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Behandlungs- und Aufklärungsfehler bei Einlage einer Hormonspirale

Das Gericht entschied, dass die Patientin ausreichend aufgeklärt wurde und sich bewusst für die Hormonspirale entschieden hatte. Es konnte kein Behandlungs- oder Aufklärungsfehler seitens der Ärztinnen festgestellt werden, und die gesundheitlichen Beeinträchtigungen der Patientin konnten nicht kausal auf die Einlage der Hormonspirale zurückgeführt werden.

→ Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 4 O 166/21

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Die Klage auf Schmerzensgeld und Feststellung der Ersatzpflicht für weitere Schäden wegen einer vermeintlich fehlerhaften Behandlung und Aufklärung bei der Einlage einer Hormonspirale wurde abgewiesen.
  • Die Patientin wurde vor der Einlage der Hormonspirale umfassend über deren Wirkweise und Unterschiede zur Kupferspirale aufgeklärt.
  • Die Patientin entschied sich bewusst für die Hormonspirale, nachdem ihr die Vor- und Nachteile erläutert wurden.
  • Die von der Patientin vorgetragenen Beschwerden und Nebenwirkungen wurden nicht auf die Einlage der Hormonspirale zurückgeführt.
  • Die ärztliche Dokumentation und die Einwilligungserklärung belegen, dass eine ordnungsgemäße Aufklärung erfolgte.
  • Der Behandlungsfehlervorwurf konnte mangels Pflichtverletzung nicht bestätigt werden.
  • Es lag kein Aufklärungs- oder Behandlungsfehler vor, daher wurde die Klage auf Schmerzensgeld abgewiesen.

Hormonspirale: Gerichtsurteil zu Aufklärung und Nebenwirkungen bei Verhütungsmitteln

Verhütung Hormonspirale
(Symbolfoto: Yashkin Ilya /Shutterstock.com)

Die Einlage von Verhütungsmitteln wie Spiralen oder intrauterinen Systemen ist ein häufig durchgeführter medizinischer Eingriff. Dabei gibt es verschiedene Optionen, die sich in Wirkweise und möglichen Nebenwirkungen unterscheiden. Während Kupferspiralen rein mechanisch wirken, setzen Hormonspirale kontinuierlich niedrige Dosen an Gestagenen frei, um eine Empfängnis zu verhindern.

Die Entscheidung für das geeignete Verhütungsmittel sollte stets nach einer umfassenden Beratung durch den Arzt und unter Berücksichtigung der individuellen gesundheitlichen Situation getroffen werden. Gerade bei Hormonpräparaten können unerwünschte Wirkungen wie Blutungsstörungen, Stimmungsschwankungen oder Brustschmerzen auftreten. Im konkreten Fall, der im Folgenden näher betrachtet wird, ging es um den Vorwurf eines Behandlungsfehlers bei der Einlage einer Hormonspirale und deren Folgen für die Patientin.

Der Fall vor dem LG Bielefeld im Detail

Patientin klagt gegen Frauenärztin und Praxis wegen fehlerhafter Einlage einer Hormonspirale

In diesem Fall ging es um eine Patientin, die seit dem Jahr 2014 in der gynäkologischen Praxis der Beklagten zu 1) in Behandlung war. Im Jahr 2019 wurde der Patientin eine Kupferspirale entfernt und sie benötigte daher ein neues Intrauterinpessar (IUD) zur Verhütung. Die Patientin berichtete von Unverträglichkeiten bei der Verwendung von Hormonpräparaten zur Geburtenkontrolle. Daraufhin wurde ihr von der behandelnden Ärztin A. B. sowohl die Option einer erneuten Kupferspirale als auch einer Hormonspirale (Kyleena) vorgestellt. Die Vor- und Nachteile beider Möglichkeiten wurden erörtert und die Patientin erhielt ein Rezept für die Kyleena, falls sie sich dafür entscheiden sollte.

Die Patientin war sich zunächst unsicher und entschied sich erst später für die Hormonspirale, welche sie schließlich bei einem Folgetermin von der Beklagten zu 2) eingesetzt bekam. Die Klägerin gab an, dass ihr nicht bewusst gewesen sei, dass es sich bei der Kyleena um eine Hormonspirale handle und sie nie in die Einlage einer solchen eingewilligt habe. Nach Einlage der Spirale traten bei der Klägerin verschiedene Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen, Brustschmerzen und Schmierblutungen auf.

Sie sah darin einen direkten Zusammenhang mit der Hormonspirale und klagte schließlich auf Schmerzensgeld, Erstattung der vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten und Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden. Das rechtliche Problem lag darin zu klären, ob den Beklagten ein Behandlungs- oder Aufklärungsfehler unterlaufen war und ob die Beschwerden der Klägerin kausal auf die Einlage der Hormonspirale zurückzuführen waren.

Ärztliche Aufklärung und Dokumentation im Fokus des Rechtsstreits

Die Beklagten bestritten die Vorwürfe der Klägerin und betonten, dass die Patientin umfassend über die Wirkweise und Unterschiede der verschiedenen Spiralen aufgeklärt worden sei. Die Dokumentation in den Behandlungsunterlagen belege die ordnungsgemäße Aufklärung und die bewusste Entscheidung der Patientin für die Hormonspirale. Das Gericht folgte dieser Argumentation und wies die Klage der Patientin ab.

Gericht sieht keine Pflichtverletzung seitens der Ärztinnen

Zentrale Aspekte für die Urteilsfindung:

  • Dokumentation: Die ärztliche Dokumentation spielte eine entscheidende Rolle, da sie Indizwirkung für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs besitzt. Die detaillierten Einträge in den Behandlungsunterlagen sprachen für eine ordnungsgemäße Aufklärung der Patientin.
  • Einwilligung: Die von der Patientin unterschriebene Einverständniserklärung enthielt zwar in der Überschrift die handschriftliche Korrektur von „Kyleena“ zu „Kupferspirale“, jedoch wurde im weiteren Text explizit auf die Kyleena-Spirale und deren Wirkweise als hormonelles Verhütungsmittel hingewiesen.
  • Kenntnis der Patientin: Das Gericht argumentierte, dass der Klägerin der Unterschied zwischen einer Kupfer- und Hormonspirale bewusst gewesen sein musste, da sie die Kyleena selbst in der Apotheke erworben hatte. Die Packungsbeilage hätte ihr die notwendigen Informationen über die Wirkungsweise der Spirale geliefert.
  • Mündliche Aufklärung: Beide Ärztinnen gaben an, die Patientin standardmäßig über die verschiedenen Arten von Spiralen und deren Wirkungsweise aufgeklärt zu haben.
  • Nebenwirkungen: Der medizinische Sachverständige führte aus, dass die von der Klägerin geschilderten Nebenwirkungen wie Stimmungsschwankungen zwar im Zusammenhang mit Hormonspiralen diskutiert würden, ein wissenschaftlicher Nachweis jedoch nicht existiere. Zudem seien die von der Spirale freigesetzten Hormondosen sehr niedrig und es bestünden keine medizinischen Gründe, von der Einlage einer Hormonspirale abzusehen.

Keine Haftung für gesundheitliche Beeinträchtigungen der Patientin

Die Kammer kam zu dem Schluss, dass die Patientin ausreichend über die Wirkweise und Unterschiede der verschiedenen Spiralen aufgeklärt worden war und sich bewusst für die Hormonspirale entschieden hatte. Es konnte kein Behandlungs- oder Aufklärungsfehler seitens der Beklagten festgestellt werden. Die von der Klägerin vorgetragenen gesundheitlichen Beeinträchtigungen konnten nicht kausal auf die Einlage der Hormonspirale zurückgeführt werden.

✔ FAQ zum Thema: Aufklärung und Nebenwirkungen von Hormonspirale


Welche rechtlichen Anforderungen bestehen an die ärztliche Aufklärung vor einem medizinischen Eingriff?

Die ärztliche Aufklärung vor einem medizinischen Eingriff ist eine gesetzliche Pflicht des Arztes und Voraussetzung für eine wirksame Einwilligung des Patienten in die Behandlung. Ohne eine solche Einwilligung stellt der ärztliche Eingriff eine rechtswidrige Körperverletzung dar.

Der Arzt muss den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufklären, insbesondere über Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten. Dabei gilt: Je weniger dringlich der Eingriff ist, desto umfassender muss die Aufklärung erfolgen. Auch über seltene, aber schwerwiegende Risiken ist aufzuklären.

Die Aufklärung muss mündlich durch den behandelnden Arzt erfolgen. Merkblätter können das Aufklärungsgespräch ergänzen, aber nicht ersetzen. Sie muss für den Patienten verständlich sein und ihm ausreichend Bedenkzeit lassen, eine Entscheidung zu treffen. Der Patient muss auch über echte Behandlungsalternativen informiert werden.

Die ordnungsgemäße Aufklärung und Einwilligung ist zu dokumentieren. Im Haftungsfall muss der Arzt beweisen, dass er den Patienten korrekt aufgeklärt hat. Hat sich ein Risiko verwirklicht, über das nicht aufgeklärt wurde, haftet der Arzt, auch wenn der Eingriff selbst fehlerfrei war.


Wie wird eine Einwilligung im medizinischen Kontext rechtlich bewertet?

Eine rechtswirksame Einwilligung des Patienten ist neben der medizinischen Indikation Voraussetzung für die Rechtmäßigkeit eines ärztlichen Eingriffs. Ohne eine gültige Einwilligung stellt der Eingriff eine strafbare Körperverletzung dar.

Damit die Einwilligung rechtlich wirksam ist, muss der Patient einwilligungsfähig sein, d.h. er muss in der Lage sein, Wesen, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs in Grundzügen zu verstehen. Bei Volljährigen wird die Einwilligungsfähigkeit im Zweifel vermutet.

Der Einwilligung muss eine angemessene ärztliche Aufklärung vorausgehen. Der Arzt muss den Patienten verständlich und umfassend über Art, Umfang, Durchführung, Folgen und Risiken des geplanten Eingriffs sowie über Behandlungsalternativen informieren. Je weniger dringlich die Maßnahme, desto umfassender muss aufgeklärt werden. Auch über seltene, aber schwerwiegende Risiken ist aufzuklären.

Das Aufklärungsgespräch muss mündlich durch den behandelnden Arzt erfolgen. Aufklärungsbögen können das Gespräch ergänzen, aber nicht ersetzen. Dem Patienten muss ausreichend Bedenkzeit gegeben werden.

Die Einwilligung selbst kann mündlich oder durch schlüssiges Verhalten erteilt werden. Sie ist zu dokumentieren, wobei der Arzt im Streitfall beweisen muss, dass wirksam aufgeklärt und eingewilligt wurde. Verweigert ein einwilligungsfähiger Patient die Behandlung, ist dies zu respektieren.

Fehlt es an einer wirksamen Einwilligung, haftet der Arzt für Schäden, auch wenn der Eingriff selbst lege artis durchgeführt wurde. Hat sich ein Risiko verwirklicht, über das nicht aufgeklärt wurde, ist der Eingriff rechtswidrig.


Welche Rolle spielt die ärztliche Dokumentation in rechtlichen Streitigkeiten?

Die ärztliche Dokumentation spielt in rechtlichen Streitigkeiten zwischen Arzt und Patient eine zentrale Rolle, insbesondere wenn es um den Vorwurf eines Behandlungsfehlers geht.

Die Dokumentation soll den wesentlichen Behandlungsverlauf nachvollziehbar machen. Sie enthält typischerweise Angaben zu Anamnese, Diagnosen, Untersuchungen und deren Ergebnisse, Befunde, durchgeführte Therapien und Eingriffe sowie Aufklärungen und Einwilligungen des Patienten. Einer vollständigen und zeitnah erstellten Dokumentation wird im Prozess ein hoher Beweiswert zugemessen.

Kommt es zum Streit, muss der Arzt dem Patienten oder Gericht eine lesbare Fassung der Dokumentation vorlegen. Sie dient dann als Beweismittel dafür, dass der Arzt den Patienten sorgfältig und lege artis behandelt hat. Ist die Dokumentation lückenlos und fehlerfrei, muss grundsätzlich der Patient beweisen, dass ein Behandlungsfehler vorliegt.

Umgekehrt können Dokumentationsmängel zu Beweiserleichterungen bis hin zur Beweislastumkehr zugunsten des Patienten führen. Hat der Arzt eine medizinisch gebotene Maßnahme nicht dokumentiert, wird vermutet, dass er sie auch nicht durchgeführt hat. Ist das Unterlassen der Maßnahme als Behandlungsfehler zu werten, gilt dieser als bewiesen.

Besonders streng sind die Anforderungen an die Dokumentation der Risikoaufklärung. Da hier die Beweislast beim Arzt liegt, sollte er Inhalt und Umfang des Aufklärungsgesprächs genau dokumentieren. Fehlt ein entsprechender Vermerk, wird vermutet, dass der Eingriff ohne wirksame Einwilligung und damit rechtswidrig erfolgte.


Inwiefern können Nebenwirkungen eines medizinischen Produkts zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen?

Nebenwirkungen eines medizinischen Produkts können in mehrfacher Hinsicht zu rechtlichen Auseinandersetzungen führen:

Zum einen besteht die Möglichkeit einer Produkthaftung des Herstellers. Treten bei bestimmungsgemäßem Gebrauch schädigende unerwünschte Wirkungen auf, die über ein vertretbares Maß hinausgehen, kann dies auf einen Produktfehler hindeuten. Der Geschädigte kann dann Schadensersatzansprüche gegen den Hersteller geltend machen. Dabei genügt es, dass das Produkt generell ein Schädigungspotenzial aufweist, auch wenn der konkrete Fehler nicht nachgewiesen werden kann.

Zum anderen können Nebenwirkungen aber auch zu Arzthaftungsverfahren führen. Hat der Arzt nicht ausreichend über mögliche Risiken und Nebenwirkungen aufgeklärt oder Kontraindikationen nicht beachtet, kann er wegen eines Aufklärungsfehlers haften. Auch die nicht leitliniengerechte Behandlung von Nebenwirkungen kann als Behandlungsfehler gewertet werden.

In beiden Konstellationen spielt der Kausalitätsnachweis eine zentrale Rolle. Es muss nachgewiesen werden, dass die aufgetretene Gesundheitsschädigung tatsächlich durch das Medizinprodukt verursacht wurde. Dazu werden häufig medizinische Gutachten eingeholt. Diese müssen anhand objektiver Kriterien prüfen, ob ein Zusammenhang wahrscheinlich ist. Auch mögliche Alternativursachen wie Vorerkrankungen oder Anwendungsfehler sind zu berücksichtigen.

Ärzte und Apotheker sind verpflichtet, Verdachtsfälle schwerwiegender Nebenwirkungen an die zuständigen Behörden und Hersteller zu melden. So sollen mögliche Produktrisiken frühzeitig erkannt und die Patientensicherheit erhöht werden. Kommen Hersteller ihren Nachbeobachtungspflichten nicht nach, kann auch dies haftungsrechtliche Folgen haben.


Wie sind Schadensersatzansprüche bei medizinischen Behandlungsfehlern geregelt?

Erleidet ein Patient aufgrund eines ärztlichen Behandlungsfehlers einen Schaden, kann er gegen den behandelnden Arzt oder das Krankenhaus Schadensersatzansprüche geltend machen. Dabei wird zwischen materiellem und immateriellem Schaden unterschieden.

Materieller Schaden umfasst alle in Geld messbaren Nachteile wie zusätzliche Behandlungskosten, Verdienstausfall, Pflegekosten oder auch den Verlust von Unterhaltsansprüchen. Diese Vermögensschäden sind vom Schädiger in voller Höhe zu ersetzen, um den Geschädigten finanziell so zu stellen, wie er ohne das schädigende Ereignis stünde.

Immaterielle Schäden sind hingegen alle nicht in Geld messbaren Beeinträchtigungen wie Schmerzen, Leiden oder Entstellungen. Sie werden durch Zahlung eines angemessenen Schmerzensgeldes ausgeglichen, das sich in erster Linie nach Art und Schwere des Schadens richtet. Auch Schockschäden naher Angehöriger können einen Schmerzensgeldanspruch begründen.

Um Schadensersatz zu erhalten, muss der Patient nachweisen, dass der Arzt einen Behandlungsfehler begangen hat und dieser für den eingetretenen Schaden ursächlich war. Gelingt dieser Nachweis, hat der Patient Anspruch auf Ersatz aller materiellen und immateriellen Schäden.

Schadensersatzansprüche können zunächst außergerichtlich gegenüber der Haftpflichtversicherung des Arztes geltend gemacht werden. Kommt keine Einigung zustande, kann der Patient Klage vor dem Zivilgericht erheben. Dabei gilt eine dreijährige Verjährungsfrist ab Kenntnis des Schadens.

Das Patientenrechtegesetz hat die Beweissituation für Geschädigte verbessert, indem es Dokumentations- und Einsichtspflichten des Arztes stärkt. Dennoch bleiben Arzthaftungsprozesse oft langwierig und kostenintensiv, sodass anwaltliche Unterstützung dringend zu empfehlen ist.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 630c BGB – Informationspflichten: Der Arzt muss den Patienten über sämtliche für die Behandlung wesentlichen Umstände informieren. Dies umfasst die Aufklärung über Risiken und Alternativen. Im vorliegenden Fall geht es darum, ob die Klägerin ausreichend über die Art der Spirale (Hormonspirale vs. Kupferspirale) und deren spezifische Risiken aufgeklärt wurde.
  • § 630d BGB – Einwilligung: Die wirksame Einwilligung des Patienten setzt voraus, dass dieser nach ausreichender Aufklärung zustimmt. Im Fall geht es darum, ob die Einwilligung der Klägerin für die Einlage der Hormonspirale spezifisch und informiert war, insbesondere in Anbetracht der Behauptung, sie sei gegen die Einlage einer Hormonspirale gewesen.
  • § 630e BGB – Aufklärungspflichten: Der Behandelnde muss den Patienten über die für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufklären. Dies betrifft hier die Information über die Unterschiede zwischen einer Kupfer- und einer Hormonspirale und deren jeweilige Risiken.
  • § 630h BGB – Beweislast bei Haftung für Behandlungs- und Aufklärungsfehler: Dieser Paragraph regelt die Beweislastverteilung bei Behandlungsfehlern. Im vorliegenden Fall ist relevant, wer die Beweislast für die ordnungsgemäße Aufklärung und die daraus resultierende Einwilligung trägt.
  • Medizinproduktegesetz (MPG): Dieses Gesetz regelt unter anderem die Sicherheitsanforderungen für Medizinprodukte wie Intrauterinpessare (IUDs). Die Klage könnte Aspekte der Produktverantwortung tangieren, falls die Sicherheitsanforderungen für die verwendete Hormonspirale thematisiert werden.
  • Arzneimittelgesetz (AMG): Relevant im Zusammenhang mit der Sicherheit und den Nebenwirkungen von Medikamenten, die bei der Anwendung der Hormonspirale eine Rolle spielen können. Es betrifft die Verantwortlichkeiten bei der Aufklärung über und der Umgang mit den Hormonen, die von der Spirale abgegeben werden.

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➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Bielefeld

LG Bielefeld – Az.: 4 O 166/21 – Urteil vom 27.10.2023

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits werden der Klägerin auferlegt.

Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Klägerin begehrt Schmerzensgeld und vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für weitere materielle und immaterielle Schäden wegen einer vermeintlich fehlerhaften Behandlung und Aufklärung in der Praxis der Beklagten im Jahr 2019.

Die Klägerin war seit dem Jahr 2014 Patientin in der Praxis der Beklagten zu 1). Die Behandlung der Klägerin in der Praxis der Beklagten zu 1) erfolgte regelmäßig durch die dort angestellte Ärztin A. B.. Seit dem ….2016 befand sich bei der Klägerin eine Kupfer-IUD „Gynetics sof-T“ in situ. Dieses Intrauterinpessar (intrauterine device – IUD) wurde am ….2019 durch die Ärztin A. B. entfernt; die Klägerin benötigte zur Geburtenkontrolle daher ein neues Intrauterinpessar. Die Behandlungsunterlagen weisen für den ….2019 um 11:12 Uhr unter anderem folgenden Eintrag aus:

„… Tochter C. hat Neurofibromatose daher unentschieden ob sie ein weiteres Kind wünscht IUP entfernt und der Pat. demonstriert, möchte erneute Kupfer IUP oder Kyleena voraussichtlich im nächsten Zyklus, denkt aber auch über natürliche Verhütung nach, da der Ehemann ein drittes Kind möchte, sie aber wegen der Tochter C. noch unsicher ist. Vorteile Kyleena: weniger Blutung und höhere Sicherheit, Hormondosis nahezu ausschließlich lokal wirksam. Erhält Rezept für Kyleena, wenn sie sich dafür entscheidet, bringt sie diese bei der Einlage mit. …..“

Da Frau B. nicht in der Praxis war, wurde die Behandlung – das Einsetzen des neuen Intrauterinpessars – von der Beklagten zu 2) am ….2019 durchgeführt. Die diesbezügliche Eintragung in den Behandlungsunterlagen am ….2019 um 20:02 Uhr lautet:

„Pat. kommt zur Spiraleinlage. Sie hat das Rezept für die Kyleena eingelöst und bringt diese jetzt zur Einlage mit. Sie hatte eine Kupfer IUD, die am ….2019 von A.B. gezogen. Das eingehende Aufklärungsgespräch über Kupfer IUD vs Kyleena erfolgte ebenfalls am ….2019. Die Patientin bringt den von A.B. unterschriebenen Aufklärungsbogen mit. Nochmalige Aufklärung durch [Beklagte zuu 2)]. Auf höhere Sicherheit und geringere Blutungsstärke der Kyleena im Vergleich zur Kupfer IUD hingewiesen. Die Pat. entscheidet sich für die mitgebrachte Kyleena. Es wird die Original Aufklärung mit Eintrag Kupfer IUD / Kyleena benutzt. …“

Die Klägerin behauptet, dass es bei der Verwendung von Hormonen zur Geburtenkontrolle bei ihr zu heftigsten Nebenwirkungen gekommen sei. Die Verwendung eines Intrauterinpessars, das im Organismus Hormone freisetze, sei für die Klägerin nicht in Betracht gekommen. Im Hinblick auf ein mögliches Gespräch der Ärztin A. B. mit der Klägerin am ….2019 über eine „Hormonspirale“ sei die Klägerin „aber eindeutig gegen die Einlage einer solchen Spirale“ gewesen. Bei der Einverständniserklärung, die die Klägerin am ….2019 – im Zuge des Behandlungstermins an diesem Tag – unterzeichnet habe, habe die an diesem Tag behandelnde Ärztin A. B. ein – offenbar vom Hersteller verteiltes – Formular mit der gedruckten Überschrift „Einverständniserklärung zur Kyleena-Einlage“ verwandt. Das auf der Einverständniserklärung in der Überschrift – nach Durchstreichung des Wortes „Kyleena“ – handschriftlich eingesetzte Wort „Kupfer-Spiralen“ sei dort nach der Erinnerung der Klägerin von der Ärztin A. B. eingesetzt worden; die auf der Einverständniserklärung handschriftlich verzeichneten Risiken beträfen sowohl Kupfer-IUD als auch Kyleena-IUD und seien im Hinblick auf Kyleena-IUD „nicht einmal nur die häufig auftretenden Risiken“. Worum genau es sich bei einer Kyleena-Spirale handele, sei der Klägerin damals nicht bekannt gewesen; erst später habe sie erfahren, dass es sich dabei um eine Hormon-Spirale handele. Die Klägerin habe dann im Rahmen des Termins am ….2019 von der Beklagten ein Rezept erhalten, das sie eingelöst habe. Am ….2019 sei dann die Einlage der – von der Klägerin aufgrund des Rezepts erworbenen – Spirale erfolgt. Die Patientendokumentation unter dem ….2019, die die Beklagten der Klägerin vorgelegt hätten, und die auf ein „eingehendes Aufklärungsgespräch über Kupfer IUD vs Kyleena … am ….2019“ verweise und eine Entscheidung der Klägerin für Kyleena dokumentiere, weiche wesentlich von der Erinnerung der Klägerin ab. Die Klägerin habe stets betont, dass sie eine Kupferspirale wünsche. Worum es sich im Einzelnen bei einer Kyleena-Spirale handele, sei ihr nicht bekannt gewesen. Auch aus dem Text der Einverständniserklärung ergebe sich nicht, welche Wirkungsweise dieses Medizinprodukt habe. Aus dem durch die Beklagte in Briefform der Klägerin übersandten Auszug aus ihren Patientenunterlagen ergebe sich nicht, dass die Originaleintragungen i.S.v. § 630f Abs. 1 BGB gegen Veränderungen gesichert gewesen seien. Die Beklagten hätten sich für ihre Behauptungen in erster Linie auf die Indizwirkung ihrer Dokumentation berufen. Es bestehe aber zum einen ein Widerspruch zwischen der Behandlungsdokumentation und der Einverständniserklärung und zum anderen ergebe sich aus der Eintragung in der Behandlungsdokumentation nur, dass die Ärztin A. B. die Vorteile der Kyleena-IUD genannt habe; über deren Risiken sei keine Aufklärung erfolgt. Dafür gebe es in der Realität auch keinen Grund, weil die Klägerin bereits entschieden gewesen sei.

Es ergäbe sich aus der Dokumentation nicht, was Inhalt der „nochmaligen Aufklärung“ am ….2019 gewesen sein solle; darüber hinaus sei daraus nicht ersichtlich, dass eine Aufklärung über die allgemeinen Risiken eine Hormonspirale erfolgt sei. Bezüglich der Nebenwirkungen, die bei der Klägerin eingetreten seien, sei darauf hinzuweisen, dass solche Nebenwirkungen in der Gebrauchsinformation für Kyleena – die der Klägerin aber nach ihrem auf das Rezept erfolgten Kauf der Kyleena-Spirale zugänglich war – ausdrücklich genannt seien. Direkt nach der Einlage der neuen Spirale seien bei der Klägerin andauernde Schmierblutungen aufgetreten. Sie habe unter starken Stimmungsschwankungen gelitten. Vor allem habe die Klägerin unter starken Schmerzen insbesondere in der Brust gelitten. Diese sei extrem empfindlich gewesen, so dass bereits das Tragen eines Büstenhalters unerträgliche Schmerzen verursacht habe; die Schmerzen seien allerdings auch ohne Büstenhalter nicht verschwunden, da das Gewebe extrem empfindlich bei Bewegungen gewesen sei. Im Rahmen einer Krebsvorsorgeuntersuchung bei der Gynäkologin D. E. in F. hätten sich in einem Abstrich degenerative Zellveränderungen gefunden. Die Klägerin habe insoweit einen Knoten in ihrer rechten Brust getastet und sei deshalb sehr beunruhigt gewesen, weil es bei Frauen in ihrer Familie mehrfach zu Brustkrebserkrankungen gekommen sei. Erst im Herbst 2020 habe ausgeschlossen werden können, dass es sich bei dem Knoten um ein bösartiges Geschwür handele. Die Klägerin bedürfe aber immer noch engmaschiger frauenärztlicher Überwachung. Zwischenzeitlich hätten die Beschwerden nicht nachgelassen. Die Klägerin habe im April 2020 – am ….2020 und am ….2020 – wieder die Praxis der Beklagten zu 1) aufgesucht. Sie sei dann wieder von Frau B. behandelt worden. Nachdem sie ihre Beschwerden bereits am ….2020 geschildert habe, habe Frau B., der die Unverträglichkeit von Hormonpräparaten bei der Klägerin bekannt gewesen sei, in die Akten geschaut und der Klägerin gesagt, sie wisse zwar nicht, wie das hätte geschehen können, aber man habe ihr eine Hormon-Spirale eingesetzt. Die diesbezügliche Eintragung am ….2020 um 16:35 Uhr lautet:

„Patientin hat den Kontrolltermin am ….2020 nicht eingehalten. Patientin hat immer nur leichte Blutungen wie bei Wechseljahren, Stimmungsschwankungen, wollte doch lieber eine Kupferspirale, im Dezember wurde eine Hormonspirale gelegt. Wechsel auf Kupfer IUD aus Kulanz wird angeboten. Pat. möchte Bedenkzeit. …“

Die diesbezügliche Eintragung am ….2020 um 10:09 Uhr lautet:

„Nochmaliges ausführliches Gespräch nach Bedenkzeit: Patientin hatte am ….2019 Rezept für die Kyleena nach Aufklärung nachgeschickt bekommen. Es wurden Wirkungen und Nebenwirkung nochmal besprochen. Die Sicherheit der Kyleena im Vergleich zur Kupfer IUD ist höher und die Blutungsstärke durch die lokale Hormonwirkung ist geringer. Da die Patientin selber in der Apotheke das Rezept für die Kyleena eingelöst hat wurde ihr am ….2019 auch diese gelegt. Die Patientin wünscht ausdrücklich den Wechsel auf eine Kupfer IUD auch wenn diese einen schlechteren Pearl Index besitzt. Nochmalige schriftliche Fixierung des ausführlichen Gesprächs. Problemloser IUP Wechsel von Kyleena auf Kupfer IUP, Gynecop TCu 380 Ag: GN 0101-2019 verw. bis 12 2023 normal SL 8 cm, Lagekontrolle o.B. …“

Die Beschwerden der Klägerin dauerten an. Nach wie vor leide sie unter Schmerzen und manifesten Stimmungsschwankungen. Wann eine vollständige Remission eintrete, sei unklar.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Einlage einer Hormon-Spirale einen Behandlungsfehler darstelle, für den die Beklagte zu 1) als Partner des Behandlungsvertrages mit der Klägerin aus Vertrag und die Beklagte zu 2) als Behandlerin aus Delikt hafte.

Die Einlage der Kyleena-Spirale sei ohne Einwilligung der Klägerin erfolgt. Die Klägerin habe ihre Einwilligung schriftlich nur für die Einlage einer Kupfer-Spirale erteilt. Dies ergebe sich aus dem Text der Einwilligungserklärung. Sie habe aber auch nicht am ….2019 oder zu einem sonstigen Zeitpunkt ausdrücklich oder konkludent die Zustimmung zur Einlage einer Hormonspirale erteilt. Eine Aufklärung über die Vor- und Nachteile einer Hormonspirale im Vergleich dazu habe die Klägerin nie erhalten. Diese sei auch nicht erforderlich gewesen, weil sie stets darauf bestanden habe, eine Kupferspirale zu erhalten. Auch aus der handschriftlich dokumentierten Aufklärung bezüglich der Nebenwirkungen, die Bestandteil der Einverständniserklärung sei, ergebe sich nichts Anderes, weil hier nur allgemein über Nebenwirkungen von Spiralen – nicht aber über die besonderen Nebenwirkungen von Hormonspiralen – aufgeklärt werde. Auch aus diesem Grunde sei eine Einwilligung der Klägerin rechtlich nicht wirksam. Offensichtlich liege dem Behandlungsfehler ein Versehen beim Ausstellen des Rezepts zugrunde. Die Verwendung der Hormonspirale sei die Ursache für die lang andauernden Beschwerden der Klägerin gewesen. Diese seien als Nebenwirkungen von gestagenhaltigen Spiralen bekannt. Die Klägerin scheine gegenüber Medizinprodukten, die dieses Hormon enthielten, besonders empfindlich zu sein, weil sie auch in der Vergangenheit unter entsprechenden Nebenwirkungen gelitten habe, als sie mit dieser Substanz in Kontakt gekommen sei.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass ihr – unter besonderer Berücksichtigung der Genugtuungsfunktion und im Hinblick auf die von ihr erlittenen Beschwerden, insbesondere der Schmerzen in ihrer Brust und diesbezüglicher Krebsängste, der massiven Störung ihres Sexuallebens und der sich negativ auf ihr Familienleben auswirkenden Stimmungsschwankungen – ein angemessenes Schmerzensgeld in Höhe von wenigstens 8.000,00 EUR zustehe. Außerdem begehrt die Klägerin angesichts der noch nicht vollständigen Remission ihrer Beschwerden die Feststellung der Einstandspflicht der Beklagten für weitere materielle und immaterielle Schäden sowie den Ersatz der ihr entstandenen vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten in Höhe von 710,85 EUR.

Die Klägerin beantragt,

1. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie ein Schmerzensgeld zu zahlen, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, und zu erkennen, dass dieses ab dem 11.01.2021 mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zu verzinsen ist,

2. die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 710,85 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 11.01.2021 zu zahlen,

3. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr auch den weiteren materiellen Schaden aus dem Ereignis vom ….2019 zu ersetzen, soweit er nicht auf Dritte, insbesondere Sozialversicherungsträger übergegangen ist oder übergeht,

4. festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, ihr den jetzt noch nicht absehbaren immateriellen Schaden zu ersetzen.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie behaupten, dass den Beklagten kein Behandlungs- oder Aufklärungsfehler unterlaufen sei. Die Klägerin sei vor der Einbringung der Kyleena-IUD umfassend über deren Wirkweise sowie über die Unterschiede zu einer Kupferspirale informiert worden, und zwar in zwei voneinander unabhängigen Gesprächen am ….2019 sowie am ….2019. In Kenntnis der Wirkweise habe die Klägerin sich bewusst für die Einbringung der Kyleena-IUD entschieden. Unabhängig hiervon seien die klägerseits vorgetragenen Beeinträchtigungen nicht auf die streitgegenständliche Einbringung der Kyleena-IUD zurückzuführen. Die Ärztin A. B. habe mit der Klägerin im Behandlungstermin am ….2019, in dem die bisherige IUD entfernt worden sei, eingehend besprochen, ob erneut eine Kupfer-IUD oder eine Kyleena-IUD eingebracht werden solle. Die Vor- und Nachteile der beiden Möglichkeiten sowie etwaige Nebenwirkungen seien der Klägerin eingehend erläutert worden. Insbesondere sei der Klägerin erläutert worden, dass eine Kyleena-IUD eine Hormondosis freisetze, allerdings ausschließlich lokal, also intrauterin. Weiter sei ihr erklärt worden, dass bei der Verwendung einer solchen IUD oftmals geringere Blutungen aufträten und eine solche IUD eine höhere Sicherheit aufweise. Der Klägerin sei weiter erklärt worden, dass eine Kupfer-IUD jederzeit in der Praxis der Beklagten zu 1) eingebracht werden könne, da eine entsprechende IUD dort vorrätig sei und direkt von der Klägerin erworben werden könne. Sofern die Klägerin allerdings die Einbringung einer Kyleena-IUD wünsche, sei diese von ihr selbständig in einer Apotheke zu erwerben und in die Praxis mitzubringen. Die Klägerin habe danach am ….2019 mitgeteilt, dass sie sich im Hinblick auf die Frage, ob überhaupt erneut eine IUD eingebracht werden solle, sowie im Hinblick auf die Frage, welche IUD in diesem Falle von ihr gewünscht werde, noch nicht abschließend entschieden habe. Die Ärztin A. B. habe daher vorsorglich für die Klägerin ein Rezept für eine Kyleena-IUD ausgestellt. Es sei mit der Klägerin verabredet worden, dass diese dann, wenn sie sich für die Einbringung der Kyleena-IUD entscheide, diese in einer Apotheke erwerbe und sodann zum Termin zur Einlage mitbringe. Der Klägerin sei die bei der Behandlungsdokumentation befindliche Einverständniserklärung mitgegeben worden. Da zu diesem Zeitpunkt noch nicht entschieden gewesen sei, ob eine Kupfer-IUD oder die Kyleena-IUD eingebracht werden solle, sei auf der Erklärung das Wort „Kupfer-Spirale“ eingesetzt worden. Im laufenden Text der Erklärung sei aber ausschließlich von der – später eingesetzten – Kyleena-IUD die Rede. Sodann sei die Klägerin am ….2019 in der Praxis der Beklagten zu 1) erschienen. Sie sei an diesem Tag vertretungsweise durch die Beklagte zu 2) betreut worden. Sie habe das ihr am ….2019 vorsorglich mitgegebene bzw. nachgesandte Rezept eingelöst und habe am ….2019 eine Kyleena-IUD in die Praxis mitgebracht. Die Beklagte zu 2) – wie zuvor am ….2019 die Ärztin A. B. – habe die Klägerin erneut eingehend über die Möglichkeiten der Einbringung einer Kupfer-IUD oder der Kyleena-IUD, deren Wirkweisen sowie deren Vor- und Nachteile und Nebenwirkungen informiert. Die Klägerin habe erklärt, dass die von ihr mitgebrachte Hormonspirale, also die Kyleena-IUD, gelegt werden solle. Die Klägerin habe zu diesem Termin die ihr am ….2019 mitgegebene Einverständniserklärung unterzeichnet mitgebracht. Aufgrund der von der Klägerin getroffenen Entscheidung habe die Beklagte zu 2) die Kyleena-IUD in diesem Termin eingebracht. Danach sei die Klägerin am ….2020 in der Praxis der Beklagten zu 1) erschienen. Sie habe nur über leichte Blutungen sowie Beschwerden im Sinne von Stimmungsschwankungen berichtet. Weiter habe sie mitgeteilt, dass sie nunmehr doch lieber eine Kupfer-IUD verwenden wolle. Aus diesem Grunde sei ihr aus Kulanz ein Wechsel auf eine Kupfer-IUD angeboten worden.

Auf dieser Basis sei sodann am ….2020 ein Wechsel von der Kyleena-IUD auf eine Kupfer-IUD erfolgt. Danach sei die Klägerin in der Praxis der Beklagten zu 1) nicht mehr erschienen.

Soweit die Klägerin behaupte, es sei ihr nicht bewusst gewesen, dass es sich bei der Kyleena-IUD um eine IUD handele, welche intrauterin Hormone freisetze, sei diese Behauptung unzutreffend. In der Folgezeit des Behandlungstermins am ….2019 habe die Klägerin sich bewusst für die Einlage der Kyleena-IUD entschieden und diese in einer Apotheke erworben. Auf der Verpackung der IUD sei ebenfalls eindeutig vermerkt, dass es sich hierbei um ein „intrauterines Wirkstofffreisetzungssystem“ handele. Über einen auf der Packung befindlichen QR-Code könnten weitere Informationen über das Produkt im Internet abgerufen werden. Auch ergebe sich die vorgetragene Aufklärung eindeutig aus der vorgelegten Behandlungsdokumentation. In der Praxis der Beklagten zu 1) werde die Arzt- und Praxissoftware „Medical Office“ der INDAMED EDV-Entwicklung und -Vertrieb GmbH verwendet, die die erstellte Dokumentation gegen nachträgliche Veränderungen sichere. Letzteres zeige sich auch daran, dass in dem vorgelegten Ausdruck unter dem ….2019 der Eintrag „Risikofaktor gelöscht“ ausgewiesen sei. Der ordnungsgemäßen Dokumentation komme zugunsten der Behandlungsseite Indizwirkung für die Richtigkeit der vorhandenen Einträge zu. Insgesamt sei die Klägerin mithin umfassend über die eingebrachte IUD und deren Wirkweise aufgeklärt worden. Insbesondere sei ihr erklärt worden, dass es sich um ein Präparat handele, welches Hormonwirkstoffe intrauterin freisetze. In Kenntnis dieser Umstände habe die Klägerin sich für die Einbringung der streitgegenständlichen IUD entschieden. Bestritten werde, dass die Klägerin bereits Erfahrung mit der Verwendung einer Hormon-IUD gehabt habe; hiervon sei den Beklagten nichts bekannt. Es möge sein, dass bei der Klägerin eine Unverträglichkeit im Hinblick auf systemisch angewandte Hormonpräparate zur Empfängnisverhütung gegeben gewesen sei und sei. Hieraus ergebe sich jedoch nicht zwingend, dass auch eine Unverträglichkeit im Hinblick auf eine lokal wirkende Hormon-IUD bestehen würde.

Insgesamt bestehe daher kein irgendwie geartetes Aufklärungsdefizit im Hinblick auf die Einbringung der streitgegenständlichen IUD, in die die Klägerin wirksam eingewilligt habe. Auch ein Behandlungsfehler liege ebenfalls nicht vor. Die geltend gemachten Ansprüche seien bereits dem Grunde nach nicht gegeben. Nicht zutreffend sei, dass die Ärztin A. B. am ….2020 geäußert habe, sie wisse nicht, wie es habe geschehen können, dass der Klägerin eine Hormonspirale eingesetzt worden sei.

Im Hinblick auf die von der Klägerin vorgetragenen gesundheitlichen Beschwerden werde die spätere – außerhalb der hiesigen Arzt-Patienten-Kontakte – gesundheitliche Entwicklung der Klägerin mit Nichtwissen bestritten. Insbesondere werde bestritten, dass die klägerseits vorgetragenen Beeinträchtigungen durch die Einbringung der IUD am ….2019 ursächlich herbeigeführt worden seien. Falls und soweit die klägerseits vorgetragenen Beeinträchtigungen vorlägen, seien diese schicksalhaft aufgetreten und gerade nicht auf die streitgegenständliche Einbringung der IUD zurückzuführen. Gerade der klägerische Sachvortrag, wonach die vorgetragenen Beschwerden aktuell anhalten sollten, spreche deutlich dagegen, dass diese durch die streitgegenständliche Einlage der IUD am ….2019 verursacht worden seien.

Die Beklagten sind darüber hinaus der Ansicht, dass der von der Klägerin geltend gemachte Schmerzensgeldbetrag deutlich überhöht sei. Im Hinblick auf die von der Klägerin geltend gemachte Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten werde deren Bezahlung durch die Klägerin im Hinblick auf ein etwaiges Einstehen einer Rechtsschutzversicherung bestritten. Darüber hinaus werde im Hinblick auf die geltend gemachten Feststellungsanträge das insoweit erforderliche Feststellungsinteresse mangels etwaiger weiterer zukünftiger Schäden bestritten.

Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Prof. Dr. G. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Terminsprotokoll vom 27.10.2023 (Bl. 185ff d. eA.) Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Die Klägerin hat gegen die Beklagten weder einen Anspruch aus deliktischer Haftung gemäß §§ 823 Abs. 1, 831, 31, 840, 249, 253 Abs. 2 BGB noch aus vertraglicher Haftung gemäß den §§ 630a, 280 Abs. 1, 249, 253 Abs. 2, 278 BGB, 128 HGB analog, weil den Beklagten bzw. der bei der Beklagten zu 1) angestellten Ärztin A. B. bereits kein für diese Ansprüche erforderlicher Behandlungsfehler im Zusammenhang mit der Behandlung der Klägerin zwischen xx 2019 bis xx 2020 unterlaufen ist.

Die Klägerin hat den ihr obliegenden Beweis einer Pflichtverletzung der Beklagten in Form eines Behandlungsfehlers als Verstoß gegen den medizinischen Standard nicht erbracht. Es konnte nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme nicht festgestellt werden, dass die Behandlung der Klägerin dem zum Zeitpunkt der Behandlung geltenden medizinischen Facharztstandard nicht entsprach.

1. Nach den folgenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G im Rahmen seines mündlichen Gutachtens vom 27.10.2023 kann im Hinblick auf die Behandlung der Klägerin durch die Beklagten kein Behandlungsfehler festgestellt werden.

a) So habe zunächst vor der Einlage der Kyleena-Spirale am ….2019 keine weitere Befunderhebung stattfinden müssen. Die Anamnese, die sich für den Sachverständigen aus den Krankenunterlagen ergebe, gebe medizinisch keinen Anlass zu weiteren Befunderhebungen. Die allgemein gehaltene Frage nach einer Hormonunverträglichkeit sei im Falle einer Patientin zu spezifizieren hinsichtlich des in der Spirale enthaltenen Hormons Levonorgestrel.

Insoweit gebe es aber keine Möglichkeit, eine Verträglichkeit einer Patientin auf dieses Hormon zu überprüfen bzw. ein entsprechendes Risikoprofil zu erstellen.

Aus der Sicht ex ante seien nach dem damaligen Kenntnisstand keine relevanten Nebenwirkungen zu erwarten gewesen. Dazu müsse man wissen, dass dann, wenn dieses Hormon etwa über die Pille eingenommen werde, etwa 150 Mikrogramm vom Körper aufgenommen würden, bei der Abgabe über die Hormonspirale etwa 1/10 davon.

Heute werde in der Wissenschaft diskutiert, ob auch so geringe Mengen etwa zu Stimmungsschwankungen führen könnten. Im Jahr 2019 sei diese Diskussion aber noch nicht allgemein eröffnet gewesen, so dass man zum damaligen Zeitpunkt davon ausgegangen sei, dass so geringe Mengen diese Wirkung nicht haben könnten. Es habe damit auch keinesfalls zum damaligen Zeitpunkt den medizinischen Erfordernissen entsprochen, darüber aufzuklären.

Gleichwohl könne eine solche Hormonspirale zu Blutungsirregularitäten führen. Wenn das für die Patientin zu beeinträchtigend sei, müsse auf eine andere Spirale umgestellt oder das Verhütungsverfahren geändert werden.

b) Eine medizinische Kontraindikation für den Einsatz der Kyleena-Spirale habe bei der Klägerin nicht bestanden. Die Indikation selbst folge aus dem Wunsch der Patientin nach einer Kontrazeption.

c) Eine Hormonspirale habe eine höhere Verhütungssicherheit und führe hinsichtlich der Blutungsfolgen eher zu Schmierblutungen und damit letztlich zu einem geringeren Blutverlust. Die Kupferspirale führe demgegenüber zu stärkeren Blutungen, die aber zyklusabhängig seien. Auch wenn eine Patientin mit einer Kupferspirale versorgt und damit zufrieden sei, sei es aus Sicht des Sachverständigen medizinisch sogar geboten, sie über ein weiteres Produkt aufzuklären, das andere oder weitergehende Vorteile biete. Der Arzt müsse die Patientin dann sicher nicht dazu drängen, von einer Kupferspirale Abstand zu nehmen, er müsse sie aber darüber aufklären, dass ein neues Produkt auf dem Markt erhältlich sei.

Wenn eine Patientin von Schwierigkeiten mit hormonellen Präparaten zur Empfängnisverhütung berichte, dann schließe das eine Hormonspirale deshalb nicht aus, weil die abgegebene Hormonmenge hier deutlich kleiner sei. Es komme hinzu, dass es auch immer von dem konkret verwendeten Hormon abhängig sei, ob sich daraus eine Unverträglichkeit ergebe. Allein der Satz, dass eine Patientin eine Pille nicht vertragen hat, lasse schon unabhängig von der freigesetzten Wirkmenge nicht den Rückschluss zu, dass nunmehr jedes Hormon zur Empfängnisverhütung nicht vertragen würde.

d) Die Einlage der Kyleena-Spirale selbst sei schließlich nicht zu beanstanden. Bei der Einlage sei die Sondenlänge bestimmt worden und alle Folgeuntersuchungen hätten eine korrekte Lage ergeben.

Insoweit habe dann auch die Versorgung der Klägerin nach dem Einlegen dem medizinischen Standard entsprochen. Die Lage selbst sei unmittelbar nach dem Einsetzen durch eine Sonografie überprüft worden. Kontrolluntersuchungen seien sowohl auswärts als auch in der Praxis der Beklagten durchgeführt worden.

Beeinträchtigungen für Patientinnen nach einer Spiralen-Einlage seien Blutungs- und mechanische Probleme unabhängig von der Art der Spirale in den ersten Wochen nach der Einlage.

e) Wenn es also um einen Schaden für die Klägerin durch die Einlage einer Hormonspirale gehe, dann sei aus medizinischer Sicht allein auf mögliche Schäden durch das Hormon selbst abzustellen. Erstmals sei im Jahr 2020 im Ärzteblatt aus psychiatrischer Sicht ein Hinweis darauf veröffentlicht worden, dass das hier verwendete Hormon zu Stimmungsschwankungen führen könne. Ein wissenschaftlicher Nachweis sei insoweit bis heute nicht geführt.

Die von der Klägerin beschriebenen Stimmungsschwankungen, ihre Depression und ihre Gereiztheit könnten ihre Ursache in der verwendeten Spirale haben, dies müsse jedoch nicht sein. Beobachtet werde eine Korrelation von solchen Stimmungsschwankungen mit der Verwendung von levonorgestrelhaltigen Spiralen. Ob es gleichwohl eine pharmakologisch-endokrinologische Kausalität gebe, sei vor diesem Hintergrund möglich, aber noch nicht bewiesen.

2. Die Kammer folgt in vollem Umfang den plausiblen und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. G. Dieser hat die an ihn gerichteten Beweisfragen im Rahmen seines Gutachtens unter Berücksichtigung der vorliegenden Behandlungsunterlagen sorgsam, gewissenhaft und unparteiisch beantwortet. Insoweit hat er die jeweils getroffenen Feststellungen in eindeutiger und überzeugender Weise bekräftigt und die Einwendungen der Klägerin gegen sein Gutachten dezidiert und gut nachvollziehbar ausgeräumt. An der fachlichen Kompetenz des Sachverständigen hat die Kammer keine Zweifel.

3. Die von der Klägerin erhobene Aufklärungsrüge greift ebenfalls nicht durch.

a) Der Behandelnde ist gemäß § 630e Abs. 1 BGB verpflichtet, den Patienten über sämtliche für die Einwilligung wesentlichen Umstände aufzuklären. Dazu gehören insbesondere Art, Umfang, Durchführung, zu erwartende Folgen und Risiken der Maßnahme sowie ihre Notwendigkeit, Dringlichkeit, Eignung und Erfolgsaussichten im Hinblick auf die Diagnose oder die Therapie. Der Behandelnde hat gemäß § 630h Abs. 2 S. 1 BGB zu beweisen, dass er eine Einwilligung eingeholt und den Anforderungen entsprechend aufgeklärt hat. Die Existenz einer vom Patienten unterzeichneten Einwilligungserklärung hat indizielle Bedeutung für ein mündliches Aufklärungsgespräch und kann ein Hinweis auf dessen Inhalt sein (vgl. BGH, Urt. v. 22.05.2001, Az. VI ZR 268/00, zitiert nach juris; BGH, Urt. v. 08.01.1985, Az. VI ZR 15/83, Rn. 12, zitiert nach juris). Dieses Formular ist – sowohl in positiver als auch in negativer Hinsicht – ein Indiz für den Inhalt des Aufklärungsgesprächs (BGH, Urt. v. 28.01.2014, Az. VI ZR 143/13, Rn. 13 mwN, zitiert nach juris).

b) Die Klägerin konnte den ihr obliegenden Beweis einer lediglich auf die Einlage einer Kupferspirale beschränkten Einwilligung nicht erbringen (vgl. BGH NJW 1980, 1903, 1904 für den Fall des Widerrufs einer Einwilligung). Die Beweislast, dass die Einlage der Kyleena-Spirale von ihrem grundsätzlichen Einverständnis mit der Einlage einer Spirale ausgenommen war, trifft nach allgemeinen Grundsätzen die Klägerin, die sich auf die Beschränkung ihrer Einwilligung beruft (vgl. Igl/Welti, Gesundheitsrecht, 3. Auflage, § 49 Rdn. 11 m.w.N.).

aa) Aus der von der Klägerin selbst unterzeichneten Einverständniserklärung (Anl. KGuK 1, Bl. 13-14 d. A.) ergibt sich, dass diese über die Einlage einer Spirale allgemein ausreichend aufgeklärt wurde. Aus den handschriftlichen Angaben ergibt sich, dass über die verschiedenen Risiken bei der Einlage einer Spirale aufgeklärt wurde.

Soweit in der Überschrift das Wort „Kyleena“ durchgestrichen und durch „Kupfer-Spiralen“ ersetzt wurde, führt dies nicht zu einer anderen Bewertung. Ein Rückschluss, dass ausschließlich über eine Kupferspirale aufgeklärt worden ist und über die Kyleena-Spirale gerade nicht, lässt sich der Einverständniserklärung insoweit nicht entnehmen. So ist zu berücksichtigen, dass die Risiken bei beiden Arten der Spirale grundsätzlich identisch sind. Soweit bei einer Hormonspirale wie der Kyleena-Spirale noch weitere Risiken wie Depressionen oder Stimmungsschwankungen bestehen könnten, so sind diese nach den Bekundungen des Sachverständigen auch bis heute nicht ausreichend wissenschaftlich erwiesen, weshalb eine Aufklärung hierüber nicht erforderlich war. Im Jahr 2019 gab es weiter noch nicht einmal erste Hinweise auf solch mögliche Folgen.

bb) Weiter ist zu beachten, dass auf der Einverständniserklärung lediglich an einer Stelle das Wort „Kyleena“ durchgestrichen und ersetzt wurde. An anderen Stellen wurde der Begriff belassen, insbesondere finden sich auf der zweiten Seite der Einverständniserklärung deutliche Hinweise darauf, dass es sich bei der Kyleena-Spirale um ein hormonelles Verhütungsmittel handelt.

cc) Die Klägerin hat die Kyleena-Spirale auch – anders als bei der vorherigen Kupferspirale – selbst bzw. durch ihren Ehemann in einer Apotheke aufgrund eines Rezeptes erworben. Die Tatsache, dass ihr dabei überhaupt ein Rezept für eine Kyleena-Spirale ausgestellt werden musste und nicht die in der Praxis vorrätige Kupferspirale verwendet werden sollte, zeigte der Klägerin, dass es sich um eine andere Art der Spirale handeln musste. Schon dabei musste ihr der Unterschied zu der vorherigen verwendeten Spirale aufgefallen sein, insbesondere angesichts des nicht unerheblichen und von der bisherigen Kupferspirale wesentlich abweichenden Preises von ca. 320,00 EUR, der von der Klägerin bzw. ihrem Ehemann gegenüber der Apotheke gezahlt werden musste. Auch befand sich die Kyleena-Spirale in der Zeit zwischen dem Erwerb und der Einbringung in ihrem Besitz. Schon aus der Aufmachung der Packung und der Packungsbeilage ergab sich für die Klägerin ausreichend, dass es sich dabei um ein hormonelles Verhütungsmittel handelte.

c) Ohnehin haben die angestellte Ärztin B. als auch die Beklagte zu 2) die Klägerin vor der Einlage der Hormonspirale ausreichend mündlich aufgeklärt. So haben beide im Rahmen des Termins zur mündlichen Verhandlung vom 27.10.2023 angegeben, dass – ohne dass sie eine konkrete Erinnerung hinsichtlich der Aufklärung der Klägerin hatten – standardmäßig immer über beide Arten von Spiralen (Kupferspirale und Hormonspirale) aufgeklärt werde. An den Beweis einer ordnungsgemäßen Risikoaufklärung dürfen keine unbilligen und übertriebenen Anforderungen gestellt werden (BGH NJW 2015, 74, 75). Es ist insofern ausreichend, wenn die ständige Praxis einer ordnungsgemäßen Aufklärung nachgewiesen wird und Indizien vorliegen, dass dies auch im konkreten Fall so gehandhabt worden ist. Der Feststellung einer ständigen Aufklärungsübung des Arztes gerade in Verbindung mit einer erfolgten Dokumentation kommt – je nach deren Inhalt – eine Indizwirkung für das in Betracht kommende Aufklärungsgespräch zu. Ist einiger Beweis für ein gewissenhaftes Aufklärungsgespräch erbracht, kann dem Arzt im Zweifel geglaubt werden, dass die Aufklärung in der von ihm beschriebenen Weise geschehen ist – dies auch mit Rücksicht darauf, dass aus vielerlei verständlichen Gründen Patienten sich im Nachhinein an den genauen Inhalt solcher Gespräche nicht mehr erinnern (OLG Hamm, VersR 2011, 625). Vorliegend besteht eine solche Einverständniserklärung der Klägerin (Anl. KGuK 1, Bl. 13-14 d. A.), die im Zusammenhang mit der ständigen Vorgehensweise eines für eine Frauenarztpraxis häufig ausgeführten Eingriff der Einlage einer Spirale den Rückschluss zulässt, dass die Klägerin auch über die Einlage einer Hormonspirale ausreichend aufgeklärt worden ist.

Im Ergebnis hat die Klägerin die Kammer daher jedenfalls nicht davon überzeugen können, dass sie ausschließlich mit der Einlage einer Kupferspirale einverstanden war und von einer Hormon-Spirale nichts gewusst habe.

II. In Ermangelung eines Anspruchs in der Hauptsache hat die Klägerin gegen die Beklagten auch keine Ansprüche auf Zahlung von Zinsen aus den §§ 286 Abs. 1 S. 2, 288 BGB, auf außergerichtliche Rechtsanwaltskosten sowie auf die Feststellung der Einstandspflicht für materielle und immaterielle Schäden.

III. Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus den §§ 91 Abs. 1, 709 S. 1, 2 ZPO.

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