachten vom 24.02.2016 (OHAS 219) und vom 27.12.2016 (OHAS 473) zunächst bestätigt (SBGAS 5; SBGAS 8).

In seinem Gutachten vom 23.04.2023 hat der Sachverständige nunmehr, nach nochmaliger Überprüfung sämtlicher Unterlagen ausgeführt, dass in der Herstellungsphase des Zahnersatzes nach der Abnahme der alten Versorgung notwendig wurde, bei Zahn 12 eine Wurzelbehandlung durchzuführen, was zugleich die Aufnahme der Zähne 11 und 13 bedingte. Die sich daraus ergebenden Befunde bedeuten für die Beklagte Z.3, dass sie zumindest nach Abnahme der alten Kronen und der Wurzelbehandlung bei Zahn 12 hätte erkennen können, dass bei diesen Zähnen ein erhöhtes Frakturrisiko besteht und eine Einzelüberkronung äußerst risikoreich ist. Hierüber hätte der Kläger aufgeklärt werden müssen (SBGAS 31 – 35). Die Krone 12 ist bereits 3 Monate nach dem Einsetzen am 04.09.2014 frakturiert, die Krone 13 am 8.12.2014, mithin 6 Monate nach dem Eingliedern, und die Krone 11 am 22.08.2018. Die Fraktur der Zähne 11, 12 und 13 sind nach Feststellung des Sachverständigen deshalb nicht lediglich als Komplikationen einstufen (SBGAS 35). Wäre bei der Versorgung der Front – Zähne 13 – 23 – eine dem Befund entsprechende Planung und damit einhergehende Aufklärung durchgeführt worden, hätte mit großer Wahrscheinlichkeit der Verlust von Zahn 13, die Erneuerung der Kronen 11 und 12 und die erneute Überkronung der Zähne 21 – 23 durch Verblockung und Einbeziehung in eine neue Versorgung der Zähne 12 – 23 vermieden werden können (SBGAS 49). Insoweit hat sich das Aufklärungsrisiko auch verwirklicht.

Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

bb. Zahn 15 und 16

bba. Das Gericht ist davon überzeugt, dass die Entfernung der Zähne 15 und 16 medizinisch indiziert war.

Auszugehen ist von der Situation, dass die Zähne 15 und 16 bereits seit Jahren überkront waren und im Rahmen der Gesamtversorgung des Oberkiefers im ersten Behandlungstermin vom 28.04.2014 sämtliche Kronen abgenommen wurden.

In der Dokumentation ist unter dem 28.04.2014 eine Kronenfraktur und die Entfernung des Zahnes 15 (OHAS 251) und unter dem 05.05.2014 für Zahn 16 tiefe Karies und die Extraktion des Zahnes aufgeführt (OHAS 215, 251). In seinem Erstgutachten vermochte der Sachverständige noch keine klaren Angaben zur Notwendigkeit der Entfernung der Zähne zu machen; hierzu müsste die Behandlerin befragt werden (OHAS 251). Aufgrund des röntgenologischen Befundes hätte der Sachverständig den Zahn 16 jedoch nicht mehr in eine prothetische Versorgung einbezogen, da die Prognose angesichts des fast vollständigen Verlustes der Zahn Hartsubstanz, der erhöhten Bruchgefahr als Folge der Wurzelfüllung und der reduzierten Qualität der Wurzelfüllung sehr unsicher war (OH AS 477/479; SBGAS 8).

In der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2019 wurde die Beklagte Z.3 durch den Sachverständigen und das Gericht befragt. Zu Zahn 15 hat sie angegeben, dass der Zahn völlig zerstört war, zu Teilen hing er schon an der Krone, es war nur noch ein kleiner Wurzelrest vorhanden gewesen (AS 395/397). Zu Zahn 16 wurde ein Einzelröntgenbild gefertigt, in dem zu sehen war, dass der Zahn tief zerstört war, was sich unter dem Einsatz der Sonde bis in den Wurzelbereich bestätigte (AS 397). Bei dieser Sachlage, woran der Sachverständige keinen Anlass zu zweifeln sah, und unter nochmaliger Bewertung des Röntgenbildes zu Zahn 16 hätte auch er beide Zähne entfernt (AS 399/401; SBGAS 10 bis 16). In seinem Gutachten vom 25.02.2020 stellte der Sachverständige zu Zahn 15 ergänzend fest, dass aufgrund des OPG von 2011 (Abbildung 4 – OHAS 193) der Verdacht auf eine Zerstörung der Zahnsubstanz mesial, d.h. zur Mitte hin (OHAS 267) unterhalb der Krone bestand (SBGAS 5).

bbb. Hinsichtlich des Zahnes 15 geht das Gericht nach Maßgabe der Feststellungen bei den nachvollziehbaren Ausführungen der Beklagten Z.3 jedoch davon aus, dass die Entfernung des Zahnes ohne echte Behandlungsalternative notwendig war (SBGAS 12). Eine Aufklärung war daher nicht geboten gewesen (vgl. OLG Koblenz, Urteil vom 23.09.2015 – 5 U 603/15, VersR 2016, 1222; Geiß/Greiner, aaO. S. 324 m.w.Nachw. der Rechtsprechung).

bbc. Hinsichtlich des Zahnes 16 hätte die Beklagte Z.3 den Kläger über die Behandlungsalternative einer Wurzelbehandlung und eines Brückengliedes aufklären müssen.

Bereits in der mündlichen Verhandlung vom 15.03.2019 hat der Sachverständige ausgeführt, dass „lege artis“ für ein Erhalten beim Zahn 16 eine Wurzelfüllung und auch eine chirurgische Kronenverlängerung wäre, wofür dem Kläger vom Knochen etwas weggenommen werden muss, um hier die Karies, die bis an den Knochen reicht, entsprechend zu beseitigen, was durch einen Spezialisten ausgeführt würde, sehr aufwändig ist und zur Vorbereitung ca. 2.000,00 € koste. Ist die Wurzel gefüllt und eine größere Substanz vorhanden, dann kommt eine Überkronung, oder alternativ ein Brückenglied in Betracht.

Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 25.2.2020 seine Erklärungen aus der mündlichen Verhandlung bestätigt. Er hat hierzu vertiefend ausgeführt, dass die bei Zahn 16 ursprünglich vorhandene Füllung mit hoher Wahrscheinlichkeit an die Knochengrenze reichte. Zusammen mit dem eindeutigen Befund, dass zusätzlich eine unvollständige Wurzelfüllung vorliegt, hätte der Sachverständige auf die Versorgung dieses Zahnes als Brückenpfeiler verzichtet. In diesem Fall ist die Entfernung des Zahnes und die Versorgung entweder mit einer Brücke oder einem Implantat die sicherere und zudem preisgünstigere Lösung.

Diese Befunde, die weitere Prognose, die Alternativen und der finanzielle Aufwand sind jedoch mit dem Patienten zu besprechen. Entscheidet sich dieser trotz gründlicher Aufklärung für den Erhaltungsversuch des Zahnes, sollte sowohl die Aufklärung als auch seine Entscheidung nachvollziehbar dokumentiert werden; erst dann kann der Patient zu einem Spezialisten für Endodontie für die Wurzelkanalrevision und gegebenenfalls einen chirurgisch versierten Behandler oder einen Kieferchirurgen zur Vornahme der chirurgischen Kronenverlängerung überwiesen werden. Dem Patienten muss dabei klar sein, dass bis zur vollständigen Ausheilung, die erst nach ca. einem halben bis einen Jahr beurteilt werden kann, lege artis nur eine provisorische Versorgung des Zahnes möglich ist.

Die Implantation von zwei Implantaten in 15 und 16 stellt eine erfolgversprechende und dem aktuellen Standard entsprechende Alternative zu der hier von der Beklagten Z.3 gewählten Brücke 14 – 17 dar (OHAS 245, 255, SBGAS 6, 9 -12), worüber der Kläger nicht aufgeklärt wurde, weshalb nur eine Brücke eingesetzt wurde. Wie oben ausgeführt, hat sich insoweit für Zahn 16 die unterlassene Aufklärung dahingehend verwirklicht, dass die Brücke beim Erhalt des Zahnes dann nicht von Zahn 14 bis 17, sondern nur von Zahn 14 bis 16 gereicht hätte.

Eine nennenswerte Verschlechterung der Knochenverhältnisse ist jedoch entgegen der Behauptung des Klägers nicht eingetreten, weshalb die Implantate bei den Zähnen 15 und 16 grundsätzlich möglich blieben (SBGAS 13/15).

Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

cc. Brücke 14 – 17

Gegen die Versorgung der Lücke 15, 16 durch die Eingliederung einer Brücke 14 – 17 am 28.07.2014 ist fachlich grundsätzlich nichts einzuwenden. Sie war jedoch verfrüht während der Ausheilphase eingesetzt worden, sodass es zu einer Spaltbildung zwischen der Brückenbasis und dem Zahnfleisch (Gingiva) kam. Bei der vorliegend „definitiv zementierten Brücke“ kommt keine Nachbesserung, sondern nur eine Neuplanung- und -anfertigung des Zahnersatzes in Betracht. Hierbei handelt es sich objektiv um einen Behandlungsfehler (OHAS 213/215, 245, 265, Abbildung 7 OHAS 205; SBGAS 49).

Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

dd. Zahn 25

Bei den beiden präprothetischen OPG (Abbildung 1 und 4) ergab sich ein deutlicher Verdacht auf eine apikale Aufhellung (chronische Vereiterung), der im Rahmen der Planung mittels einer Einzelaufnahme hätte abgeklärt werden müssen. Vor der Überkronung wären lege artis und auch nach den Zahnersatzrichtlinien der gesetzlichen Kassen endodontische Maßnahmen (Wurzelbehandlungen – OHAS 265) angezeigt gewesen. Der Zahn hätte vorerst nur provisorisch versorgt werden dürfen. Erst nach Ausheilung wäre definitiver Zahnersatz angezeigt gewesen (OHAS 241/243, 361, 365; SBGAS 4; SBGAS 57 – 63, SBGAS 16).

Liegt in dieser Primärschädigung des Zahnes 25 ein Behandlungsfehler vor, so geht das Gericht trotz der dadurch notwendigen umfassenden Nachbehandlungen vorliegend nicht davon aus, dass dieser Zahnverlust im September 2018 ursächlich auf die Falschbehandlung zurückzuführen ist (§ 287 ZPO). Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 25.02.2020 ausgeführt, dass ex post nicht darauf geschlossen werden kann, dass der Zahn nicht verloren gegangen wäre, wenn die Beklagten vor der Überkronung bereits eine Wurzelkanalbehandlung durchgeführt hätten. Es handelt sich vielmehr um eine schicksalhafte Komplikation nach Wurzelbehandlung (SBGAS 19), was er später nochmals bestätigt hat (SBGAS 26).

Soweit eine Behandlung des Zahnes 25 fehlerhaft erfolgte, hat die Beklagte Z.3 auch nicht über das Risiko der unzureichenden Befunderhebung und damit Risiken der Ausführung aufgeklärt, weshalb es zu einer nachträglichen Neuversorgung mittels Wurzelbehandlung kam und sich insoweit die unterlassene Aufklärung verwirklicht hat. Der Verlust des Zahnes war demgegenüber – wie ausgeführt – schicksalhaft.

Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde.

ee. Frontzahnkronen

Zu der Behauptung des Klägers, die Beklagte Z. 3 habe die Frontzahnkronen so verlängert, ohne dies mit ihm abzusprechen, dass dies zu Schmerzen und letztendlich zur Fraktur der Zähne 12 und 13 geführt habe, hat der Sachverständige solche Verlängerungen nicht festgestellt (OHAS 29/30, OHAS 371 – 375 und SBGAS 5, 19).

Die Feststellungen des Sachverständigen sind nachvollziehbar und insoweit überzeugend. Nach eigener Prüfung legt das Gericht sie seiner Entscheidung zugrunde. Ein Behandlungsfehler liegt insoweit nicht vor; auch hat sich eine fehlerhafte Aufklärung insoweit nicht verwirklicht.

d. Nachbehandlung Oberkiefer

Aufgrund der mangelhaften Brücke 14 -17, des Verlustes von Zahn 13 und 16, der notwendigen Extraktion von Zahn 25 und der Kronenfraktur der Zähne 11 bis 13 war überwiegend eine neue prothetische Planung und Versorgung notwendig (§ 287 ZPO).

aa. Die Entscheidung des Nachbehandlers Dr. K., die Lücke bei Zahn 13 durch ein Implantat zu ersetzten und einen weiteren Pfeiler durch ein Implantat bei Zahn 15 zu bekommen, um den wurzelgefüllten Zahn 14 zu entlasten, war die fachlich korrekte Entscheidung. Durch die Neuversorgung der Zähne 12 und 11 und Verblockung mit den linken Nachbarzähnen 21, 22 und 23 ist das Frakturrisiko zumindest deutlich verringert worden (SBGAS 37, SGBAS 43/44).

bb. Durch den Verlust des Zahnes 25 wurde eine Versorgung der Lücke notwendig. Die Planung einer festsitzenden Brücke mit den Pfeilerzähne 24 und 26 entspricht in diesem Fall dem Standard und kann als technisch unkompliziert und seit Jahrzehnten bewährten Therapiealternative bezeichnet werden (SBGAS 9; SBGAS 45). Dabei ist die Versorgung der bei Zahn 25 entstandenen Lücke mit einem Einzelimplantat und Krone oder die Entfernung der Kronen 24 und 26 und Fertigung einer Brücke 24 bis 26 mit Ersatz von 25 in den Kosten ähnlich (SBGAS 49). Für die Einbeziehung weiterer Zähne in diese Brückenversorgung besteht jedoch keine fachliche Notwendigkeit (SBGAS7/8; SBGAS 49/51; SBGAS 63/65). Für die Neuversorgung des Zahnes 27 und Einbeziehung in die Verblockung mit der Brücke 24 – 26 liegt eine medizinische Indikation nicht vor (SBGAS 38/39; SBGAS 63/65).

cc. Soweit im April 2016 eine Wurzelbehandlung des Pfeilerzahnes 14 durch den Nachbehandler Dr. K. notwendig wurde, ist eine solche nachträgliche Behandlungsmaßnahme gemäß fachlichem Standard als verschuldensunabhängige Komplikation zu werten. Dr. K. hat die Implantation bei Zahn 15 als zusätzlichem Pfeiler zur Verstärkung der Brückenkonstruktion geplant, was fachlich zu vertreten ist. Diese Kosten können indes nicht dem Beklagten angelastet werden (SBGAS 9; SBGAS 37, SBGAS 47; SBGAS 67).

e. Wegen der obigen Feststellungen wird auf die nachvollziehbaren Ausführungen des Sachverständigen Dr. H. in seinen Gutachten und seine mündlichen Erläuterungen verwiesen. Die Gutachten sind in sich nicht widersprüchlich oder unvollständig. Soweit der Sachverständige im Verlaufe seiner Begutachtungen seine Bewertungen geändert hat, hat er diese Neueinschätzung sorgfältig und nachvollziehbar begründet. Der Sachverständige ist für das Gericht erkennbar sachkundig. Dass sich die Beurteilungsgrundlage durch zulässige Noven verändert hat oder es neue wissenschaftliche Erkenntnismöglichkeiten zur Beantwortung der Beweisfragen gibt, ist weder vorgetragen, noch sonst ersichtlich. Gründe, die gegen die Glaubwürdigkeit des Sachverständigen Dr. H. sprechen könnten, wurden nicht vorgebracht und sind auch nicht aus sonstigen Umständen ersichtlich.

Deshalb macht sich das Gericht die Feststellungen des Sachverständigen nach selbständiger Prüfung zu eigen und legt sie seiner Entscheidung zugrunde.

4. Dem Kläger steht für die oben aufgezeigte fehlerhafte Behandlung und die daraus resultierenden Schäden ein Schmerzensgeld in Höhe von 15.000,00 € zu (§ 253 BGB).

a. Der Grundsatz der Einheitlichkeit des Schmerzensgeldes gebietet es, die Höhe des der Geschädigten zustehenden Schmerzensgeldes aufgrund einer ganzheitlichen Betrachtung der den Schadensfall prägenden Umstände unter Einbeziehung der absehbaren künftigen Entwicklung des Schadensbildes zu bemessen (vgl. BGH, Großer Senat für Zivilsachen, Beschluss vom 06.07.1955 – GSZ 1/55, BGHZ 18, 149, 151 ff.; BGH, Urteil vom 10.07.2018 – VI ZR 259/15, Rn. 6, juris, VerR 2018, 1462 m.w.N.). Mit der gefestigten Rechtsprechung hängt die Höhe des zuzubilligenden Schmerzensgeldes entscheidend von dem Maß der Lebensbeeinträchtigung ab. Die Schwere dieser Belastungen wird vor allem durch die Stärke, Heftigkeit und Dauer der erlittenen Schmerzen und Funktionsbeeinträchtigungen bestimmt, wobei etwaigen Dauerfolgen der Verletzungen besonderes Gewicht zukommt (vgl. BGH Beschluss vom 06.07.1955, a.a.O.). Im Sinne einer Objektivierung der Leiden wirken sich insbesondere die Art der Verletzungen, die Zahl der Operationen, die Dauer der stationären und ambulanten Behandlung, die Dauer der Arbeitsunfähigkeit und das Ausmaß eines eingetretenen Dauerschadens bei der Bemessung eines angemessenen Schmerzensgeldes aus (vgl. OLG Zweibrücken, Urteil vom 26.01.2022 – 1 U 188/20, Rn 40, juris; OLG Hamm, Urteile vom 18.01.2022 – 7 U 100/20, Rn. 32, juris; OLG Celle, Urteil vom 4.11.2020 – 14 U 81/20, Rn. 12, juris; OLG Köln, Urteil vom 09.08.2013 – 19 U 137/09, Rn 150 ff., juris).

b. Unter Beachtung dieser Grundsätze ist bei dem Kläger zunächst zu berücksichtigen, dass die Implantatbehandlung des Oberkiefers von Anfang an rechtswidrig war, weshalb die Beklagte Z.3 die Leidenszeit einer zahnprothetischen Behandlung des Klägers insgesamt bis in das Jahr 2019 verlängerte. Dabei ist jedoch wiederum zu beachten, dass der Kläger besondere Umstände dieser Verlängerung nicht substantiiert dargelegt hat, sondern pauschal auf eingereichte Unterlagen, insbesondere die Karteikarten der Ärzte verwies, aus denen sich zwar bei sorgfältiger Lektüre die einzelnen Arztbesuche herauslesen lassen, nicht jedoch ein besonderes Leiden über die vier Jahre hinweg. Auch wird nicht deutlich, warum die Behandlung so lange gedauert hat. Besonders sind demgegenüber die Verluste der Zähne 13 und 16 zu berücksichtigen. Die Brücke hätte bei Erhalt des Zahnes 16 dann nicht von Zahn 14 bis 17 erstellt werden müssen. Ferner fällt ins Gewicht, dass beim Kläger wegen der überwiegenden Ungeeignetheit der von der Beklagten Z.3 gefertigten Prothetik die Kronen von Zahn 11 und 12 erneuert, die Zähne 21 – 23 neu überkront und durch Verblockung und Einbeziehung der Zähne 12 – 23 neu versorgt werden mussten. Zahn 25 hätte vorerst nur provisorisch versorgt werden dürfen; erst nach Ausheilung wäre definitiver Zahnersatz angezeigt gewesen. Bei Festsetzung des Schmerzensgeldes ist daher dem Ausgleichsgedanken insgesamt besondere Bedeutung beizumessen.

c. Dies zu Grunde gelegt ist ein Schmerzensgeld von insgesamt 15.000,00 € erforderlich, aber auch unter Berücksichtigung der Ausgleichs- und Genugtuungsfunktion in Würdigung und Wägung der zuvor aufgezeigten erlittenen Schäden und daraus folgenden Beeinträchtigungen ausreichend.

aa. Bei der Bemessung des angemessenen Schmerzensgeldes unterliegt der Tatrichter zwar von Gesetzes wegen keinen betragsmäßigen Beschränkungen. Hierbei muss er aber im Hinblick auf den Gleichheitssatz das gewonnene Ergebnis anhand von in sog. Schmerzensgeldtabellen erfassten Vergleichsfällen überprüfen, wobei die dort ausgewiesenen Beträge schon wegen der meist nur begrenzt vergleichbaren Verletzungsbilder nicht schematisch übernommen werden dürfen. Schmerzensgeldentscheidungen anderer Gerichte zu benennen genügt allein nicht. Bei der Heranziehung von Vergleichsfällen ist zudem zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung bei der Bemessung von Schmerzensgeld nach gravierenden Verletzungen deutlich großzügiger verfährt als früher und zu Gunsten eines Geschädigten die zwischenzeitliche Geldentwertung – hier insbesondere seit dem Jahr 2022 mit 7,9% (recherchiert nach „www.destatis.de“) – zu berücksichtigen ist (vgl. LG Karlsruhe, Urteil vom 19.04.2023 – 6 O 175/21, Rn. 39, juris, m.w.Nachw.).

bb. Das OLG Düsseldorf hat für die fehlerhafte feste Eingliederung über 3 Zähne im Jahr 2000 6.000,00 DM zugesprochen (Urteil vom 14.12.2000 – 8 U 42/00, juris). Das OLG Hamm hat im Jahr 2014 bei einer fehlerhaften zahnprothetischen Behandlung mit ca. 4 Jahren Nachbehandlung ohne außergewöhnliche Schmerzen bei einer Vielzahl von Terminen auf ein Schmerzensgeld in Höhe von 4.000,00 € erkannt (Urteil vom 16.12.2014 – 26 U 81/14, juris). Wegen einer über Jahre andauernden, schmerzhaften Zahnbehandlung mit mehrmaligem Verlust von Implantaten und dem endgültigen Verlust eines Zahnes hat das OLG Köln im Jahr 2015 ein Schmerzensgeld in Höhe von 11.500,00 € zugesprochen (Urteil vom 26.08.2015 – 5 U 21/15, juris). Für einen Verlust von 4 Zähnen im Oberkiefer und notwendigem Ausfräsen des Kiefers und weiteren zahnärztlichen Behandlungen hat das OLG Zweibrücken im Jahr 2016 unter Berücksichtigung der von der Klägerin gewollten alternativen Behandlungsmethode 12.000,00 € zuerkannt (Urteil vom 19.4.2016 – 5 U 8/14, juris).

cc. Bei der Bemessung des Schmerzensgeldes von insgesamt 15.000,00 € hat das erkennende Gericht gemäß § 287 ZPO die vorstehend aufgeführten Umstände unter Berücksichtigung der in der Rechtsprechung in vergleichbaren Fällen zugesprochenen Schmerzensgeldbeträge abgewogen, um eine angemessene Beziehung der Entschädigung zu Art und Dauer der Verletzungen herzustellen.

5. Der Kläger kann auch den ihm entstandenen Schaden in Höhe von 2.850,78 € ersetzt verlangen.

a. Mehrkosten durch fehlerhafte Versorgung und anschließende Neuversorgung: 2.232,78 €

aa. Die Beklagten sind zum Ersatz der Kosten der Nachbehandlungen bei dem Arzt Dr. K. verpflichtet. Die dortigen Behandlungsmaßnahmen sind größtenteils auf den Behandlungsfehler der Beklagten zurückzuführen. Für die Haftung des Beklagten wäre es dabei ohne Bedeutung, wenn ein Teil der abgerechneten Behandlungsmaßnahmen darauf zurückzuführen ist, dass zunächst der vom Beklagten eingeschlagene Behandlungsweg weiterverfolgt wurde. Die Beklagte Z.3 haftet für alle Schäden, die durch ihr pflichtwidriges Tun entstanden sind. Dieser haftungsrechtliche Zusammenhang wäre nur dann unterbrochen worden, wenn ein weiterer Schaden durch ein völlig ungewöhnliches und unsachgemäßes Verhalten einer anderen Person hervorgerufen worden wäre. Die Haftung des Beklagten würde deshalb nur dann entfallen, wenn die nachbehandelnden Ärzte in einem außergewöhnlich hohen Maß die an ein gewissenhaftes ärztliches Verhalten zu stellenden Anforderungen außer Acht gelassen und derart gegen alle ärztlichen Regeln oder Erfahrungen verstoßen hätten, dass der eingetretene Schaden haftungsrechtlich-wertend allein ihrem Verhalten zugerechnet werden müsste (vgl. OLG Karlsruhe, Urteil vom 23.05.2001 – 7 U 39/00, Rn. 7 – 8, juris). Dafür ergeben sich aus dem vorliegenden Sachverhalt keinerlei Anhaltspunkte; der Beklagte zeigt dies auch nicht auf. Der Erstattungsfähigkeit steht auch nicht entgegen, dass es sich um sogenannte Sowieso-Kosten handeln könnte. Die dafür in vollem Umfang darlegungs- und beweispflichtige Beklagten haben weder substantiiert dargelegt, dass diese Kosten auch dann entstanden wären, wenn sie von Anfang an ordnungsgemäß behandelt hätten, noch haben sie dies unter Beweis gestellt. Wie oben aufgezeigt, haben die Beklagten die Kosten für eine Wurzelbehandlung des Pfeilerzahnes 14 im Jahr 2016 und die Implantation bei Zahn 15 ebenso nicht zu zahlen, wie die Neuversorgung des Zahnes 27 und Einbeziehung in die Verblockung mit der Brücke 24 – 26.

bb. Daraus ergibt sich eine Erstattung der Eigenleistungen des Klägers in Höhe von 2.232,78 € (§ 287 ZPO):

Die Eigenleistungen in Höhe von 1.175 € (Abrechnung vom 29.3.2018 – AHK 131) sind durch die nachfolgenden Rechnungen und Zahlungen (AHK 135 – 169) belegt und daher zu erstatten.

Die Eigenleistungen in Höhe von 1.231,31 € (Abrechnung vom 08.02.2017 – AHK 133) sind durch die nachfolgend vorgelegten Rechnungen und Zahlungen (AHK 171 -185) nur in Höhe von 1.057,79 € belegt, weshalb sie auch nur in dieser Höhe zu erstatten sind.

Soweit der Kläger mit Schriftsatz vom 23.12.2019 unter Vorlage eines Anlagenkonvoluts K20 weitere 1.008,46 € an Eigenleistungen geltend macht, waren diese nicht zu erstatten. Die Rechnung Dr. K. vom 30.03.2019 (AHK 225/226) umfasst unter dem 21.03.2019 auch 2 Teile Krone für die Zähne 15 und 13 als Brückenanker mit 400,00 € und für 9 Zähne, inklusive Zahn 26 und Zahn 27, weitere 2.627,28 €. Da die Zähne 15, 26 und 27 aus oben dargelegten Gründen nicht erstattungsfähig sind, hat das Gericht bei der 1. Position 200,00 € und bei der 2. Position 583, 84 € (2/9), zusammen 783,84 € abgezogen. Der gleiche 2/9 – Abzug wurde bei den Laborkosten (Rechnung vom 21.3.2019 – AHK 232/233) vorgenommen, da dort eine differenzierte Bezeichnung der einzelnen Zähne nicht vorliegt. Dieser Abzug ergibt bei einer Rechnung von 5.836,50 € den Betrag von 1.297,00 €. Zusammengerechnet ergibt sich somit aus der Rechnung vom 30.03.2019 ein Abzug von 2.080,84 €, weshalb nur 8.063,80 € an Zahnarztkosten zu erstatten sind. Hierzu hat der Kläger nach seinem Vorbringen jedoch bereits von der E. 6.366,66 € und von der Krankenkasse einen Festzuschuss in Höhe von 2.709,52 €, zusammen 9.076,18 € erhalten, weshalb dem Kläger insoweit kein Schaden entstanden ist.

b. Fahrtkosten 618,00 €

Die geltend gemachten Fahrten und dadurch entstanden Kosten in Höhe von 618 km werden von den Beklagten nicht angegriffen und sind daher zu erstatten.

6. Dass der Feststellungsantrag angesichts des Verlustes von zwei Zähnen als Dauerfolge begründet ist, steht für das erkennende Gericht außer Zweifel.

II.

Der Zinsanspruch in Höhe von 5%-Punkten über dem jeweiligen Basiszinssatz aus 2.232,78 € seit dem 21.06.2018 und aus weiteren 618,00 € seit dem 17.01.2020 rechtfertigt sich aus Rechtshängigkeit (§§ 291, 288 Abs. 1 Satz 2 BGB). Einen früheren Zeitpunkt eines Verzugs (§§ 286 Abs. 1 Satz 1 BGB) – hier: 09.06.2018 – hat der Kläger nicht dargelegt.

Die Entscheidung über die Kosten – einschließlich der des selbständigen Beweisverfahrens des LG Karlsruhe AZ.: 10 OH 4/15 (vgl. BGH, Urteil vom 09.02.2006 – VII ZB 59/05, NJW 2006, 2557) – folgt aus § 92 Abs. 1 ZPO (Klagantrag 1: 15.000,00 € statt 20.000,00 €, Klagantrag 2: 2.850,78 € statt 4.032,78 €, Klagantrag 3: 967,22 €), diejenige zur vorläufigen Vollstreckbarkeit aus § 709 ZPO.

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