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Zahnarzthaftung – gesundheitliche Beeinträchtigungen nach Wurzelbehandlung

Zahnarzthaftung: Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt wies Berufung zurück

Das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt bestätigte das Urteil des Landgerichts Magdeburg und wies die Berufung der Klägerin zurück, die Schadensersatz wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach einer Wurzelbehandlung forderte. Das Gericht fand keinen Behandlungsfehler und entschied, dass die Klägerin ausreichend über die Risiken und Alternativen der Behandlung aufgeklärt wurde. Die Klägerin muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen, und eine Revision wurde nicht zugelassen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 U 66/14 >>>

✔ Das Wichtigste in Kürze

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Landgerichts Magdeburg wurde zurückgewiesen.
  2. Es wurde kein Behandlungsfehler durch den Beklagten festgestellt.
  3. Die Klägerin wurde als ausreichend aufgeklärt über die Risiken und Alternativen der Wurzelbehandlung angesehen.
  4. Die Kosten des Berufungsverfahrens fallen der Klägerin zur Last.
  5. Aufklärungsmangel wurde trotz fehlender Einträge in der Patientenakte verneint, da übliche Praxis des Aufklärens durch den Beklagten glaubhaft gemacht wurde.
  6. Die Entscheidung des Gerichts beruht auf der Überzeugung, dass die Klägerin vorzugswürdig und erfolgversprechend über die Wurzelbehandlung informiert wurde.
  7. Die Klägerin verfolgte ihre erstinstanzlichen Klageanträge ohne Erfolg weiter.
  8. Die Revision gegen das Urteil wurde nicht zugelassen.
Zahnarzthaftung: Gesundheitliche Folgen nach Wurzelbehandlung
(Symbolfoto: Olena Yakobchuk /Shutterstock.com)

Eine fehlerhafte Wurzelbehandlung kann für Patienten nicht nur unangenehme Folgen im Mundraum haben, sondern auch gesundheitliche Probleme an anderen Körperteilen verursachen. In solchen Fällen kann der Zahnarzt für die entstandenen Schäden haftbar gemacht werden. Es ist wichtig, dass Betroffene ihre Rechte kennen und gegebenenfalls rechtliche Schritte einleiten, um Schmerzensgeld oder Entschädigung für entstandene Schäden zu erhalten.

Ein Beispiel für eine solche Haftung ist ein Fall, in dem ein Patient aufgrund einer fehlerhaften Wurzelbehandlung Schmerzensgeld in Höhe von 1.500 Euro erhielt. Der Patient hatte nicht auf erforderliche Nachuntersuchungen hingewiesen und litt unter Schmerzen und Einschränkungen beim Essen aufgrund einer fehlerhaften Zahnbrücke. Eine weitere mögliche Folge einer fehlerhaften Wurzelbehandlung ist die Verursachung von gesundheitlichen Problemen an anderen Körperteilen durch Entzündungen mit anaeroben Bakterien.

Es ist ratsam, im Falle einer fehlerhaften Wurzelbehandlung einen erfahrenen Anwalt für Medizinrecht zu konsultieren, um die rechtlichen Möglichkeiten und Ansprüche zu prüfen. In einem konkreten Urteil wurde die Berufung einer Klägerin zurückgewiesen, die Schadensersatz wegen gesundheitlicher Beeinträchtigungen nach einer Wurzelbehandlung forderte. Das Gericht fand keinen Behandlungsfehler und entschied, dass die Klägerin ausreichend über die Risiken und Alternativen der Behandlung aufgeklärt wurde.

Wenn Sie Fragen zu einem ähnlichen Fall haben, wo es um Zahnarzthaftung geht, fordern Sie noch heute unsere unverbindliche Ersteinschätzung an.

Im Zentrum des Rechtsstreits steht eine Klage wegen Zahnarzthaftung, die aus gesundheitlichen Beeinträchtigungen nach einer Wurzelbehandlung resultiert. Die Klägerin suchte Schadensersatz für die Folgen der Behandlung, die sie zwischen Juni 2008 und Januar 2009 durch den Beklagten erhielt. Spezifisch wurden die Komplikationen nach der Behandlung mehrerer Zähne thematisiert, wobei insbesondere der Zahn 47 hervorgehoben wurde, der auf Wunsch der Klägerin schließlich extrahiert wurde.

Die rechtliche Auseinandersetzung um Aufklärung und Behandlungsfehler

Die Klägerin beklagte nicht nur die Folgen der Wurzelbehandlung, sondern vor allem die mangelhafte Aufklärung durch den behandelnden Zahnarzt über die Behandlungsalternativen und die damit verbundenen Risiken. Sie argumentierte, dass eine umfassende Aufklärung sie möglicherweise zur Wahl der Alternative – der sofortigen Extraktion – geführt hätte. Diese Behauptung stützt sich auf die Tatsache, dass in der schriftlichen Dokumentation des Beklagten keinerlei Hinweise auf eine solche Aufklärung gefunden wurden.

Gerichtliche Bewertung von Aufklärungspflicht und Behandlungsstandards

Das Landgericht Magdeburg und in der Berufung das Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt befassten sich intensiv mit der Frage der Aufklärungspflicht. Trotz des Fehlens schriftlicher Aufzeichnungen über die erfolgte Aufklärung sah das Gericht die Aufklärungspflicht als erfüllt an. Begründet wurde dies mit den Aussagen der Zeuginnen W. und G., Mitarbeiterinnen des Beklagten, die eine ständige Praxis der Aufklärung durch den Beklagten selbst schilderten. Das Gericht folgte der Argumentation, dass, obwohl keine konkrete Erinnerung an die Aufklärung im spezifischen Fall der Klägerin existiert, die generelle Praxis des Beklagten ausreichend Beweis für eine stattgefundene Aufklärung darstellt.

Die Entscheidungsgründe des Oberlandesgerichts

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts Sachsen-Anhalt reflektiert die komplexe Natur von Zahnarzthaftungsfragen, insbesondere im Kontext der Aufklärungspflicht. Das Gericht betonte, dass an die Beweisführung einer erfolgten Aufklärung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Es stellte fest, dass der Beklagte glaubhaft machen konnte, die Klägerin über die Vorzüge einer Wurzelbehandlung gegenüber einer Extraktion aufgeklärt zu haben, um den natürlichen Zahn zu erhalten. Diese Aufklärung wurde als ausreichend angesehen, auch ohne dass spezifische Risiken der Wurzelbehandlung in Prozentzahlen ausgedrückt wurden.

Schlussfolgerungen aus der gerichtlichen Bewertung

Die Entscheidung des Oberlandesgerichts unterstreicht die Bedeutung der Aufklärungspflicht im medizinischen Kontext und setzt Maßstäbe für die Anforderungen an die Dokumentation und Kommunikation zwischen Arzt und Patient. Die Klägerin, die durch die Behandlung und die vermeintlich unzureichende Aufklärung gesundheitliche Beeinträchtigungen erlitt, trägt letztendlich die Kosten des Berufungsverfahrens. Die Entscheidung macht deutlich, dass das Gericht einen pragmatischen Ansatz verfolgt, wenn es um die Bewertung der Aufklärungspraxis geht. Wichtig ist demnach nicht die penible schriftliche Dokumentation jedes Gesprächs, sondern die glaubhafte Versicherung einer generell durchgeführten und patientenorientierten Aufklärung.

Das Fazit des Falles liegt in der Bestätigung, dass die Aufklärungspflicht als erfüllt angesehen wird, sofern der behandelnde Arzt glaubhaft machen kann, dass und warum eine bestimmte Behandlungsmethode empfohlen wurde. Das Urteil betont die Verantwortung der Ärzte, ihre Patienten umfassend zu informieren, lässt jedoch Raum für die individuelle Gestaltung dieser Aufklärungsprozesse.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Welche Rolle spielt die Aufklärungspflicht bei medizinischen Behandlungen?

Die Aufklärungspflicht bei medizinischen Behandlungen ist ein zentraler Bestandteil des Arzthaftungsrechts und dient dem Schutz des Selbstbestimmungsrechts des Patienten. Sie umfasst die Pflicht des Arztes, den Patienten über die Diagnose, den Ablauf der vorgeschlagenen Behandlung, die damit verbundenen Risiken und mögliche Alternativen aufzuklären. Dies ermöglicht es dem Patienten, eine informierte Entscheidung über die Zustimmung oder Ablehnung der Behandlung zu treffen.

Die rechtlichen Grundlagen der Aufklärungspflicht sind in den §§ 630c, e BGB geregelt, wobei § 630d BGB die gesetzlichen Anforderungen an die Einwilligung des Patienten normiert. Die Aufklärung muss sprachlich und inhaltlich verständlich sein und in der Regel in einem persönlichen Gespräch erfolgen. Bei weniger dringlichen Eingriffen ist der Genauigkeitsgrad der Aufklärung höher.

Die Beweislast für eine ordnungsgemäße Aufklärung liegt beim Arzt. Kann der Arzt nicht nachweisen, dass eine hinreichende Aufklärung stattgefunden hat, und beruht ein Gesundheitsschaden auf der Behandlung, kann der Patient mit seiner Klage obsiegen, selbst wenn kein Behandlungsfehler vorliegt. Die Aufklärung sollte daher stets umfassend dokumentiert werden.

Die Aufklärungspflicht beinhaltet verschiedene Arten der Aufklärung, wie die Diagnose-, Behandlungs-, Risiko- und Verlaufsaufklärung. Bei der Risikoaufklärung muss der Arzt auch über seltene, aber schwerwiegende Risiken aufklären, wenn diese die Lebensführung des Patienten erheblich beeinträchtigen könnten. Zudem ist der Arzt verpflichtet, über Behandlungsalternativen aufzuklären, wenn mehrere medizinisch gleichwertige Methoden zur Verfügung stehen.

Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht kann rechtliche Konsequenzen haben, wie Schadenersatzansprüche des Patienten. Zudem kann eine Behandlung ohne ordnungsgemäße Aufklärung und Einwilligung des Patienten als rechtswidrige Körperverletzung gewertet werden.

Die Aufklärungspflicht ist somit ein wesentlicher Aspekt der Arzt-Patienten-Beziehung und trägt dazu bei, dass der Patient seine Rechte wahrnehmen und eine fundierte Entscheidung über seine Behandlung treffen kann.

Was sind die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im Medizinrecht?

Im Medizinrecht müssen Patienten, die Schadensersatzansprüche geltend machen wollen, drei wesentliche Voraussetzungen erfüllen:

  1. Nachweis eines Behandlungsfehlers: Der Patient muss beweisen, dass dem Arzt ein Fehler unterlaufen ist, der nicht den medizinischen Standards entspricht. Die Beweislast für den Behandlungsfehler liegt grundsätzlich beim Patienten.
  2. Ursächlicher Zusammenhang: Es muss ein kausaler Zusammenhang zwischen dem Behandlungsfehler und dem entstandenen Schaden bestehen. Der Patient muss darlegen, dass der Schaden aufgrund des Fehlers eingetreten ist.
  3. Entstandener Schaden: Der Patient muss einen Gesundheitsschaden erlitten haben, der materiell (z.B. Verdienstausfall, zusätzliche Behandlungskosten) oder immateriell (z.B. Schmerzen, seelische Beeinträchtigungen) sein kann.

Besonderheiten und Beweiserleichterungen

  • Beweislastumkehr: In bestimmten Fällen kann es zu einer Beweislastumkehr kommen, bei der der Arzt beweisen muss, dass sein Fehler nicht für den Schaden verantwortlich ist. Dies tritt insbesondere bei groben Behandlungsfehlern auf.
  • Dokumentationsmängel: Wenn ärztliche Dokumentationen unvollständig sind, kann dies zu Lasten des Arztes ausgelegt werden und die Beweisführung für den Patienten erleichtern.
  • Aufklärungsfehler: Ein Verstoß gegen die Aufklärungspflicht kann ebenfalls zu Schadensersatzansprüchen führen, selbst wenn kein Behandlungsfehler vorliegt.

Praktische Schritte

  • Medizinisches Gutachten: Oft ist ein medizinisches Sachverständigengutachten erforderlich, um den Behandlungsfehler und den kausalen Zusammenhang zum Schaden zu belegen.
  • Dokumentation: Patienten sollten alle relevanten Informationen und Beweise sammeln, wie z.B. Behandlungsunterlagen, Rechnungen und eigene Notizen zum Behandlungsverlauf.
  • Fristen beachten: Um eine Verjährung zu vermeiden, müssen Schadensersatzansprüche innerhalb bestimmter Fristen geltend gemacht werden, in der Regel innerhalb von drei Jahren nach Kenntnis des Schadens.


Das vorliegende Urteil

Oberlandesgericht Sachsen-Anhalt – Az.: 1 U 66/14 – Urteil vom 04.12.2014

Die Berufung der Klägerin gegen das am 7.5.2014 verkündete Urteil des Landgerichts Magdeburg (9 O 1162/12) wird zurückgewiesen.

Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Das angefochtene Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Die Klägerin macht Schadensersatz im Zusammenhang mit der Wurzelbehandlung verschiedener Zähne (dazu i.E.: Stellungnahme Dr. T. Bl. 96/97 I) durch den Beklagten im Zeitraum von Juni 2008 bis Januar 2009 geltend. Ende November 2008 wurde der Zahn 47 auf Wunsch der Klägerin extrahiert. Während des Behandlungszeitraums litt die Klägerin unter Schmerzen und Schwellungen im Mundbereich. Das Landgericht hat ein schriftliches Sachverständigengutachten eingeholt und nach mündlicher Anhörung des Sachverständigen einen Behandlungsfehler verneint. Dies nimmt die Berufung hin. Mit der Berufung wird ausschließlich gerügt, dass der Beklagte die Klägerin nicht über die Behandlungsalternativen Wurzelbehandlung/sofortige Extraktion sowie über Umfang und Risiken der Wurzelbehandlung aufgeklärt habe (BB S. 3 – Bl. 29 II -). Wäre sie über die Komplikationsmöglichkeiten bei einer Wurzelbehandlung aufgeklärt worden, hätte sie sich sofort für die Extraktion entschieden. Unstreitig enthält die schriftliche Dokumentation des Beklagten keine Einträge über eine erfolgte Aufklärung.

Das Landgericht hat zu dem Punkt Aufklärung die Zeuginnen W. und G. (Mitarbeiterinnen des Beklagten) vernommen sowie die Klägerin persönlich angehört. Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird Bezug genommen auf die Sitzungsniederschrift vom 9.4.2014 (Bl. 227ff. I).

Das Landgericht hat auf dieser Basis auch einen Aufklärungsmangel verneint. Beide Zeuginnen hätten zwar keine konkrete Erinnerung an eine Aufklärung im Fall der Klägerin, sie hätten aber eine ständige Übung dahingehend geschildert, dass der Beklagte selbst die Patienten vor einem Eingriff aufkläre.

Von der weiteren Darstellung des Sachverhalts wird gemäß § 540 Abs. 2 ZPO abgesehen.

Gegen das die Klage insgesamt abweisende Urteil wendet sich die Klägerin mit der Berufung, mit der sie ihre erstinstanzlichen Klageanträge weiterverfolgt.

Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteil und beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er bestreitet, dass es sich bei der Wurzelbehandlung einerseits und der sofortigen Extraktion andererseits überhaupt um echte Behandlungsalternativen handelt.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.

Zutreffend weist der Beklagte darauf hin, dass an den Nachweis einer erfolgten Aufklärung keine überzogenen Anforderungen gestellt werden dürfen. Im Zweifel ist den Angaben des Arztes zu glauben, dass eine Risikoaufklärung erfolgt ist, wenn seine Darstellung in sich schlüssig und einiger Beweis für ein Aufklärungsgespräch erbracht worden ist. Darüber hinaus setzt dies nach einer weit verbreiteten Ansicht (Martis/Winkhart, Arzthaftungsrecht, 3. Aufl., Anm. A 2273 m.w.N.) weiter voraus, dass unstreitig oder nachgewiesen ist, dass zwischen dem Arzt und dem Patienten ein Gespräch stattgefunden hat, in dem über den Eingriff gesprochen wurde.

Nach dem Ergebnis der Anhörung der Parteien im Termin vom 20.11.2014 steht zur Überzeugung des Senates fest, dass der Beklagte die Klägerin im Vorfeld der Wurzelbehandlungstermine (bezogen auf die sukzessiv erfolgten Wurzelbehandlungen der Zähne 12, 13, 14, 15 und 47) zureichend darüber aufklärte, dass und warum in ihrem Fall der Versuch, den Schmerzen der Klägerin durch eine Wurzelbehandlung zu begegnen, der Vorzug zu geben war gegenüber der „ultima ratio“ einer Extraktion der betreffenden Zähne.

Der Beklagte hat in seiner Anhörung angegeben, der Klägerin zu Beginn der Behandlung erläutert zu haben, dass und warum angesichts ihrer individuellen Situation (die Patientin verfügte bereits über eine verkürzte Zahnreihe; die betroffenen Zähne waren nicht kariös) der Versuch, die Schmerzen im Wege einer Wurzelbehandlung erfolgreich zu beseitigen, unternommen werden sollte. Die Alternative einer Extraktion könne, so seine Erläuterungen gegenüber der Klägerin, i. S. einer „ultima ratio“ immer noch gewählt werden („Ich habe das Frau H. erläutert und gesagt, dass sie sich mit einer solchen Wurzelbehandlung nichts vergibt, weil man immer noch die Zähne ziehen könnte.“). Die Behandlungsalternative einer sofortigen Extraktion habe er dargelegt.

Die Klägerin hat in ihrer Anhörung erklärt, „nicht richtig aufgeklärt“ worden zu sein. Zwar sei ihr die alternative Möglichkeit einer Extraktion der betroffenen Zähne (und für diese Alternative entschied sich die Klägerin letzten Endes bezüglich des Zahnes 47) bekannt gewesen. Auch treffe es zu, dass ihr der Beklagte demgegenüber den Weg einer Wurzelbehandlung als vorzugswürdig dargestellt und den Rat zu einer solchen Wurzelbehandlung erteilt habe. Er habe aber die Erfolgsaussicht der Wurzelbehandlung nicht in Wahrscheinlichkeitsgraden in Prozent ausgedrückt. Auch habe er ihr nicht erklärt, dass, wenn eine Wurzelbehandlung „nicht klappt“, es schlussendlich zu einem Ziehen der Zähne kommen kann.

Die letztgenannte Angabe der Klägerin widerspricht ihrer Bekundung, bei dem Eingangsgespräch mit dem Beklagten die Alternative einer Extraktion gekannt zu haben. Die Klägerin rekurriert mit ihren Angaben auf das schriftsätzlich angesprochene Risiko des Misserfolgs der Wurzelbehandlung (das sich hier im Übrigen laut Sachverständigengutachten – vgl. die schriftliche Ergänzung vom 05.03.2013, dort zu Ziff. 6. – zumindest bezüglich des Zahns 12 nicht realisierte). Die vom Beklagten glaubhaft geschilderte Aufklärung darüber, dass die vorzugswürdige Wurzelbehandlung mit dem ihr zugrundeliegenden Ziel, den natürlichen Zahn zu erhalten, die Möglichkeit eines letztendlichen Ziehens der betroffenen Zähne beinhalte („Ich habe das Frau H. erläutert und gesagt, dass sie sich mit einer solchen Wurzelbehandlung nichts vergibt, weil man immer noch die Zähne ziehen könnte.“), beinhaltet auch eine zureichende Aufklärung über die Misserfolgsmöglichkeit und das Misserfolgsrisiko einer Wurzelbehandlung, und zwar ungeachtet des Umstandes, dass sich der Beklagte nicht daran erinnern konnte, ob ein Misslingen der Wurzelbehandlung explizit und wortwörtlich angesprochen wurde. Wenn der Beklagte der Klägerin nach seinen glaubhaften Angaben schilderte, dass und warum die von Schmerzen betroffenen Zähne möglichst erhalten werden sollten und sich der Versuch einer erfolgreichen Wurzelbehandlung „lohne“, so konnte dies aus der Sicht der Klägerin nur bedeuten, dass ein Misserfolg der Wurzelbehandlung möglich ist, indes der angeratene Weg einer Wurzelbehandlung erfolgversprechend und vorzugswürdig ist. Dies wiederum steht im Einklang mit der Bewertung des Sachverständigen, wonach die Wahrscheinlichkeit, dass mittels Wurzelbehandlung ein Zahn erhalten werden kann, regelmäßig sehr hoch sei (Seite 8 des Sitzungsprotokolls vom 09.04.2014: „Die Wahrscheinlichkeit, dass mittels einer Wurzelbehandlung ein Zahn erhalten werden kann, ist sehr hoch. Deshalb sollte man unbedingt dieses Mittel zuerst wahrnehmen.“). Der Angabe genauer Prozentwerte zur Bemessung der Erfolgsaussicht einer Wurzelbehandlung bedarf es nicht. Der Optimismus und die Zuversicht, die der Beklagte in dem Aufklärungsgespräch, wie er es bei seiner Anhörung glaubhaft schilderte, ausdrückte, sind nach den Ausführungen der Sachverständigen durchaus berechtigt.

Dass der Klägerin der „Umfang“ der Wurzelbehandlung nicht klar gewesen sein soll, ist nicht nachvollziehbar. Die Klägerin begab sich sukzessive und mehrfach in die Behandlung des Beklagten, um verschiedene Zähne wurzelbehandeln zu lassen. Dass sie dabei tatsächlich nicht den Willen hatte, den Versuch der Erhaltung der Zähne durch eine Wurzelbehandlung zu unternehmen, der Beklagte also gewissermaßen kommentar- und wortlos der Beklagten mehrere Wurzelbehandlungen aufzwang, glaubt der Senat nicht. Das wiederholte Beklagen des letztendlichen Misserfolgs der Wurzelbehandlung (von dem im Übrigen pauschal für sämtliche betroffenen Zähne nicht die Rede sein kann, wie die Ausführungen des Sachverständigen zeigen), ließ den Senat erkennen, dass die Klägerin aus der heutigen ex-post-Sicht wertet und aus dieser Warte den Weg einer Wurzelbehandlung nicht mehr beschreiten würde. Das indes begründet keinen Schadensersatzanspruch wegen einer Aufklärungspflichtverletzung. Im Übrigen ist für den Senat auch nicht verständlich, dass sich die Klägerin – eine unterstellt unvollständige Aufklärung zugrundegelegt – bzgl. der Zähne 12 und 47 für eine sofortige Extraktion entschieden hätte, wie die Klägerin vorgetragen hat (Schriftsatz vom 22.01.2014, Bl. 183 f. I d. A.). Die Klägerin ist bei dieser Angabe ersichtlich – auch nach dem Eindruck, den sie in ihrer mündlichen Anhörung gemacht hat – von ihrer retrospektiven Sichtweise ausgegangen. Tatsächlich erscheint es aber ausgeschlossen, dass sich die Klägerin – wissend um die guten Chancen einer Wurzelbehandlung – entgegen dem Rat des Beklagten gegen den Versuch, diese beiden Zähne im Wege einer Wurzelbehandlung zu erhalten, entschieden hätte. Nicht einmal ein ernsthafter Entscheidungskonflikt lässt sich plausibel nachvollziehen. Auch unter diesem Gesichtspunkt kann die Klägerin ihr Schadensersatzverlangen nicht mit Erfolg auf eine ungenügende Aufklärung stützen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen von § 543 ZPO nicht vorliegen.

Streitwert:

– Schmerzensgeld: 7.500,– Euro

– Feststellungsantrag: 2.000,– Euro

– bezifferter Schaden: 174,– Euro

Gebührenstufe bis 10.000,– Euro (die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten sind nur bei der Kostenentscheidung, nicht aber beim Streitwert zu berücksichtigen).

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