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Aufklärungspflichten vor Fußoperation im Fersenbereich

OLG Köln – Urteil vom 04.07.2018 – Az.: I-5 U 56/17

Die Berufung der Klägerin gegen das am 15.3.2017 verkündete Urteil der 25. Zivilkammer des Landgerichts Köln – 25 O 363/11 – wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens werden der Klägerin auferlegt.

Das vorliegende Urteil und die angefochtene Entscheidung sind vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leisten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der am 9.5.1933 geborene frühere Kläger (im Folgenden auch: Patient), dem Hüftprothesen beidseits und ein Herzschrittmacher eingesetzt waren, stellte sich am 27.11.2007 mit belastungsabhängigen Schmerzen im rechten Fuß sowie einem Instabilitätsgefühl und einer Unsicherheit beim Gehen in der Praxis des Beklagten zu 2) vor, der sowohl als niedergelassener Orthopäde tätig als auch im Krankenhaus der Beklagten zu 1) angestellt ist. Der Beklagte zu 2), bei dem der Patient seit dem Jahr 1997 in Behandlung war, untersuchte ihn und führte eine Röntgenaufnahme des rechten Fußes, eine Sonografie beider Füße und eine Pedobarografie durch. Am 14.12.2007 erfolgte eine Computertomografie in einer radiologischen Praxis. Am 20.12.2007 besprach der Beklagte zu 2) mit dem Patienten die Befunde, diagnostizierte – wie aus dem Bericht vom 2.1.2008 hervorgeht – einen Hohlfuß rechts mit varischer Ferse sowie eine Anhebung und Instabilität des fünften Strahls des rechten Fußes, empfahl eine valgisierende Korrekturosteotomie des Fersenbeins nach Dwyer kombiniert mit einer Plattenosteosynthese des fünften tarsometatarsalen Gelenks und führte ein Aufklärungsgespräch durch.

Nach stationärer Aufnahme des Patienten im Krankenhaus der Beklagten zu 1) nahm der Beklagte zu 2) am 7.3.2008 die Operation vor. An der weiteren Nachbehandlung war der Beklagte zu 3) beteiligt. Am 14.3.2008 wurde der Patient entlassen und nach einigen Stunden mit Schüttelfrost und Übelkeit wieder aufgenommen. Die Wunden am rechten Fuß zeigten keinen auffälligen Befund. Am 17.3.2008 wurde der Patient erneut entlassen.

Als er sich am 20.3.2008 ambulant in der Praxis des Beklagten zu 2) vorstellte, zeigte sich eine Hautnekrose an der lateralen Ferse rechts. Der Beklagte zu 2) nahm einen Abstrich, der zum Nachweis von staphylococcus aureus führte, und wies den Patienten in das Krankenhaus der Beklagten zu 1) ein. Dort erfolgten eine intravenöse antibiotische Behandlung mit Sobelin und regelmäßige Nekrosenabtragungen. Am 28.3.2008 wurde der Patient entlassen.

Bis zum 28.4.2008 stellte er sich alle zwei bis vier Tage zum Verbandswechsel in der Praxis des Beklagten zu 2) vor. In diesem Zeitraum kam es zu einer deutlichen Verbesserung des Befundes. Da ein Schraubenkopf noch sichtbar war, empfahl der Beklagte zu 2) eine vorzeitige Schraubenentfernung. Am 7.5.2008 sah die Wunde nach dem Vermerk in den Behandlungsunterlagen gut aus. Nach stationärer Aufnahme im Krankenhaus der Beklagten zu 1) entfernte der Beklagte zu 3) am 8.5.2008 zwei Schrauben aus der Ferse. Am 9.5.2008 wurde der Patient entlassen.

Aufklärungspflichten vor Fußoperation im Fersenbereich
(Symbolfoto: Dina da/Shutterstock.com)

Am 11.5.2008 stellte er sich mit starken Schmerzen in der Hüfte in der Ambulanz der Beklagten zu 1) vor. Eine Röntgenaufnahme zeigte keine Lockerung der Hüftprothesen. Nach einem Telefonat mit dem Beklagten zu 2) wurde der Patient einige Stunden später stationär aufgenommen. Unter der Diagnose Lumbago erfolgte eine Infiltrationsbehandlung der Lendenwirbelsäule. Die Wunde wurde als reizlos beschrieben. Die am 11.5.2008 entnommene Blutprobe ergab ein CRP-Wert von 1,2 mg/dl und Leukozyten von 10,1. In den nächsten Tagen erfolgte eine Schmerzbehandlung. Am 13.5.2008 fiel der Patient aus dem Bett. Er hatte ein leichtes Hämatom an der Stirn. Eine Röntgenuntersuchung ergab keine weitergehenden Verletzungen. Eine Krankenschwester fand den Patienten am Abend kaltschweißig, blass und desorientiert vor. Bei der folgenden ärztlichen Untersuchung war der Patient ansprechbar, orientiert und ohne sensomotorische Störung. Die für den 14.5.2008 geplante Computertomografie des Schädels ergab weder eine Blutung noch eine sonstige Raumforderung. Bei der ärztlichen Untersuchung gegen 12.00 Uhr war der Patient verlangsamt und hatte Wortfindungsstörungen. Die Wunde an der Ferse war reizlos. Unter der Diagnose TIA unklarer Genese leiteten die Orthopäden eine Übernahme der Behandlung durch die Abteilung für Innere Medizin ein. Deren Chefarzt, der Beklagte zu 4), führte gegen 16.30 Uhr eine Untersuchung des Patienten durch. Dabei zeigte sich der Patient desorientiert ohne sonstige Auffälligkeiten. Bis zum 14.5.2008 wurde keine Temperatur über 37,2 … gemessen.

Am Morgen des 15.5.2008 trat eine erhebliche Zustandsverschlechterung ein. Der Kläger wurde mit septischem Schock, einer Pneumonie und akutem Nierenversagen auf die internistische Intensivstation verlegt und intubiert. In der entnommenen Blutkultur wurde der Keim staphylococcus aureus nachgewiesen. An der weiteren Behandlung war die Beklagte zu 5) beteiligt. Am 18.5.2008 erfolgte eine Inzision einer Phlegmone in der linken Ellenbeuge. Am gleichen Tag ist ein Dekubitus der rechten Ferse mit Hautnekrose beschrieben. Am 6.6.2008 nahmen die Ärzte eine Tracheotomie vor. Wegen des Verlaufs der Sepsis, der verschieden stark ausgeprägten Rezidive der Sepsis und eines SIRS, der jeweils bestimmten Keime und der eingesetzten Antibiotika wird auf den Bericht der Beklagten zu 1) vom 31.7.2008 Bezug genommen. Bei Entlassung am 5.8.2008 lag eine ausgeprägte critical illness-Polyneuropathie mit schlaffer Lähmung des linken Fußes und Fallhand rechts vor.

Vom 5.8.2008 bis 6.2.2009 befand sich der Patient, der zur operativen Behandlung eines glutealen Weichteilabszesses vom 17.10.2008 bis 31.10.2008 in das Evangelische Krankenhaus C-C2 verlegt war, im Neurologischen Rehabilitationszentrum in C.

Der frühere Kläger hat die Beklagten auf ein Schmerzensgeld, das er mit 175.000 EUR als angemessen angesehen hat, Ersatz von Haushaltsführungsschaden, Verdienstausfall, Pflegemehraufwand, Fahrtkosten, sonstigen materiellen Schäden, Feststellung der Ersatzpflicht und Erstattung vorgerichtlicher Anwaltskosten in Anspruch genommen. Er hat ihnen vorgeworfen, dass die Operation vom 7.3.2008 nicht indiziert gewesen sei. Außerdem hätten die Beklagten gegen anerkannte Regeln der Krankenhaushygiene verstoßen. Der Beklagte zu 2) habe Operationsinstrumente benutzt, die nicht in einem validierten Verfahren sterilisiert worden seien und nicht keimfrei gewesen seien. Die eingebrachten Schrauben seien nicht ordnungsgemäß desinfiziert worden und kontaminiert gewesen. Die beteiligten Brillenträger, insbesondere der Beklagte zu 2), hätten eine gesonderte Desinfektion ihrer Brillen oder deren Wechsel im sterilen Bereich unterlassen. Bei der Beklagten zu 1) liege eine Häufung von nosokomialen Infektionen vor. Die postoperative Behandlung, insbesondere die Antibiotikatherapie ab dem 20.3.2008, sei fehlerhaft und unzureichend gewesen. Die Schrauben seien am 8.5.2008 zu spät aus der Ferse entfernt worden. Auf die Anzeichen einer Sepsis sei zu spät und fehlerhaft reagiert worden. Schon ab dem 12.5.2008 sei der Patient verwirrt und desorientiert gewesen. Ab diesem Tag seien Abstriche und die Anlage von Blutkulturen zur Keimbestimmung erforderlich gewesen. Die Sepsis sei nicht nach fachärztlichem Standard behandelt worden. Dies gelte insbesondere für die durchgeführte Antibiotikatherapie. Über die mit dem Eingriff verbundenen Risiken sei er nicht zutreffend aufgeklärt worden. Auf das Risiko einer Sepsis und die Infektionsraten sei er nicht hingewiesen worden. Er sei auf Gehhilfen oder den Rollstuhl angewiesen. Das linke Bein sei gelähmt und taub, die Muskulatur zurückentwickelt, die Gesäßmuskulatur nahezu nicht mehr vorhanden und die Schulter infolge der langen Liegezeit sehr schlecht beweglich. Er leide unter schweren Depressionen. Infolge der Bewegungseinschränkungen sei es zu mehreren Stürzen und Frakturen gekommen. Wegen der im Einzelnen geltend gemachten materiellen Schäden wird auf S. 20 ff. der Klageschrift verwiesen.

Wegen der vom früheren Kläger gestellten Anträge zu 1) bis 10) wird auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen.

Die Beklagten sind den gegen sie erhobenen Vorwürfen entgegen getreten. Sie haben die im Jahr 2008 gültige Validierung der Sterilisationsmaßnahmen, den Hygieneplan und eine Niederschrift der multiresistenten Erreger für das Jahr 2008 vorgelegt.

Das Landgericht hat ein orthopädisches Gutachten des Sachverständigen Prof. Dr. (Bl. 292 ff. d.A.) nebst zwei Ergänzungen (Bl. 406 ff. und 711 ff. d.A.) und ein internistisches Gutachten der Sachverständigen Prof. Dr. (Bl. 485 ff. d.A.) eingeholt und beide Sachverständige angehört (Bl. 699 ff. und 752 ff. d.A.). Das gegen die Sachverständige Prof. Dr. gerichtete Ablehnungsgesuch des früheren Klägers ist rechtskräftig zurückgewiesen worden. Weitere orthopädische Gutachten sind im Verfahren vor der Gutachterkommission von Prof. Dr. (Anlage K 4) und im Strafverfahren von Prof. Dr. (Bl. 63 ff. der Beiakte 34 Js 140/09 StA Köln) erstattet worden.

Daraufhin hat das Landgericht die Klage abgewiesen. Ein Verstoß gegen den medizinischen Standard sei nicht bewiesen. Die Operation vom 7.3.2008 sei indiziert gewesen. Angesichts der richtig gestellten Diagnose eines Hohlfußes und eines Fersenvarus mit Überlastung des Fußaußenrandes habe sie die am wenigsten belastende operative Therapie dargestellt. Sinnvolle konservative Behandlungsmöglichkeiten hätten nicht zur Verfügung gestanden. Die am 20.3.2008 festgestellte Hautnekrose sei fehlerfrei behandelt worden. Der Zeitpunkt der Schraubenentnahme am 8.5.2008 sei nicht zu beanstanden. Vom 11.5.2008 bis 14.5.2008 seien keine Symptome, die eine sich entwickelnde Sepsis andeuteten, übersehen worden. Die Vitalparameter seien unauffällig gewesen. Die Desorientiertheit habe durch den Sturz erklärt werden können. Weitere Laboruntersuchungen seien bei unauffälligen Vitalparametern nicht erforderlich gewesen. Die fulminante Entwicklung einer Sepsis habe sich erst ab dem 15.5.2008 gezeigt. Die Sepsis sei fehlerfrei behandelt worden. Dies gelte insbesondere für die Wahl der Antibiose. Ein Zusammenhang zwischen der Operation und der Sepsis sei sehr unwahrscheinlich. Die internistische Sachverständige habe auch im Hinblick auf die Hygienevorwürfe keine Fehler der Beklagten feststellen können. Eine Umkehr der Beweislast nach den Grundsätzen über den voll beherrschbaren Risikobereich komme nicht in Betracht. Die Ursache der Sepsis mit all ihren Folgen sei unklar. Es sei möglich, dass der Patient selbst Träger der Keime gewesen sei. Ob die Vorgaben aus Hygieneplänen in der Vergangenheit eingehalten worden seien, lasse sich durch ein Sachverständigengutachten nicht klären. Eigene Wahrnehmungen des Patienten oder von Zeugen seien nicht dargetan. Die Verwendung von sterilen Brillen sei im Jahr 2008 nicht medizinischer Standard gewesen. Ansprüche wegen mangelhafter Aufklärung über das Risiko einer Sepsis bestünden schon deshalb nicht, weil ein Kausalzusammenhang zwischen der Fußoperation und dem Ausbruch der Sepsis nicht festgestellt werden könne.

Hiergegen hat sich der frühere Kläger mit der Berufung gewandt. Er ist im Verlauf des Berufungsverfahrens verstorben und von seiner Ehefrau allein beerbt worden, die den Rechtsstreit fortführt. Sie verfolgt die Klageanträge zu 1) bis 8) und den Klageantrag zu 10) weiter. Den auf Feststellung der Ersatzpflicht gerichteten Klageantrag zu 9) haben die Parteien übereinstimmend für erledigt erklärt. Hilfsweise beantragt die Klägerin die Zurückverweisung der Sache an das Landgericht.

Sie macht geltend, dass das Landgericht den Vortrag und die Beweisantritte zur Hygienesituation nahezu vollständig übergangen habe. Die Einholung eines Gutachtens im Bereich der Krankenhaushygiene habe es fehlerhaft unterlassen. Der orthopädische Sachverständige Prof. Dr. und die internistische Sachverständige Prof. Dr. könnten entsprechende Fragen mangels Fachkunde nicht sachgerecht beantworten. Hinsichtlich der Darlegung von Hygienemängeln habe das Landgericht nahezu unerfüllbare Anforderungen gestellt.

Die Aufklärung sei nicht ausreichend gewesen. Die persönlichen Umstände des Patienten und die Hygienemängel hätten eine aufklärungspflichtige Risikoerhöhung bewirkt.

Die Gutachten von Prof. Dr. und Prof. Dr. ließen die zu erwartende Sachkunde vermissen. In diesem Zusammenhang rügt die Klägerin, geordnet nach der zeitlichen Reihenfolge der Behandlung, unter anderem folgendes: Hinsichtlich der Indikation der Operation vom 7.3.2008 habe das Landgericht die Widersprüche zwischen den Gutachten von Prof. Dr. und Prof. Dr. nicht aufgelöst. Es habe nicht dargelegt, weshalb es den Ausführungen von Prof. Dr. gefolgt sei. Von Klägerseite sei immer wieder darauf hingewiesen worden, dass die Wunde nicht reizlos gewesen sei. Gleichwohl hätten die Sachverständigen und das Gericht nur auf die Dokumentation abgestellt. Es sei ferner unverständlich, weshalb die Entlassung trotz des schlechten Heilungszustands der Wunde standardgerecht gewesen sein solle. Soweit es um die Erkennbarkeit der Sepsis gegangen sei, hätten die Sachverständigen außer Acht gelassen, dass der Patient einen Herzschrittmacher gehabt und Novalgin mit Fieber senkender Wirkung erhalten habe. Kaltschweißigkeit, Blässe und Verwirrtheit seien deutliche Sepsisindikatoren. Der Sturz des Klägers werde fehlinterpretiert. Es habe keine neurologisch bedingten Ausfälle gegeben, die auf den Sturz zurückzuführen gewesen seien. Soweit Prof. Dr. angegeben habe, dass es nie ganz vermeidbar sei, dass es bei einem Patienten auf einer Intensivstation zu einer nosokomialen Infektion komme, weise das keinen Bezug zur konkreten Behandlung auf. Das Erleiden einer ganzen Reihe von Infektionen zeige, dass nicht mit genügender Sorgfalt gearbeitet worden sei. Prof. Dr. habe lediglich postuliert, dass die Antibiose gut gewählt worden sei, aber keine Überprüfung anhand der Leitlinien vorgenommen.

Die Beklagten verteidigen das angefochtene Urteil. Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

II.

Die Berufung ist unbegründet.

Die Klägerin kann von den Beklagten aus ererbtem Recht des Patienten gemäß §§ 280 Abs. 1, 823 Abs. 1, 831 Abs. 1, 253 Abs. 2, 1922 Abs. 1 BGB weder die Zahlung eines Schmerzensgeldes noch materiellen Schadensersatz verlangen. Ein zur Haftung führender Behandlungsfehler ist nicht erwiesen. Die Aufklärung war weder mangelhaft noch würde ein Aufklärungsmangel zu einer Einstandspflicht der Beklagten führen.

1. Das Landgericht hat einen den Beklagten zur Last fallenden Behandlungsfehler verfahrensfehlerfrei und in der Sache zutreffend nicht angenommen. Weiterer Aufklärungsbedarf besteht nicht.

a) Die am 7.3.2008 durchgeführte Operation, das heißt die Korrekturosteotomie des Fersenbeins nach Dwyer kombiniert mit einer Plattenosteosynthese des fünften tarsometatarsalen Gelenks, war indiziert.

Der Sachverständige Prof. Dr. hat schlüssig dargelegt, warum sich die Ende des Jahres 2007 gestellte Diagnose eines Hohlfußes rechts mit varischer Ferse und Überlastung des Fußaußenrandes, obwohl der Beklagte zu 2) bis zum Jahr 2002 einen Knickplattfuß mit Fersenvalgustendenz beschrieben hatte, nach den erhobenen Befunden und dem Beschwerdebild des Patienten als zutreffend dargestellt hat.

Prof. Dr. hat nach eigener Beurteilung der Röntgenaufnahmen ausgeführt, dass die Rückfußaufnahme im Stehen einen Fersenvarus, das heißt eine Stellung der Ferse nach innen, zeige. Auf dem seitlichen Röntgenbild des rechten Fußes sei das gesamte Würfelbein abgebildet, was eine Hohlfußstellung anzeige. Bei einem Knickplattfuß sei das Würfelbein im seitlichen Röntgenbild überhaupt nicht zu sehen. In der Pedobarografie sei das Abrollverhalten eines Fußes mit Überlastung des Fußaußenrandes zu erkennen, wie es bei einer Ferseninnenstellung und einem Hohlfuß typischerweise auftrete. Die Rückfußvarusstellung bewirke außer einer Überlastung des Fußaußenrandes, die zu Druckschmerzen führe, eine Instabilität des Fußes. Betroffene Patienten knickten leichter um. Entsprechende Beschwerden ergeben sich aus dem Bericht des Beklagten zu 2) vom 2.1.2008, in dem belastungsabhängige Schmerzen genannt sind, und aus den Angaben des Klägers gegenüber Prof. Dr. bei der Untersuchung am 30.1.2014. Er hat erklärt, dass er seit dem Jahr 2006 zunehmende Schmerzen gehabt habe. Er habe im Rücksprungfußgelenk ein Instabilitätsgefühl gehabt und eine Unsicherheit beim Gehen. Seine Gehstrecke habe, obwohl er mit Einlagen versorgt gewesen sei, noch bei 30 Minuten gelegen.

Die Umstellung des Fersenbeins nach außen kombiniert mit der Arthrodese des Tarsometatarsalgelenks, das heißt der Versteifung des Gelenks zwischen dem Würfelbein und dem fünften Mittelfußknochen, stellte nach den Ausführungen von Prof. Dr. die am wenigsten belastende operative Therapie zur Verbesserung der Statik, zur Beseitigung der Instabilität und zur Verbesserung und Erhaltung der Gehfähigkeit dar, die im Vergleich mit einer weiteren konservativen Therapie sinnvoll gewesen sei. Die alternativ in Betracht kommende Versteifung des unteren Sprunggelenks, bei der es sich um einen größeren Eingriff handele, sei richtigerweise nicht empfohlen worden, weil ein fortgeschrittener Verschleiß im Bereich des unteren Sprunggelenks durch die Computertomografie ausgeschlossen worden sei. Konservativ könne der Fußaußenrand durch Einlagen entlastet werden. Im Fall des Patienten seien die seit dem Jahr 2006 zunehmenden Beschwerden hierdurch aber nicht in den Griff zu bekommen gewesen. Die Instabilität lasse sich durch das Tragen einer Schiene ohnehin nur schlecht behandeln. Dies führe zu Bewegungseinschränkungen und in der Regel durch Druck auf den Außenknöchel zu Druckstellen.

Das Landgericht hat der vorstehend wieder gegebenen Beurteilung von Prof. Dr. zu Recht den Vorzug vor der gegenteiligen Bewertung von Prof. Dr. gegeben. Das Gutachten von Prof. Dr. beruht erkennbar auf einer unzureichenden Erfassung und Auswertung der Anknüpfungstatsachen. Soweit Prof. Dr. einen Hohlfuß ausschließt, hat er sich nicht mit den sich aus der Pedobarografie und dem seitlichen Röntgenbild des rechten Fußes ergebenden Befunden befasst und das hiermit korrespondierende Beschwerdebild des Patienten nicht berücksichtigt, das durch die von Prof. Dr. durchgeführte Anamneseerhebung verdeutlicht worden ist. Eine Untersuchung und Befragung des Patienten hat Prof. Dr. nicht vorgenommen. Darauf, dass eine Arthrose des fünften tarsometatarsalen Gelenks auf den präoperativen Röntgenbildern nicht oder nur in geringem Ausmaß zu sehen war, kommt es nicht an, denn die Versteifung des Gelenks diente – wie Prof. Dr. nachvollziehbar dargelegt hat – nicht der Behandlung von verschleißbedingten Schmerzen, sondern zur Korrektur der fehlerhaften Statik und Stellung des Fußes. Dass vaskuläre Vorerkrankungen entgegen der Auffassung von Prof. Dr. keine Kontraindikation für die Operation darstellten, ergibt sich aus dem Vermerk vom 27.11.2007 in den Behandlungsunterlagen des Beklagten zu 2) „Ausschluss einer pAVK (= peripheren arteriellen Verschlusskrankheit)“, der nach dem Vortrag der Beklagten auf der Durchführung einer Duplexsonografie beruht. Eine sonografische Untersuchung beider Füße ist für den 27.11.2007 dokumentiert. Die Sachverständige Prof. Dr. hat bei ihrer Anhörung bestätigt, dass hierin aus internistischer Sicht eine ausreichende Abklärung lag und kein Anlass zu einer weiteren fachärztlichen Abklärung bestand.

b) Es lässt sich nicht feststellen, dass die Beklagten bei der Operation vom 7.3.2008 den von ihnen zu beachtenden hygienischen Standard verletzt und gegen eine anerkannte Regel der Hygiene verstoßen haben. Im Übrigen wäre ein entsprechender Behandlungsfehler nicht für die Entstehung der Sepsis und deren Folgen ursächlich.

aa) Von einem Hygienemangel kann nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme und dem Vorbringen der Parteien nicht ausgegangen werden.

(1) Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen über den voll beherrschbaren Risikobereich kommt nicht in Betracht. Es steht nicht fest, dass die am 20.3.2008 diagnostizierte Wundheilungsstörung und die Infektion an der lateralen Ferse rechts, die nach dem entnommenen Abstrich durch den Keim staphylococcus aureus verursacht war, aus der von der Behandlungsseite voll beherrschbaren Sphäre hervorgegangen ist. Die Infektionsquelle ist ungeklärt. Insbesondere muss sie nicht einmal bei der Operation vom 7.3.2008 gesetzt worden sein. Der Sachverständige Prof. Dr. hat ausgeführt, dass die am 20.3.2008 angefertigte Fotodokumentation keine Rötung zeige, die auf ein tiefes Infektgeschehen schließen lasse. Nach den nachvollziehbaren Ausführungen von Prof. Dr. in seinem im Strafverfahren erstatteten Gutachten kann nach einer Operation eine nicht immer vermeidbare Besiedlung der Wundoberfläche mit Hautkeimen stattfinden. Bei staphylococcus aureus handelt es sich, wie dem ständig mit Arzthaftungssachen befassten Senat aus zahlreichen Verfahren bekannt ist, um einen Hautkeim.

(2) Ein im Jahr 2008 nach den allgemeinen hygienischen Vorgaben der Beklagten zu 1), insbesondere im Hygieneplan, ständig vorkommender und damit auch für den Streitfall erwiesener, struktureller Hygienemangel kann nicht angenommen werden.

Die Sachverständige Prof. Dr. hat der im Jahr 2008 gültigen Validierung der Sterilisationsmaßnahmen und dem Hygieneplan keine Abweichung von der Norm entnehmen können. Dies deckt sich damit, dass die mit dem vorliegenden Fall befassten orthopädischen Sachverständigen Prof. Dr. , Prof. Dr. und Prof. Dr. keinen Anhaltspunkt für einen möglicherweise schadensursächlichen hygienischen Mangel gesehen und beschrieben haben. Anlass zu einer weiteren Sachaufklärung, insbesondere zur Einholung eines krankenhaushygienischen Gutachtens, besteht in diesem Zusammenhang nicht. Hygienische Fragen stellen sich für Ärzte aller Fachrichtungen und können von ihnen, insbesondere soweit ihr Fachgebiet betroffen ist, ebenfalls beurteilt werden. Entsprechend gehen die vom Senat in anderen Verfahren in großer Zahl beauftragten Sachverständigen vor. Spezielle hygienische Fragen, die die im Jahr 2008 gültige Validierung der Sterilisationsmaßnahmen oder den Hygieneplan der Beklagten zu 1) betreffen und eine zusätzliche Begutachtung durch einen Facharzt für Krankenhaushygiene erfordern könnten, hat die Klägerseite nicht aufgeworfen. Die in der Klageschrift erhobenen Vorwürfe, insbesondere des Fehlens eines validierten Sterilisationsverfahrens und der Verwendung nicht keimfreier Operationsinstrumente und Schrauben, sind in Unkenntnis der entsprechenden Unterlagen der Beklagten zu 1) erfolgt. Nachdem die Unterlagen von den Beklagten zu den Akten gereicht worden sind, hat die Klägerseite ihre Vorwürfe nicht konkretisiert und nicht im Ansatz aufgezeigt, warum die Vorgaben des Hygieneplans der Beklagten zu 1) unzureichend sein sollen. Auch auf die Hinweise des Senats im Termin hin ist ein entsprechender fallbezogener Vortrag nicht erfolgt.

Aus dem Wechselspiel der Darlegungs- und Beweislast, welches die Klägerin im Schriftsatz vom 30.5.2018 angesprochen hat und das für den Zivilprozess, insbesondere den Arzthaftungsprozess, kennzeichnend ist, kann die Klägerin nichts zu ihren Gunsten herleiten. Es handelt sich vorliegend nicht um einen Rechtsstreit, in dem die Behandlungsseite auf zunächst zulässigerweise pauschal gehaltene hygienische Vorwürfe des Patienten nicht eingegangen ist. Vielmehr haben die Beklagten auf das Vorbringen des früheren Klägers hin die im Jahr 2008 gültige Validierung der Sterilisationsmaßnahmen, den Hygieneplan und eine Niederschrift der multiresistenten Erreger für das Jahr 2008 vorgelegt, denen die Sachverständige Prof. Dr. keine Abweichung von der Norm hat entnehmen können. Bei dieser Sachlage, bei der die Beklagten einer etwaigen sekundären Darlegungslast entsprochen haben und bei der bereits eine sachverständige Prüfung erfolgt ist, ist eine weitere Sachaufklärung erst dann veranlasst, wenn gleichwohl konkrete Anhaltspunkte für einen strukturellen hygienischen Mangel bestehen. Dies ist weder von der Klägerseite dargetan worden noch bei der gebotenen Prüfung von Amts wegen erkennbar.

(3) Ein im Einzelfall des Patienten von den Vorgaben des Hygieneplans abweichendes oder sonst hygienisch fehlerhaftes Vorgehen kann die Klägerin nicht beweisen.

Zu den tatsächlichen Verhältnissen, die im Jahr 2008 im Krankenhaus der Beklagten zu 1) und vor allem bei der Operation vom 7.3.2008 bestanden, kann ein Sachverständiger im Nachhinein keine Feststellungen treffen. Die streitige Operation liegt mittlerweile zehn Jahre zurück. Konkrete, auf einen Hygienemangel hinweisende Wahrnehmungen des Patienten, der Klägerin oder einer als Zeuge in Betracht kommenden Person hat die Klägerseite weder vorgetragen noch unter Beweis gestellt. Indizien für einen Hygienemangel liegen nicht vor. Die von der Sachverständigen Prof. Dr. ausgewertete Niederschrift über die multiresistenten Erreger aus dem Jahr 2008 zeigt nach ihrer Beurteilung weder eine ungewöhnliche Häufung mit bestimmten Keimen noch eine problematische Belastung. Die Klägerseite hat demgegenüber keine beachtlichen Einwendungen erhoben. Über die Verhältnisse im Jahr 2008 und damit im Operationszeitpunkt gibt entgegen der im Schriftsatz vom 25.5.2018 vertretenen Auffassung die Infektionsstatistik für 2008 und nicht diejenige für 2007 Auskunft. Daher kommt es nicht einmal darauf an, dass ein den Beklagten anzulastendes, gehäuftes Auftreten von multiresistenten Erregern im Fall des Patienten keine Rolle spielen würde. Denn ein multiresistenter Staphylococcus aureus (MRSA) oder ein anderer multiresistenter Keim ist bei der Behandlung des Patienten zu keinem Zeitpunkt festgestellt worden. Dies gilt für die ab dem 20.3.2008 aufgetretene Wundheilungsstörung im Bereich der rechten Ferse und für die am 15.5.2008 aufgetretene Sepsis einschließlich der sich hieran anschließenden Rezidive und Infektionen.

Soweit die Klägerseite konkret geltend macht, dass der Beklagte zu 2) die von ihm getragene Brille vor der Operation vom 7.3.2008 weder sterilisiert noch im sterilen Operationsbereich gewechselt habe, war ein entsprechendes Verhalten nach den vom Landgericht getroffenen Feststellungen, gegen die sich die Berufung in diesem Punkt nicht wendet, nach dem medizinischen Standard des Jahres 2008 nicht erforderlich. Zudem kann die Klägerin die Behauptung des Beklagten zu 2), dass er gleichwohl einen Brillenwechsel vorgenommen habe, nicht widerlegen. Geeignete Beweismittel hat sie nicht benannt.

bb) Sofern ein von den Beklagten zu verantwortendes hygienisch fehlerhaftes Vorgehen zu der ab dem 20.3.2008 aufgetretenen Wundheilungsstörungen geführt hätte, ließe sich ohnehin nicht feststellen, dass hierdurch die sich am Morgen des 15.5.2008 ausbildende Sepsis und die hierauf beruhenden Folgen verursacht worden sind.

Vielmehr ist ein entsprechender Kausalzusammenhang sogar äußerst unwahrscheinlich, so dass nicht einmal ein grober Behandlungsfehler der Klage in diesem Zusammenhang zum Erfolg verhelfen würde. Die Sachverständige Prof. Dr. hat die Wahrscheinlichkeit eines Kausalzusammenhang bei ihrer Anhörung nur mit zwei bis drei Prozent beziffert. Sie hat dies schlüssig damit begründet, dass sie den Ausgangspunkt der Sepsis in der beidseitigen Pneumonie sehe, die der Patient mit hoher Wahrscheinlichkeit durch ein anderes Ereignis als die Fußoperation und die Wundheilungsstörung erworben habe. Eine Pneumonie durch septische Streuung aus dem Fuß sei höchst unwahrscheinlich und trete praktisch nur auf, wenn eine Rechtsherzendokarditis vorliege. Für eine solche gebe es aber keinen Anhalt. Eine Infektion im Fuß als unmittelbarer Ausgangspunkt der Sepsis habe ein lokales entzündliches Geschehen vorausgesetzt. Hierfür gebe es ebenfalls keinen Anhalt. Der zeitliche Abstand zu der Wundheilungsstörung und Infektion, die nach dem 20.3.2008 zunächst vorgelegen habe, sei zu groß.

Die vorstehenden Ausführungen von Prof. Dr. decken sich mit dem Inhalt der Behandlungsunterlagen der Beklagten. Eine Endokarditis haben die Beklagten nicht festgestellt, obwohl sie mittels transösophagealer Echokardiografie nach Hinweisen auf endokarditische Vegetationen gesucht haben. Als der Beklagte zu 2) die Behandlung der Wundheilungsstörung am 28.4.2008 beendete, lag – auch nach der Auswertung der vom Senat eingesehenen Fotodokumentation (im gelben Ordner unter 6) durch Prof. Dr. – ein weitgehend unauffälliger Befund der Wunde vor, der sich bis zum 7.5.2008 weiter besserte. Unter diesem Datum sah die Wunde nach dem Vermerk in den Behandlungsunterlagen gut aus. Im Operationsbericht vom 8.5.2008 ist ein Zustand nach Sekundärheilung mit jetzt sauberen granulierenden Wundverhältnissen beschrieben. Nekrotische Veränderungen im Bereich der Fersenweichteile und des Übergangs zum Fersenknochen bestanden danach nicht. Auch nach der Operation vom 8.5.2009 und der Entfernung der Schrauben ist durchgehend bis einschließlich 14.5.2009 eine reizlose Wunde an der Ferse beschrieben. Soweit die Klägerseite insbesondere in der Berufungsbegründung behauptet, dass die Wunde nicht reizlos gewesen sei, fehlt jedes konkrete Vorbringen, wann dies der Fall gewesen sein soll und dass dies einen Zeitraum betraf, in dem nicht auch die Beklagten eine auffällige Veränderung der Ferse – etwa nach dem 20.3.2008 – festgehalten und beschrieben haben. Ferner trifft die Behauptung der Klägerin im Schriftsatz vom 25.5.2018, dass der Knochen nach den eigenen Berichten der Beklagten teigig, eitrig zerstört gewesen sei, nicht zu. Ein solches Bild ergibt sich weder aus dem Operationsbericht vom 8.5.2008 noch aus anderen Behandlungsunterlagen.

Die Beurteilung der Kausalitätsfrage fällt entgegen der Auffassung der Klägerin in das Fachgebiet eines Arztes für Innere Medizin, der septische Geschehen behandelt und sich daher mit deren Ursachen befasst.

c) Soweit die Klägerseite Fehler bei der Behandlung der Wundheilungsstörung ab dem 20.3.2008 und Fehler bei der Festlegung des Zeitpunkts und der Durchführung der Schraubenentfernung vom 8.5.2008 gerügt hat, kann auf die zutreffenden Ausführungen des Landgerichts verwiesen werden.

Sie werden von den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. getragen und von der Klägerin von den nachstehend erörterten Ausnahmen abgesehen im Berufungsverfahren nicht angegriffen.

Aus den Erläuterungen von Prof. Dr. und dem von ihm detailliert wieder gegebenen Behandlungsverlauf folgt entgegen der Auffassung der Klägerin schlüssig, warum die Entlassung des Patienten aus der stationären Behandlung am 28.3.2008 dem fachärztlichen Standard nicht widersprach. Die Beklagten zu 2) und 3) haben die Behandlung des Patienten ambulant fortgesetzt und engmaschige Vorstellungen in der Praxis des Beklagten zu 2) in Abständen von zunächst zwei und dann vier Tagen veranlasst, bei denen sie Verbandswechsel vornahmen, die Wunde sahen und auf nachteilige Veränderungen jederzeit hätten reagieren können.

Dass der Sachverständige die Belassung einer Schraube bei der Operation vom 8.5.2008 nicht als fehlerhaft bewertet hat, ist – anders als die Klägerin es im Schriftsatz vom 25.5.2018 geltend macht – schlüssig. Die vorzeitige Materialentfernung erfolgte nicht wegen des Verdachts eines tiefen Infekts, sondern weil ein Teil der Schraubenköpfe bei den von den Beklagten zu 2) und 3) vorgenommenen Untersuchungen unter der Haut sichtbar war.

d) Eine in hygienischer Hinsicht fehlerhafte Behandlung, die – als in dem obengenannten Sinne anderes Ereignis als die ab dem 20.3.2008 bestehende Wundheilungsstörung im Bereich der Ferse – die beidseitige Pneumonie und damit die ab dem 15.5.2008 bestehende Sepsis verursacht haben könnte, hat die Klägerseite schon nicht geltend gemacht und nicht im Sinne bestimmter Handlungen oder Unterlassungen eingegrenzt und bezeichnet.

Einen entsprechenden Fehler könnte die Klägerin zudem aus den unter II 1 b aa erörterten Gründen nicht beweisen. Eine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen über den voll beherrschbaren Risikobereich kommt auch insoweit nicht in Betracht, da der bei den am 15.5.2008 angelegten Blutkulturen bestimmte Keim staphylococcus aureus nach den Ausführungen aller mit dem Fall befassten Sachverständigen dem eigenen Keimspektrum des Patienten entstammen kann. Im Übrigen ließe sich die Kausalität eines etwaigen Hygienemangels für die Entstehung der Lungenentzündung und der Sepsis nicht feststellen. Denn nach den auch in diesem Punkt nachvollziehbaren Darlegungen von Prof. Dr. kann der Patient die beidseitige Pneumonie auch ambulant, das heißt außerhalb des Krankenhauses und unabhängig von der Behandlung der Beklagten, erworben haben.

e) Es kann nicht angenommen werden, dass die Beklagten am Morgen des 15.5.2008 zu spät auf die sich entwickelnde Sepsis reagiert und in der Zeit zuvor nach medizinischem Standard zur Abklärung eines septischen Geschehens erforderliche diagnostische Maßnahmen oder eine gebotene Therapie unterlassen haben.

Dies entspricht der übereinstimmenden Beurteilung der Sachverständigen Prof. Dr. und Prof. Dr. . Zur Begründung haben sie darauf hingewiesen, dass die Vitalparameter Temperatur, Herzfrequenz und Blutdruck bis zum 14.5.2008, nachdem das Labor vom 11.5.2008 keine erhöhten Entzündungswerte aufgewiesen habe, zu keinem Zeitpunkt eine auffällige Veränderung aufgewiesen hätten. Die Temperatur habe im Zeitraum vom 11.5.2008 bis 14.5.2008 höchstens bei 37,2 … gelegen, während kein Puls über 84 spm aufgetreten sei. Der Blutdruck sei ebenfalls unauffällig gewesen. Die Wunde am Fuß sei reizlos gewesen, so dass ein Hinweis auf ein lokales infektiöses Geschehen, welches Ausgangspunkt einer Sepsis hätte sein können, gefehlt habe. Vom Auftreten der Desorientiertheit und ähnlicher Symptome wie Verlangsamung und Wortfindungserscheinungen an sei der Patient regelmäßig untersucht worden. Bis zur Durchführung der Computertomografie vom 14.5.2008, die keinen Hinweis auf eine Blutung ergeben habe, habe die Desorientiertheit, die aus der Rückschau wahrscheinlich als Ausdruck der beginnenden Sepsis anzusehen sei, durch den Sturz erklärt werden können. Auch danach habe sie eher für ein neurologisches Geschehen gesprochen, was angesichts der von den behandelnden Orthopäden gestellten Verdachtsdiagnose einer TIA unklarer Genese zur Übernahme der Behandlung durch die Internistische Abteilung geführt habe. Bei der Untersuchung durch den Beklagten zu 4) am 15.5.2008 hätten sich von der Desorientiertheit abgesehen keine Auffälligkeiten gezeigt. Eine Laboruntersuchung hätte ohnehin nur mit geringer Wahrscheinlichkeit von deutlich unter 50 % einen Hinweis auf eine beginnende Sepsis ergeben. Ein fulminanter Verlauf der Sepsis sei ohne weiteres möglich.

Gegenüber dieser Beurteilung, die auf einer sorgfältigen Auswertung der Behandlungsunterlagen beruht, erhebt die Klägerseite keine durchgreifenden Einwendungen. Dass die für den 13.5.2008 zweimal dokumentierte Gabe von Novalgin wegen der Fieber senkenden Wirkung des Schmerzmittels eine sich entwickelnde erhöhte Temperatur verschleiert haben könnte, steht der Schlüssigkeit der Bewertung schon deshalb nicht entgegen, weil Novalgin nach den weiteren Ausführungen von Prof. Dr. eine Wirkzeit von sechs Stunden hat. Auch nach dem Ablauf dieser Zeit war die Temperatur unauffällig. Es überzeugt auch, dass die Sachverständigen dem Herzschrittmacher des Patienten keine besondere Bedeutung für die Beurteilung der Lage beigemessen haben. Denn einen beschleunigten Puls, der auf ein septisches Geschehen hätte hindeuten können, hätte der Schrittmacher nicht verhindern können. Kaltschweißigkeit und Blässe, denen die Sachverständigen keine ausschlaggebende Aussagekraft zugemessen haben, sind nur einmalig am 13.5.2008 als Beobachtung einer Krankenschwester dokumentiert. Schon der Arzt, der anschließend eine Untersuchung durchführte, hat sie nicht mehr festgehalten. Soweit die Klägerseite insbesondere in der Berufungsbegründung behauptet, dass die Wunde nicht reizlos gewesen sei, fehlt jedes konkrete Vorbringen, wann dies der Fall gewesen sein soll und dass dies einen Zeitraum betraf, in dem nicht auch die Beklagten eine auffällige Veränderung der Ferse – etwa nach dem 20.3.2008 – festgehalten und beschrieben haben.

f) Die von den Beklagten vorgenommene Behandlung der Sepsis ab dem 15.5.2008 ist nicht fehlerhaft erfolgt.

Die Sachverständige Prof. Dr. , die die in dem Zeitraum vom 15.5.2008 durchgeführten Therapien und diagnostischen Untersuchungen sowie die jeweiligen Veränderungen des Krankheitsbildes in ihrem schriftlichen Gutachten ausführlich dargestellt hat, hat keine Hinweise für ein fehlerhaftes Vorgehen gesehen.

Die Behauptung der Klägerin, dass die Sachverständige eine gut gewählte Antibiose lediglich postuliert habe, trifft nicht zu. Sie hat dargelegt, dass die direkt nach Abnahme der Blutkulturen am 15.5.2008 eingeleitete Therapie mit Tazobac und Ciprofloxacin die Standtherapie auf einer Intensivstation bei einer Sepsis mit dem Focus Lunge sei, solange der Keim nicht bekannt sei. Im Übrigen ergibt sich aus ihrem Gutachten, dass die Beklagten die Antibiotikatherapie in der Folgezeit jeweils nach den erstellten Resistogrammen umgestellt haben. Es ist nicht erkennbar, was hieran fehlerhaft sein soll.

Auch soweit es um die intensivmedizinische Behandlung geht, kann die Klägerin aus den unter II 1 b aa dargelegten Gründen einen Hygienemangel nicht beweisen. Insbesondere greift auch insoweit keine Beweislastumkehr nach den Grundsätzen über den voll beherrschbaren Risikobereich ein. Aus dem schriftlichen Gutachten von Prof. Dr. ergibt sich, dass die im Verlauf der Intensivbehandlung festgestellten, teils wechselnden Keime, die zu mehreren Rezidiven der Sepsis oder eines SIRS führten, aus dem endogenen, patienteneigenen Keimspektrum stammen können. Die Klägerin räumt in der Berufungsbegründung zudem ein, dass sich Infektionen bei einer intensivmedizinischen Behandlung auch bei Beachtung des ärztlichen Standards grundsätzlich nicht sicher vermeiden lassen. Sie beruft sich ohne Erfolg darauf, dass dieser allgemeine Grundsatz keinen Bezug zur konkreten Behandlung des Patienten aufweise. Denn die von Prof. Dr. beschriebenen Risikofaktoren wie Organinsuffizienz mit daraus folgender Immunsuppression, künstliche Beatmung, Venenkatheter und Blasenkatheter trafen gerade auch auf den Patienten zu. Es ist nachvollziehbar, dass in einer entsprechenden schwierigen Lage mehrfach Infektionen auftreten können, ohne dass dem ein fehlerhaftes ärztliches Handeln zugrunde liegen muss.

2. Die Beklagten haften der Klägerin nicht wegen mangelhafter Eingriffs- und Risikoaufklärung des Patienten vor der Operation vom 7.3.2008.

a) Die von dem Beklagten zu 2) vorgenommene Aufklärung war entgegen der Auffassung der Klägerin nicht mangelhaft.

Zwischen den Parteien ist außer Streit, dass der Patient mit Hilfe und entsprechend des bei den Behandlungsunterlagen befindlichen Formulars aufgeklärt worden ist. Sein Inhalt ist im Gutachten von Prof. Dr. wörtlich wieder gegeben (S. 6, Bl. 297 f. d.A.). Wie aus der Klarstellung des Prozessbevollmächtigten der Klägerseite in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht vom 23.11.2016 folgt, stützt diese die Aufklärungsrüge darauf, dass der dokumentierte Aufklärungsinhalt in rechtlicher Hinsicht nicht ausreichend sei. Dies ist indessen nicht der Fall.

Über das Risiko einer Sepsis musste der Patient nicht unterrichtet werden. Denn hierbei handelt es sich nach dem Gutachten von Prof. Dr. nicht um ein spezifisches Risiko der geplanten und am 7.3.2008 durchgeführten Operation. Prof. Dr. hat – in Übereinstimmung mit Prof. Dr. – darauf hingewiesen, dass Wundheilungsstörungen im Bereich der Ferse aufgrund der Durchblutungssituation zwar nicht ungewöhnlich seien, aber nur in den seltensten Fällen zu lokalen Infektgeschehen führten. Die Entwicklung eines septischen Geschehens sei eine absolute Rarität.

Über eine Erhöhung des Risikos durch die von der Klägerseite behaupteten Hygienemängel brauchte der Beklagte zu 2) den Patienten entgegen der in der Berufungsbegründung und im Schriftsatz vom 25.5.2018 vertretenen Auffassung nicht aufzuklären. Über die Folgen und Risiken einer fehlerhaften Behandlung muss der Arzt den Patienten nicht unterrichten. Denn der Patient ist insoweit schon durch die Haftung des Arztes für mögliche Behandlungsfehler geschützt. Daher kommt es aus Rechtsgründen im vorliegenden Zusammenhang nicht darauf an, dass sich Hygienemängel aus den unter II 1 b aa erörterten Gründen ohnehin nicht feststellen lassen

Eine Risikoerhöhung durch persönliche Umstände, auf die sich die Klägerin in der Berufungsbegründung noch stützt, war nicht aufklärungspflichtig. Von einer individuellen Risikoerhöhung durch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit musste der Beklagte zu 2), wie unter II 1 a ausgeführt worden ist, nach den präoperativ erhobenen Befunden nicht ausgehen. Das Alter des Patienten von im Operationszeitpunkt 74 Jahren begründete nach den Erläuterungen von Prof. Dr. bei ihrer Anhörung keine besonderen Schwierigkeiten. Die Sachverständige hat nachvollziehbar darauf hingewiesen, dass heute bei wesentlich älteren Patienten relativ indizierte orthopädische Operationen vorgenommen werden. Dies entspricht der Erfahrung des Senats aus zahlreichen anderen Verfahren.

b) Selbst wenn die vom Beklagten zu 2) vorgenommene Aufklärung in einzelnen Punkten mangelhaft gewesen wäre, würde dies keine Haftung der Beklagten begründen.

Soweit es ab dem 20.3.2008 zu einer Wundheilungsstörung und zu einem durch den Abstrich nachgewiesenen lokalen Infekt gekommen ist, haben sich zwei aufgeklärte Risiken verwirklich. Beide sind dem Formular, nach dessen Inhalt das Aufklärungsgespräch geführt wurde, genannt. Insoweit würde der Zurechnungszusammenhang zwischen einem unterstellten sonstigen Aufklärungsmangel und dem eingetretenen Schaden fehlen.

In Bezug auf die ab dem 15.5.2008 aufgetretene Sepsis lässt sich ein Kausalzusammenhang zwischen dem Eingriff vom 7.3.2008 und der Sepsis aus den unter II 1 b bb dargelegten Gründen nicht feststellen. Dies geht zu Lasten der Klägerseite, die für den Kausalzusammenhang zwischen dem Eingriff und dem geltend gemachten Schaden beweispflichtig ist.

3. Die Schriftsätze vom 25.5.2018 und 30.5.2018, mit deren Inhalt sich der Senat vorstehend auseinander gesetzt hat, geben keinen Anlass zu einer Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 91a, 708 Nr. 10, 711 ZPO. Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die entscheidungserheblichen Fragen sind solche des Einzelfalls.

Der Berufungsstreitwert wird, auch für die Zeit nach dem 23.2.2018 und der Abgabe der teilweisen Erledigungserklärung, auf bis zu 320.000 EUR festgesetzt.

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