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Zahnarztgebühren – Wirksamkeit der Vereinbarung erhöhter Gebührensätze

LG Frankfurt – Az.: 2/15 S 7/19 – Urteil vom 15.05.2019

1. Der Beklagte und Berufungskläger wird verurteilt an die Klägerin und Berufungsbeklagte € 579,16 nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit dem 23.6.2013, weitere € 623,42 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 5.7.2013 sowie weitere € 959,50 42 nebst Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 17.7.2013 sowie € 36,00 zu zahlen. Hinsichtlich eines weiteren Betrags in Höhe von € 252,75 ist die Klage derzeit nicht begründet, im übrigen wird sie abgewiesen.

2. Die Berufung wird, soweit sie nicht zur Änderung des amtsgerichtlichen Urteils geführt hat, zurückgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits und der Berufung haben die Klägerin und Berufungsbeklagte 10% und der Beklagte und Berufungskläger 90 % zu tragen.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Von der Darstellung des Sachverhalts wird gemäß §§ 540 Abs. 2, 313a Abs. 1 S. 1 ZPO überwiegend abgesehen.

Das Amtsgericht hat der Klage vollumfänglich stattgegeben. Es hat hierzu ausgeführt, dass die Klägerin aktivlegitimiert sei und sich hierbei auf die Abtretungsbestätigung vom 16.9.2014 (Bl. 162 d. A.) bezogen. Des weiteren hat das Amtsgericht ausgeführt, dass die Ärztin Frau … als behandelnde Ärztin – offenkundig – als Vertreterin des Zedentin gehandelt habe. Die Forderungen seien der Höhe nach auch begründet, da sich die streitgegenständlichen Rechnungen mit den Honorarvereinbarungen deckten. Die Honorarvereinbarungen seien wirksam. Der Beklagte habe Vereinbarungen jeweils vor der Behandlung unterschrieben, die auch vom Text her eindeutig seien. Es würden nicht nur die Steigerungssätze, sondern auch der sich hieraus ergebende Betrag angegeben, so dass die Abweichung vom Heil- und Kostenplan eindeutig sei. Der Beklagte habe zu Recht darauf hingewiesen, dass er auf die gegenüber dem Heil- und Kostenplan gesteigerten Kosten hätte hingewiesen werden müssen, was aber durch die jeweiligen Honorarvereinbarungen erfolgt sei. Der Beklagte habe auch nicht behauptet, dass er daran gehindert gewesen sei, diese zu lesen und zur Kenntnis zu nehmen. Der Vortrag des Beklagten, die Vereinbarungen seien ihm „untergeschoben worden“ könne nicht subsumiert werden, was auch für den Vortrag gelte, der Beklagte habe angenommen, lediglich die vorgesehenen Teilschritte zur Behandlung zu quittieren. Die seitens des Beklagten erklärte Anfechtung gehe daher ins Leere.

Gegen das am 24.4.2015 verkündete und dem Beklagtenvertreter am 29.4.2015 zugestellte Urteil hat dieser mit Schriftsatz vom 13.5.2015, eingegangen bei Gericht am 13.5.2015 (Bl. 249 f. d. A.) Berufung eingelegt. Die Berufung wurde nach Fristverlängerung mit Schriftsatz vom 29.7.2015 begründet.

Der Beklagte rügt die Verletzung formellen und materiellen Rechts.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, das Urteil des Amtsgericht Frankfurt am Main vom 24.4.2015, Aktenzeichen 30 C 1729/14 (47) abzuändern, dass der Beklagte verurteilt wird, an den Kläger € 1.438,40 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus dem vorgenannten Betrag zu zahlen und im übrigen die Klage abzuweisen.

Die Klägerin und Berufungsbeklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie ist jedoch überwiegend nicht begründet. Soweit sie begründet ist, führte sie zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils.

1. Die Klageforderung ist begründet und auch bis auf einen Betrag in Höhe von € 252,75 fällig.

a) Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Die Forderung des Zahnarztes … gegen den Beklagten und Berufungskläger wurde an die Klägerin abgetreten, womit der Beklagte und Berufungskläger auch einverstanden war, wie sich aus Anlage K1 ergibt. Die Abtretung der Forderung ergibt sich zum einen aus der vertraglichen Vereinbarung zwischen der Klägerin und Herrn … vom 11.5.2012 Ziff. 2 (Anlage K6) und Bl. 134 d. A.. Nach der vertraglichen Vereinbarung trat der Zedent die Forderung bei einem Forderungsankauf ab, der gem. dem Abrechnungsnachweis der Klägerin vom 17.5.2013 stattgefunden hat. Hinzu kommt, dass Herr …, wie sich aus der Anlage K11 ergibt, die Abtretung der Forderungen bestätigt hat. Soweit der Beklagte und Berufungskläger der Auffassung ist, dass die Klägerin nicht aktiv legitimiert sei, weil sie ihrerseits die Forderungen an die Deutsche Apotheker und Ärztebank abgetreten habe, ist dies zwar insoweit richtig, als dass eine Sicherungsabtretung ausweislich des mit Anlage K7 vorgelegten Rahmenvertrags vorliegt. Ausweislich Ziff. 3.5 dieses Vertrages ist die Klägerin aber auch berechtigt, die Forderung im eigenen Namen einzuziehen, so dass das Amtsgericht zu Recht die Aktivlegitimation bejaht hat. Dem ist der Beklagte in den sich daran anschließenden Schriftsätzen und der mündlichen Verhandlung auch nicht mehr entgegen getreten, sondern hat vorgetragen, dass es an einem Vertragsschluss zwischen den „angeblich behandelnden Ärzten und dem Beklagten“ fehle. Hierzu hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beklagte von der bei Herrn … angestellten Zahnärztin …, was seitens des Beklagten nicht bestritten wurde, behandelt wurde und diese auch die streitgegenständlichen Honorarvereinbarung unterschrieben hat. Die streitgegenständlichen Honorarvereinbarungen weisen den Zedenten Herrn … als Vertragspartner aus, unterschrieben hat ihn neben dem Beklagten Frau …, die unstreitig bei Herrn … angestellt war. Damit handelt es sich nicht um eine verdeckte Vertretung, sondern ausweislich des jeweiligen Eingangssatzes der Vereinbarung schlossen der „o. g. Patient…“ und der „o. g. Zahnarzt…“, mithin der Beklagten und Berufungskläger und Herr … die Vereinbarung ab. Damit trat der Wille seitens Frau …, im fremden Namen zu handeln, aus der Urkunde hervor, so dass eine wirksame Vertretung im Sinne von § 164 Abs. 1 BGB gegeben ist. Dass Herr … diese nicht bevollmächtigt hätte, hat der Beklagte und Berufungskläger nicht vorgetragen. Im übrigen läge in der Abtretung der Forderung an die Klägerin auch eine ex tunc wirkende Genehmigung seitens Herrn … vor.

b) Es liegt auch kein Verstoß gegen §§ 2 Abs. 3, 1 Abs. 2 Satz 2 GoZ vor. Gem. § 1 Abs. 2 Satz 2 der GoZ darf der Zahnarzt Leistungen berechnen, die über das Maß einer zahnmedizinisch notwendigen zahnärztlichen Versorgung hinausgehen, wenn sie auf Verlangen des Zahlungspflichtigen erbracht worden sind. Gem. § 2 Abs. 3 Satz 1 GoZ müssen diese Leistungen und ihre Vergütung in einem Heil- und Kostenplan schriftlich vereinbart werden. Der Beklagte und Berufungskläger schließt hieraus, dass auch die streitgegenständlichen Honorarvereinbarungen im Rahmen des ursprünglichen Heil- und Kostenplans hätten vereinbart werden müssen und verweist insofern auf das Urteil des OLG Karlsruhe vom 15.7.1999 (12 U 288/98).

Unstreitig hatte die Zahnarztpraxis … dem Beklagten und Berufungskläger einen Heil- und Kostenplan über auch zum überwiegenden Teil hier streitgegenständlichen Leistungen übermittelt, mit denen der Beklagte und Berufungskläger auch einverstanden war. Angegeben waren hier auch die Gebühren und der jeweilige Gebührensatz, der teilweise den des § 5 GoZ mit dem Ansatz von 4,6 überschritt (Anlage B1). Dass Herr … mit dem Beklagten im Nachgang gegenüber dem Heil- und Kostenplan geänderte Gebührenvereinbarungen hierzu schloss und teilweise auch andere Leistungen vereinbart wurden, führt nicht zur Unwirksamkeit dieser Vereinbarungen.

Sinn und Zweck der Erstellung eines Heil- und Kostenplans ist es, dem Patienten vor Augen zu halten, welche Maßnahmen geplant und welche voraussichtliche Kosten für ihn für die Durchführung der Maßnahmen entstehen werden (Spickhoff in: Medizinrecht, 3. Aufl., § 2 GOZ Rz. 20). Dies hat vor der Behandlung zu erfolgen. Dies heißt aber nicht, dass die Parteien eines solchen Vertrages keine weitere Vereinbarung dahingehend treffen können, dass im weiteren Verlauf nicht andere Gebührensätze oder geänderte Leistungen vereinbart werden können. Denn auch dann kann die der Verordnung zugrunde liegende Zielrichtung dieser Norm eingehalten werden, wenn und solange dies vor der Behandlung vorgenommen wird. Ob dies, wie vom Amtsgericht angemerkt, als nicht „unbedingt seriös“ seitens des Zahnarztes ist, weil dies diesem angesichts der hierfür von der Klägerin vorgetragenen Gründe von vornherein klar gewesen sein musste, kann dahinstehen. Maßgeblich ist, ob die Vereinbarung wirksam ist.

Zahnarztgebühren - Wirksamkeit der Vereinbarung erhöhter Gebührensätze
(Symbolfoto: Von Andrey_Popov/Shutterstock.com)

Unstreitig hat der Beklagte die streitgegenständlichen Vereinbarungen jeweils vor Beginn der jeweiligen Behandlung erhalten. Er hatte mithin Zeit, sich diese vor der Behandlung durchzulesen und sich über die Annahme des Angebots Gedanken zu machen. Soweit im Urteil des OLG Karlsruhe vom 15.7.1999 von einer „Drucksituation“ gesprochen wird, weil für den Patienten, dem die Vereinbarung vor der Behandlung vorgelegt worden war, kaum in Betracht gekommen wäre, den Termin zu verschieben, folgt dem die Kammer zum einen nicht. Denn es stand dem Beklagten und Berufungskläger völlig frei, die Behandlung zu den im Heil- und Kostenplan ursprünglich vereinbarten Bedingungen zu verlangen, eine Behandlung abzulehnen oder den erhöhten Gebührensatz vor der jeweiligen Behandlung zu unterschreiben. Zum anderen lag der Sachverhalt dort insoweit anders als die Honorarvereinbarung nach einem Behandlungsabschnitt dem Patienten vorgelegt worden war, der Patient sich dort mithin in einer anderen Situation befunden hat als der Beklagte und Berufungskläger. Auch hat der Beklagte und Berufungskläger nicht dargelegt, was er damit näher meint, der Vertrag sei ihm „untergeschoben worden“ und er sei davon ausgegangen, dass er lediglich Teilschritte der Behandlung lediglich quittiere, geschweige denn hat er dafür Beweis angeboten.

Letztlich sind aber, wie das Amtsgericht zu Recht ausführt, die Formulierungen in den jeweiligen Honorarvereinbarungen so eindeutig, dass der Beklagte und Berufungskläger sich nicht darauf berufen kann, er sei davon ausgegangen, dass er lediglich den Betrag, der insgesamt im Heil- und Kostenplan vereinbart war, quittiert habe. Denn die Vereinbarungen weisen ausdrücklich auf die erhöhten Gebührensätze und die sich daraus ergebenen erhöhten Behandlungskosten auf. Eine Aufklärung über die seitens des Zahnarztes erhöhten Kosten ist mithin erfolgt. Auch ist nicht ersichtlich, warum eine ausdrücklich als „Vereinbarung“ bezeichnete Honorarvereinbarung eine Teilleistung hätte quittieren sollen, wenn nach den Vorstellungen des Beklagten und Berufungsklägers Grundlage der Höhe des Honoraranspruchs der ursprüngliche Heil- und Kostenplan war. Dann hätte ihm spätestens bei der zweiten Behandlung, wissend dass weitere Behandlungen erforderlich sind, auffallen müssen, dass die im Heil- und Kostenplan veranschlagten Kosten erreicht sind.

c) Auch ist die Vereinbarung nicht gem. §§ 2 Abs. 2 GOZ, 134 BGB nichtig, weil dem Beklagten und Berufungskläger die Honorarvereinbarung vor dem jeweiligen Teilbehandlungsbeginn vorgelegt wurde.

Wie oben ausgeführt, ist Sinn und Zweck der Regelung, dass dem Patienten vor der Behandlung Zeit zum Überlegen bleibt, ob er unter den angebotenen Bedingungen eine derartige Behandlung durchführen lassen will. Daraus ergibt sich nicht, dass dies jeweils nur vor der Behandlung insgesamt erfolgen muss. Dies folgt schon daraus, dass auf Grund eines Ereignisses oder Zeitablaufs sich Änderungen in der Behandlung an sich ergeben können, was ja auch in dem vorliegenden Streitfall der Fall gewesen war. Auch in einem solchen Fall, muss es möglich sein, dass die jeweils nur geänderte Behandlungsmaßnahme dem Patienten vorgeschlagen und sein Einverständnis hierzu erbeten wird, ohne dass der ursprüngliche Heil- und Kostenplan deshalb keine Wirksamkeit mehr entfaltete. Maßgeblich ist aber, dass dem Patienten Zeit gelassen wird, dies zu überdenken. Dass der Beklagte und Berufungskläger etwa gedrängt worden wäre, die Vereinbarung noch schnell zu unterschreiben, ohne ausreichend Zeit für das Durchlesen und Überdenken des Inhalts zu haben, hat der Beklagte und Berufungskläger nicht vorgetragen. Auch sind dafür keinerlei Anhaltspunkte ersichtlich. Mithin ist der Schutzzweck der Norm im Falle auch der jeweiligen Honorarteilvereinbarung gewahrt.

d) Auch kommt eine Anfechtung wegen Täuschung gem. § 123 Abs. 1 BGB nicht in Betracht, weil es jedenfalls an der Einhaltung der Frist gem. § 124 Abs. 1 und 2 BGB fehlt. Der Beklagte und Berufungskläger hatte spätestens mit Erhalt der letzten Rechnung vom 24.5.2013 Kenntnis von der von ihm behaupteten Täuschung. Damit war die im Schriftsatz vom 15.8.2014 erklärte Anfechtung verfristet.

e) Ebenso wenig kommt eine Anfechtung wegen Irrtums in Betracht. Auch hier fehlt es an der Einhaltung der Anfechtungsfrist. Der Beklagte und Berufungskläger trägt vor, dass er davon ausgegangen sei, dass er Teilleistungen lediglich quittiere. Unabhängig von der Frage, ob dies als Inhaltsirrtum zu qualifizieren wäre, war ihm dann aber spätestens bei Zustellung der Klage der Umstand bekannt, dass er, wie er vorträgt, von einem anderen Sachverhalt ausgegangen war, als sich dies aus seiner Erklärung ergab. Mithin wäre es erforderlich gewesen, dass er spätestens in der Klageerwiderung jedenfalls vorsorglich die Anfechtung der Erklärung erklärt. Die Anfechtung hat er jedoch erst mit Schriftsatz vom 15.8.2014 erklärt und damit zu spät.

f) Dass die geltend gemachten Kosten erheblich vom Kosten- und Heilplan vom 14.11.2012 abweichen, führt auch nicht zu deren Unwirksamkeit. In dem vom Beklagten und Berufungskläger vorgelegten Schreiben des Zahnarztes vom 14.11.2012 war ein zahnärztliches Honorar von € 2.391,63 ausgewiesen. Hinzu kam, dass teilweise andere Leistungen erbracht wurden als diejenigen, zu denen sich der Heil- und Kostenplan vom 14.11.2012 verhält, so dass ein direkter Vergleich ohnehin nicht möglich ist. Auch kann der Beklagte und Berufungskläger nicht damit gehört werden, dass es keinen Hinweis der behandelnden Ärzte auf ein Überschreiten der im ursprünglichen Heil- und Kostenplan vorgesehenen Gesamtkosten gegeben habe. Zum einen haben sich teilweise die Leistungen geändert, zum anderen wurde der Beklagte und Berufungskläger jeweils bei den streitgegenständlichen Vereinbarungen eindeutig auf den erhöhten Gebührensatz hingewiesen. Schon allein an Hand des Ansatzes des „Satz“es war für den Beklagten und Berufungskläger leicht ersichtlich, dass sich hier einen erheblichen Unterschied zu den für die Leistungen im ursprünglichen Heil- und Kostenplan angesetzten Sätzen ergab.

g) Ebenfalls kann der Beklagte und Berufungskläger nicht damit durchdringen, dass eine Abweichung von der GOZ vorliege. § 5 GOZ bestimmt die Bemessung der Gebühren und gibt einen Rahmen von 2,3 bis 3,5 des Gebührensatzes vor. Dies gilt für die Abrechnung zahnärztlicher Leistungen im Rahmen des § 1 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 GOZ. Hier liegen jedoch hiervon abweichende Vereinbarungen im Sinne von § 1 Abs. 2 Satz 2, 2 GOZ vor. § 2 Abs. 2 Satz 2 GOZ sieht die Vereinbarung über den Steigerungssatz vor, § 2 Abs. 1 GOZ erlaubt die Vereinbarung einer von der Verordnung abweichenden Gebührenhöhe, legt aber gleichzeitig fest, dass weder von der Punktezahl noch von dem Punktewert abgewichen werden kann. Damit kann eine über den Rahmen des § 5 zulässige Vereinbarung sich nur auf den Gebührensatz beziehen. Über diesen haben die Parteien eine Vereinbarung jeweilig getroffen. Insofern greift auch das Argument des Beklagten und Berufungsklägers nicht, die Vergütungsvereinbarungen seien irreführend, da dort ausgeführt werde, es werde „gemäß den gesetzlichen Vorschriften“ der GOZ abgerechnet. Abgesehen davon, dass sich diese Formulierung nicht in den Vereinbarungen findet, sondern dort heißt es, dass „unter Zugrundelegung der Gebührenordnung für Zahnärzte (GOZ)“ abgerechnet werde, ist dies auch entsprechend der Vorschrift des § 2 Abs. 1 Satz 2 GOZ erfolgt. Nur der Gebührensatz wurde gegenüber dem des § 5 GOZ angehoben, nicht aber die Punktezahlen oder die Punktewerte. Eine Irreführung ist hier nicht zu sehen. Auch ist der Beklagte in der Vereinbarung darauf hingewiesen worden, dass der 2,3-fache Gebührensatz überschritten wird und dies auch schon im Heil- und Kostenplan vom 14.11.2012 auf dessen Seiten 10 ff. Insofern kann offen bleiben, ob und inwieweit es sich hierbei um AGB´s handelt oder hier von Leistungsbeschreibungen auszugehen ist.

h) Der Ansatz des 7-fachen Gebührensatzes ist auch nicht unangemessen, weil der 2,3-fache Gebührensatz um ein Vielfaches überschritten wird, wie der Beklagte und Berufungskläger vertritt.

Maßstab für die Beurteilung der Angemessenheit der Gegenleistung ist ihr objektiver Wert, der durch einen Marktvergleich zu bestimmen ist und nicht der 2,3-fache Gebührenwert. Dabei ist dem vereinbarten Entgelt der marktübliche Preis, den die Mehrzahl der übrigen Anbieter für vergleichbare Leistungen fordert, gegenüberzustellen (LG Düsseldorf BeckRS 2011, 26123). Die Unangemessenheit der vereinbarten Gebührensätze hat der Beklagte weder dargelegt noch unter Beweis gestellt, sondern sich insoweit auf die Gebührensätze der GOZ berufen, die aber angesichts der erbrachten Leistungen nicht Gegenstand der Angemessenheitsprüfung sind. Der 2,3-fache Satz bezieht sich auf eine durchschnittliche Leistung. Geht diese aber darüber hinaus, weil die Leistung besonderen Aufwand oder entsprechende Fachkenntnisse erfordert, ist diese für die Frage der Sittenwidrigkeit mit vergleichbaren Leistungen und Entgelten zu vergleichen.

i) Die Vergütungsforderungen waren auch bis auf einen Betrag in Höhe von € 252,75 fällig gem. § 10 GOZ, was zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils führte.

Soweit sich der Beklagte auf die Bezeichnung der Zähne mit Nummern und Kürzeln wie „dv“ oder „mod“ bezieht und diese als nicht ausreichend erklärt ansieht, setzt er sich in Widerspruch mit seinem eigenen Vorbringen, dass der Beklagte nur den Betrag, der im Heil- und Kostenplan vereinbart war, schulde (damit ihn selbst als fällig ansieht) und auch nur insoweit die Änderung des amtsgerichtlichen Urteils anstrebt. Denn auch dort waren die Zähne derart beschrieben, was im übrigen auch im Verkehr üblich ist und mühelos dessen jeweilige Bedeutung nachgeschlagen werden kann. Maßgeblich für die Frage einer ausreichenden Begründung im Sinne des § 10 Abs. 3 Satz 1 GOZ ist, dass diese für einen medizinischen und gebührenrechtlichen Laien nachvollziehbar ist (VG Düsseldorf BeckRS 2016, 110963). Eine einem medizinischen und gebührenrechtlichem Laien nachvollziehbare Begründung findet sich bis auf bei Ziff. 2100 des Zahns 24 mod in der Rechnung vom 7.5.2013 in allen Rechnungen. Die Zahnarztpraxis hat dargelegt, dass wegen eines minimalinvasiven Präparats zur Hartsubstanzschonung und besonderer Individualisierung und Farbanpassung ein erhöhter Zeitaufwand erforderlich war und eine besondere Schwierigkeit gegeben sei. Des weiteren enthält der Text die Anmerkung, dass die Kauflächen- und Kontaktpunktgestaltung schwierig gewesen sei. Der Beklagte hat auch nicht vorgetragen, dass er eine weitere Begründung nach § 10 Abs. 3 Satz 2 GOZ verlangt hätte und diese ihm nicht gewährt worden sei. Damit waren die Forderungen mit Zugang der Rechnungen bis auf die o. g. fällig.

2. Das Urteil des Amtsgerichts ist auch hinsichtlich der Rechtsverfolgungskosten abzuändern. Zwar hätte die Klägerin grundsätzlich gem. §§ 286 Abs. 1 Nr. 1, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1 BGB Anspruch auf Ersatz der Kosten der Rechtsverfolgung gehabt. Die Klägerin hat allerdings trotz des Bestreitens durch den Beklagten keine Rechnungsstellung des Rechtsanwalts ihr gegenüber und deren Bezahlung durch die Klägerin nachgewiesen. Insoweit war die Berufung begründet und führte zur Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils.

3. Die Klägerin hat auch gem. §§ 286 Abs. 1 Nr. 1, 288 Abs. 4, 280 Abs. 1 BGB einen Anspruch auf € 36,00 Mahnkosten.

4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1, 92 Abs. 1 ZPO, die der Vollstreckbarkeit aus §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO.

5. Die Revision war nicht zuzulassen. Die Rechtssache hat weder grundsätzlich Bedeutung noch erfordert es die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung durch das Revisionsgericht.

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